Normen
GesmbHG §23
GesmbHG §50 Abs4
GesmbHG §52 Abs3
GesmbHG §76
GesmbHG §115
GesmbHG §23
GesmbHG §50 Abs4
GesmbHG §52 Abs3
GesmbHG §76
GesmbHG §115
Spruch:
Ohne besonders gerechtfertigte Interessenlage muß die Gesellschaft m. b. H. versuchen, ihren zusätzlichen Geldbedarf im Wege der Kapitalerhöhung in erster Linie bei den Gesellschaftern zu decken. Der Ausschluß eines Gesellschafters vom Vorrecht zur Übernahme der neuen Stammeinlagen nach Verhältnis der bisherigen muß im überwiegenden Interesse der Gesellschaft seine Rechtfertigung finden. Einem Dritten oder einem bevorzugten Gesellschafter muß der neue Geschäftsanteil zu einem angemessenen Übernahmspreis überlassen werden
Allgemeine Grundlage der Unternehmensbewertung ist der Ertragswert und nicht der Substanzwert
OGH 16. Dezember 1980, 5 Ob 649/80 (OLG Wien 4 R 41/80; HG Wien 34 Cg 546/79)
Text
In der außerordentlichen Generalversammlung der beklagten Gesellschaft m. b. H. am 28. Mai 1979 haben die Gesellschafter M Aktiengesellschaft, A und B mit einer Mehrheit von 85.2275% der abgegebenen Stimmen in Abwesenheit der Gesellschafter C, D, E gegen die Stimmen des klagenden Gesellschafters und seiner Mutter unter gleichzeitiger Änderung des § 5 des Gesellschaftsvertrages (Stammkapital) die Erhöhung des Stammkapitals um 2 Mill. S von 10 Mill. S auf 12 Mill. S und die Überlassung der neuen Stammeinlage "gegen Barzahlung und Zahlung eines Aufgeldes (Agio)" von 8 Millionen an die Bank X Aktiengesellschaft "zur Übernahme" beschlossen.
Zur Zeit der Beschlußfassung war der Kläger mit 1.25%, seine Mutter mit 8.9775% und die M AG mit 42.6175% am Stammkapital der beklagten Gesellschaft und die M AG mit 40% am Grundkapital der Bank X Aktiengesellschaft beteiligt.
Die Beschlüsse der außerordentlichen Generalversammlung vom 28. Mai 1979, gegen die der Kläger und seine Mutter Widerspruch zu Protokoll gaben, wurden am 11. Juni 1979 ins Protokollbuch der beklagten Gesellschaft eingetragen.
Mit der am 10. Juli 1979 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Nichtigerklärung dieser Generalversammlungsbeschlüsse gemäß § 41 GmbHG. Der Übernahmspreis von 10 Mill. S für den neuen Geschäftsanteil sei in Anbetracht des Wertes des Unternehmens der beklagten Gesellschaft, der 90 Mill. S betrage, viel zu niedrig. Die Bank X Aktiengesellschaft sei infolge des unangemessen niedrigen Preises, für den sie einen unverhältnismäßig hohen Anteil an der beklagten Gesellschaft erhalte, zum Nachteil der übrigen Gesellschafter einseitig begünstigt. Da die Gesellschafter, deren Rechte verkürzt worden seien, dieser Maßnahme nicht zugestimmt haben, sei der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verletzt worden (§ 50 Abs 4 GmbHG). Darüber hinaus seien die angefochtenen Beschlüsse auch deshalb nichtig, weil die Mehrheit der Gesellschafter ihre Majorität in sitten- und geschäftswidriger Weise zu dem Zweck mißbraucht habe, der M AG indirekt über deren Beteiligung an der X AG die Mehrheit an der beklagten Gesellschaft zu verschaffen und ihr dadurch einen Vorteil zuzuwenden. Dadurch sei den übrigen Gesellschaftern insofern ein Nachteil zugefügt worden, als sich ihr perzentueller Anteil an der Gesellschaft entsprechend verringert habe und ihre Möglichkeit, in der Generalversammlung Einfluß zu nehmen, herabgesetzt worden sei. So verfügten die den Beschlüssen widersprechenden Gesellschafter (Kläger und seine Mutter) nun nicht mehr über 10% des Stammkapitals, sodaß ihnen die Ausübung von Minderheitsrechten unmöglich geworden sei.
