OGH 5Ob96/21k

OGH5Ob96/21k27.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei G*, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger, Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung eines Bestandverhältnisses, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. März 2021, GZ 5 R 188/20h‑27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 30. September 2020, GZ 213 C 170/18z‑23, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132505

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat wie folgt:

Die Klagebegehren, es werde festgestellt,

der Kläger sei Mieter der im Haus *, im vierten Obergeschoss vom Stiegenaufgang schräg links gelegenen Wohnung W 15 im Ausmaß von rund 104 m², die im Wohnungseigentum des Beklagten steht, der Beklagte sei Vermieter, hilfsweise

der Kläger sei (gemeinsam mit anderen Personen) Mitmieter der im Haus *, im vierten Obergeschoss vom Stiegenaufgang schräg links gelegenen Wohnung W 15 im Ausmaß von 104 m², die im Wohnungseigentum des Beklagten steht, der Beklagte sei Vermieter,

werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 5.126,04 EUR (darin 854,34 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 1.477,92 EUR (darin 217,32 EUR USt und 144 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.153,24 EUR (darin 156,54 EUR USt und 214 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der Beklagte ist Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 15 im Haus *. Der Kläger hat im Jahr 1986 maturiert und damals bei seinen Eltern gewohnt. Für sein Studium suchte er eine Wohnung und kam aufgrund eines Zeitungsinserats auf die des Beklagten. Nach einer ersten Besichtigung kamen der Kläger mit seinen Eltern und der Beklagte zum zweiten Termin; der Mietvertrag (./B) wurde anhand eines Formulars aufgesetzt. Der Kläger war erst 17 Jahre alt, weshalb der Beklagte und der Vater des Klägers vereinbarten, dieser solle als Mieter im Vertrag aufscheinen. Tatsächlich nennt der Mietvertrag ./B den Vater des Klägers als Mieter, der den Vertrag auch unterfertigte. Allen Beteiligten war klar, dass der Kläger in die Wohnung einziehen werde. Sowohl der Beklagte als auch der Vater des Klägers – beide juristische Laien – meinten, das Mietverhältnis für die Dauer des Studiums des Klägers rechtswirksam befristen zu können und hielten dies im Vertrag auch fest.

[2] Der Kläger und zwei Freunde zogen im September 1986 in die Wohnung ein, sie teilten sich die Kaution von damals 30.000 ATS auf und überwiesen sie je zu einem Drittel an den Beklagten. Ein Ersuchen des Beklagten direkt an den Kläger, die Heizkostenbeiträge zu erhöhen, lehnte dieser Ende 1986 ab. Nach Problemen mit der Elektroleitung im Oktober 1986 bezahlte der Kläger das von ihm beauftragte Unternehmen und verrechnete die bezahlten 3.744 ATS teilweise mit Mietzinsen, was der Beklagte akzeptierte. Im Oktober 1988 schickte der Beklagtenvertreter ein Schreiben an den Vater des Klägers unter der Adresse des Bestandobjekts und forderte ihn zur Übermittlung einer Inskriptionsbestätigung und einer Geburtsurkunde auf.

[3] Im Jahr 1990 verkaufte der Beklagte die Wohnung an seine Mutter. Der Vater des Klägers wurde informiert, Zahlungen künftig an sie zu leisten. 1990 bis 2009 überwiesen der Kläger und seine Mitbewohner die Miete jeweils direkt auf das Konto der Mutter des Beklagten. Diese nahm die Mietzinse ohne Beanstandung an.

[4] 1998 schickte der Beklagtenvertreter im Namen der Mutter des Beklagten ein Schreiben wegen Indexerhöhung an den Vater des Klägers und fragte ihn, ob er bereit wäre, die Wohnung in absehbarer Zeit zurückzugeben, weil die Eigentümerin sie benötige. Der Vater des Klägers informierte diesen über den Brief, der Kläger rief die Mutter des Beklagten an. Bei diesem Gespräch lehnte er einen Auszug ab. In weiterer Folge rief er auch den Beklagtenvertreter an, um sich zu beschweren, dass er ausziehen solle. Dieser teilte mit, dass nicht er der Mieter der Wohnung sei, sondern, sein Vater. Der Beklagtenvertreter übermittelte daraufhin am 25. 11. 1998 ein entsprechendes Schreiben an den Kläger.

[5] Im Juni 1999 forderte der Beklagtenvertreter den Kläger auf, seinen Vater zu veranlassen die Indexierung der Miete zu bezahlen. Tatsächlich bezahlte der Kläger selbst sie in weiterer Folge.

