Spruch:
Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 19.468,80 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 3.244,80 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Eigentümerin des etwa 1878 errichteten Gebäudes der Universität Wien. Zum Haupteingang des Gebäudes führen - neben einer Freitreppe - zwei geschwungene Auffahrtsrampen, welche jeweils mit Balustraden aus Naturstein begrenzt sind. Die Balustraden bestanden bei ihrer Errichtung aus einer 13 cm hohen und rund 32 cm breiten Abdeckplatte aus Stein, die auf Säulen (Baluster) aus Stein und Postamenten ruhte, die ihrerseits wieder auf einem Balustradensockel aufgesetzt waren. Die Baluster waren durch Zapfen mit dem Untergrund verbunden.
1964 wurden die Balustraden generalüberholt. Grund dafür waren Zeitschäden, die die stabilisierende Wirkung der Zapfen fast zur Gänze beseitigt hatten. Ein großer Teil wurde abgebaut und wieder versetzt; etwa 20 bis 25 % der Bauteile wurden in gleicher Form und Konstruktion neu hergestellt. Die schadhaften Verzapfungen wurden jedoch nicht erneuert; es wurde auch unterlassen, die Tragfähigkeit auf andere Weise zu sanieren. Zum Zeitpunkt der Sanierung war die ÖNorm B 4001 (Ständige Lasten und Nutzlasten im Hochbau) vom Oktober 1962 gültig, welche die Belastbarkeit von Brüstungen und Gebäuden mit mindestens 1,0kN/m festlegte. Die Balustraden entsprachen schon im Zeitpunkt der Generalsanierung nicht dem Stand der Technik und waren nicht geeignet, dem in der ÖNorm B 4001 festgelegten Horizontalschub von 1,0kN/m standzuhalten.
In den nächsten dreißig Jahren kam es durch Witterungseinflüsse zu weiteren Schäden; 1994 waren die Balustraden aufgrund der fehlenden Verbindung der Bauteile untereinander jedenfalls mangelhaft. Bei den senkrecht stehenden Teilen fehlten die Verzapfungen oder sie waren unwirksam geworden. Das gleiche galt für die Verklammerung der horizontalen Bauteile. Die für Bauwerke dieser Art (Anlagen für Menschenansammlungen) nach der seit 1981 geltenden ÖNorm B 4012 erforderliche Standfestigkeit von 1,5kN/m war daher keinesfalls mehr gegeben.
Ein Fachmann hätte die Mängel durch bloßen Augenschein erkennen können und zwar insbesondere deshalb, weil einzelne Baluster beweglich waren. Wären die Balustraden eingehend untersucht worden, so wären weitere Mängel festgestellt worden.
Für die bauliche Betreuung des Universitätsgebäudes ist die Bundesbaudirektion Wien zuständig. Die Außenstelle der Gebäudeverwaltung 12 befindet sich im Hauptgebäude der Universität. Sachbearbeiter für Hochbauangelegenheiten war zumindest in den letzten 10 Jahren vor dem Unfall Ing. Franz N*****, ein Bautechniker. Die Baukontrolle nahmen seine Mitarbeiter Erich S***** und Herbert Schm***** wahr, die beide den Beruf eines Installateurs erlernt und die Dienstprüfung für Gebäudeaufseher abgelegt habe. Die Außenteile des Universitätsgebäudes wurden einmal pro Monat auf augenscheinliche Mängel kontrolliert; die Balustraden an den Rampen wurden zweimal jährlich angeschaut. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß bei der Besichtigung der Balustraden Anfang Sommer 1994 weder Risse noch Sprünge noch bewegliche Teile zu sehen waren. Daß sich Steinteile bewegen lassen, hätte auch einem angelernten Gebäudeaufseher auffallen müssen.
