OGH 5Ob37/19f

OGH5Ob37/19f31.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen 27.772 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 27.772 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2018, GZ 1 R 159/18v‑28, mit dem das Teil‑Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom 7. September 2018, GZ 5 Cg 58/17k‑24, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E125913

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Entscheidungen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden Kosten des weiteren Verfahrens.

 

Begründung:

Die Klägerin, die damals Mit‑ und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft war, stürzte am 26. 1. 2015 gegen 9:45 Uhr auf dem Parkplatz der Wohnanlage und verletzte sich. Die Mehrparteienhäuser der Anlage verfügen über einen gemeinsamen Parkplatz und eine Tiefgarage, die Allgemeinflächen der Liegenschaft sind. Am Tag zuvor hatte es geschneit. Die Klägerin bemerkte, dass die vom Schnee geräumte Parkplatzoberfläche glitzerte und ging äußerst vorsichtig. Dennoch rutschte sie aus und kam zu Sturz. Da nach der Räumung weder auftauende noch abstumpfende Streumittel wie Salz oder Splitt aufgebracht worden waren, war zum Unfallszeitpunkt die erforderliche Rutschfestigkeit für ein sicheres Begehen der Asphaltoberfläche nicht gegeben. Seit 1991 war A* – selbst Mit‑ und Wohnungseigentümer – als Hausmeister tätig. Der von ihm erstellte Aufgabenkatalog seines Dienstvertrags enthält auch „Schneeräumen im Hof, Salzstreuen oder Splitt“. In der Praxis teilte er seine Arbeitszeit eigenverantwortlich ein und erhielt zur Art der Ausübung seiner Aufgaben keine Weisungen. Materialien beschaffte er großteils selbst und legte Rechnung. Nur größere Anschaffungen wickelte er über die Hausverwaltung ab. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters teilte er vor der Wintersaison 2010 dem damals zuständigen Mitarbeiter der Verwalterin mit, die Schneeräumtätigkeit auf dem Parkplatz nicht mehr ausüben zu können und zu wollen. Über Ersuchen dieses Mitarbeiters benannte er E* als denjenigen, der dies übernehmen werde. Nach Schneefall hatte E* aufgrund der Vereinbarung mit A* jeweils frühmorgens die großflächige Schneeräumung am Parkplatz mit seinem Schneepflug durchzuführen, die allenfalls danach noch notwendige kleinflächige Schneeräumung und Streutätigkeit oblag weiterhin A*. Reklamationen betreffend den Winterdienst gab es nicht. Bis zum Unfall der Klägerin ist niemand aufgrund mangelhafter Winterdiensttätigkeit gestürzt.

Die Klägerin begehrte zuletzt Schmerzengeld, Haushaltshilfekosten und Pflegekosten, insgesamt 27.772 EUR sA, sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aus diesem Unfall. Ihr Sturz sei auf die mangelhafte Salz‑ oder Splittstreuung durch A* zurückzuführen, für den die Beklagte als Trägerin sämtlicher Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung nach § 1313a ABGB einzustehen habe. A* sei aufgrund seiner eigenverantwortlichen Tätigkeit auch Repräsentant der Beklagten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie hafte ohne besondere Vertragsbeziehung ihren Mitgliedern nur deliktisch für die Verletzung der im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten. A* sei weder untüchtig noch gefährlich im Sinn des § 1315 ABGB gewesen. Aufgrund des Dienstverhältnisses sei er nicht Repräsentant. Der Unfall sei nur auf die Ungeschicklichkeit der Klägerin selbst zurückzuführen.

Das Erstgericht sprach mit Teil‑Zwischenurteil aus, dass das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es ging von einer rechtlichen Sonderbeziehung der einzelnen Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft aus, weshalb der geschädigten Klägerin die strenge Geschäftsherrnhaftung für den Gehilfen nach § 1313a ABGB und die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB zugute komme. A* sei völlig weisungsfrei und in gewisser Weise in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion tätig gewesen, sodass auch zu erwägen sei, der Beklagten sei sein Verhalten als das ihres Repräsentanten zuzurechnen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts in Bezug auf die Zurechnung des Verhaltens des A* an die Beklagte nach § 1313a ABGB. Auch außerhalb einer Vertragsbeziehung hafte der Schuldner einer gesetzlichen Verbindlichkeit für seine Hilfspersonen nach dieser Bestimmung, wenn eine rechtliche Sonderbeziehung bestehe. Maßgeblich sei, ob Pflichten verletzt worden seien, die gegenüber jedermann bestehen, oder Pflichten aus der rechtlichen Sonderbeziehung. Der Eigentümergemeinschaft komme gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern eine aus dem WEG ableitbare Verpflichtung zu, für die gefahrlose Benutzung der Liegenschaft Sorge zu tragen, sodass insoweit eine rechtliche Sonderbeziehung bestehe. Auf die Frage der Repräsentantenhaftung sei aus diesem Grund nicht mehr einzugehen.

Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, zur Beurteilung der Frage, ob das Verhältnis zwischen der Eigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern eine rechtliche Sonderbeziehung begründe, die die Anwendung des § 1313a ABGB rechtfertige, fehle gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, der dies zu 5 Ob 76/12f nicht abschließend beantwortet habe.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei, die eine Abänderung im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens anstrebt. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch im Sinn ihres Eventualantrags berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass die Beklagte seit Inkrafttreten des WEG 2002 (§ 2 Abs 5 zweiter Satz, § 18 WEG 2002) als „Eigentümergemeinschaft“ zu bezeichnen ist. In diesem Sinn war die Parteibezeichnung zu berichtigen.

2. Im Revisionsverfahren zieht niemand in Zweifel, dass die Besorgung bzw die Veranlassung des Winterdienstes zur ordentlichen Verwaltung einer Liegenschaft gehört (RIS‑Justiz RS0124735 [T2]; 5 Ob 283/99z) und Verwaltungshandlungen ebenso wie deren Unterlassung grundsätzlich der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen sind, die für Schäden aus (deliktischen) Handlungen und Unterlassungen ihrer Repräsentanten (in der Regel des Verwalters) haftet (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 18 WEG Rz 78; 5 Ob 261/08f mwN). Auch die daraus abgeleitete Rechtspersönlichkeit der Gemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung (§ 18 Abs 1 WEG 2002) und deren dadurch bedingte ausschließliche Sachlegitimation in diesem Bereich (RS0116451) ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Strittig ist nur mehr die Zurechnung des Verhaltens des A* an die Beklagte.

3. In ihrer Revision meint die Beklagte, das WEG regle zwar das Entstehen der Eigentümergemeinschaft als quasi-juristische Person, die aus allen Wohnungseigentümern der Liegenschaft gebildet wird. Verhaltens‑, Kontroll‑, Leistungs‑ und andere Pflichten der Eigentümergemeinschaft seien aber dem WEG ebenso wie Pflichten und Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft nicht zu entnehmen. Insbesondere eröffne das WEG keine Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit gegenüber der Eigentümergemeinschaft. Soweit einzelnen Wohnungseigentümern durchsetzbare Rechte eingeräumt würden, seien als Antragsgegner nicht die Eigentümergemeinschaft, sondern die übrigen Wohnungseigentümer vorgesehen, so etwa nach § 30 WEG. Auch eine Ausschlussmöglichkeit einzelner Mitglieder komme im Wohnungseigentum nicht der Eigentümergemeinschaft, sondern nur einzelnen Miteigentümern zu, weshalb die Eigentümergemeinschaft nicht mit einer GmbH verglichen werden könne. Zu 3 Ob 136/12i habe der Oberste Gerichtshof eine rechtliche Sonderbeziehung, die zu einem Einstehenmüssen der Eigentümergemeinschaft nach § 1313a ABGB führen würde, verneint. Die von den Vorinstanzen bejahte rechtliche Sonderbeziehung würde zu einer überbordenden Haftung der Eigentümergemeinschaft führen und zur Folge haben, dass die Eigentümergemeinschaft unterschiedliche Arten von Verkehrssicherungspflichten einerseits gegenüber der Allgemeinheit und andererseits gegenüber den Wohnungseigentümern treffen. Eine derartige Differenzierung sei dem WEG nicht zu entnehmen. Eine Haftung der Beklagten für A* könne daher nur nach § 1315 ABGB bestehen, wobei er aber weder als untüchtig noch als gefährlich im Sinn dieser Gesetzesstelle anzusehen sei.

4.1. Nach langjähriger, gesicherter Rechtsprechung (RS0114886) haftet die Eigentümergemeinschaft ohne besondere Vertragsbeziehung ihren Mitgliedern und deren Mietern für die Verletzung der ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegsicherungspflichten nur deliktisch. Die Miteigentümer und Wohnungseigentümer der Liegenschaft stehen aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags wohl zueinander in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis, haben aber zu ihrer in Verwaltungsangelegenheiten als juristische Person agierenden Gemeinschaft (sofern sie mit ihr keine Verträge schließen) keine Vertragsbeziehung.

