OGH 3Ob173/21v

OGH3Ob173/21v21.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* K*, vertreten durch MMag. Dr. Peter Kaser, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P* GmbH, *, vertreten durch Dr. Stefan Aigner und Mag. Gerd Pichler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 15.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Juni 2021, GZ 4 R 43/21h‑26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 20. Jänner 2021, GZ 51 C 476/20s‑20, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133091

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es lautet:

„Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei gegenüber der klagenden Partei bei sonstiger Exekution schuldig, die kurzfristige Vermietung der Wohnungen Top 2, 3, 4, 5, 7, 8 und 9 im Haus auf der Liegenschaft in EZ * KG * mit der Liegenschaftsadresse *, zur Beherbergung von Touristen zu unterlassen, sowie

das Eventualbegehren des Inhalts, die beklagte Partei ist gegenüber der klagenden Partei bei sonstiger Exekution schuldig, die durch die touristische Nutzung der der beklagten Partei gehörenden Liegeschaft in EZ * KG * mit der Liegenschaftsadresse *, verursachten Immissionen jeglicher Art auf die Wohnung Top 6, an der dem Kläger ein grundbücherlich sichergestelltes Wohnungsgebrauchsrecht zukommt, wodurch das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Benützung der Wohnung Top 6 wesentlich beeinträchtigt wird, zu unterlassen,

werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.539,28 EUR (darin enthalten 978,38 EUR USt und 2.669 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Beklagte ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft in A*, auf der sich ein Haus mit Wohnungen befindet; es handelt sich um keine Wohnungseigentumsanlage. Die Beklagte vermietet die Wohnungen – mit Ausnahme von Top 6 – ganzjährig über die Internet-Plattformen Airbnb und booking.com zu touristischen Zwecken, wobei die Wohnungen zwischen 1 bis 7 Tagen vermietet werden. Seit Anfang September 2020 werden die Wohnungen umgebaut; die Beklagte beabsichtigt, Wohnungseigentum zu begründen. Nicht festgestellt werden kann, ob die Beklagte auch beabsichtigt, die Wohnungen zu veräußern.

[2] Dem Kläger, der früher der Alleineigentümer der Liegenschaft war, wurde mit Übergabsvertrag vom 3. 1. 2008 (zwischen ihm und seiner Tochter) das grundbücherlich sichergestellte lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung Top 6, am einzigen Kellerraum und an dem von ihm benützten PKW‑Abstellplatz eingeräumt. Nicht festgestellt werden kann, ob zwischen dem Kläger und seiner Tochter vereinbart war, dass die Wohnungen nicht touristisch vermietet werden dürfen oder der Kläger ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Mieter hat. Die Liegenschaft ist raumordnungsrechtlich als Wohngebiet gewidmet.

[3] Der Kläger begehrte, der Beklagten die kurzfristige Vermietung der Wohnungen Top 2, 3, 4, 5, 7, 8 und 9 zur Beherbergung von Touristen, in eventu, jegliche durch die touristische Nutzung der genannten Wohnungen verursachten Immissionen auf die von ihm bewohnte Wohnung Top 6 zu verbieten. § 16 WEG 2002 müsse auch dann zur Anwendung gelangen, wenn ein dingliches Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt worden sei. Die Beklagte nutze die Liegenschaft widmungswidrig zu touristischen Zwecken. Widmungsänderungen im Wohnungseigentum bedürften der Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder der Genehmigung durch das Außerstreitgericht.

[4] Die Beklagte entgegnete, dass der Kläger nicht Mit- und/oder Wohnungseigentümer der Liegenschaft sei und daher die wohnungseigentumsrechtliche Judikatur nicht in Anspruch nehmen könne. Außerdem stehe die Liegenschaft in ihrem Alleineigentum. Da kein Wohnungseigentum begründet sei, bestehe auch keine spezielle privatrechtliche Widmung, gegen die sie als Alleineigentümerin verstoßen könne. Der Kläger könne ihr nicht eine bestimmte Nutzung der nicht von seinem Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Teile der Liegenschaft verbieten.

