European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00104.19S.0829.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.417,33 EUR (darin 402,89 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragene Beklagte hat ein Stammkapital von 235.000 EUR. ***** B***** ist seit 28. 8. 2015 ihr Geschäftsführer.
Gesellschafter der Beklagten sind:
die Nebenintervenientin mit 25 % des Stammkapitals (Nominale 58.750 EUR),
***** F***** mit 20 % des Stammkapitals (Nominale 47.000 EUR),
Dr. ***** G***** mit 5 % des Stammkapitals (Nominale 11.750 EUR),
die P***** GmbH mit 5 % des Stammkapitals (Nominale 11.750 EUR) und
der Kläger mit 45 % des Stammkapitals (Nominale 105.750 EUR).
Der Kläger, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, stellte in der außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten am 22. 3. 2018 den Antrag auf „Erteilung einer Weisung der Gesellschafter an den Geschäftsführer, den zwischen der Beklagten und der W***** GmbH am 31. 3. 2016 abgeschlossenen Patentlizenzvertrag sowie den zwischen der Beklagten und der W***** GmbH am 10. 1./12. 1. 2017 abgeschlossenen Patentlizenzvertrag binnen 30 Tagen wegen Nichtigkeit (Kollusion) aufzuheben, erforderlichenfalls im Klagewege“.
Der Kläger stimmte für diesen Antrag, die anderen Gesellschafter stimmten gegen diesen Antrag (105.750 JA‑Stimmen, 129.250 Nein‑Stimmen). Der Vorsitzende stellte fest, dass die gemäß § 8 Abs 8 des Gesellschaftsvertrags erforderliche Dreiviertelmehrheit nicht erreicht und der Beschlussantrag somit abgelehnt wurde. Der Kläger erhob durch seinen Rechtsvertreter Widerspruch zu Protokoll.
Die P***** GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Nebenintervenientin. Der Geschäftsführer der Beklagten ist auch Geschäftsführer der P***** GmbH.
Der Geschäftsführer der Beklagten ist Stifter der Nebenintervenientin und hat sich als Stifter die Rechte zum Widerruf der Privatstiftung, zur Änderung der Stiftungserklärung und Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands aus wichtigem Grund vorbehalten.
In Punkt 8.6 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten ist vorgesehen, dass es zur Beschlussfähigkeit der Generalversammlung erforderlich ist, dass mindestens 75 % des Stammkapitals vertreten sind. Nach Punkt 8.8 werden Beschlüsse, soweit „diese Erklärung bzw der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz nicht eine höhere Mehrheit bestimmen, mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst“.
Die W***** GmbH (in Folge auch: W*****) ist seit 12. 3. 2016 im Firmenbuch eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag datiert mit 1. 3. 2016. Dr. ***** G***** (der sowohl Gesellschafter der Beklagten als auch mit 10 % des Stammkapitals der W***** ist) ist ihr Geschäftsführer. Weitere Gesellschafter der W***** sind unter anderem ***** F***** mit 10 % des Stammkapitals und die P***** GmbH mit 49,9 % des Stammkapitals.
Die Beklagte schloss am 31. 3. 2016 mit der W***** als Lizenznehmerin einen Patentlizenzvertrag ab, in dem sie dieser als Lizenzgeberin eine ausschließliche Lizenz für die Herstellung, Verwendung und den Vertrieb der lizenzierten Gegenstände („3D‑Drucker“) erteilte und in dem vereinbart wurde, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die lizenzierten Gegenstände selbst im Vertragsgebiet (weltweit alle Länder ohne Einschränkung) herzustellen, zu verwenden und zu vertreiben. Als Lizenzentgelt wurden 3,75 % des Nettoumsatzes ohne Berücksichtigung allfälliger Umsatz- oder Mehrwertsteuern, Frachtkosten und Rabatte vereinbart. Dieser Vertrag wurde durch den Patentlizenzvertrag vom 10. 1./12. 1. 2017 ersetzt. In dem Patentlizenzvertrag räumt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer in Punkt 4.1. das ausschließliche Recht ein, die Patente weltweit für die Entwicklung, Herstellung, Vermarktung und den Verkauf der Vertragsprodukte zu benutzen und die Vertragsprodukte herzustellen, zu verwenden, zu vermarkten und zu verkaufen. Die Beklagte als Lizenzgeber ist nicht berechtigt und hat es zu unterlassen, die Patente im Vertragsgebiet selbst zu nutzen oder Dritten solche Rechte einzuräumen. Das Lizenzentgelt wurde wieder mit 3,75 % des Nettoumsatzes vereinbart.
Der Kläger begehrte mit seiner am 28. 3. 2018 eingebrachten Klage die Nichtigerklärung der Ablehnung seines Antrags und die Feststellung der Fassung eines Beschlusses im Sinne seines Antrags.