[6] 2009 schickte der Beklagtenvertreter wieder eine Indexanpassung an den Vater des Klägers. In diesem Jahr schenktedie Mutter des Beklagten ihm die Wohnung (zurück).

[7] Auch in den Jahren 2011, 2013, 2017 schickte der Beklagte Schreiben betreffend Indexierung des Mietzinses an den Vater des Klägers.

[8] Im Dezember 2014 sprachen der Kläger und der Beklagte telefonisch über eine Reparatur der Hausantenne. Der Beklagte ersuchte den Kläger die Verzinsung der Kaution (die auf einem Sparbuch angelegt war) neu zu regeln. Im März 2015 urgierte der Beklagte beim Kläger per Mail eine Entscheidung. Der Kläger lehnte eine Neuregelung ab.

[9] Seit 1986 bezahlten teils der Kläger und teils die Mitbewohner der Wohnung ihre Mietanteile direkt und separat an den Beklagten oder dessen Mutter. Beide wurden über den Wechsel von Bewohnern nicht informiert. Sie konnten dies aber aus den Namen auf den Überweisungsbelegen ableiten. Strom, Gas und die Mietvertragsgebühr bezahlte der Kläger aus Eigenem an die jeweiligen Lieferanten bzw das Finanzamt.

[10] Der Vater des Klägers leitete ihm übermittelte Schreiben des Beklagten und des Beklagtenvertreters jeweils an den Kläger weiter, ohne sich um den Inhalt zu kümmern. Der Vater des Klägers verstarb am 18. 9. 2017. Am 19. 10. 2017 meldete sich der Beklagtenvertreter beim Kläger, um das Schicksal des Mietverhältnisses zu klären. Der Beklagte brachte bei Gericht die Aufkündigung gegen die Erbin des Vaters des Klägers ein, das Verfahren ist derzeit unterbrochen.

[11] Der Kläger begehrt gegenüber dem Beklagten die Feststellung, Mieter in der näher bezeichneten Wohnung des Beklagten zu sein, hilfsweise gemeinsam mit anderen Personen Mitmieter. Primär behauptete er, im Jahr 1986 sei nach dem wahren Willen der Beteiligten ein Mietvertrag zwischen ihm und dem Beklagten abgeschlossen worden, jedenfalls sei er aber neben seinem Vater Mitmieter der Wohnung geworden.

[12] Dies verneinte das Erstgericht aufgrund seiner Tatsachenfeststellungen im ersten Rechtsgang, das Berufungsgericht bestätigte diese Rechtsansicht (Berufungsurteil ON 16). Aus dem Sachverhalt ergebe sich eine Parteienabsicht des Vaters des Klägers und des Beklagten über den Abschluss eines Bestandvertrags zwischen diesen Personen (und nicht den Streitteilen). Dies stehe der Behauptung des Klägers entgegen, es sei schon vor dem schriftlichen Vertragsabschluss zu einem mündlichen Vertrag zwischen den Streitteilen gekommen, sekundäre Feststellungsmängel dazu lägen daher nicht vor. Diese Beurteilung wird nun in der Revisionsbeantwortung des Klägers als unrichtig gerügt.

[13] Gegenstand der Revision hingegen ist die (weitere) Behauptung des Klägers, im Hinblick auf die Kommunikation über das Mietverhältnis direkt zwischen den Streitteilen, die Zahlung der Mietzinse, der Gebühr für die Mietvertragserrichtung und der Strom- und Gaskosten durch ihnund den Umstand, dass der Beklagte und seine Mutter mit dem Kläger Verhandlungen über die Auflösung des Mietvertrags führten und er selbst die Kaution erlegte, sei es zu einem schlüssigen Mietvertragsabschluss zwischen den Streitteilen gekommen.

[14] Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren auf Basis der eingangs wiedergegebenen Feststellungen im zweiten Rechtsgang statt. Das Verhalten des Beklagten nach dem Einzug des Klägers und seiner Freunde im Jahr 1986 sei dahin auszulegen, dass er ihn als Mieter zu dem mit seinem Vater vereinbarten Mietzins akzeptiert habe. Der Beklagte habe wissen müssen, dass die Ausbildung des Klägers geendet habe, trotzdem habe er nicht versucht, das Mietverhältnis aufzulösen. Sowohl der Beklagte als auch seine Mutter hätten die monatlichen Zahlungen des Klägers und seiner Mitbewohner angenommen.