[5] Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei auch jemand, dem ein Fruchtgenussrecht an einem mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil zukomme, wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln. Diese Judikatur sei auch auf den Wohnungsgebrauchsberechtigten anzuwenden, weil es für die Gleichstellung mit dem Wohnungseigentümer auf die Ausübung der Nutzungsbefugnisse eines gesamten, mit dem Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbundenen Miteigentumsanteil ankomme. Auch aus der Entscheidung zu 5 Ob 188/19m ergebe sich, dass auf den faktisch ausschließlichen Gebrauch eines bestimmten Objekts und die damit verbundenen alleinigen Nutzungsrechte abzustellen sei. Eine derartige Nutzung stehe auch dem Wohnungsgebrauchsberechtigten zu. Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmungen des WEG sei zwar das Vorliegen von gemischtem, also nebeneinander bestehendem Wohnungseigentum und schlichtem Miteigentum. Den schlichten Miteigentümern kämen die Rechte im Sinn des WEG aber nicht zu. Der Oberste Gerichtshof begründe diese unterschiedliche Behandlung damit, dass Wohnungseigentümern besondere Schutzbedürftigkeit zukomme und im Fall des Wohnungseigentums im Allgemeinen die unmittelbare Befriedigung von Wohnbedürfnissen im Vordergrund stehe. Auch in diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass dem Kläger das Wohnungsgebrauchsrecht – vergleichbar mit der Stellung eines Wohnungseigentümers – zur unmittelbaren Befriedigung seines Wohnbedürfnisses diene und ihm insoweit ein Schutzbedürfnis zukomme. Da der Kläger wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln sei, komme ihm aufgrund der eigenmächtigen Widmungsänderung durch die Beklagte auch der Unterlassungsanspruch im Sinn des § 16 WEG 2002 zu.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf § 500a ZPO und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die Revision zulässig sei, weil zur vorliegenden Rechtsproblematik höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Das Berufungsgericht habe keine Bedenken gegen die vom Erstgericht umfangreich und nachvollziehbar begründete Rechtsansicht, die eine konsequente und beherzte Rechtsfortschreibung der gerichtlichen Behandlung sogenannter „Airbnb‑Fälle“ sei.

[7] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung des Klagebegehrens samt Eventualbegehren abzielt.

[8] Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist zulässig, weil die Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Judikatur auf den Anlassfall durch die Vorinstanzen einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dementsprechend ist die Revision auch berechtigt.

[10] 1. Die Vorinstanzen haben die „Airbnb‑Judikatur“ nach § 16 WEG 2002 (Unterlassung einer widmungswidrigen touristischen Nutzung von Wohnungen zufolge Genehmigungsbedürftigkeit einer Widmungsänderung; vgl 5 Ob 59/14h; 5 Ob 43/19p) auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger als Inhaber eines Wohnungsgebrauchsrechts an einer von mehreren Wohnungen und der Beklagten als Alleineigentümerin der Liegenschaft und damit außerhalb des WEG analog angewandt. Sie begründen dies damit, dass es für die Gleichstellung mit einem Wohnungseigentümer auf die faktische Ausübung der Nutzungsbefugnisse an einem gesamten mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil ankomme. Abzustellen sei daher auf den faktischen ausschließlichen Gebrauch eines bestimmten Objekts und die damit verbundenen alleinigen Nutzungsrechte.

[11] 2. Zunächst ist die Argumentation der Vorinstanzen schon deshalb nicht stringent, weil sie die Gleichstellung zunächst auf einen mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil und damit auf ein Wohnungseigentumsobjekt beziehen, während im Folgenden – ohne jede Begründung – aus dem Wohnungseigentumsobjekt „ein bestimmtes Objekt“ ohne jeden Bezug zum Wohnungseigentumsrecht wird. Außerdem knüpfen sie in ihrer Argumentation auf die faktische Ausübung der Nutzungsbefugnisse an, was sie in der Folge mit dem faktischen ausschließlichen Gebrauch und schließlich – wieder ohne Begründung – mit dem damit verbundenen alleinigen Nutzungsrecht gleichstellen. Wie aus der faktischen Ausübung einer Nutzungsbefugnis ein ausschließliches Nutzungsrecht wird und was sie darunter verstehen, vermögen die Vorinstanzen nicht schlüssig zu erklären.

[12] 3.1 Die Vorinstanzen begründen das von ihnen erzielte Ergebnis der analogen Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Judikatur letztlich nur mit der „Schutzbedürftigkeit“ des Wohnungsgebrauchsberechtigten. Dieser Ansatz widerspricht der Rechtsprechung.

