European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130131
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Zum bisherigen Verfahrensverlauf kann auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 20. 2. 2020, AZ 6 Ob 196/19w, verwiesen werden. Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung hat das Berufungsgericht, das den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt nach Prüfung der Feststellungs- und Beweisrüge der Beklagten übernahm, die vollinhaltlich klagsstattgebende Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe bestätigt, dass es die Beklagte im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Österreich zu unterlassen habe, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die gegenständlichen Klauseln zu verwenden oder sich darauf zu berufen.
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass die Auslegung von Klauseln in AGB bestimmter Geschäftsbranchen, welche regelmäßig für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung sind, eine erhebliche Rechtsfrage darstelle, sofern solche Klauseln bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren. Allerdings ist der Oberste Gerichtshof zur Auslegung von AGB-Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind. Dabei genügt für die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs nicht schon der Umstand, dass es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu gleichen oder ähnlichen Klauseln mangelt (RS0121516); und auch der Umstand allein, dass im konkreten Fall mehrere Vertragspartner Verträge abgeschlossen haben, die gleichartige (oder ähnliche) Klauseln enthielten, bewirkt nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO (1 Ob 224/06g; 1 Ob 191/16v).
2. Es gelingt aber auch der Beklagten nicht, in ihrer Revision eine derartige Rechtsfrage aufzuzeigen:
2.1. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 196/19w aufgrund der – damals vom Berufungsgericht noch nicht überprüften, nunmehr aber bestätigten – Feststellungen des Erstgerichts bereits bindend klargestellt, dass
‑ auf den vorliegenden Sachverhalt das EVÜ und die Rom I‑VO anzuwenden sind, weil keine Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht (Bereichsausnahme) zu beantworten sind;
‑ deren Regelungen über Verbraucherverträge anzuwenden sind, weil zwar die Beklagte in Deutschland domiziliert ist und ihre AGB mit den hier zu beurteilenden Klauseln Verträgen mit Anlegern zugrundelegt, die Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich sind, die Beklagte ihre Dienstleistungen jedoch (auch) in Österreich zu erbringen hat;
‑ die von der Beklagten verwendeten Rechtswahlklauseln 4., d) und h) im 43., im 51. bzw im 72. Fonds unwirksam und alle weiteren Vertragsbestimmungen nach österreichischem Recht zu beurteilen sind.
Einer weiteren Auseinandersetzung mit den weitwendigen Ausführungen der Beklagten in ihrer Revision zu diesen Klarstellungen bedarf es somit nicht.
2.2. Zu den weiteren Klauseln im 43., im 51. und im 72. Fonds im Einzelnen:
2.2.1. Klausel 4., d) und h) Erfüllungsort: Erfüllungsort (für sämtliche Verpflichtungen) ist der Sitz der Treuhänderin (Hamburg), (soweit dies gesetzlich zulässig vereinbart werden kann).
Nach Auffassung der Vorinstanzen verstößt diese Vereinbarung des Erfüllungsorts gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG, habe der Verbraucher doch sämtliche Zahlungen auf Konten zweier in Österreich domizilierter Banken zu überweisen (Zahlstelle). Jedenfalls soweit es die Erfüllung dieser Verbindlichkeit des Verbrauchers betreffe, sei diese Klausel nach kundenfeindlichster Auslegung für den Verbraucher gröblich benachteiligend, weil er mit der Weiterüberweisung auf ein deutsches Konto belastet sein könnte; der Zahlungseingang auf dem angeführten inländischen Konto führe nach dieser Klausel gerade nicht zur Schuldbefreiung und zum Gefahrenübergang. Für eine derartige Überwälzung des Verzögerungs- und Insolvenzrisikos auf den Verbraucher fehle es an jeder sachlichen Rechtfertigung. Im Übrigen könne der Verbraucher diesen Bedeutungsgehalt der Klauseln diesen nicht hinreichend klar entnehmen, weshalb sie intransparent seien.
Dem hält die Revision inhaltlich nichts entgegen, sondern verweist lediglich darauf, dass sie über die Konten in Österreich nicht verfügungsberechtigt sei und dass sie selbst ihre Leistungen in Deutschland zu erbringen habe. Darauf kommt es aber – wie von den Vorinstanzen zutreffend dargelegt – nicht an.
2.2.2. Klausel 4., d) und h) Gerichts-standsvereinbarung: Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag sowie über das Zustandekommen dieses Vertrags ist der Sitz der Treuhänderin (Hamburg), (soweit dies gesetzlich zulässig vereinbart werden kann).
Das Erstgericht hat diese Klauseln aus mehreren Gründen untersagt, wogegen sich die Beklagte weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren inhaltlich wehrt.