[15] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es verneinte eine Aktenwidrigkeit, übernahm die bekämpften Tatsachenfeststellungen und vertrat rechtlich die Auffassung, es sei nach dem Verstreichen der Zeit, die üblicherweise für ein Studium benötigt werde und die aufgrund des Beginns des Vertragsverhältnisses im Jahr 1986 längst verstrichen sei, zu einer konkludenten Drei‑Parteien‑Einigung zwischen den Streitteilen und dem Vater des Klägers dahin gekommen, dass dieser anstelle seines Vaters in die Position des Bestandnehmers eingetreten sei.

[16] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu, weil ausreichend Rechtsprechung zum konkludenten Zustandekommen eines Bestandvertrags vorliege und ein Einzelfall zu beurteilen sei.

[17] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, in der er die Abänderung im Sinn einer Abweisung der Feststellungsbegehren des Klägers anstrebt.

[18] Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Er rügt dort ebenfalls eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und die Rechtsansicht des Berufungsgerichts in der Aufhebungsentscheidung des ersten Rechtsgangs.

[19] Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen betreffend den schlüssigen Vertragsabschluss zwischen den Streitteilen im Einzelfall korrekturbedürftig sind, sie ist auch berechtigt.

[20] Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, dasBerufungsgericht gehe zwar zutreffend davon aus, dass ein strenger Maßstab für die Annahme eines konkludenten Zustandekommens eines Mietvertrags anzulegen sei, ein derart hohes Maß an Eindeutigkeit des Verhaltens gefordert werden müsse, dass eine andere Auslegung vernünftigerweise nicht in Frage komme, die Duldung der Zahlung des Mietzinses durch einen anderen unbeachtlich sei, sofern nicht weitere Handlungen hinzukommen, ein Verhalten des Bestandgebers zu fordern sei, das einen sicheren Schluss auf einen rechtsgeschäftlichen Willen zulasse, wenn der konkludente Eintritt eines Dritten in dem Mietvertrag angenommen werden soll, und letztlich zur Annahme eines Wechsels eines Vertragspartners das schlüssige Verhalten aller drei Personen feststehen müsse. Diese Grundsätze habe das Berufungsgericht im Einzelfall aber nicht angewendet. Hier stehe fest, dass der Vater des Klägers von Anfang an die Mietzinse nicht bezahlt und mit dem Beklagten niemals in Kontakt getreten sei, der Vermieter sämtliche Mietzinsvorschreibungen und Erhöhungsbegehren wegen Indexierung an den Vater des Klägers gerichtet habe und diesen Aufforderungen entsprochen worden sei. In Schreiben und Telefonaten im Zeitraum 1998 bis 1999 sei dem Kläger eindeutig mitgeteilt worden, dass der Beklagte nicht diesen, sondern seinen Vater als Mieter betrachte. Feststellungen, aus denen sich ein schlüssiges Verhalten der drei den Mieterwechsel vereinbarenden Personen ableiten ließe, seien nicht getroffen worden.

[21] Der Kläger macht geltend, er habe immer ein „Mieterverhalten“ gezeigt, er habe von Anfang an Mieter sein wollen, zwischen ihm und dem Beklagten habe es bereits einen mündlichen Vertrag gegeben. Sein Vater habe sich über 35 Jahre völlig passiv verhalten und kein Interesse an der Rechtsposition als Mieter gezeigt. Zu 1 Ob 162/19h habe der Oberste Gerichtshof ein solches Verhalten als Einverständnis zur Beendigung des Bestandverhältnisses gewertet. Allenfalls liege eine Doppelvermietung vor.

[22] Dazu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[23] 1.1 Die vom Beklagten behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Ob die Mutter des Beklagten 1998 anlässlich eines Telefonats von einer Mieterstellung des Gegners ausging, ist selbst dann, wenn man darin im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts (zumindest teilweise) auch eine Tatsachenfeststellung sieht, für die rechtliche Beurteilung irrelevant, weil unmittelbar darauf der Beklagte dem Kläger anlässlich des festgestellten Telefonats mit ihm ohnedies das Gegenteil ausdrücklich mitteilte. Selbst ein in der unzureichenden Auseinandersetzung mit diesem Teil der Beweisrüge liegender Verfahrensmangel wäre daher nicht relevant (§ 510 Abs 3 ZPO).

[24] 1.2 Auch die vom Kläger monierte Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Dass die Rechtsrüge des Beklagten nicht zu behandeln gewesen wäre, weil sie – zur Gänze – nicht vom festgestellten Sachverhalt ausging, ist nicht zu erkennen (§ 510 Abs 3 ZPO).

