OGH 5Ob59/14h

OGH5Ob59/14h23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Lovrek, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner sowie den Hofrat Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*-F* G*, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M* M*, vertreten durch Czernich Haidlen Guggenberger & Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2014, GZ 4 R 342/13t‑26, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 18. Juni 2013, GZ 13 C 715/12x‑10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E107431

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigt und die (gemeint: ordentliche [§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO]) Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob schon die kurzfristige Überlassung eines einzigen Wohnungseigentumsobjekts an Touristen eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten erhobene Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; dies ist gemäß § 510 Abs 3 ZPO ‑ kurz ‑ zu begründen:

1. Die vom Beklagten behauptete Aktenwidrigkeit und den angeblichen Mangel des Berufungsverfahrens hat der Oberste Gerichtshof geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

1.1.1. Die vom Beklagten als aktenwidrig bekämpfte Feststellung des Berufungsgerichts, wonach „mit Ausnahme der Wohnungseigentumseinheit W 47 des Beklagten … sämtliche Wohnungseigentumseinheiten im Haus … von den Eigentümern selbst bzw von Mietern auf Basis langfristiger Mietverträge bewohnt (werden)“, beruht nicht auf der unrichtigen Wiedergabe eines Aktenstücks, sondern ist das Ergebnis einer „Zusammenschau“ (Berufungsurteil S 10) näher bezeichneter Beweismittel und damit ein Akt der Beweiswürdigung (vgl RIS‑Justiz RS0043347), die im Revisionsverfahren nicht überprüfbar ist (5 Ob 186/11f).

1.1.2. Ob das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot der „kurzfristigen Beherbergung von Touristen“ durch eine entsprechende Feststellung einer „Touristenvermietung“ gedeckt ist, ist keine Frage einer vorliegenden Aktenwidrigkeit, sondern eine solche der rechtlichen Beurteilung (s dazu auch Punkt 2.3.).

1.2. Die Klägerin hat in ihrer Berufung betreffend die unterbliebene Beischaffung und Verlesung eines bestimmten Aktes nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßen, sondern einen erstinstanzlichen Verfahrensmangel geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat sich infolge dieser Verfahrensrüge zur Beweisergänzung entschlossen und den betreffenden Akt verlesen. Diese ‑ ergänzende ‑Beweisaufnahme kann keinen Mangel des Berufungsverfahrens begründen (RIS‑Justiz RS0043049 [T5]).

2.1. Der in § 16 Abs 2 WEG 2002 verwendete Begriff „Änderungen“ ist weit auszulegen und umfasst insbesondere auch die im Gesetz ausdrücklich genannten Widmungsänderungen (5 Ob 277/04b immolex 2005, 216 [Weixelbraun] = ecolex 2005, 609 [Friedl] = MietSlg 56.483; 3 Ob 158/11y immolex 2012/37, 115 [Neugebauer‑Herl] = wobl 2012/57, 153 mwN; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 16 WEG Rz 16 und 20 mwN). Jede solche Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte, wofür also schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt, bedarf der Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002 (5 Ob 207/01d mwN; 3 Ob 158/11y immolex 2012/37, 115 [Neugebauer‑Herl] = wobl 2012/57, 153 mwN). Vom Streitrichter ist in einem solchen Fall nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und die eigenmächtige Rechtsanmaßung als Vorfrage über die Berechtigung des Unterlassungs- und Wiederherstellungsbegehrens zu prüfen; die Genehmigungsfähigkeit ist dagegen nicht Gegenstand dieses Verfahrens (RIS‑Justiz RS0083156 [T20]).

2.2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die zu Fremdenverkehrszwecken vorgenommene Vermietung eines als Wohnung gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts für die Dauer von jeweils 3 bis 7 Tagen eine genehmigungspflichtige Widmungsänderung darstellt (3 Ob 158/11y immolex 2012/37, 115 [Neugebauer-Herl] = wobl 2012/57, 153; zust Vonkilch in Hausmann/Vonkilch aaO § 16 WEG Rz 20). Mit dieser Entscheidung steht die vom Berufungsgericht auch im vorliegenden Einzelfall angenommene Genehmigungspflicht im Einklang.

2.3. Der Beklagte vermietete seine Wohnung als „Appartement A* M*“ für 2 bis 4 Personen über das Internet und auch über den örtlichen Tourismusverband I*, also im Weg einer „touristischen“ Vermarktung, bislang über Zeiträume von 2 bis 30 Tage, also auf „kurzfristige“ Dauer. Dass es dabei zwangsläufig zu einer höheren Frequentierung des Wohnhauses durch ständig wechselnde hausfremde Personen kommt, liegt auf der Hand. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Sachlage bei einer nach den Feststellungen typischerweise zu Dauerwohnzwecken genutzten Wohnanlage die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer bejaht hat, dann liegt darin auch dann eine vertretbare Einzelfallbeurteilung, wenn in dieser Wohnanlage nur eine solche Wohnung, nämlich jene des Beklagten, im dargestellten Sinn verwendet wird.

3.1. Da sich somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt, ist die Revision unzulässig und zurückzuweisen.

3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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