4.2. In der Entscheidung 5 Ob 76/12f (immolex 2012/110 [Limberg] = ZVR 2013/221 [Huber]), die ebenfalls die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die beklagte Eigentümergemeinschaft betraf, hielt der Fachsenat daran fest. Die Eigentümergemeinschaft haftet in Angelegenheiten der Verwaltung der gemeinschaftlichen Liegenschaft für Schäden aus Handlungen oder Unterlassungen des Verwalters deliktisch, wobei dahingestellt blieb, ob diese Haftung als Organhaftung der juristischen Person zu qualifizieren ist oder aber die Grundsätze der Repräsentantenhaftung dazu führen, der Gemeinschaft das Handeln des Verwalters zuzurechnen. Eine Haftung der Eigentümergemeinschaft für Handlungen und Unterlassungen der Verwalterin ist zwar auch dann begründet, wenn die Schädigung durch andere Hilfspersonen erfolgte und diese weder nach § 1313a ABGB noch nach § 1315 ABGB der juristischen Person zuzurechnen sind, dem Machthaber (Verwalter) jedoch ein Organisations‑, Auswahl‑ oder ein Überwachungsverschulden zur Last zu legen ist. Ein derartiger Fall lag dort nicht vor (auch hier ist ein allfälliges Organisations‑, Auswahl‑ oder Überwachungsverschulden der Verwalterin oder auch der Beklagten selbst nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens). Der Fachsenat sah es dort nur als diskussionswürdig an, ob nicht die Eigentümergemeinschaft als Trägerin sämtlicher Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung im Sinn des § 18 Abs 1 WEG gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern eine über die gegenüber jedermann bestehende Verkehrssicherungspflicht hinausgehende, aus dem WEG ableitbare Verpflichtung treffe, für die gefahrlose Benutzung der Liegenschaft Sorge zu tragen. Aus einer derartigen rechtlichen Sonderbeziehung zwischen der Gemeinschaft und einzelnen Wohnungseigentümern könnte dann eine Haftung für den von der Gemeinschaft eingesetzten Gehilfen nach § 1313a ABGB abgeleitet werden. Mangels darauf abzielenden Vorbringens war diese Frage allerdings nicht näher zu erörtern.

4.3. In der Entscheidung 3 Ob 136/12i – die ebenfalls die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bzw Wegehalterpflicht des § 1319a ABGB durch eine Eigentümergemeinschaft betraf – vertrat der 3. Senat die Auffassung, eine rechtliche Sonderbeziehung, die zu einem Einstehenmüssen der Eigentümergemeinschaft (oder der Verwalterin) nach § 1313a ABGB für ihre Gehilfen beim Winterdienst führen würde, sei nicht erkennbar. Auch der 7. Senat hielt in der darauffolgenden Entscheidung 7 Ob 113/13p (= wobl 2013/104) an der bloß deliktischen Haftung der Eigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern gegenüber in Bezug auf die ihr im Rahmen der Verwaltung obliegenden Wegesicherungspflichten fest.

4.4. In der Literatur sind die Auffassungen geteilt:

4.4.1. Brenn meint in seiner Glosse zu 5 Ob 76/12f, es spreche vieles dafür, die sondergesetzliche Rechtsbeziehung zwischen der Eigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern als „rechtliche Sonderbeziehung“ anzuerkennen (EvBl 2013/33).

4.4.2. Huber vertritt in seiner Glosse zu 5 Ob 76/12f die Auffassung, es sei richtig, dass die Wohnungseigentumsgemeinschaft dem einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund der Sonderverbindung verpflichtet sei, für die gefahrlose Benützung der Zugangswege zu sorgen (ZVR 2013/221). Die Ablehnung der Haftung aus der Sonderverbindung hält er für wenig nachvollziehbar. Er meint, zwischen der Eigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern bestehe ein gesellschaftsähnliches Verhältnis (Huber in Schwimann/Neumayr, ABGB‑Komm4 § 1319a Rz 32).

4.4.3. Würth/Zingher/Kovanyi (Miet‑ und Wohnrecht II23 § 18 WEG Rz 9) treten unter Hinweis auf 5 Ob 76/12f für die ausschließlich deliktische Haftung der Eigentümergemeinschaft ein.

4.4.4. Vergleichbares gilt für Vrba/Kolmasch (in Vrba, Schadenersatzrecht in der Praxis, 39. Lfg, Kap P XVII. Wegehaftung Rz 5).

4.4.5. Painsi (in GeKO Wohnrecht II § 18 WEG 2002 Rz 38) vertritt die Auffassung, die Eigentümergemeinschaft hafte gegenüber den Wohnungseigentümern oder deren Mietern nur deliktisch, weil die Wohnungseigentümer aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags zwar zueinander in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis stehen, aber keine Vertragsbeziehung zur Eigentümergemeinschaft bestehe. Die Eigentümergemeinschaft hafte daher weder für ihre Gehilfen nach § 1313a ABGB noch gelte die Umkehr der Beweislast nach § 1298 ABGB, sie habe auch nicht für reine Vermögensschäden einzustehen.