Am 13. 10. 1994 veranstaltete die Österreichische Hochschülerschaft an der Universität Wien ein Fest zum Semesterbeginn, welches bei freiem Eintritt im Arkadenhof der Universität stattfinden und um 20 Uhr beginnen sollte. Die von der MA 35 mit Bescheid festgesetzte Höchstzahl von 3.600 Personen wurde um etwa 21 Uhr 50 erreicht. Dipl.-Ing. Wolfgang R*****, der als Beamter der MA 35 anwesend war, veranlaßte, daß keine weiteren Besucher in das Veranstaltungsgebäude eingelassen wurden. Zu dieser Zeit befanden sich etwa 1.500 Personen im Bereich der Auffahrtsrampe, der Stufen zum Haupteingang sowie auf Nebenfahrbahn und Grünfläche vor dem Haupteingang. Durch die große Zahl von Personen, die in Richtung Hauptportal drängten, und jenen, die sich vom Haupttor wegbewegten, kam es zu einer Belastung der Balustrade, der diese nicht standhielt. Im Bereich der rechten Auffahrtsrampe stürzte ein ca 10 bis 15 m langer Teil rund 2 bis 3 m in die Tiefe. Unter den Personen, die dadurch stürzten oder durch herabfallende Mauerteile verletzt wurden, war die Klägerin. Sie fiel von der Rampe, verfing sich mit den Füßen an den Resten der Balustrade und blieb kopfüber hängen.
Die Klägerin erlitt eine Prellung und Abschürfungen am linken Unterschenkel, eine Abschürfung am linken Außenknöchel, eine starke Zerrung des linken Sprunggelenks und, wie erst am 21. 10. 1994 festgestellt wurde, einen basisnahen Endgliedbruch der linken Großzehe. Sie hatte drei Tage hindurch starke Schmerzen, vierzehn Tage mittelgradige Schmerzen und etwa fünfzig Tage lang leichtgradige Schmerzen. Seit dem Unfall hat die unverheiratete Klägerin an der Außenseite des linken Unterschenkels eine streifenförmige, 13 cm lange, im mittleren Drittel bis 7 mm breite, rötlich-braune Narbe. Durch die Beschädigung ihrer Kleidung und einer Tasche entstand der Klägerin ein Sachschaden von 5.000 S.
Die Klägerin begehrt - mit ihrer auch gegen die Österreichische Hochschülerschaft an der Universität Wien gerichteten Klage - 127.800 S sA und die Feststellung, daß die Beklagten der Klägerin für sämtliche zukünftigen Schäden aus dem Einsturz der Rampenbalustrade vor dem Haupteingang der Universität Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 1, 1010 Wien, am 13. 10. 1994 zur ungeteilten Hand haften. Das Verfahren gegen die Österreichische Hochschülerschaft ruht seit 29. 10. 1996. Die Klägerin stützte ihren Anspruch insbesondere auf § 1319 ABGB. Die Balustrade sei aufgrund ihrer mangelhaften Beschaffenheit abgestürzt. Die Beklagte habe nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet. Sie habe die Balustrade nicht regelmäßig überprüfen lassen. Die Klägerin sei durch die Verletzungen sowohl im beruflichen als auch im privaten Fortkommen behindert.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Die Österreichische Hochschülerschaft hafte als Veranstalterin, weil sie die Auflagen des Genehmigungsbescheids nicht oder nur unvollständig erfüllt habe. Für die Mitarbeiter der Beklagten sei nicht vorhersehbar gewesen, daß die Balustrade einstürzen würde. Die Balustrade sei regelmäßig kontrolliert worden; ohne umfangreiche statische Untersuchungen seien keine Mängel feststellbar gewesen. Der Druck auf die Balustrade sei so groß gewesen, daß sie selbst dann nicht standgehalten hätte, wenn sie der ÖNorm B 4012 in der derzeit gültigen Fassung entsprochen hätte.
Erich S*****, Herbert Schm***** und Ing. Franz N***** traten dem Verfahren auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenienten bei. Als für das Universitätsgebäude zuständige Bedienstete der Bundesbaudirektion Wien hätten sie mit Regreßforderungen zu rechnen, sollte die Beklagte verurteilt werden.