Die Nebenintervenientin, die P***** GmbH, ***** F***** und Dr. ***** G***** seien bei der Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt einem Stimmverbot gemäß § 39 Abs 4 GmbHG unterlegen. Die W***** gehöre mehrheitlich der P***** GmbH, Dr. ***** G***** und ***** F*****. ***** B***** habe als Geschäftsführer der Beklagten diese ohne Einholung der Zustimmung der Generalversammlung der Beklagten ausgehöhlt. Er habe im März 2016 nahezu das gesamte Anlage‑ und Umlaufvermögen der Beklagten an die W***** GmbH verkauft und mit der W***** GmbH als Lizenznehmerin am 31. 3. 2016 einen exklusiven, weltweiten Lizenzvertrag über das gesamte Know‑how und über sämtliche Patente der Beklagten als Lizenzgeberin abgeschlossen. Am 10. 1./12. 1. 2017 sei dieser Patentlizenzvertrag durch den an diesem Tag abgeschlossenen Patentlizenzvertrag neu mit der W***** GmbH ersetzt worden. Die Patentlizenzverträge seien für die Beklagte nachteilig, schädlich und daher kollusiv und hätten als In‑Sich‑Geschäft der vorherigen Zustimmung der Generalversammlung der Beklagten bedurft.
Die Beklagte wendete ein, dass keiner der Gesellschafter einem Stimmverbot unterliege, weil die Einleitung eines Rechtsstreits gegen einen Nicht‑Gesellschafter begehrt werde. Ein Stimmverbot sei unter anderem auch deswegen zu verneinen, weil keiner der Gesellschafter an der W***** beherrschend beteiligt sei. Das Vorliegen eines Stimmverbots sei für jeden Gesellschafter getrennt zu beurteilen. Schon die gültige Gegenstimme eines mit lediglich 20 % an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters würde aufgrund der im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebenen Dreiviertelmehrheit ausreichen, eine Beschlussfassung mit den Stimmen des Klägers zu verhindern. Der Kläger begehre außerdem in seinem Beschlussantrag die (klagsweise) Aufhebung eines Vertrags mit der W***** wegen Nichtigkeit oder Kollusion. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass ein kollusiver bzw gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßender Vertrag absolut nichtig sei, keine rechtliche Verbindlichkeit habe und daher nicht (klagsweise) aufgehoben werden könne. Der vom Kläger begehrte Beschluss wäre daher rechtlich gegenstandslos und undurchführbar, sodass auch aus diesem Grund der Anfechtungsklage der Erfolg zu versagen sei.
Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt.
Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sei kein angestrebtes (Gerichts‑)Verfahren gegen einen Gesellschafter, sondern gegen eine Drittgesellschaft, an der aber die Gesellschafter der Beklagten (mit Ausnahme des Klägers) ebenfalls beteiligt seien. ***** F***** und Dr. G***** seien Gesellschafter beider Gesellschaften. Dr. G***** sei zudem auch Geschäftsführer der W***** GmbH. Die P***** GmbH sei eine 100%ige Tochter der Nebenintervenientin und Gesellschafterin der Beklagten und der W***** GmbH. Zudem sei der Geschäftsführer der Beklagten auch der Geschäftsführer der P***** GmbH. Bei diesen personellen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen erscheine eine Interessenkollision der Nebenintervenientin, P***** GmbH und von Dr. G***** evident. Sie seien befangen iSd § 39 Abs 4 GmbHG. Es liege eine Interessenkollision vor, weil eine von dieser ungetrübte Stimmabgabe nicht zu erwarten sei. ***** F***** habe zwar für sich alleine keinen beherrschenden Einfluss auf die beiden Gesellschaften. Es ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass er auch Gesellschafter der Gesellschaft sei, gegen die eine Klage eingebracht werden solle, dass er auch an dieser ein unternehmerisches Interesse habe und ebenfalls eine Interessenkollision vorliege, sodass auch er einem Stimmverbot unterliege.
Der Stimmrechtsausschluss eines Gesellschafters bewirke, dass der Beschluss mit der Mehrheit der übrigen an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter gefasst werden könne. Die Generalversammlung der Beklagten beschließe über Anträge von Gesellschaftern gemäß § 8 Abs 8 des Gesellschaftsvertrags mit Dreiviertelmehrheit. Eine durch eine verbotswidrige Stimmabgabe zustande gekommene Beschlussfassung sei der Anfechtung ausgesetzt. Nach der hier maßgeblichen (strengen) Kausalitätstheorie sei die Anfechtung allerdings nur dann erfolgreich, wenn die zu Unrecht mitgezählten Stimmen für das Abstimmungsergebnis wesentlich seien, das heißt wenn ohne ihre Berücksichtigung der Beschluss angenommen statt abgelehnt worden wäre. Auf den Antrag auf „Erteilung einer Weisung der Gesellschafter an den Geschäftsführer, den zwischen der Beklagten und der W***** GmbH am 31. 3. 2016 abgeschlossenen Patentlizenzvertrag sowie den zwischen der Beklagten und der W***** GmbH am 10. 1./12. 1. 2017 abgeschlossenen Patentlizenzvertrag binnen 30 Tagen wegen Nichtigkeit (Kollusion) aufzuheben, erforderlichenfalls im Klagewege“, seien 105.750 JA‑Stimmen, bei 129.250 Nein‑Stimmen entfallen. Ziehe man bei den Nein‑Stimmen die Stimmen der Nebenintervenientin (58.500 Stimmen), die des ***** F***** (47.000 Stimmen), die des Dr. ***** G***** (11.750 Stimmen) und die der P***** GmbH (11.750 Stimmen) ab, ergebe sich eine zustimmende Mehrheit von 100 %.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach Verwerfung einer Beweis‑ und Mängelrüge erwog es in rechtlicher Sicht, das Erstgericht habe zutreffend einen institutionell bedingten Interessenkonflikt angenommen. Angesichts der festgestellten personellen Verflechtungen liege durchaus eine den gesetzlich normierten Tatbeständen vergleichbare institutionell bedingte Interessenkollision vor. Zutreffend sei daher das Erstgericht von einem Stimmrechtsverbot der übrigen Gesellschafter bei der gegenständlichen Beschlussfassung ausgegangen.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu lösen seien.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1.1. Nach dem Sachverhalt ist die Nebenintervenientin die alleinige Gesellschafterin der P***** GmbH, die weiteren Gesellschafter der Beklagten ***** F*****, Dr. ***** G***** und P***** GmbH sind allesamt auch an der W***** GmbH beteiligt, gegen die mit der Beschlussfassung Ansprüche, insbesondere auf erforderlichenfalls gerichtliche Aufhebung eines Vertrags, geltend gemacht werden sollen. Davon ausgehend gelangten die Vorinstanzen zu der Auffassung, dass alle Gesellschafter außer dem Kläger einem Stimmverbot analog § 39 Abs 4 GmbH unterlägen und somit der Klage stattzugeben sei.