4.4.6. Löcker (in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 79) verweist unter Bezugnahme auf 5 Ob 76/12f darauf, dass eine über Deliktshaftung hinausgehende vertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber ihren Mitgliedern mangels einer aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehenden Vertragsbeziehung nicht in Frage komme, erkennt aber im Zusammenhang mit der Beitragspflicht der Wohnungseigentümer ein gesetzliches Schuldverhältnis an, das die Wohnungseigentümer mit der Gemeinschaft verbindet (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 87).

4.4.7. Hochleitner (Verkehrssicherungspflichten in Wohnungseigentumsanlagen [2017]) hält in ihrer Dissertation die Auffassung der ständigen Rechtsprechung, die zwischen den Wohnungseigentümern ein gesellschaftsähnliches Verhältnis annimmt, mangels Vorliegen einer vertraglichen Beziehung zwischen der Eigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern ein solches Verhältnis aber verneint, für nicht schlüssig. Aus dem Gemeinschafts‑ bzw Mitgliedschaftsverhältnis ergäben sich wie im Gesellschaftsrecht Treuepflichten unter den Wohnungseigentümern, aber auch zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Eigentümergemeinschaft (so auch Hochleitner/Pittl, Das Treueverhältnis der Wohnungseigentümer zueinander und zur Eigentümergemeinschaft, wobl 2015/251). Eine Sonderrechtsbeziehung zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Eigentümergemeinschaft sei aus deren Zuständigkeit zur Verwaltung der Liegenschaft nach § 2 Abs 5 iVm § 18 Abs 1 WEG 2002 abzuleiten. Die Wohnungseigentümer öffneten ihre Rechtssphäre gegenüber der Eigentümergemeinschaft, wodurch die Einwirkungsmacht der Eigentümergemeinschaft erhöht sei, was das Vorliegen einer Sonderrechtsbeziehung zur Folge haben müsse. Ausdruck dieser Sonderrechtsbeziehung seien § 16 Abs 3 Satz 2 und § 30 Abs 3 WEG 2002. Hochleitner unterscheidet aber zwischen der Haftung für die interne Willensbildung der Wohnungseigentümer, wo sie die Zurechnung zur Eigentümergemeinschaft deshalb ablehnt, weil die Rechte und Pflichten in diesem Bereich ausschließlich den Wohnungseigentümern selbst zugewiesen seien, und der Haftung für sonstige Verwaltungsmaßnahmen – etwa für die Umsetzung der Beschlüsse – sowie für jene Angelegenheiten, die keiner Beschlussfassung bedürfen. Insoweit leitet sie aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer zueinander und zur Eigentümergemeinschaft deren Pflicht ab, zunächst den Verwalter in Anspruch zu nehmen, und hält die Inanspruchnahme der Eigentümergemeinschaft in analoger Anwendung der Ausfallshaftung der Wohnungseigentümer nach § 18 Abs 4 WEG nur dann für zulässig, wenn die Forderung gegen den Verwalter nicht hereingebracht werden könne.

4.4.8. Schauer (in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht3 § 18 WEG Rz 8) spricht sich dafür aus, bei Schädigung eines Wohnungseigentümers die Haftung der Eigentümergemeinschaft entgegen der ständigen Rechtsprechung richtigerweise nicht nur auf deliktische Grundlage, sondern auch auf das durch die Mitgliedschaft begründete Sonderrechtsverhältnis stützen zu können, was gegebenenfalls die Zurechnung des schuldhaften Verhaltens einer dritten Person nach § 1313a ABGB ermögliche.

4.4.9. Koziol (Haftpflichtrecht II3 875) hält es für berechtigt anzuerkennen, dass die Eigentümergemeinschaft als Trägerin sämtlicher Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer eine über die gegenüber jedermann bestehende Verkehrssicherungspflicht hinausgehende, aus dem WEG ableitbare Verpflichtung treffe, für die gefahrlose Benutzung der Liegenschaft Sorge zu tragen. Die Bejahung einer solchen Verpflichtung könnte zur Haftung der Gemeinschaft für den von ihr eingesetzten Gehilfen nach § 1313a ABGB führen.