2.2.3. Klausel 1., a) und e) Freistellung:
1. Jeder Treugeber stellt die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten frei, die sich aus dem Treuhandverhältnis ergeben können. Wird die Treuhänderin aus solchen Verbindlichkeiten in Anspruch genommen, ist seitens des Treugebers in vollem Umfang Ersatz zu leisten.
a) Der Treugeber ist verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an der Gesellschaft freizuhalten bzw. soweit die Treuhänderin bereits geleistet hat, dieser den Gegenwert der Leistung auf erste Anforderung zu erstatten.
e) Die Treuhandkommanditistin hat einen Anspruch gegen den Treugeber auf Freistellung von sämtlichen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, die ihr im Zusammenhang mit dem vertragsgemäßen Erwerb und der pflichtgemäßen Verwaltung der treuhänderisch für den Treugeber übernommenen Beteiligung an der Gesellschaft entstehen. Soweit die Treuhandkommanditistin auf solche Verbindlichkeiten und Verpflichtungen bereits geleistet hat, ist der Treugeber verpflichtet, der Treuhandkommanditistin den Gegenwert der Leistung auf erste Anforderung gegen Nachweis zu erstatten.
Die Vorinstanzen untersagten die Verwendung dieser Klausel(n) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Für den Verbraucher bleibe völlig unklar, welche Verbindlichkeiten in welcher Höhe sich aus dem Treuhandverhältnis ergeben könnten und was mit der Formulierung „Treuhandverhältnis“ gemeint sei; der Inhalt der Klausel(n) ergebe sich nicht schon aus dem dispositiven Recht. Darüber hinaus werde ein Aufwandersatzanspruch ohne Einschränkung danach normiert, ob dieser gesetzlich überhaupt bestehe.
Die Revision hält dem entgegen, einzig realistisches Haftungsszenario sei die Rückzahlung der empfangenen Ausschüttungen; darüber seien die Anleger in den ausgehändigten Unterlagen („Risikoprofil“) hingewiesen worden.
Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, dass nach dem Wortlaut der Klausel(n) unklar ist, welche Verbindlichkeiten von der Freistellungsverpflichtung tatsächlich erfasst sein sollen. Nach dem Wortlaut wäre sogar denkbar, dass der Treugeber die Treuhänderin auch von Steuer- und Abgabeverpflichtungen freistellen muss; es könnten selbst Schadenersatzpflichten der Treuhänderin umfasst sein. Dies macht die Klauseln intransparent:
In dem der Entscheidung https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=80bd9d91-4e96-44a0-afca-111db08c02e7&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Justiz&Gericht=&Rechtssatznummer=&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=1 Ob 246/15f&VonDatum=&BisDatum=22.09.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Dokumentnummer=JJT_20160428_OGH0002_0010OB00246_15F0000_000 zugrundeliegenden Sachverhalt beteiligte sich der Kunde– wie auch im vorliegenden Fall – über eine Treuhandkonstruktion als Kommanditist an einer GmbH & Co KG mit deutschem Sitz. Vereinbart wurde, dass der Treugeber die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten freizustellen habe, die sich aus dem Treuhandverhältnis ergeben könnten; der Treugeber habe in vollem Umfang Ersatz zu leisten, wenn die Treuhänderin aus solchen Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werde. Gegenstand des Verfahrens war der Freistellungsanspruch der Treuhänderin für die Rückforderung nicht gewinngedeckter Ausschüttungen, die der Treugeber erhalten hatte. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs traf den Treugeber sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht gegenüber der Treuhänderin eine Freistellungsverpflichtung, wenn diese für nicht gewinngedeckte Ausschüttungen, die der Treugeber erhalten hatte, haftete. Dies ergebe sich aus dem Wesen der fremdnützigen Treuhand und aus einem Größenschluss zu § 1014 ABGB. Aus österreichischen Verbraucherschutz-bestimmungen ergebe sich nichts anderes, zumal es hier auf die Gültigkeit der Klausel gar nicht ankomme.
Damit entspricht zwar eine Freistellungsverpflichtung für nicht gewinngedeckte Ausschüttungen, die der Treugeber erhalten hat, grundsätzlich dem dispositiven Recht. Daraus folgt allerdings nicht zwingend die Zulässigkeit der vorliegenden Klausel(n), ist die Freistellungsverpflichtung dem Wortlaut nach doch nicht auf solche Konstellationen beschränkt. Es ist nämlich irrelevant, ob das einzig realistische Haftungsszenario die Rückzahlung der empfangenen Ausschüttungen gewesen wäre und ob die Beklagte die Klauseln nur zu diesem Zweck eingesetzt hat. Ausschlaggebend ist allein, dass eine solche Einschränkung aus den Klauseln nicht ersichtlich ist.