1.2. Der Oberste Gerichtshof hat in jüngerer Zeit seine Rechtsprechung zu Stimmverboten juristischer Personen bei Beschlussfassungen betreffend die Entlastung von Organwaltern bei Aktiengesellschaften („in zweckorientierter, sachgerechter Auslegung“; vgl Kalss, GesRZ 2015, 326 [Entscheidungsanmerkung zu 6 Ob 196/14p]) gefestigt. Der wesentliche Grundsatz dieser Rechtsprechung besteht darin, dass ein Stimmverbot nicht erst bei „Wesensgleichheit“ des Aktionärs mit dem Organmitglied eintritt (so 2 Ob 789/52), sondern schon dann, wenn eine von der Interessenkollision ungetrübte Stimmabgabe nicht zu erwarten ist (6 Ob 28/08y GesRZ 2008, 304 [Schmidt]; 6 Ob 196/14p GesRZ 2015, 326 [Kalss] = ZfS 2015, 270 [Gordon]; 6 Ob 79/15h).
1.3. Die Anwendung dieser Rechtsprechung auf konkrete Sachverhalte stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (6 Ob 16/11p GesRZ 2011, 360 [Schmidt-Pachinger]; 6 Ob 221/16t). In der Regel stellt es eine Frage des Einzelfalls dar, ob in einem konkreten Sachverhalt eine von der Interessenkollision ungetrübte Stimmabgabe nicht zu erwarten ist; dabei handelt es sich in der Regel um keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0123708 [T7]). Zutreffend wird in der Literatur auf die Vielschichtigkeit der möglichen Sachverhaltskonstellationen hingewiesen (vgl S. Bydlinski/Potyka in Artmann/Karollus, AktG6 § 125 Rz 8).
1.4. Gleichwohl ist die Revision im vorliegenden Fall zulässig, weil die hier anzulegenden Kriterien zu präzisieren sind.
2.1. § 39 Abs 4 GmbHG lautet: „Wer durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit, oder wem ein Vorteil zugewendet werden soll, hat hiebei weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht. Das Gleiche gilt von der Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.“
2.2. Zur Einleitung eines Rechtsstreits zählen auch schon Vorbereitungsmaßnahmen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 43; S. Schmidt, Stimmverbote in der GmbH [2003] 65). Daher kommt der Stimmrechtsausschluss auch zum Tragen, wenn ein Beschluss darüber gefasst werden soll, ob ein bestimmter Anspruch gerichtlich oder außergerichtlich geltend gemacht werden soll (S. Schmidt aaO mwN).
2.3. Der Stimmrechtsausschluss eines Gesellschafters bringt es mit sich, dass der Beschluss mit der Mehrheit (hier von drei Viertel) der übrigen an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter gefasst werden kann (RS0059874). Die Nichtbeachtung eines solchen Stimmrechtsausschlusses bewirkt einen Anfechtungsgrund nach § 41 Abs 1 Z 1 GmbHG (vgl RS0059906;RS0059834[T2]). Die Anfechtung kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn die zu Unrecht mitgezählten oder nicht mitgezählten Stimmen für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebend waren (RS0059828).
3.1. Das GmbHG kennt bei Interessenkollisionen kein generelles Stimmverbot (RS0086644). § 39 Abs 4 GmbHG kann allerdings auch analog angewendet werden, wobei die ratio der Vorschrift entscheidend ist: Das Stimmverbot darf nur auf Fälle erstreckt werden, die von einer den gesetzlich normierten Tatbeständen vergleichbaren institutionell bedingten Interessenkollision gekennzeichnet sind (RS0086644 [T13]). Dies wurde beispielsweise in der Entscheidung 6 Ob 139/06v bejaht, die die Beschlussfassung betreffend den Widerruf einer einem Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft erteilten Zustimmung zu konkurrenzierenden Tätigkeiten oder Beteiligungen zum Gegenstand hatte.