Die beklagte Gesellschaft beantragte die Abweisung der Klage. Durch die angefochtenen Beschlüsse, die formell ordnungsgemäß zustande gekommen seien, werde weder der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verletzt noch die X AG als neue Gesellschafterin einseitig begünstigt. Der Übernahmspreis für den neuen Geschäftsanteil sei in Anbetracht des durch ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungs-Aktiengesellschaft mit 44 154 000 S bis 49 803 000 S geschätzten Unternehmenswertes angemessen. Die Aufnahme der X AG als neue Gesellschafterin habe sich als unbedingt notwendig erwiesen, da wegen der Steuerleistungen der Gesellschafter jeweils nur Teile des ausgeschütteten Gewinns zu Kapitalerhöhungen verwendet werden könnten und die Eigenmittel der Gesellschaft bei weitem nicht ausreichten, die auf lange Sicht für den Fortbestand des Unternehmens, das sich vorwiegend mit der Herstellung von Edelputz befasse, notwendige Investitionssumme von 100 Mill. S aufzubringen. Langfristige Kredite seien nur erhältlich, wenn mindestens ein Drittel der Investitionssumme aus Eigenmitteln der Gesellschaft beigestellt werde. Es sei deshalb ein Erfolg der Geschäftsführung, daß es gelungen sei, die Hausbank X AG zur Übernahme des neuen Geschäftsanteiles zu einem Kurs von 500 zu bewegen. An der X AG sei die M AG mit einem Aktienpaket von 44% des Grundkapitals beteiligt, sodaß sie nach der Kapitalerhöhung weder direkt noch indirekt Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten sei. Da der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimme, sei die Übertragung des neuen Geschäftsanteiles an einen neuen Gesellschafter gemäß § 52 Abs. 2 GmbHG zulässig. Die Zustimmung des Klägers zu dieser Maßnahme sei nicht erforderlich gewesen, ein Fall des § 50 Abs. 4 GmbHG liege nicht vor. Gegen die Begünstigung der neuen Gesellschafterin durch Festsetzung eines zu niedrigen Aufgeldes spreche allein schon der Umstand, daß diese vorwiegend zu Lasten der zustimmenden Gesellschafter ginge und nicht anzunehmen sei, daß diese sich selbst schädigen wollten. Allenfalls stehe dem Kläger ein Schadenersatzanspruch zu, nicht aber die Anfechtungsklage, denn es seien die materiellen Voraussetzungen und Grundlagen der angefochtenen Beschlüsse keiner Überprüfung zugänglich. Aus dem Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter könne der Kläger nicht eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gesellschafter ableiten, denn die Verringerung seiner Beteiligungsquote sei eine notwendige Folge der Überlassung des neuen Stammanteiles an einen neuen Gesellschafter. Der Kläger sei auch nicht geschädigt, weil er nach der Kapitalerhöhung an einem doppelt so hohen Kapital (Stammkapital und Aufgeld) beteiligt sei und die Gesellschaft nun in der Lage sei, einen höheren Ertrag zu erwirtschaften. Er habe auch kein Anrecht, gemeinsam mit einem bestimmten anderen Gesellschafter Minderheitsrechte auszuüben. Da die Gesellschaft derzeit neun Gesellschafter habe, sei es ihm möglich, seine Rechte durch Zusammenschluß mit anderen Gesellschaftern geltend zu machen. Durch die angefochtenen Beschlüsse sei nicht der Zweck verfolgt worden, die Gesellschaft zu schädigen oder Minderheiten zu entrechten, sodaß die behauptete Sittenwidrigkeit nicht vorliege.