[25] 2.1 Das Berufungsgericht hat die in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Grundsätze zum konkludenten Abschluss des Bestandvertrags zutreffend dargestellt. Demnach setzt ein Vertragsabschluss aufgrund konkludenten Verhaltens voraus, dass trotz Anlegung eines strengen Maßstabs kein vernünftiger Grund übrig sein darf daran zu zweifeln, dass beide Vertragsteile den Willen hatten diese Rechtsfolge herbeizuführen. Auch bei einem konkludenten Mietvertragsabschluss muss die Parteiabsicht vorliegen, die bindenden Wirkungen eines Bestandvertrags begründen zu wollen (RIS‑Justiz RS0014313; RS0014426). Die unbeanstandete Annahme eines Entgelts für die Benutzung von Räumen durch längere Zeit kann nur dann als stillschweigender Abschluss eines Mietvertrags angesehen werden, wenn kein anderer Grund für die Zahlung in Frage kommt (RS0082191 [T2]).

[26] 2.2 Die Zurückhaltung der Rechtsprechung, im Fall der unbeanstandeten Annahme eines regelmäßig bezahlten Entgelts für die dem anderen eingeräumte Benutzung von Räumen den konkludenten Abschluss eines Mietvertrags anzunehmen, beruht darauf, dass der Vermieter grundsätzlich gezwungen ist, Mietzinszahlungen auch von Dritten anzunehmen (RS0082191). Ist nach den Umständen des Einzelfalls für den Benutzer der Wohnung klar erkennbar, dass ein Vertragswille der Gegenseite in Richtung konkludenter Vertragsabschluss nicht vorliegt, ist ein solcher selbst bei unbeanstandeter Annahme von Zahlungen zu verneinen (RS0082191 [T6]). Grundsätzlich legt § 863 ABGB für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen einen strengen Maßstab an (RS0014146). Gerade die Kenntnis des Vermieters davon, dass jemand mit dem Willen des Mieters in der Wohnung wohnt, ist eher ein Hindernis für die Annahme, die Zinszahlung durch den Mitbewohner erfolge zwecks Begründung eigener Rechte und Pflichten (3 Ob 45/98h).

[27] 2.3 Die Vertragsübernahme, die bewirkt, dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung übernimmt, ohne dass dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert werden, bedarf der Übereinkunft aller Beteiligten, somit der Zustimmung der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607; Höllwerth in GeKo Wohnrecht I § 1094 Rz 16). Auch sie kann nur unter den strengen Anforderungen des § 863 ABGB schlüssig erteilt werden (vgl 2 Ob 164/12z; 3 Ob 213/06d; 3 Ob 113/12g).

[28] 3. Unter Berücksichtigung dieses vom Berufungsgericht zutreffend hervorgehobenen strengen Maßstabs für den Erklärungswert des Verhaltens des Klägers, seines Vaters und des Beklagten ist die Auffassung, es sei jedenfalls nach der „üblichen Dauer eines Studiums“ zu einer Drei‑Parteien‑Einigung über den Eintritt des Klägers in das Mietverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Vater des Klägers gekommen, nicht zu teilen. Hier war nach den Feststellungen zwischen dem Beklagten und dem Vater des Klägers abgesprochen, dass dieser Mieter werden sollte, dessen ungeachtet zahlte von Anfang an nicht der Vater des Klägers, sondern dieser selbst (bzw dessen Mitbewohner) die monatlichen Mietzinse. Eine Feststellung, Mietzinsvorschreibungen seien jeweils an den Kläger selbst gegangen, wurde (im Gegensatz zu den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung, die sich nur auf das – im ersten Rechtsgang allerdings aufgehobene – Urteil des Erstgerichts vom 28. 6. 2019 beziehen) nicht getroffen, im Gegenteil: die Schreiben zur Indexanpassung der Mietzinse gingen an den Vater des Klägers, der sich nach dem Mietvertragsabschluss um das Mietverhältnis nur mehr insoweit kümmerte, als er die Korrespondenz an den Kläger weiterleitete. Dass die von Anfang an so praktizierte Zahlung der Mietzinse durch diejenigen Personen, die tatsächlich in der vom Vater des Klägers gemieteten Wohnung lebten, ohne jeglichen Zweifel iSd § 863 ABGB so auszulegen wäre, damit wollten der Kläger (allenfalls auch andere dort lebende Personen?) Mietrechte im eigenen Namen begründen, ist angesichts dieser besonderen Konstellation auszuschließen und wird auch vom Berufungsgericht nicht vertreten. Dieses wies vielmehr zutreffend darauf hin, dass die bloße Zahlung des Mietzinses dann keinen Erklärungswert habe, wenn sich dessen Bezahlung durch andere Umstände erklären lässt als dadurch, dass der Bezahlende damit seine Stellung als Mieter zum Ausdruck bringen wollte, was hier der Fall war (nach Auffassung des Berufungsgerichts allerdings offenbar nur für den Zeitraum einer üblichen Studiendauer).

