OGH 5Ob150/20z

OGH5Ob150/20z7.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. F* Privatstiftung, *, 2. Ing. M* F*, beide vertreten durch Mag. Bertold Hauser, öffentlicher Notar in Obernberg am Inn, wegen Einverleibung des Eigentums und anderen Grundbuchshandlungen ob EZ * KG *, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 27. Mai 2020, AZ 55 R 39/20v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 27. April 2020, TZ 1782/2020, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130761

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Am 12. 12. 2019 fasste der Vorstand der Erstantragstellerin den Beschluss, dem als Begünstigten bezeichneten Zweitantragsteller drei jeweils mit Wohnungseigentum verbundene Mindestanteile an einer Liegenschaft zuzuwenden. Zum Zweck der grundbücherlichen Durchführung dieser Zuwendung errichteten die Antragsteller am 12. 12. 2019 eine Aufsandungsurkunde. Darin erklärte die Erstantragstellerin die Übertragung des Eigentums und der Zweitantragsteller dessen Übernahme; die Übergabe des Vertragsobjekts in den tatsächlichen Besitz sollte vereinbarungsgemäß mit 1. 1. 2020 erfolgen. Beide Antragsteller erteilten zudem ihre ausdrückliche Einwilligung zurEinverleibung des Eigentumsrechts für den Zweitantragsteller.

[2] Unter Vorlage des „Zuwendungsbeschlusses“ vom 12. 12. 2019, der Aufsandungsurkunde ebenfalls vom 12. 12. 2019 und anderer Urkunden begehrten die Antragsteller die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Zweitantragsteller, die Löschung eines bestehenden Pfandrechts und die Eintragung eines neuen Pfandrechts.

[3] Das Erstgericht wies den Antrag ab.

[4] Nach der Textierung der vorgelegten Urkunden handle es sich um eine Schenkung, die zur Gültigkeit mangels wirklicher Übergabe vor Vertragsunterfertigung der Aufnahme eines Notariatsakts bedürfe.

[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge.

[6] Zuwendungen an Begünstigte einer Privatstiftung seien nach der Lehre und der deutschen Judikatur nicht als Schenkungsverträge anzusehen. Demnach handle sich dabei zwar um eine unentgeltliche Leistung der Privatstiftung. Eine Schenkung liege aber nicht vor, weil der Grund für die Zuwendung im Stiftungszweck liege. Der BGH habe präzisiert, dass unentgeltliche Zuwendungen an einen Destinatär (Begünstigten) zur Verwirklichung des Stiftungszwecks keine (notariell zu beurkundenden) Schenkungen iSd § 518 BGB seien, Rechtsgrund sei der Stiftungszweck selbst.

[7] Die Rechtslage sei aber – aus ausführlich dargestellten Erwägungen heraus – nicht so klar. Der Oberste Gerichtshof habe zur Rechtsnatur von Zuwendungen nach dem Privatstiftungsgesetz noch nicht explizit Stellung genommen. Eine Zuwendung sei einer Schenkung jedenfalls äußerst wesensgleich, weshalb die Anwendbarkeit des § 1 lit d NotAktG argumentierbar sei. Das Rekursgericht schließe sich jedoch der zitierten Ansicht des BGH an, zumal ein den Bestimmungen des Notariatsaktsgesetzes als Grundgedanke zugrundeliegender Übereilungsschutz bei den durch die (notariatsaktspflichtige) Stiftungserklärung und das (zumindest grundsätzliche) Erfordernis eines Vorstandsbeschlusses reglementierten Zuwendungen nach dem Privatstiftungsgesetz nicht erforderlich sei.