So wurde etwa in der Entscheidung https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=0125c9f3-a8bd-405c-9554-5a42dcc6c3b1&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Justiz&Gericht=&Rechtssatznummer=&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=4 Ob 130/03a&VonDatum=&BisDatum=21.09.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Dokumentnummer=JJT_20031007_OGH0002_0040OB00130_03A0000_000 eine Haftungseinschränkung in einem Beförderungsvertrag (Paketdienst) als unzulässig, weil gegen § 6 Abs 1 Z 9 erster Fall KSchG verstoßend qualifiziert. Es sei dem Unternehmer zwar darin zuzustimmen, dass Personenschäden grundsätzlich nicht zu erwarten seien. Die im Verfahren über die Verbandsklage gebotene kundenfeindlichste Auslegung erfordere es jedoch, die Bestimmung auch auf Personenschäden zu beziehen, weil sie dem Wortlaut nach nicht auf Sachschäden beschränkt sei und Personenschäden nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten. Die Zulässigkeit einer Klausel ist somit auch anhand von ausgefallenen Konstellationen zu prüfen.
2.2.4.1. Klausel 2., b) Haftungsfreizeichnung I:
2. Die Treuhänderin und ihre Organe haften auch für ein vor Vertragsschluss liegendes Verhalten nur, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Bei Verletzung wesentlicher Verpflichtungen aus diesem Vertrag haftet sie ebenfalls für leichte Fahrlässigkeit. Der Umfang der Haftung ist auf die jeweilige Höhe des in dem Zeichnungsschein angegebenen Betrages begrenzt.
b) Die Treuhänderin und die Personen, die sie vertreten, haften auch für ein vor dem Abschluss des Treuhandvertrages liegendes Verhalten nur, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Im Falle der Haftung, ausgenommen vorsätzliches Verschulden, haftet die Treuhänderin nur für den typischen und vorhersehbaren Schaden. In jedem Fall ist der Umfang der Haftung auf die jeweilige Höhe des vom Anleger gezeichneten Zeichnungsbetrags begrenzt.
Die Vorinstanzen untersagten diese Klauseln. Der Haftungsausschluss für leichtes Verschulden sei im konkreten Fall gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB), weil er dem strukturellen Informationsungleichgewicht nicht ausreichend Rechnung trage. Außerdem sei nicht ausgeschlossen, dass der Haftungsausschluss auch die vertraglichen Hauptleistungspflichten treffe, weil unklar sei, was unter „wesentliche Verpflichtungen“ zu verstehen sei (§ 6 Abs 3 KSchG). Die Begrenzung der Haftung mit der Höhe der Beteiligungssumme und der Ausschluss der Haftung für Personenschäden seien gemäß § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässig. Dem ist zu folgen:
Die Haftungseinschränkung der Klauseln auf den Zeichnungsbetrag betrifft ihrem Wortlaut nach in nicht zulässiger Weise (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG) auch die Haftung für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten. Weiters ist im Sinn dieser Bestimmung unzulässig, dass Personenschäden vom Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit nicht ausgenommen sind. Diese mögen zwar nicht typisch sein, sie sind aber auch nicht gänzlich unmöglich (vgl 4 Ob 130/03a; 2.2.3.). Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung ist eine Klausel nicht schon deshalb zulässig, weil sie praktisch einen geringen Anwendungsbereich hat.
Bei Hauptleistungspflichten verstößt ein genereller Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit gegen § 879 Abs 3 ABGB (1 Ob 105/14v; RS0130673); vielmehr ist ein solcher Haftungsausschluss besonders streng zu beurteilen und nur bei einem anerkennenswerten Interesse des Unternehmers sachlich gerechtfertigt (10 Ob 60/17x), wobei hier ein solches Interesse weder erkennbar ist noch von der Beklagten behauptet wird. Bei der Ausnahme für die „Verletzung wesentlicher Verpflichtungen aus diesem Vertrag“ in Klausel 2. ist unklar, ob diese Fälle ident mit den Hauptleistungspflichten sind. Klausel b) enthält eine diesbezügliche Ausnahme überhaupt nicht. Der Satz „Im Falle der Haftung, ausgenommen vorsätzliches Verschulden, haftet die Treuhänderin nur für den typischen und vorhersehbaren Schaden“ in Klausel b) ist ebenso unklar und führt zu einer unzulässigen Haftungseinschränkung bei grober Fahrlässigkeit, wenn darin bei kundenfeindlichster Auslegung eine strengere Grenze als die Grenze der adäquaten Schadenszufügung (dazu G. Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03 § 1295 Rz 13 ff) gesehen wird.