Das Erstgericht gab dem Leistungsurteil mit Teilurteil statt. Ergänzend zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es fest, daß zum Unfallszeitpunkt Lasten zwischen 0,3 bis 0,5 kN/m auf die Balustrade wirkten und daß ein mängelfreies Bauwerk dem Druck durch die Festbesucher standgehalten hätte. Die Klägerin habe bewiesen, daß die nicht mehr gegebene Standfestigkeit der Balustrade Schadensursache gewesen sei. Der Beklagten sei der Beweis ihrer Schuldlosigkeit nicht gelungen. Ihre Mitarbeiter hätten die Sicherheitsmängel im Zuge notwendiger periodischer Überprüfungen erkennen müssen. Da sie die augenscheinlichen Mängel nicht beachtet hätten, seien sie als untüchtig im Sinne des § 1315 ABGB anzusehen. Das Schmerzengeld sei nach § 273 ZPO mit 102.800 S festzusetzen. Der Klägerin stehe eine Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB von 20.000 S zu. Das Verfahren über das Feststellungsbegehren sei noch nicht spruchreif.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es sei für die Entscheidung unerheblich, welche Lasten im Unfallszeitpunkt auf die Balustrade gewirkt haben. Wesentlich sei, daß ein mängelfreies Bauwerk dem zum Unfallszeitpunkt gegebenen Druck durch die Festbesucher standgehalten hätte. Die Beklagte habe nicht bewiesen, alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet zu haben. Sie habe für das Verschulden der Organe der Gebäudeverwaltung einzustehen, weil diese für sie in überwachender Funktion tätig gewesen seien. Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung seien angemessen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenienten sind zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; die Revisionen sind aber nicht berechtigt.
Die Beklagte und die Nebenintervenienten vertreten die Auffassung, daß die Kausalität etwaiger Mängel der Balustrade für den eingetretenen Schaden nach dem vom Berufungsgericht übernommenen Sachverhalt nicht feststehe. Da das Berufungsgericht die Feststellung über den zum Unfallszeitpunkt ausgeübten Druck auf die Balustrade nicht übernommen habe, fehle auch jede Grundlage für die (übernommene) Feststellung, daß ein mängelfreies Bauwerk dem Druck standgehalten hätte.
Richtig ist, daß die beiden Feststellungen nicht voneinander losgelöst gesehen werden können. Allerdings trifft es nicht zu, daß die angefochtene Entscheidung die logischen Denkgesetze verletzte, weil die eine Feststellung nicht übernommen, die andere aber übernommen wird. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Balustrade den Anforderungen der ÖNorm B 4012 entsprechen und einem Horizontalschub von 1,5 kN/m hätte standhalten müssen. Ist diese Auffassung richtig, so waren die Mängel der Balustrade auch dann unfallskausal, wenn die tatsächlichen Lasten nicht - wie vom Erstgericht aufgrund des Gutachtens des von ihm beigezogenen Sachverständigen Dipl.-Ing. Franz E***** festgestellt - bei 0,3 bis 0,5 kN/m, sondern - wie von der Beklagten in der Beweisrüge unter Berufung auf das im Verfahren 21 Cg 204/95i des Landesgerichts für ZRS Wien eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. Gunter R***** geltend gemacht - bei 1,4 kN/m lagen.
Zu prüfen ist daher, ob der Zustand der Balustrade an der im Zeitpunkt der Generalsanierung im Jahre 1964 gültigen ÖNorm B 4001 oder an der im Unfallszeitpunkt gültigen ÖNorm B 4012 zu messen ist. Die ÖNorm B 4001 schreibt für Brüstungen und Geländer, bei denen - wie im vorliegenden Fall - mit Menschenansammlungen zu rechnen ist, 1,0 kN/m vor, die ÖNorm B 4012 1,5 kN/m.