3.2. Bei § 39 Abs 4 GmbHG geht es zum einen um eine Variation der Regeln über das In-Sich-Geschäft, zum anderen um die Durchsetzung des Gedankens, dass niemand Richter in eigener Sache sein soll (RS0086644 [T2]). Dabei handelt es sich um institutionell bedingte Interessenkonflikte, die es notwendig machen, sich im Interesse der Richtigkeitsgewähr der Verbandswillensbildung nicht allein mit der Ausübungskontrolle unter Missbrauchsgesichtspunkten zu begnügen, sondern das Stimmrecht überhaupt auszuschließen (6 Ob 169/09k). Die Stimmverbote greifen bei den im Gesetz festgelegten Interessenkonflikten als starre Schranke ein, ohne dass zu prüfen wäre, ob die gesellschaftsinterne Willensbildung tatsächlich beeinträchtigt wäre (RS0086644 [T12]).
3.3. Ein Gesellschafter ist daher bei einer Abstimmung, die ein mit ihm geschlossenes Rechtsgeschäft iSd § 39 Abs 4 GmbHG zum Gegenstand hat, vom Stimmrecht unabhängig davon ausgeschlossen, ob sich das betreffende Geschäft für die Gesellschaft vorteilhaft oder nachteilig auswirken kann (RS0086644 [T5]). In der rezenten Entscheidung 6 Ob 191/18h wurde ausgeführt, dass die dortige Mehrheitsgesellschafterin bei der Beschlussfassung, Ansprüche gegen sie geltend zu machen, einem Stimmverbot unterlegen sei, bedürfe keiner weiteren Erörterung.
3.4. Es entspricht der bereits bestehenden Judikatur, dass § 39 Abs 4 GmbHG auch dann anzuwenden ist, wenn etwa eine juristische Person Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist und einer oder mehrere ihrer Gesellschafter oder Vertreter befangen sind; es kommt dann auf die Frage an, ob die juristische Person durch den Gesellschafter oder Vertreter vollständig beherrscht wird, dh die Ausübung des Stimmrechts seiner alleinigen Willensentschließung unterliegt (6 Ob 49/09p; 6 Ob 28/08y). Ferner wurde bereits ausgesprochen, dass obzwar das Gesetz keinen ausdrücklichen Stimmrechtsausschluss des Gesellschafters bei der Beschlussfassung über den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einer Gesellschaft kennt, an der er selbst beteiligt ist, doch auch eine mittelbare Betroffenheit durch eine Beteiligung des Gesellschafters am Vertragspartner anerkannt wird (4 Ob 7/92). Die genauen Kriterien für einen Stimmrechtsausschluss in einem solchen Fall wurden in dieser Entscheidung allerdings offen gelassen.
3.5. Die Entscheidung 5 Ob 649/80 hatte einen Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung zum Gegenstand, wobei einer der Gesellschafter mit 40 % am Grundkapital einer Aktiengesellschaft beteiligt war, die zur Übernahme des neuen Stammanteils zugelassen war. Der Oberste Gerichtshof erachtete den Bezugsrechtsausschluss schließlich für gerechtfertigt. Ausgehend von dieser Entscheidung schlug Koppensteiner (Identifizierungsprobleme im Recht der GmbH, in GedS Schönherr 205 [212]) als Kriterium für einen Stimmrechtsausschluss vor, dass auf den prozentuellen Umfang der Beteiligung des Gesellschafters an beiden Gesellschaften abgestellt werden sollte.
4.1. In der Literatur wird allgemein formuliert, bei Verflechtung des Gesellschafters mit einer betroffenen Drittgesellschaft sei entscheidend, ob die an formale Kriterien angebundene Betroffenheit, also der institutionelle Interessenkonflikt aufgrund der ratio des konkret eingreifenden Stimmverbots durchschlage (Enzinger in Straube, WK GmbHG § 39 Rz 85). Nach Jabornegg, Die Lehre vom Durchgriff im Recht der Kapitalgesellschaften, wbl 1989, 43 (47), ist dies dann der Fall, wenn der Gesellschafter die außenstehende Gesellschaft „beherrscht“.
4.2. Unbestritten ist, dass das Stimmverbot eingreift, wenn ein Gesellschafter alle Anteile einer (befangenen) Drittgesellschaft hält oder dort persönlich haftet (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 36 mwN). Davon abgesehen wird vorgeschlagen, zu fragen, ob zu besorgen ist, dass sich der Gesellschafter bei der Abstimmung in der GmbH nicht von deren Interessen, sondern von denjenigen der Drittgesellschaft leiten lässt: So sei etwa mit unbefangener Ausübung des Stimmrechts in der GmbH dann zu rechnen, wenn das saldierte Interesse des Gesellschafters dort stärker sei (Beispiel: 60 % Beteiligung an der Drittgesellschaft, 90 % bei der GmbH); dementsprechend sollte für den Regelfall den Ausschlag geben, bei welcher Gesellschaft die Beteiligungsquote höher liege; sei dies die GmbH, greife das Stimmverbot nicht ein (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 36 mwN). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Autoren dies nur für den Regelfall, also nicht als generell und ausnahmslos gültigen Grundsatz vertreten.