5. Hiezu wurde erwogen:

5.1. Nach der – inhaltlich weitgehend Satz 1 des § 13c Abs 1 WEG 1975 entsprechenden (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht II²³ § 2 WEG Rz 27) – Bestimmung des § 2 Abs 5 zweiter Satz WEG 2002 bilden alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft; sie ist juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs 1 und 2 WEG umschriebenen Umfang. In Literatur und Rechtsprechung ist anerkannt, dass nach § 18 Abs 1 WEG 2002 der Eigentümergemeinschaft nicht Eigentümerrechte, sondern Verwaltungsrechte zugeordnet sind (RS0110931 [T1]; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 12; Feil/Friedl/Bayer, WEG § 18 Rz 10; Hochleitner, Verkehrssicherungspflichten 14). Während beim schlichten Miteigentum Verwaltungshandlungen von der Mehrheit der Miteigentümer vorzunehmen sind (RS0011851), überträgt das WEG die Verwaltung an die Eigentümergemeinschaft. Der einzelne Wohnungseigentümer kann über die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft auf die Verwaltung Einfluss nehmen, darüber hinaus steht ihm im Fall von Gefahr in Verzug das Recht zur Schadensabwehr nach § 30 Abs 3 Satz 2 WEG 2002 zu. Wird er nicht von der Eigentümergemeinschaft zur Ausführung von Verwaltungshandlungen legitimiert, hat er an sich kein Recht auf Ausführung einer konkreten Verwaltungshandlung (Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft 81, 247 f; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht II23 § 30 WEG Rz 14).

5.2. Bereits zum WEG 1975 vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, die Eigentümergemeinschaft trete – ausgenommen bei der Geltendmachung von Beitragsleistungen – nur im Außenverhältnis und daher nicht gegenüber Wohnungseigentümern auf. Aus diesem Grund verneinte er die Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft für die Durchsetzung von Individual- und Minderheitsrechten der Mit‑ und Wohnungseigentümer nach dem WEG 1975, was etwa die Durchsetzung von Minderheitsrechten betraf (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 80 mwN). Der Gesetzgeber des WEG 2002 griff diese Argumentation auf (ErläutRV 989 BlgNR 21. GP  62f) und ordnete den Mangel der Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft ausdrücklich gesetzlich an. Der Antrag eines Wohnungseigentümers auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft gemäß § 24 Abs 6 WEG 2002, auf Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses gemäß § 29 Abs 1 WEG und auf Entscheidung über die Durchführung von Maßnahmen gemäß § 30 Abs 1 WEG ist daher gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Dieser unmissverständlichen gesetzlichen Anordnung liegt der Gedanke zugrunde, dass sich in den genannten Angelegenheiten der einzelne Wohnungseigentümer nicht an die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, sondern die übrigen Wohnungseigentümer zu halten hat, die Eigentümergemeinschaft in diesen Angelegenheiten im Innenverhältnis daher nicht als eigenständiger Rechtsträger auftreten soll. Eine durchsetzbare Verpflichtung etwa zur Durchführung von Arbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 (vgl § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002) besteht nach der bestehenden Gesetzeslage und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (ErläutRV 989 BlgNR 21. GP  62f) daher nicht gegenüber der Eigentümergemeinschaft als juristische Person, sondern nur gegenüber den anderen Wohnungseigentümern (siehe hiezu auch Löcker in Hausmann/Vonkilch 4 § 18 WEG Rz 81 ff, der nur de lege ferenda für eine Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft auch in diesen Angelegenheiten plädiert). Auch Hochleitner (Verkehrssicherungspflicht in Wohnungseigentumsanlagen [2017] 201) verneint ja die Haftung der Eigentümergemeinschaft für die interne Willensbildung der Wohnungseigentümer, weil es im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander eigene Rechtsinstitute gebe, um die entsprechende Willensbildung herbeizuführen, und stellt insoweit als wesentliches Kriterium auf die Passivlegitimation der Wohnungseigentümer – und eben nicht der Eigentümergemeinschaft – ab. Sie folgert daraus, dass nur die übrigen Wohnungseigentümer bei Schäden aufgrund der Nichtvornahme oder Verzögerung der entsprechenden Maßnahmen in Anspruch genommen werden können, was auch für den Fall einer fehlenden internen Willensbildung der Wohnungseigentümer gelten soll.

5.3. In der Entscheidung 5 Ob 272/09z (RS0108020 [T25]) sprach der Fachsenat zwar aus, die durch § 18 Abs 1 WEG der Eigentümergemeinschaft im bestimmten Umfang zugestandene Rechtspersönlichkeit müsse im Innen- wie im Außenverhältnis gleichermaßen durchschlagen. Dort war allerdings die – ausschließliche – Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft zur Durchsetzung des Duldungsanspruchs nach § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG 2002 zu beurteilen und mit dem Argument zu bejahen, dass die Eigentümergemeinschaft auch die Entschädigungspflicht trifft. Eine allgemeine Aussage dahin, die Eigentümergemeinschaft als juristische Person sei allgemein aus einer rechtlichen Sonderbeziehung im Innenverhältnis den einzelnen Wohnungseigentümern gegenüber etwa zur Durchführung der Verwaltung verpflichtet, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen.