2.2.4.2. Klausel 5. Haftungsfreizeichnung II: Grundlage der treuhänderischen Beteiligung sind ausschließlich die im Emissionsprospekt der Initiatoren enthaltenen Informationen. Die Treuhänderin hat den Emissionsprospekt und die darin enthaltenen Angaben keiner eigenen Überprüfung unterzogen. Sie haftet daher auch nicht für den Inhalt des Emissionsprospektes und für die Angaben zur Wirtschaftlichkeit und zu den steuerlichen Folgen der Beteiligung. Sie haftet insbesondere nicht für die Werthaltigkeit der Beteiligung oder deren Ertragsfähigkeit oder für den Eintritt etwa angestrebter steuerlicher Wirkungen.
Die Vorinstanzen untersagten diese Klausel im Hinblick auf § 879 Abs 3 ABGB (Erstgericht) bzw § 6 Abs 1 Z 9 KSchG (Berufungsgericht).
Satz 1 der Klausel erklärt grundsätzlich nur Angaben im Emissionsprospekt als – offensichtlich auch für eine potenzielle Haftung – beachtlich, was bereits vor dem Hintergrund des § 6 Abs 3 KSchG intransparent erscheint. Darüber hinaus werden dadurch anders mitgeteilte Informationen bei kundenfeindlichster Auslegung als rechtlich unbeachtlich erklärt. Dies steht einerseits in Konflikt mit § 10 Abs 3 KSchG (vgl RS0121954) und führt andererseits zu einem Haftungsausschluss für jegliche Informationen, die außerhalb des Emissionsprospekts erteilt werden (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG).
In Satz 3 und 4 der Klausel wird jegliche Haftung für den Inhalt des Emissionsprospekts, die Angaben zur Wirtschaftlichkeit und den steuerlichen Folgen der Beteiligung, die Werthaltigkeit und Ertragsfähigkeit der Beteiligung oder für den Eintritt angestrebter steuerlicher Wirkungen ausgeschlossen. Auch dieser Haftungsausschluss verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.
Aufgrund der Verschränkung dieser beiden Sätze mit Satz 2 (arg: daher) kommt diesem keine eigenständige Bedeutung zu.
2.2.5. Klausel 3., c), f) und g) Verjährung:
3. Abs 1: Ansprüche gegen die Treuhänderin und ihre Organe verjähren sechs Monate nach Kenntnis des schädigenden Ereignisses, spätestens drei Jahre von dem Zeitpunkt an, an dem der Anspruch entstanden ist.
Abs 2: Absatz 1 gilt insbesondere auch für etwaige vorvertragliche Pflichtverletzungen.
c) Ein etwaiger Ersatzanspruch gegen die Treuhänderin verjährt nach zwölf Monaten; soweit kraft Gesetzes kürzere Verjährungsfristen gelten, sind diese anwendbar. Die Verjährungsfrist beginnt für alle Ersatzansprüche gegen die Treuhänderin grundsätzlich mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme der tatsächlichen Umstände, die eine Haftung der Treuhänderin begründen. Spätestens mit dem dritten Tag nach der Absendung des jeweiligen Geschäftsberichts und/oder des Berichts der Treuhänderin an die Treugeber beginnt die Verjährungsfrist für Ansprüche, die während des Geschäftsjahres der Kommanditgesellschaft entstanden sind, auf die sich der Geschäftsbericht und/oder der Bericht der Treuhänderin an die Treugeber bezieht.
f) Sämtliche Schadenersatzansprüche des Treugebers aufgrund dieses Vertrages, gleich aus welchem Rechtsgrund, verjähren in drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches, soweit nicht gesetzlich eine kürzere Verjährung vorgeschrieben ist. Der Treugeber hat Schadensersatzansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Erlangung der Kenntnis von dem Schaden gegenüber der Treuhandkommanditistin schriftlich geltend zu machen.
g) Ein etwaiger Schadenersatzanspruch eines Treugeber ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Kenntniserlangung von den haftungsbegründenden Tatsachen durch eingeschriebenen Brief geltend zu machen. Hinsichtlich der Haftung für Vorsatz verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.
Die Vorinstanzen untersagten diese Klauseln im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 9 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB.