4.3. Auf das Ausmaß der Beteiligung stellte auch die Entscheidung 8 Ob 2116/96a ab, in der es um den Stimmrechtsausschluss im Gläubigerausschuss nach damals § 92 Abs 4 KO (nunmehr § 89 Abs 3 IO) ging: Der Oberste Gerichtshof führte aus, da Normzweck sowohl im Falle des § 92 Abs 4 KO als auch in dem des § 39 Abs 4 GmbHG die Vermeidung einer Interessenkollision sei, sei danach zu fragen, ob zu besorgen sei, dass sich der Betreffende bei der Abstimmung von den Interessen der Drittgesellschaft leiten lasse. Dies sei dann der Fall, wenn die Beteiligungsquote bei der Drittgesellschaft höher liege als die an dem Rechtssubjekt, für das das Stimmrecht ausgeübt werden solle. Da die Beteiligung des Mitglieds des Gläubigerausschusses an der Vertragspartnerin der Masse mit 20 % erheblich höher liege als sein Anteil an den gesamten Konkursforderungen, habe das Konkursgericht zutreffend eine Befangenheit bejaht. In dieser Entscheidung wurde jedoch – vor dem Hintergrund der insolvenzrechtlichen Ausgangslage des Falls – nicht auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse, sondern auf das Verhältnis der Beteiligungsquote an einer Gesellschaft zum Anteil an den Insolvenzforderungen abgestellt.
4.4. Nach S. Schmidt (Stimmverbote in der GmbH [2003] 119 f) ist für das „Abfärben“ der Befangenheit einer juristischen Person auf ihre Gesellschafter auf die prozentuelle Beteiligung an beiden Gesellschaften abzustellen. Wenn der Gesellschafter an der Drittgesellschaft eine höhere Beteiligungsquote habe, sei zu erwarten, dass er typischerweise deren Interessen verfolge, was seinen Ausschluss vom Stimmrecht rechtfertige. Auf eine maßgebliche Beherrschung der Drittgesellschaft oder eine unternehmerähnliche Stellung in der Drittgesellschaft komme es demgegenüber nicht an (aaO 120). Das Abstellen auf Beteiligungsquoten sei auch deshalb vorzuziehen, weil die Beteiligungsquoten leichter feststellbar seien als die Innehabung einer unternehmerischen Funktion oder die Ausübung eines maßgeblichen Einflusses.
4.5. In die gleiche Richtung gehen auch die Ausführungen von Schmidt-Pachinger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 125 Rz 23 zur Parallelregelung im Aktienrecht: Die Autorin gibt aber zu bedenken, dass ein kleiner Anteil an einer großen Gesellschaft für einen Gesellschafter wirtschaftlich von größerem Interesse sein könne als ein großer Anteil an einer kleineren Gesellschaft; allerdings spiele die absolute Größe der beiden Beteiligungen keine Rolle, weil der Aktionär typischerweise sein Stimmrecht danach ausrichten werde, wo sich die betreffende Maßnahme, die in ihrem absoluten Wert für eine kleine Gesellschaft genauso viel bedeute wie für eine große Gesellschaft, für ihn quotal günstiger auswirke.
4.6. Nach S. Bydlinski/Potyka (in Artmann/Karollus, AktG6 § 125 Rz 8) ist vom Gesetz weiterhin offen gelassen, ob bzw unter welchen Voraussetzungen sich der Stimmrechtsausschluss eines Aktionärs auch auf andere (in der Regel juristische) Personen auswirkt, die ihr
Stimmrecht zwar nicht vom Aktionär ableiten, diesem aber (vor allem wirtschaftlich) nahestehen. Hier seien zahlreiche Konstellationen denkbar; als allgemeine Regel könne aber gelten, dass eine solche mittelbare Befangenheit immer dann zu einem Stimmrechtsausschluss der anderen Person führt, wenn sie unter dem maßgeblichen Einfluss des von § 125 AktG unmittelbar erfassten Aktionärs stehe (zB eine GmbH, an der der ausgeschlossene Aktionär eine Mehrheitsbeteiligung hält).
4.7. Nach Gordon, Stimmverbote im GmbH‑Konzern (2015) 24, ist im Interesse der Rechtssicherheit eine Einschränkung des beherrschenden Einflusses auf einige, allgemein festzulegende Parameter zu begrüßen. Geeignete Kriterien hiefür seien Beteiligungsquote und Organfunktion; daneben seien aber auch Satzungsbestimmungen, die unmittelbar in die Einflussmöglichkeiten eines Gesellschafters eingreifen, zu berücksichtigen. Beispiele dafür seien Stimmrechtsregelungen oder ein Weisungsrecht nach § 20 Abs 1 GmbHG. Gleiches gelte für einen Beherrschungsvertrag. Entscheidend seien die sich aus den angeführten Kriterien ergebenden Einflussmöglichkeiten des Gesellschafters in der konkreten Gesellschaft.