5.4. Ausgangspunkt für die Frage der Zurechnung des Gehilfenverhaltens nach § 1313a ABGB an die Beklagte hat zunächst der in ständiger Rechtsprechung (RS0028527) vertretene Grundsatz zu sein, dass § 1313a ABGB ein bereits bestehendes Schuldverhältnis im Sinn einer gegenüber bestimmten Personen bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtung verlangt, mag diese im Einzelfall auf einem Gesetz, einem Rechtsgeschäft (Vertrag) oder einer erlittenen Beschädigung beruhen; soweit es sich um eine Verpflichtung handelt, die jemandem durch eine bestimmte Norm im Interesse der Allgemeinheit auferlegt wird, ist § 1313a ABGB unanwendbar (vgl hiezu auch Koziol, Haftpflichtrecht II³ 870 ff). Zu untersuchen ist daher, ob – entgegen der ständigen Rechtsprechung – tatsächlich auch zwischen der Eigentümergemeinschaft als solcher und den einzelnen Wohnungseigentümern eine rechtliche Sonderbeziehung dergestalt besteht, dass daraus eine Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft zur Vornahme und/oder Unterlassung ganz konkreter Handlungen im Rahmen der ihr obliegenden Verwaltung abzuleiten ist. Nur unter dieser Voraussetzung könnte die Erfüllungsgehilfenhaftung des § 1313a ABGB auch im Verhältnis der Eigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern bejaht werden.

5.5. In der österreichischen Judikatur fehlt es – abgesehen vom erwähnten obiter dictum zu 5 Ob 76/12f – an einer ausdrücklichen Stellungnahme hiezu. Der deutsche BGH lehnte Ersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Eigentümergemeinschaft aufgrund von Pflichtverletzungen des Verwalters im Grundsatzurteil vom 8. Juni 2018 – V ZR 125/17 ab, wobei er der überwiegenden deutschen Lehre folgte, die eine Pflicht der Eigentümergemeinschaft zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber den Wohnungseigentümern bezweifelt (krit zu dieser Rechtsprechungswende Häublein in seiner Anmerkung in ZWE 2019, 25). Ein Rückgriff auf deutsche Lehre und Rechtsprechung ist zur konkreten Problematik nur wenig hilfreich, weil der Eigentümergemeinschaft zwar auch nach deutschem Recht Rechtsfähigkeit im Innenverhältnis zukommt, die Befugnis zur Verwaltung dort aber den Wohnungseigentümern gemeinsam und dem Verwalter zusteht (vgl Hochleitner, Verkehrssicherungspflichten 14 unter Verweis auf § 21 Abs 1 dWEG).

5.6. Der von Huber und Schauer angestellte Vergleich der Eigentümergemeinschaft mit der Gesellschaft kann nicht restlos überzeugen; insbesondere kann die Eigentümergemeinschaft eben nicht nur – wie eine Gesellschaft – durch Vertrag, sondern auch – dies sogar gegen den Willen einzelner Mitglieder – durch Richterspruch (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4 WEG 2002) begründet werden und der Eigentümergemeinschaft kommt – anders etwa als einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (vgl §§ 66 ff GmbHG) – kein Recht zum Ausschluss einzelner Wohnungseigentümer zu. Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander mag daher gesellschafterähnlich sein, es gründet sich aber nicht zwingend auf einen Vertrag. Das Entstehen der Eigentümergemeinschaft ist – im Gegensatz zum Entstehen einer Gesellschaft – vielmehr die im Gesetz angeordnete notwendige Rechtsfolge der Begründung des Wohnungseigentums. Aus diesem Grund teilt der Senat auch die Auffassung von Hochleitner (aaO209) nicht, die damit argumentiert, die Wohnungseigentümer öffneten ihre Rechtssphäre der Eigentümergemeinschaft gegenüber und brächten ihr besonderes Vertrauen entgegen; gerade der Umstand, dass die Eigentümergemeinschaft unabhängig vom Wissen und Wollen der jeweiligen Wohnungseigentümer schon aufgrund des Gesetzes entsteht, spricht dagegen.

5.7. Als Ausfluss dieses rechtlichen Konstrukts mag eine „rechtliche Sonderbeziehung“, die sich auf einzelne, speziell aus dem WEG ableitbare Rechte und Pflichten beschränkt (wie etwa die zu 5 Ob 272/09z beurteilte Entschädigungspflicht nach § 16 Abs 3 WEG oder die Beitragspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer), zu bejahen sein. Das WEG kennt aber keine gesetzliche Pflicht der Eigentümergemeinschaft einzelnen Wohnungseigentümern gegenüber, diesen allfällige Schäden aus mangelhaftem Winterdienst abzugelten. Eine spezielle Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft zum Winterdienst könnte daher nur in einer auch im Innenverhältnis gegenüber den Wohnungseigentümern bestehenden allgemeinen gesetzlichen Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung wurzeln. Nur in diesem Fall könnte es sich überhaupt um eine Verpflichtung aus einem besonderen gesetzlichen Schuldverhältnis handeln.