[13] 3.2 Für einen zulässigen Analogieschluss ist eine echte Gesetzeslücke erforderlich (RS0098756; RS0008866). Dies ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Das Gesetz ist in einem solchen Fall, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, ergänzungsbedürftig, ohne dass die Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RS0008826; 4 Ob 80/20y). Ob und inwieweit eine Analogie im konkreten Einzelfall gerechtfertigt ist, hat sich am Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu orientieren (RS0034507 [T4 und T6]). Dabei sind der Zweck und der Wertmaßstab ausschließlich aus der Sicht des Gesetzgebers und nicht aus der subjektiven Sicht des jeweiligen Gesetzanwendungsorgans weiter zu denken (vgl RS0008836; 4 Ob 93/19h). Es müsste daher der Schluss gerechtfertigt sein, dass die aus der konkreten gesetzlichen Regelung hervorleuchtenden Zwecke und Werte die Annahme nahelegen, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen (RS0008866 [T9]). Demgegenüber ist das bloß rechtspolitisch Erwünschte keine ausreichende Grundlage für eine Analogie (RS0008866 [T10 und T12]). Es ist nicht Sache der Rechtsprechung, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern oder zu korrigieren (vgl RS0009099).

[14] 3.3 Das Wohnungseigentum ist die untrennbare Verbindung eines ideellen Miteigentumsanteils an der Liegenschaft mit einem ausschließlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt. Der einzelne Wohnungseigentümer ist nur Miteigentümer der Liegenschaft, auf der sich das mit seinem Miteigentumsanteil verbundene Objekt befindet (vgl 5 Ob 54/12w). Mit der Begründung von Wohnungseigentum erhält der Wohnungseigentümer das dingliche Recht, das ihm zugewiesene Objekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen (5 Ob 454/97v). Der Wohnungseigentumsvertrag (zwischen zumindest zwei Miteigentümern) ist der Regelfall der Wohnungseigentumsbegründung. Er ist eine schriftliche Vereinbarung aller Miteigentümer, in der diese der Begründung des Wohnungseigentums an der gesamten Liegenschaft zustimmen, wobei jedes Wohnungseigentumsobjekt einem bestimmten Miteigentümer zugeordnet sein muss (vgl 5 Ob 15/10g; 5 Ob 37/13x).

[15] Die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft stehen aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags zueinander in einem engen, bisweilen sogar als gesellschaftsähnlich bezeichneten Verhältnis (5 Ob 37/19f). Die gesetzlich geregelten Individual- und Minderheitsrechte sind gegenüber den anderen Wohnungseigentümern durchzusetzen. Dies gilt etwa für das Änderungsrecht nach § 16 WEG 2002 oder den Anspruch auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten nach § 30 WEG 2002 (vgl 5 Ob 37/19f).

[16] 3.4 Aus diesen Wesensmerkmalen folgt, dass es sich beim Rechtsverhältnis zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern um eine spezielle, gesetzlich ausgestaltete Rechtsbeziehung handelt, die eine wirksame Wohnungseigentumsbegründung nach den gesetzlichen Modalitäten voraussetzt. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer sind Ausfluss dieses besonderen rechtlichen Gefüges und setzen dieses notwendigerweise voraus. Aufgrund dieser sondergesetzlich geregelten Rechtsbeziehungen ist etwa auch der nachbarrechtliche Abwehranspruch nach § 364 Abs 2 ABGB zwischen den Wohnungseigentümern nach der Rechtsprechung besonders ausgestaltet. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass zwischen den Wohnungseigentümern eine den nachbarschaftsrechtlichen Immissionsschutz gestaltende besondere Rechtsbeziehung besteht, zumal sie einander versprochen haben, die ausschließliche Nutzung der Wohnungseigentumsobjekte auf der Liegenschaft durch den jeweiligen Wohnungseigentümer zu dulden (vgl 9 Ob 13/12w; 5 Ob 173/15z).

[17] 3.5 Dafür, dass der Gesetzgeber einzelne Ansprüche, die sich aus der beschriebenen besonderen Rechtsbeziehung zwischen Wohnungseigentümern ergeben, auch auf andere Fälle der Ausübung von Nutzungsbefugnissen an Wohnobjekten außerhalb des WEG angewandt wissen möchte, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Ein Übersehen dieser Problematik kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

[18] 3.6 Dieses Ergebnis wird schließlich auch durch die Judikatur zu sogenannten „Mischhäusern“, die ab Inkrafttreten des WEG 2002 nicht mehr neu begründet werden können, bestätigt. Danach ist für die Anwendung der Bestimmungen des WEG zumindest das Vorliegen von gemischtem, also nebeneinander bestehendem Wohnungseigentum und schlichtem Miteigentum erforderlich (RS0082999). Selbst in einem solchen Fall kommen den schlichten Miteigentümern die Rechte nach dem WEG nicht zu (vgl 5 Ob 150/92; 5 Ob 2180/96s).