5.1. In Deutschland wird zur Frage eines Rechtsgeschäfts mit einem an der GmbH nicht beteiligten Verband, an dem aber ein Gesellschafter der GmbH beteiligt ist, darauf abgestellt, ob der Gesellschafter der GmbH bei deren Abstimmung über das Rechtsgeschäft mit der anderen Handelsgesellschaft deren Interessen den Vorrang einräume oder dies zu erwarten sei (vgl Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG9 § 47 Rz 144 ff). Altmeppen stellt dabei ebenso wie Schindler (in Ziemons/Jäger, BeckOK GmbHG § 47 Rz 137 f) darauf ab, ob der betreffende Gesellschafter die Drittgesellschaft (etwa im Sinn einer Mehrheitsbeteiligung) beherrscht.
5.2. Drescher (in Münchener Kommentar zum GmbHG § 47 Rz 198 ff) erachtet als entscheidend, ob wegen der Beteiligung des GmbH-Gesellschafters an der Drittgesellschaft deren „Befangenheit“ typischerweise dazu führt, dass von ihrem Gesellschafter in der GmbH ein Vorrang der Eigeninteressen als Gesellschafter der Drittgesellschaft zu erwarten sei. Ein Abgleich der Beteiligungsquote mit der Annahme eines größeren Einflusses bei der Gesellschaft, bei der der befangene Gesellschafter den höheren Anteil halte, sei allerdings zu pauschal und führe bei einer geringen Beteiligung an beiden Gesellschaften zu unplausiblen Ergebnissen, bei einer Beteiligung an beiden Gesellschaften mit über 50 % zu Zufallsergebnissen. Wenn dem Gesellschafter die Drittgesellschaft gehöre, aber nicht die GmbH, müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass er eher die Interessen der Drittgesellschaft verfolge und ein Stimmverbot bestehe. Wenn der GmbH-Gesellschafter Alleingesellschafter der betroffenen Drittgesellschaft sei, bestehe daher ein Stimmverbot. Unterhalb der Alleinherrschaft hingen der Interessenkonflikt und damit ein Stimmverbot von den Besonderheiten des einzelnen Falls ab. Je höher die Beteiligung an der Drittgesellschaft, desto näher liege eine Interessenkollision. Das Verhältnis der Beteiligung an der GmbH und der Drittgesellschaft allein sei zwar nicht ausschlaggebend, könne aber bei großer Diskrepanz einen Anhaltspunkt geben. Wenn die Drittgesellschaft eine GmbH sei und der Gesellschafter dort aufgrund der Beherrschung eher einen Zugriff auf die Leistung habe als in der GmbH, in der die Abstimmung anstehe, spreche das für ein Stimmverbot. Auch wenn der Gesellschafter in der Drittgesellschaft anders als in der betroffenen Gesellschaft Geschäftsführungsaufgaben wahrnehme und an ihr beteiligt sei, sei von einer Interessenkollision auszugehen, die zum Stimmverbot führte, allerdings nicht, wenn er selbst an der Drittgesellschaft nicht auch beteiligt sei.
5.3. Nach Römermann (in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG³ § 47 Rz 145 f und 161–163) ist die Interessenverknüpfung zwischen dem Gesellschafter und „seiner“ Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Die Beherrschung, also die maßgebliche Beteiligung des Gesellschafters an der befangenen Gesellschaft, lasse regelmäßig auf eine nennenswerte Interessenverknüpfung schließen. Der Beherrschung komme somit ein Indizcharakter zu. Gleich gelagert sei die Konstellation, dass mehrere Gesellschafter der GmbH über sämtliche Geschäftsanteile der befangenen Gesellschaft verfügen. Aber auch unterhalb dieser Alleingesellschafterposition sei eine Abfärbung der Befangenheit auf den Gesellschafter denkbar, da es ebenso bei einer maßgeblichen Beteiligung zur Interessenverknüpfung kommen könne. Allgemein gültige Grundsätze ließen sich insoweit kaum aufstellen.
5.4. Dagegen wendet Hüffer (in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG § 47 Rz 137 f) ein, aus Gründen der Rechtssicherheit vertrage sich der Ausschluss des Stimmrechts nicht mit einer am Einzelfall orientierten Interessenabwägung. Eine praktikable Lösung könne nur um den Preis gewisser Vergröberungen erzielt werden. Schwierig seien dabei insbesondere die Fälle, in denen der GmbH‑Gesellschafter der befangenen Drittgesellschaft nicht als maßgebliches Mitglied angehöre, an ihr aber auch nicht lediglich mit bloßen Anlageinteressen beteiligt sei. Für diese Fälle sei auf Beherrschung iSd § 17 dAktG abzustellen; die Beherrschung der Drittgesellschaft habe indizierende Bedeutung für die Interessenverknüpfung. Liege keine Beherrschung vor, dann seien bei der Beschlussfassung immerhin noch die mitgliedschaftlichen Treuebindungen zu beachten, sodass der Beschluss bei deren Verletzung anfechtbar sein könne.