[8] Die Abweisung des Grundbuchsgesuchs sei dennoch zu Recht erfolgt. Nur Zuwendungen zur Verwirklichung des Stiftungszwecks seien keine Schenkungen. Sei eine Zuwendung nicht im Rahmen des Stiftungszwecks erfolgt, bestehe keine Veranlassung, sie anders als einen Schenkungsvertrag zu qualifizieren. Ob die hier zu beurteilende Eigentumsübertragung dem Stiftungszweck entspreche, ergebe sich aus den vorgelegten Urkunden nicht. Begünstigter sei gemäß § 5 Privatstiftungsgesetz der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete. Sei der Begünstigte in der Stiftungserklärung nicht bezeichnet, so sei Begünstigter, wer von der vom Stifter dazu berufenen Stelle, sonst vom Stiftungsvorstand als solcher festgestellt worden sei. Ob der Zweitantragsteller Begünstigter in diesem Sinn sei, sei durch die vorgelegten Urkunden nicht nachgewiesen. Die bloße Bezeichnung als Begünstigter im Zuwendungsbeschluss reiche nicht, weil dieser keine Begünstigtenstellung begründe. Urkunden, die Grundlage einer Einverleibung sein sollen, müssten nach § 26 GBG einen gültigen Rechtsgrund enthalten. In der – hier relevanten – Aufsandungsurkunde werde der Zweitantragsteller nicht einmal als Begünstigter im Sinn des Privatstiftungsgesetzes bezeichnet. Da einerseits die Begünstigtenstellung des Zweitantragstellers und andererseits die Deckung der Zuwendung im Stiftungszweck nicht nachgewiesen sei, käme als Rechtsgrund iSd § 26 GBG auch eine Schenkung in Betracht. Komme nach dem Urkundeninhalt die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als Schenkung oder als Vertrag mit überwiegender Schenkungsabsicht in Betracht, sei auf die Einhaltung der für diese Verträge erforderlichen Formvorschriften Bedacht zu nehmen. Mangels einer in den Vertragsurkunden angeführten bereits erfolgten wirklichen Übergabe habe das Erstgericht daher die begehrten Eintragungen zu Recht abgewiesen.

[9] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil es zur rechtlichen Qualifikation von Zuwendungen nach dem Privatstiftungsgesetz keine explizite höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe.

[10] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

[12] 1.1. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof setzt voraus, dass der Rechtsmittelwerber die für die Entscheidung maßgeblichen erheblichen Rechtsfragen in seinen Rechtsmittelausführungen auch aufgreift. Er muss wenigstens in Ansätzen versuchen, eine erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuwerfen, bei deren Beurteilung er von der Rechtsansicht der zweiten Instanz abweicht (RIS‑Justiz RS0102059 [T13]; vgl auch RS0048272, RS0080388, RS0102181 [T17]). Der Oberste Gerichtshof ist nicht dazu berufen, theoretisch zu einer Rechtsfrage Stellung zu nehmen, deren Lösung durch die zweite Instanz vom Rechtsmittelwerber gar nicht bestritten wird (RS0102059 [T8, T18]).

[13] 1.2. Die Antragsteller bezweifelnin ihrem Revisionsrekurs die Richtigkeit der Lösungder vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage nicht. Sie vertreten (naturgemäß) selbst die Auffassung, dass Zuwendungen zur Verwirklichung des Stiftungszwecks nicht als Schenkungen zu qualifizieren sind. Ihre Kritik richtet sich vielmehr nur gegen den Umstand, dass das Rekursgericht diese Beurteilung nicht als „selbstverständlich“ angesehen hat.

[14] 2.1. Die Antragsteller zeigen in ihrem Revisionsrekurs auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG auf.

[15] 2.2. Das Grundbuchgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen (§ 94 Abs 1 GBG). Zu prüfen ist daher, ob der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht frei von Zweifel ist. Ein Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt auch bezüglich der materiell-rechtlichen Frage keinerlei Zweifel aufkommen lässt (RS0060878). Es ist dem Grundbuchgericht verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunde erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RS0060573). Ob die dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Urkunden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu Zweifeln Anlass geben, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage begründet, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0060573 [T18]; RS0060878 [T55]).

[16] 2.3. Eine solche Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Die Rechtsmeinung des Rekursgerichts bezeichnen die Antragsteller unter Berufung auf einen Zirkelschluss – eine Zuwendung nach dem Privatstiftungsgesetz könne schon begrifflich nur an einen Begünstigten erfolgen – pauschal als grotesk. Mit der Argumentation des Rekursgerichts setzen sich die Antragsteller nicht auseinander. Diese Ausführungen werden den Inhaltserfordernissen des § 65 Abs 3 Z 4 AußStrG nicht gerecht (RS0043654 [T10, T12, T14, T15]; RS0042648 [T2, T4]; für das Grundbuchsverfahren 5 Ob 42/16m).

[17] 3. Macht das Rechtsmittel nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof trotz Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RS0102059; RS0048272). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).

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