[29] 4. Die Kommunikation das Mietverhältnis betreffend fand nach den Feststellungen, die für die rechtliche Beurteilung ausreichen, sodass der in der Revisionsbeantwortung monierte sekundäre Feststellungsmangel nicht vorliegt, anfangs in sehr geringem Maß direkt mit dem Kläger statt, was aber dem allen Beteiligten bekannten Umstand geschuldet war, dass er die Wohnung bewohnte. Nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich dies durch das örtliche Naheverhältnis und die bessere Erreichbarkeit des Bewohners vor Ort erklären. Dass der Kläger die Gebühr für die Mietvertragserrichtung selbst bezahlte, war dem Beklagten nicht bekannt und ist irrelevant. Dass der Beklagte einmalig eine Gegenverrechnung von Installateurkosten mit dem Mietzins akzeptierte, hat keinen eindeutigen Erklärungswert dahin, er wolle damit den Kläger als Mieter anerkennen (zumal dies knapp nach Begründung des Mietverhältnisses war). Gerade der Umstand, dass der Beklagte durch seinen Vertreter vom Vater des Klägers die Übermittlung der Inskriptionsbestätigung und eine Geburtsurkunde verlangte, zeigt vielmehr deutlich, dass er davon ausging, dieser sei Mieter. Unmittelbaren Kontakt nach Veräußerung der Wohnung an die Mutter des Beklagten gab es zwischen dieser und dem Kläger nicht, sieht man vom Telefonat aufgrund des Schreibens des Beklagtenvertreters im Jahr 1998 mit der Indexanpassung ab, das aber an den Vater des Klägers ergangen war. In weiterer Folge wurden Schreiben betreffend Indexanpassung und auch der Vorschlag der vorzeitigen Beendigung des Bestandsverhältnisses an den Vater des Klägers gerichtet. Dass im Rahmen einer erforderlichen Reparatur der Hausantenne im Jahr 2014 zwischen den Streitteilen direkt über die Verzinsung der – vom Kläger selbst erlegten – Kaution gesprochen wurde, ist nicht zweifelsfrei dahin auszulegen, damit hätte der Beklagte den Kläger als Mieter anstelle seines Vaters akzeptieren wollen. Gerade bei der Beurteilung eines stillschweigenden Verzichts (hier des Vaters des Klägers auf seine Mietrechte) ist nach der Rechtsprechung nämlich besondere Vorsicht geboten (RS0014190) und ein Verhalten des Vaters des Klägers, das eindeutig in diese Richtung ausgelegt werden könnte, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

[30] 5. Für die rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts, der Eintritt des Klägers in das Mietverhältnis seines Vaters sei nach Ablauf einer üblichen Studiendauer erfolgt, fehlte es schon an einem dies rechtfertigenden Tatsachenvorbringen; die Feststellungen des Erstgerichts lassen diesen Schluss auch nicht zu. Danach wurde der Vertrag deshalb zwischen dem Beklagten und dem Vater des Klägers abgeschlossen, weil der Beklagte den Kläger wegen Minderjährigkeit nicht als Mieter akzeptieren wollte. Jedenfalls war der Wille der – rechtlich nicht versierten – Vertragsparteien damals darauf gerichtet, dass der Vater des Klägers die Wohnung für die Dauer von dessen Ausbildung mieten sollte. Ein Verhalten der Beteiligten, das den Schluss rechtfertigen würde, nach Ablauf einer „üblichen“ Studiendauer des Klägers werde dieser anstelle seines Vaters in das Mietverhältnis eintreten, wurde weder behauptet noch festgestellt. Woraus der Beklagte ableiten hätte sollen, jedenfalls nach Ablauf der üblichen Studiendauer (nicht einmal der konkreten Ausbildung des Klägers!) werde dieser dann anstelle seines Vaters Mieter der Wohnung werden und der Vater des Klägers scheide aus dem Bestandverhältnis aus, ist nicht ersichtlich. Aus diesem Grund hatte der Beklagte auch keine Verpflichtung, vom Vater des Klägers oder vom Kläger selbst eine „Klarstellung der Situation hinsichtlich der Person des Vertragspartners“ zu verlangen. Dass der Beklagte davon ausging, der Vater des Klägers sei entsprechend dem schriftlichen Mietvertrag weiterhin der Mieter der Wohnung (auch wenn der Kläger dort – wie von Anfang an geplant – wohnte) wurde sowohl dem Kläger gegenüber telefonisch und schriftlich als auch seinem Vater gegenüber (durch Übersendung der laufenden Vorschreibungen und Indexerhöhungen) deutlich kommuniziert. Auch das Ersuchen um Vertragsbeendigung wurde an den Vater des Klägers gerichtet, er hat es nur über dessen Urgenz dem Kläger weitergeleitet. Insgesamt sind die Handlungen des Beklagten, des Vaters des Klägers und des Klägers selbst nicht derart unmissverständlich, dass ihnen der klare Erklärungswert zugemessen werden könnte, nach Ablauf einer üblichen Studiendauer des Klägers wäre es zu einer Drei‑Parteien‑Einigung dahin gekommen, dass der Vater des Klägers aus dem Bestandverhältnis ausscheidet und der Kläger in dieses eintritt.