5.5. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) reicht es für einen Stimmrechtsausschluss zwar nicht aus, dass der Gesellschafter an einer juristischen Person, mit der die GmbH kontrahieren soll, nur irgendwie – zB als Minderheitsaktionär – beteiligt ist (BGHZ 56, 47 [53]; BGH II ZR 81/76 NJW 1977, 850). Allerdings hat der BGH drei Geschwister, die gemeinsam alle Anteile an der Drittgesellschaft, mit der die Gesellschaft kontrahieren sollte, als zusammengehörige „Gesellschaftergruppe“ betrachtet und einem Stimmverbot unterworfen (BGH II ZR 81/76 NJW 1977, 850).
6.1. Wenn im vorliegenden Fall die W***** GmbH selbst an der Gesellschaft beteiligt wäre, dann würde sie nach § 39 Abs 4 GmbHG zweifellos einem Stimmverbot unterliegen. Allerdings ist nicht die W***** GmbH selbst an der Gesellschaft beteiligt, sondern drei ihrer fünf Gesellschafter; ferner ist zu berücksichtigen, dass die Anteile der P***** GmbH zu 100 % der ebenfalls an der Gesellschaft beteiligten Nebenintervenientin gehören.
6.2. Zu § 118 Abs 1 (bzw nunmehr § 130 Abs 1) AktG wurde vertreten, dass dieses (spezielle) Stimmverbot extensiv auszulegen ist (6 Ob 49/09p). Bei der hier anzuwendenden Bestimmung des § 39 Abs 4 GmbHG wird hingegen in der Judikatur betont, dass das Gesetz gerade kein generelles Stimmverbot bei jeder Art von Interessenkollision kennt (RS0086644). Der Gesetzgeber hat aus Gründen der Rechtssicherheit bewusst von einer Generalklausel Abstand genommen; Analogien sind daher nur zulässig, wo es entsprechend den starren Schranken von § 39 Abs 4 GmbHG gelingt, eine formalisierte Regel mit zureichendem Eindeutigkeitsgrad aufzustellen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 31; ähnlich Hillmann in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht4 § 47 GmbHG Rz 50).
6.3. In diesen Grenzen ist eine Analogie zu § 39 Abs 4 GmbHG zulässig. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit kann hier die Entscheidung nicht bloß einer Abwägung im Einzelfall überlassen werden; vielmehr sind die maßgeblichen Kriterien zu präzisieren (vgl Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG § 47 Rz 137 f).
6.4. Zunächst ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung zum deutschen Recht festzuhalten, dass eine bloße Minderheitsbeteiligung in der Regel nicht für die Vermutung ausreicht, der Gesellschafter werde allein aufgrund seiner Beteiligung an der Drittgesellschaft sein Interesse an der Drittgesellschaft über dasjenige der GmbH stellen (BGHZ 56, 47; BGH II ZR 81/76). Diese Vermutung besteht insbesondere nicht bei geringen Beteiligungen, etwa bloßen (geringen) Finanzbeteiligungen.
6.5. Bei höheren Beteiligungen ist ein bloßes Abstellen auf einen Quotenvergleich der Beteiligungsverhältnisse bei der Gesellschaft und der Drittgesellschaft nicht ausreichend. Zutreffend gibt Schmidt‑Pachinger (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 125 Rz 23) zu bedenken, dass ein kleiner Anteil an einer großen Gesellschaft für einen Gesellschafter wirtschaftlich von größerem Interesse sein könne als ein großer Anteil an einer kleineren Gesellschaft. Zudem ist die Auswirkung des Beschlusses nicht notwendig für die Gesellschaft und Drittgesellschaft gleich gewichtig; auch aus diesem Grund vermag ein bloßer Vergleich der Beteiligungsquoten die Gefahr einer von gesellschaftsfremden (Eigen-)Interessen geleiteten Abstimmung nicht stets auszuschließen. Daher ist der Auffassung Dreschers (in Münchener Kommentar zum GmbHG § 47 Rz 19 ff) beizupflichten, dass ein derartiger Quotenvergleich zu pauschal wäre.
6.6. Die Gefahr einer von gesellschaftsfremden Interessen geleiteten Stimmabgabe, der § 39 Abs 4 GmbHG vorbeugen will, besteht umso eher, je höher die Beteiligung des Gesellschafters an der Drittgesellschaft ist, indiziert dies doch die Bedeutung, die die Beteiligung für ihn hat. Zusätzlich kann die Ausübung von Organfunktionen in der Drittgesellschaft oder ein sonstiges unternehmerisches Interesse an der Drittgesellschaft eine derartige Gefahr nahelegen.