5.8. Eine allgemeine Verwaltungspflicht im Innenverhältnis ist aber mit der bisher herrschenden Rechtsprechung zu verneinen. Das WEG nennt eine derartige Verpflichtung nicht, sondern überträgt in § 20 Abs 1 WEG 2002 dem Verwalter die Verwaltung der Liegenschaft und die nach Außen unbeschränkbare Vertretung der Eigentümergemeinschaft. Unzukömmlichkeiten im Bereich der Verwaltung berechtigen nach dem System des WEG die einzelnen Wohnungseigentümer zur Ausübung ihrer Minderheitsrechte nach § 30 Abs 1 und 2 WEG, deren Adressat aber nicht die Eigentümergemeinschaft, sondern die anderen Wohnungseigentümer bzw (im Fall des § 30 Abs 1 Z 5 WEG 2002) der Verwalter ist. § 16 Abs 3 WEG ist eine ganz spezielle Norm und kann nicht als Grundlage einer allgemeinen Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft zur umfassenden Verwaltung gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern herangezogen werden. Vergleichbares gilt für das von Löcker erwähnte gesetzliche Schuldverhältnis in Bezug auf rückständige Beitragsleistungen, die die Eigentümergemeinschaft einklagen kann. In diesem Rahmen mögen auf gesetzlicher Grundlage beruhende, nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten entstehende Schuldverhältnisse zu bejahen sein. Sämtliche Handlungen des Verwalters oder der von ihm Beauftragten als der Eigentümergemeinschaft im Rahmen einer gesetzlichen Verpflichtung gegenüber den Wohnungseigentümern erbracht anzusehen, kann dies aber ebenso wenig rechtfertigen wie die von Hochleitner/Pittl (aaO 262f) erwähnten Treuepflichten, die ebenso nur ganz eingeschränkte spezielle Bereiche (wie etwa die Abtretung von Ansprüchen iSd § 18 Abs 2 WEG 2002) betreffen. Hochleitner selbst leitet aus der Treuepflicht vielmehr sogar die Verpflichtung des Wohnungseigentümers ab, sich zunächst an den Verwalter zu wenden. Die Anerkennung einer gesetzlichen Verwaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft im Innenverhältnis hätte eine nahezu uferlose Ausweitung der schadenersatzrechtlichen Haftung der Gemeinschaft für Verwaltungshandlungen nach vertraglichen Grundsätzen – somit auch im Bereich bloßer Vermögensschäden – zur Folge, obwohl ein entsprechender durchsetzbarer Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf die konkrete Verwaltungshandlung nicht besteht. Dass der Gesetzgeber mit der Anerkennung der eingeschränkten Rechtsfähigkeit und Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft im Bereich der Verwaltung einen derartigen Wertungswiderspruch beabsichtigt hätte, ist nicht zu erkennen.

5.9. Hier ist die Unterlassung einer witterungsbedingt gebotenen Streuung eines allgemeinen Teils der Wohnungseigentumsanlage zu beurteilen, somit eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Diese Räum‑ und Streupflicht ist aber nicht Ausdruck einer spezifischen wohnungseigentumsrechtlichen Sonderbeziehung, sondern der allgemeinen Anordnung, grundsätzlich jedermann vor Gefahren auf einem Weg zu sichern, den man eröffnet. Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Streuung der – nach den Feststellungen auch für Besucher oder fremde Personen benutzbaren – Fläche zwischen Hauseingang und Parkplatz besteht nicht nur gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern, sondern gegenüber jedermann. Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Streupflicht gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern einerseits und Hausfremden andererseits ist aus dem Gesetz nicht begründbar. Der erkennende Senat sieht daher auch unter Berücksichtigung der teilweise kritischen Lehre keinen Anlass, von der bisher herrschenden Rechtsprechung abzuweichen, wonach die Eigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern gegenüber grundsätzlich nur deliktisch haftet und eine spezielle Verpflichtung zur Durchführung des Winterdienstes aus einer gesetzlichen Sonderverbindung mit den einzelnen Wohnungseigentümern nicht besteht. Damit scheidet die Zurechnung des Gehilfenverhaltens an die Beklagte nach § 1313a ABGB aus.