[31] 6.1 Zur Frage, welche Personen im Jahr 1986 den Bestandvertrag abgeschlossen haben, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510Abs 3 ZPO). Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen beabsichtigten der Vater des Klägers und der Beklagte den Abschluss des Bestandvertrags zwischen ihnen gerade deshalb, weil der Kläger noch minderjährig war. Dass der Beklagte den Kläger selbst aus diesem Grund nicht als Mieter wollte, wurde ebenfalls festgestellt. Damit ist für eine – allenfalls rechtlich wirksame – mündliche Vermietung der Wohnung durch den Beklagten an den Kläger selbst kein Raum, zumal sich aus dem Gesamtkontext der Feststellungen unmissverständlich ergibt, dass die Parteien des Mietvertrags erst mit dessen Unterfertigung gebunden sein wollten.

[32] 6.2 Die in der Revisionsbeantwortung zitierte (Zurückweisungs‑)Entscheidung 1 Ob 162/19h ist nicht einschlägig – dort waren Liegenschaften ausdrücklich zwecks Betriebs eines Unternehmens in einem von der Mieterin zu errichtenden Superädifikat vermietet worden, wobei die Mieterin dieses Unternehmen nicht mehr selbst betrieb, das von ihr errichtete Superädifikat zwangsversteigert wurde und die Ersteherin sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Bestandvertrag mit ausdrücklicher Zustimmung der Mieterin übernommen hatte. Die Beurteilung der Vorinstanzen, das Verhalten der Mieterin, die nach der Versteigerung des Superädifikats keinen Mietzins mehr zahlte, sei insgesamt als schlüssiger Verzicht auf ihre Mietrechte zu werten, erachtete der Oberste Gerichtshof als nicht korrekturbedürftig. Da es dort – im Gegensatz zum hier zu beurteilenden Fall – aber nicht nur um eine bloße Untätigkeit der Berechtigten ging, ist der Sachverhalt nicht vergleichbar.

[33] 6.3 Die Ausführungen zur Doppelvermietung und die daraus abzuleitenden Rechtsfolgen widersprechen dem im Revisionsverfahren geltenden Neuerungsverbot (§ 504Abs 2 ZPO).

[34] 7. Damit sind die Entscheidungen der Vorinstanzen in Stattgebung der Revision dahin abzuändern, dass sowohl das Hauptbegehren als auch das Eventualbegehren abgewiesen werden.

[35] 8. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat der Kläger dem letztlich siegreichen Beklagten die Verfahrenskosten sämtlicher Instanzen zu ersetzen. Die Bemessungsgrundlage ist nach der zwingenden (Obermaier Kostenhandbuch³ Rz 2.23 mwN) Bestimmung des § 10 Z 2 lit a RATG für eine Wohnung mit mehr als 90 m² Nutzfläche nur der aus der Klage ableitbare Jahresmietzins von 11.764,44 EUR. Für die Pauschalgebühren ist gemäß § 16 Z 1 lit c GGG nur eine Bemessungsgrundlage von 750 EUR heranzuziehen. Den Einwendungen des Klägers gegen das Kostenverzeichnis erster Instanz ist dahin zu folgen, dass der vorbereitende Schriftsatz vom 27. 4. 2020 nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig und daher nicht zu honorieren war.

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