6.7. Im vorliegenden Fall besteht jedoch noch die zusätzliche Besonderheit, dass mehrere Gesellschafter der Gesellschaft auch an der Drittgesellschaft beteiligt sind. Aufgrund dieses Umstands bilden sie innerhalb der Beklagten eine besondere Gruppe, die sich durch ihre einheitliche Ausrichtung auf die Drittgesellschaft von den übrigen Gesellschaftern abhebt. Dies rechtfertigt es, sie und die von ihnen maßgeblich gehaltene W***** interessenmäßig als Einheit zu betrachten und deshalb auch jeden einzelnen von ihnen hinsichtlich seines Stimmrechts ebenso zu behandeln wie den Alleingesellschafter eines Unternehmens, gegen das eine Klage erhoben oder vorbereitet werden soll (vgl BGH II ZR 81/76). Ein erheblicher Interessenwiderstreit und eine durch ihn drohende Schädigung der Gesellschaft sind nicht erst dann zu befürchten, wenn die Gesellschafter der Drittgesellschaft sich rechtlich zu einem einheitlichen Vorgehen innerhalb der Beklagten verständigt haben. Vielmehr reicht die begründete Erwartung, dass diese Gesellschafter in allen Angelegenheiten, die „ihr“ Unternehmen berühren, in der Regel gemeinsam vorgehen und dabei die Interessen der Drittgesellschaft höher bewerten als diejenigen der Beklagten (BGH II ZR 81/76). Diese Gefahr einer solchen einheitlichen Interessenverfolgung wird auch nicht schon durch die abstrakte Möglichkeit von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Genannten ausgeschaltet (BGH II ZR 81/76).
6.8. Im vorliegenden Fall ist zudem ein derartiges einheitliches Vorgehen der übrigen Gesellschafter zu bejahen. Anschaulich spricht der Kläger von einer „Aushöhlung“ der Gesellschaft durch die übrigen Mitgesellschafter. Völlig zutreffend gingen die Vorinstanzen somit von einem Stimmrechtsausschluss für die P***** GmbH und deren „Mutter“ (die Nebenintervenientin) aus, da die P***** GmbH an der W***** GmbH mit 49,9 % beteiligt ist und dort die größte Gesellschafterin ist; bei diesen Gesellschaftern liegt die Gefahr einer zum Stimmrechtsausschluss führenden Interessenkollision auf der Hand.
6.9. Der Gesellschafter Dr. ***** G***** ist an der Gesellschaft mit 5 % und an der W***** GmbH mit 10 % beteiligt, zudem ist er Geschäftsführer der W***** GmbH. Auch bei ihm ist daher nach dem Gesagten eine Interessenkollision gegeben und eine unbefangene Stimmabgabe nicht zu erwarten.
6.10. Der Gesellschafter F***** ist demgegenüber an der Gesellschaft mit 20 % (entspricht 47.000 EUR) und an der W***** GmbH lediglich mit 10 % (entspricht 3.500 EUR) beteiligt. Bei ihm kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass er diese Gesellschaft im Sinne der Literatur „beherrscht“.
6.11. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts lässt sich ein Stimmverbot für den Gesellschafter F***** nicht ohne weiteres schon aus der Entscheidung 6 Ob 16/11p ableiten. Diese Entscheidung betraf ein Stimmverbot in Bezug auf eine Sonderprüfung nach § 118 Abs 1 (nunmehr § 130 Abs 1) AktG, wobei der Aufsichtsratsvorsitzende und ein weiteres Aufsichtsratsmitglied Hälftegesellschafter und jeweils alleinvertretungsbefugte Geschäftsführer einer an der AG (mittelbar) beteiligten Gesellschaft waren. Entscheidend für das Stimmverbot war nach den Entscheidungsgründen der Umstand der Vertretungsbefugnis, sodass beide Aufsichtsratsmitglieder in ihrer Funktion als Geschäftsführer der Drittgesellschaft deren Stimmverhalten in der Hauptversammlung beeinflussen konnten; weiters wurde in der Entscheidung ausgeführt, dass für ein Stimmverbot bereits auch ein „geringerer Grad an beherrschendem Einfluss“ ausreicht.
6.12. Beim Gesellschafter F***** ist jedoch zu berücksichtigen, dass er mit weiteren Gesellschaftern gemeinsam an der W***** beteiligt ist, denen aufgrund der Höhe der Beteiligung bzw der Ausübung von Organfunktionen jedenfalls kein Stimmrecht zukommt. Diese Verbindung rechtfertigt nach dem Gesagten, ihn als Mitglied einer einheitlichen Gesellschaftergruppe anzusehen, deren Stimmrechte wegen der einheitlichen Gefahr einer von gesellschaftsfremden Interessen geleiteten Stimmabgabe einheitlich zu beurteilen sind.
7.1. Zusammenfassend sind die Vorinstanzen daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass den angeführten Gesellschaftern bei der Abstimmung über die (Vorbereitung der) Klagsführung kein Stimmrecht zukam.
7.2. Dass bei bloßen Mängeln des Beschlusses infolge unzutreffender Ergebnisfeststellung die Anfechtungsklage mit dem Begehren auf Feststellung des tatsächlich zustande gekommenen Beschlusses verbunden werden kann („positive Beschlussfeststellungsklage“), wenn strittig ist, ob die von den anwesenden Gesellschaftern oder ihren Vertretern abgegebenen Stimmen gültig oder wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche oder gesellschaftsrechtliche Stimmverbote ungültig gewesen sind, entspricht ständiger Rechtsprechung (6 Ob 203/97i wbl 1998, 269; 6 Ob 130/05v GeS 2006/219; 6 Ob 139/06v; 6 Ob 28/08y; 6 Ob 49/09p ua).
8. Damit erweisen sich die Urteile der Vorinstanzen im Ergebnis als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.
9. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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