ÖNormen sind vom Österreichischen Normungsinstitut erstellte Richtlinien. Sie geben die technischen Erfahrungen wieder, wie sie bei der Herstellung baulicher Anlagen zu berücksichtigen sind (s § 97 Abs 1 Wiener Bauordnung; s Moritz, Bauordnung für Wien Kurzkommentar 226). Bauliche Anlagen müssen aber nicht nur den technischen Erfahrungen und damit den jeweiligen ÖNormen im Zeitpunkt ihrer Errichtung entsprechen; ihr Eigentümer hat auch dafür zu sorgen, daß die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden (§ 129 Abs 2 Wiener Bauordnung). Zu diesem Zweck hat er den Bauzustand zu überwachen und gegebenenfalls den Befund eines Sachverständigen einzuholen (§ 129 Abs 5 Wiener Bauordnung). Verschlechtert sich der Zustand einer Baulichkeit derart, daß dadurch öffentliche Interessen berührt werden, so liegt ein Baugebrechen vor, welches der Eigentümer zu beseitigen hat und zu dessen Beseitigung ihn die Behörde verhalten kann (§ 129 Abs 4 Wiener Bauordnung). Öffentliche Interessen werden (ua) immer dann berührt, wenn eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit auch nur einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden kann (Moritz aaO 290 mwN).
Nach dem festgestellten Sachverhalt entsprachen die zum Haupteingang der Universität führenden Balustraden schon im Zeitpunkt ihrer Generalsanierung im Jahre 1964 nicht dem Stand der Technik. In den folgenden 30 Jahren hat sich ihr Zustand durch Witterungseinflüsse derart verschlechtert, daß die Mängel mit freiem Auge erkennbar waren. Diese Mängel führten dazu, daß die Balustraden nicht standsicher waren.
Damit entstand eine Gefahr für die körperliche Sicherheit von Menschen, die die Beklagte zur Mängelbehebung verpflichtet hätte. Wäre die Beklagte dieser Verpflichtung nachgekommen und hätte sie die Mängel behoben, so hätte sie bei der Sanierung den nunmehrigen Stand der Technik beachten müssen. Danach mußten - wie in der ÖNorm B 4012 aus 1981 festgelegt - derartige Anlagen einem Druck von 1,5 kN/m standhalten.
Mit der Verpflichtung, die Balustraden bei der Sanierung den Sicherheitsanforderungen der geltenden ÖNormen anzupassen, werden die Sorgfaltspflichten der Beklagten nicht überspannt. Die Beklagte verfügt mit der Bundesbaudirektion über eine Einrichtung, deren Aufgabe es ist, den Zustand der Bauten laufend zu kontrollieren und die allenfalls notwendigen Maßnahmen zu treffen. Ob ein Gebäudehalter auch bei Fehlen eines Sanierungsbedarfs und ohne gesetzlichen Auftrag schon aufgrund seiner Sorgfaltspflichten zur Anpassung an die jeweiligen Sicherheitsstandards verpflichtet ist oder ob eine derartige Verpflichtung die Sorgfaltsanforderungen in unzumutbarer Weise überspannte, ist daher hier nicht entscheidend (zur Anpassungsverpflichtung bei Bestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen Gebäudehalter und Geschädigtem s SZ 66/179 = ecolex 1994, 316 = JBl 1994, 555 = RdW 1994, 276 = ZfRV 1994, 161 [Schwind]).
Die im vorliegenden Fall zu bejahende Anpassungsverpflichtung führt entgegen der Auffassung der Nebenintervenienten zu keiner Rückwirkung von ÖNormen. Der Beklagten werden nicht (nur) Versäumnisse bei der Generalsanierung im Jahre 1964 vorgeworfen, sondern ihr vorwerfbares Verhalten besteht vor allem darin, daß sie die in den Folgejahren durch Witterungseinflüsse fortschreitenden und neu hinzukommenden Baugebrechen nicht saniert und es damit auch verabsäumt hat, die Balustraden den aktuellen Sicherheitsanforderungen anzupassen.
Hätte die Beklagte die offenkundigen Mängel behoben und die Balustraden fachgerecht saniert, so hätten sie einem Druck von 1,5 kN/m standgehalten. Sie wären daher, selbst wenn sie, wie vom Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. Gunter R***** angenommen, einem Druck von 1,4 kN/m ausgesetzt waren, nicht abgestürzt. Daraus folgt, daß die Mängel der Balustraden für den Unfall kausal waren und es nicht darauf ankommt, ob der seitliche Druck zwischen 0,3 und 0,5 kN/m oder bei 1,4 kN/m lag. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang gerügten Mängel des Berufungsverfahrens sind für die Entscheidung unerheblich.