[19] Wenn sich nicht einmal ein schlichter Miteigentümer im Zusammenhang mit einem Wohnhaus, an dem zumindest teilweise Wohnungseigentum besteht, auf alle Rechte eines Wohnungseigentümers berufen kann, gilt dies umso weniger für einen Wohnungsgebrauchsberechtigten bei nicht auf dem WEG beruhender Eigentumsgrundlage. Im Anlassfall besteht nicht einmal Miteigentum des Klägers, sondern Alleineigentum der Beklagten.

[20] 3.7 Die Frage der Gleichstellung eines Wohnungsgebrauchsberechtigten mit einem Fruchtgenussberechtigten (in Ansehung eines Wohnungseigentumsobjekts) ist hier nicht entscheidungsrelevant. Auch bei dieser Unterscheidung kommt es – entgegen der Ansicht der Vorinstanzen – aber ohnehin nicht auf die faktische Ausübung der Nutzungsbefugnisse an. Vielmehr ist entscheidend, dass dem Fruchtgenussberechtigten an einer Eigentumswohnung weitgehend dieselben Rechte wie einem Wohnungseigentümer zustehen, der insoweit den Eigentümer des belasteten Anteils verdrängt. Das Gebrauchsrecht und das Recht auf Mitwirkung an der Verwaltung (im Weg der Willensbildung) steht damit nur dem Fruchtgenussberechtigten zu (vgl RS0011826; 5 Ob 50/20v); er hat auch eingeschränkte Verfügungsrechte (vgl 7 Ob 66/01h). Eine solche Rechtsstellung kommt dem Wohnungsgebrauchsberechtigten gerade nicht zu (RS0011821; 5 Ob 195/13g).

[21] 3.8 Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung zu 5 Ob 188/19m ist für den Anlassfall nicht einschlägig. Diese Entscheidung betraf die Aufkündigung wegen Eigenbedarfs nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG iVm § 30 Abs 3 MRG. Vor dem Hintergrund einer gesamtnichtigen Wohnungseigentumsbegründung sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass ein schlichter Miteigentümer, dem aufgrund einer angenommenen Benützungsvereinbarung ein obligatorisches alleiniges Nutzungs- und Verfügungsrecht an einem bestimmten Objekt zukomme, mit einem dinglich berechtigten Wohnungseigentümer durchaus vergleichbar sei, sodass die Frage nach dem Eigenbedarf nicht anders zu lösen sei als bei Wohnungseigentum. Aus diesem Grund sei für den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG der Bedarf des Miteigentümers maßgebend, dem aufgrund einer Benützungsregelung die alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrechte über eine Wohnung zukommen. Einem Wohnungsgebrauchsberechtigten kommt demgegenüber kein alleiniges Nutzungs- und Verfügungsrecht an der überlassenen Wohnung zu. Auf die in besagter Entscheidung vertretene Rechtsansicht muss daher hier nicht eingegangen werden.

[22] 4. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die von den Vorinstanzen vorgenommene analoge Anwendung des § 16 WEG 2002 auf den Anlassfall nicht berechtigt ist. Dem Kläger kommt als Wohnungsgebrauchsberechtigten an einer Wohnung, an der kein Wohnungseigentum begründet ist, nicht die Rechtsstellung eines Wohnungseigentümers zu. Damit bestehen die vom Kläger mit seinem Haupt- und Eventualbegehren geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf Basis des dafür allein relevierten § 16 WEG 2002 nicht. Andere im erstinstanzlichen Verfahren angezogene Rechtsgrundlagen greift der Kläger im Revisionsverfahren nicht mehr nachvollziehbar auf.

[23] Da die Entscheidung des Berufungsgerichts der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht stand hält, war in Stattgebung der Revision die angefochtene Entscheidung abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen.

[24] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Das Erstgericht hat die Bewertung des Klägers korrigiert. Die doppelte Anzeige des Vollmachtswechsels war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.

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