6.1. Daraus folgt, dass im Weiteren noch zu der vom Erstgericht (eher) bejahten Frage der Haftung der Beklagten für A* als ihren Repräsentanten Stellung zu nehmen ist, zumal es der in beiden Vorinstanzen erfolgreichen Klägerin nicht zum Nachteil gereicht, wenn sie eine ihr mögliche Rechtsrüge zu aus der Sicht des Berufungsgerichts unwesentlichen Aspekten (hier: der Repräsentantenhaftung) in der Revisionsbeantwortung unterließ. Aus dem Versäumen einer solchen Rüge ist nicht der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin den diesbezüglichen Klagegrund nicht aufrecht halten wollte (vgl 2 Ob 40/05d mwN).

6.2. Nach ständiger Rechtsprechung haften juristische Personen deliktisch nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe, sondern auch für alle Personen, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für eine juristische Person ausüben (1 Ob 625/78 [leitende Mitarbeiter einer Gemeinde]; 2 Ob 107/98v [bauleitender Ingenieur einer Straßenbaustelle]; 2 Ob 291/03p [Bereichsleiter Winterdienstunternehmen]; 6 Ob 108/07m [mit der Organisation der Auslieferung betraute Personen]; RS0009113). Wesentlich dabei ist, dass nur für das Verhalten jener Personen als Repräsentanten einzustehen ist, die mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind (RS0009113; 4 Ob 75/09x). Der Wirkungskreis muss nicht dem eines Organs entsprechen (2 Ob 107/98v; 4 Ob 75/09x). Wer allerdings bloß untergeordnete Tätigkeiten ausübt, ist grundsätzlich nicht Repräsentant; für dessen deliktisches Verhalten hat die juristische Person nur nach § 1315 ABGB einzustehen (4 Ob 179/99y).

6.3. Mit der Repräsentantenstellung eines Hausbesorgers setzte sich der Fachsenat bereits zu 5 Ob 76/12f auseinander. Danach steht ein Anstellungsverhältnis der Repräsentantenstellung des Hausbesorgers für die Eigentümergemeinschaft nicht zwingend entgegen, wenn er in Ansehung des Winterdienstes mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet war. Dieser Fall liegt aber nur dann vor, wenn abweichend vom üblichen Inhalt eines Hausbesorgerdienstvertrags vereinbart wurde, dass der Hausbesorger seine Tätigkeit selbständig und eigenverantwortlich zu verrichten hat. Aus dem Umstand allein, dass die Eigentümergemeinschaft bzw der für sie handelnde Verwalter von ihrem aufgrund des Dienstverhältnisses bestehenden Weisungs‑ und Kontrollrecht tatsächlich nicht Gebrauch macht, ist noch nicht auf eine Repräsentantenstellung zu schließen, weil dann das Tatbestandsmerkmal der eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnis fehlt.

6.4. An diesen Grundsätzen, die in der Lehre Zustimmung fanden (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 78, Huber, Glosse zu 5 Ob 76/12f in ZVR 2013, 401f), ist festzuhalten.

6.5. Davon ausgehend lassen die Feststellungen aber noch keine abschließende Beurteilung zu, was zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwecks Verfahrensergänzung in erster Instanz führen muss. Das Erstgericht stellte zwar fest, dass A* seine Arbeitszeit selbst einteilen konnte, er in der Art der Ausübung seiner Aufgaben völlig weisungsfrei war und die Winterdiensttätigkeit eigenverantwortlich und nach Gutdünken ausübte. Diese Feststellungen legen für sich allein durchaus nahe, dass entgegen den Formulierungen im Arbeiterdienstvertrag von vornherein zwischen A* und der Beklagten, vertreten durch die Verwalterin, vereinbart war, dass dieser den Winterdienst tatsächlich eigenverantwortlich und weisungsfrei durchführen möge.

Allerdings stellte das Erstgericht auch fest, dass die Verwalterin A* und E* niemals Weisungen erteilte und sich zu solchen oder zu einer Überwachung ihrer Tätigkeit mangels Beschwerden und Reklamationen nie veranlasst sah. Diese Feststellung lässt offen, dass die Eigentümergemeinschaft bzw die für sie handelnde Verwalterin vielleicht doch Weisungs‑ und Kontrollrechte in Bezug auf den Winterdienst ausüben hätten können. Da gerade die Frage, ob A* nach den Vereinbarungen zwischen ihm und der Beklagten bzw der Verwalterin den Winterdienst tatsächlich selbständig und eigenverantwortlich führen sollte oder es aber nur durch faktisches Gewähren dazu kam, für die abschließende Beurteilung der Repräsentantenstellung des A* für die Eigentümergemeinschaft relevant ist, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Klarstellung dieser Frage – allenfalls nach einem ergänzenden Beweisverfahren – aufzuheben.

7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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