Die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist ist zwar grundsätzlich zulässig, unterliegt aber der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB, wenn sie in AGB erfolgt (RS0034782 [T4]). Verfallsklauseln sind dann sittenwidrig, wenn sie die Geltendmachung des Anspruchs ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren (RS0016688). Je kürzer die Verfallsfrist sein soll, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein (2 Ob 50/05z; 4 Ob 227/06w); jedenfalls ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich (1 Ob 1/00d; 4 Ob 279/04i). Die Revision nennt allerdings keinerlei Grund, der die Verkürzung der Verjährungsfrist rechtfertigen können sollte.
Darüber hinaus ist bei Verbraucherverträgen die (pauschale) Verkürzung der Verjährungsfrist eine iSd § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässige Beschränkung der Schadenersatzpflicht (4 Ob 78/10i; Mayrhofer/Nemeth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 6 Abs 1 Z 9 KSchG Rz 20). So lag der Entscheidung 1 Ob 243/16s die Klausel „Die Verjährungsfrist für etwaige Schadenersatzansprüche gegenüber dem Tierarzt beginnt mit der ersten Möglichkeit, den Schaden zu erkennen; sie endet sechs Monate nach der möglichen Kenntnis des Schadens – spätestens drei Jahre ab Übergabe des Untersuchungsprotokolls.“ zugrunde, zu der der 1. Senat ausführte, dass die formularmäßige Verkürzung der Schadenersatzfrist (§ 1489 ABGB) zu Lasten eines Verbrauchers nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG nicht zulässig sei. Dies gelte auch dann, wenn der Inhalt des Schadenersatzanspruchs selbst gar nicht tangiert werde; schon die Verkürzung der Frist schmälere die Rechtsposition des Verbrauchers und verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.
2.2.6. Klausel 6. Zugangsfiktion: Schriftliche Mitteilungen der Treuhänderin an die zuletzt bekannt gegebene Anschrift des Treugebers gelten nach dem gewöhnlichen Postlauf (3 Werktage) als dem Treugeber zugegangen.
Die Vorinstanzen untersagten diese Klausel. Die Zugangsfiktion widerspreche § 6 Abs 1 Z 3 KSchG; darüber hinaus führe sie zu einer Beweislastumkehr, die gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG verstoße. Der Postlauf von Deutschland nach Österreich dauere gewöhnlich mehr als drei Tage; dies sei daher gegenüber österreichischen Anlegern gröblich benachteiligend.
Die Revision hält dem lediglich entgegen, die Klausel sei nach dem anwendbaren deutschen Recht unbedenklich, weil gemäß § 310 Abs 4 dBGB keine Klauselkontrolle zu erfolgen habe. Sie übersieht damit aber zunächst, dass auf die Klauselprüfung im vorliegenden Fall österreichisches Recht anzuwenden ist.
Im Übrigen betrifft das Verbot nach § 6 Abs 1 Z 3 KSchG rechtlich bedeutsame Erklärungen – nicht nur Willenserklärungen – des Unternehmers an den Verbraucher, also solche, die nachteilige Folgen für den Verbraucher haben, wie etwa Mahnung, Fristsetzung, Kündigung, Rechnung oder Rücktrittserklärung (9 Ob 31/15x). In dieser Entscheidung wurde deshalb die Klausel „Änderungen dieser Geschäftsbedingungen, des Leistungsumfanges sowie der Entgelte werden dem Karteninhaber an die zuletzt schriftlich bekannt gegebene Adresse zur Kenntnis gebracht. Diese Verständigung hat in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu erfolgen, sofern dies mit dem Karteninhaber vereinbart wurde.“ als unzulässig qualifiziert. Da die Klausel 6. eine Zugangsfiktion für sämtliche schriftlichen Mitteilungen der Treuhänderin enthält und davon somit jedenfalls auch für den Verbraucher nachteilige Mitteilungen erfasst, ist sie unzulässig.
Das Verbot von Zugangsfiktionen bezieht sich auch auf die Frage des Zeitpunkts des Zugangs. Es macht keinen Unterschied, ob festgeschrieben wird, dass eine überhaupt nicht zugegangene Erklärung als zugegangen gilt, oder ob ihr Zugang bloß früher eintreten soll, als dies nach allgemeinen Regeln der Fall wäre (2 Ob 20/15b). In dieser Entscheidung wurde deshalb die Klausel „Nichtbescheinigt zugesandte Erklärungen der A***** gelten innerhalb Österreichs mit dem zweiten Werktag (montags bis freitags) nach der Übergabe zur postalischen Beförderung als zugegangen, es sei denn, der Kunde gibt an, die Zustellung wäre nicht oder später erfolgt. Die Zustellfiktion des Abs 2 bleibt hiervon unberührt.“ als unzulässig qualifiziert.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
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