Die Haftung nach § 1319 ABGB setzt voraus, daß der Einsturz oder die Ablösung von Teilen auf eine mangelhafte Beschaffenheit des Gebäudes oder Werks zurückzuführen ist. Der Mangel kann durch fehlerhafte Errichtung oder - wie hier - durch unzureichende Instandhaltung hervorgerufen worden sein. Daß äußere Ereignisse zu dem Mangel hinzutreten und den Einsturz auslösen, schließt die Haftung nicht aus (s Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht**2, 397f mwN).
Der Besitzer haftet, wenn er nicht beweist, alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet zu haben. Darunter sind Vorkehrungen zu verstehen, die vernünftigerweise nach der Auffassung des Verkehrs erwartet werden können (EvBl 1983/63; Schwimann/Harrer, ABGB**2 § 1319 Rz 8; Koziol aaO 400, jeweils mwN).
Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die von der Beklagten eingesetzten Gebäudeaufseher den Zustand der Balustraden nur unzureichend kontrolliert und offenkundige Mängel nicht bemerkt. Das Berufungsgericht hat die Gebäudeaufseher als Repräsentanten der Beklagten gewertet und die deliktische Haftung der Beklagten bejaht. Dem hält die Beklagte das Fehlen von Feststellungen entgegen, die auf eine Leitungsfunktion der beiden Gebäudeaufseher schließen ließen.
Dem kann nicht gefolgt werden:
Nach ständiger Rechtsprechung, haftet die juristische Person - nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe, sondern auch - für alle Personen deliktisch, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion für sie tätig werden, ohne daß es darauf ankäme, ob deren Wirkungskreis dem eines Organs annähernd entspricht (ua JBl 1998, 713 = RdW 1998, 664 mwN).
Repräsentanten sind demnach Personen, die in "gehobener" Stellung tätig sind, nicht aber Personen, die untergeordnete Tätigkeiten wahrnehmen. Für deren deliktisches Verhalten hat die juristische Person nur nach § 1315 ABGB einzustehen. Sie kann sich aber ihrer Haftung nach § 1319 ABGB nicht dadurch entziehen, daß sie die ihr obliegenden Aufgaben einem in untergeordneter Stellung Tätigen ohne jegliche weitere Kontrolle überträgt. In einem solchen Fall haftet sie für das Versäumnis ihrer Organe (Repräsentanten), für wirksame Kontrollen zu sorgen (s ZAS 1985, 24 [P. Bydlinski]).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Bundesbaudirektion Wien mit der baulichen Betreuung des Universitätsgebäudes betraut. In der im Hauptgebäude der Universität eingerichteten Außenstelle sind ein Bautechniker und zwei (angelernte) Gebäudeaufseher tätig. Die Kontrolle des Bauzustands ist Aufgabe der beiden Gebäudeaufseher. Weitere Feststellungen über ihren Tätigkeitsbereich hat das Erstgericht nicht getroffen. Das schadet jedoch nicht, weil die Beklagte in jedem Fall für ihr Fehlverhalten einzustehen hat:
War den beiden Gebäudeaufsehern ein selbständiger Wirkungsbereich übertragen, so waren sie Repräsentanten der Beklagten und die Beklagte haftet aus diesem Grund für sie deliktisch. Arbeiteten sie hingegen unter der Kontrolle des Bautechnikers, so wäre dieser als Repräsentant der Beklagten anzusehen. Ihm wäre vorzuwerfen, daß er nicht durch entsprechende Weisungen und Kontrollen sichergestellt hat, daß die beiden Gebäudeaufseher ihre Tätigkeit ordnungsgemäß ausführten.
Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten demnach zu Recht bejaht. Beide Revisionen mußten erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Klägerin ist bei der Verzeichnung ihrer Kosten ein Rechenfehler unterlaufen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten für die Beantwortung der Revision der Nebenintervenienten zu ersetzen (EFSlg 20.743).
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