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die materiellen Grundlagen und Voraussetzungen eines Generalversammlungsbeschlusses seien grundsätzlich nicht zu überprüfen. Die angefochtenen Beschlüsse seien gesetz- und satzungsmäßig gefaßt worden. § 50 Abs. 4 GmbHG sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Durch eine Kapitalerhöhung und den Eintritt eines neuen Gesellschafters komme es zwangsläufig zu einer Verminderung der Anteile aller bisherigen Gesellschafter. Aus der Tatsache, daß der Kläger durch eine qualifizierte Mehrheit, wie sie vom Gesetz für diesen Fall gefordert werde, überstimmt worden sei, könne er eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gesellschafter nicht ableiten. Ein offenkundig sittenwidriger Mißbrauch der Mehrheitsrechte sei nicht anzunehmen, da eine bewußte Schädigung der Gesellschaft die zustimmenden Gesellschafter am meisten getroffen hätte. Ein etwa zu niedriges Aufgeld müsse nicht notwendigerweise mit einer Sittenwidrigkeit verknüpft sein. Eine allfällige Sittenwidrigkeit wegen zu niedrigen Aufgeldes könne aber nicht geprüft werden, da eine materielle Überprüfung eines Generalversammlungsbeschlusses unzulässig sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige. Das Klagebegehren sei rechtsgestaltender Natur. Im Gegensatz zu den in § 41 Abs. 1 Z. 1 GmbHG genannten Anfechtungsgrunden, die grundsätzlich nur auf eine formelle Überprüfung des Zustandekommens des Gesellschafterbeschlusses hinausliefen, werde in den in Z. 2 angeführten Fällen von einem Teil der Rechtsprechung eine Anfechtung auch dann als möglich erachtet, wenn der Inhalt des Gesellschafterbeschlusses und dessen Folgen in seiner Beziehung zur Gesellschaft oder den Individualrechten der überstimmten Gesellschafter oder den Rechten der Minderheit gesetz- oder satzungswidrig seien. Das Berufungsgericht gehe davon aus, daß der Kläger einen Verstoß gegen § 50 Abs. 4 GmbH geltend gemacht habe, der der Regelung des § 41 Abs. 1 Z. 1 GmbHG zu unterstellen sei, weil er die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses darauf stütze, daß er diesem als davon betroffener Gesellschafter zustimmen hätte müssen. Der Kläger behaupte aber gar nicht, daß seine quotenmäßige Beteiligung am Stammkapital oder die Ausübung von Minderheitsrechten gemeinsam mit seiner Mutter im Sinne des § 50 Abs. 4 GmbHG im Gesellschaftsvertrag als Sonderrecht festgelegt sei. Die durch die Kapitalerhöhung vorgenommene Änderung des Gesellschaftsvertrages habe deshalb gemäß § 50 Abs. 1 GmbHG mit der tatsächlich erreichten Mehrheit von mehr als drei Vierteln der Stimmen vorgenommen werden können. Dazu komme, daß gemäß § 52 Abs. 3 GmbHG bei der Erhöhung des Stammkapitals alle bisherigen Gesellschafter durch Beschluß der Generalversammlung von der Übernahme der neuen Stammeinlage ausgeschlossen werden können, wenn sie nicht nach der Satzung ein Bezugsrecht als Individualrecht eingeräumt erhalten haben. Daraus ergebe sich, daß dann, wenn das Bezugsrecht für alle Gesellschafter ausgeschlossen und der neue Stammanteil zur Gänze einem Dritten überlassen werde, der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter, der zwar im Gesetz nicht ausgesprochen, aber aus verschiedenen Bestimmungen des GmbHG (§§ 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 und 3, 75 Abs. 1, 82 Abs. 2, 91 Abs. 3) abzuleiten sei, nicht verletzt sein könne. Ein Verstoß gegen § 50 Abs. 4 GmbHG liege nicht vor, sodaß auch die Zustimmung des Klägers zu den angefochtenen Beschlüssen nicht notwendig gewesen sei. Dies gelte auch für die von ihm bemängelte Höhe des Aufgeldes, weil davon zutreffendenfalls sämtliche bisherigen Gesellschafter gleichermaßen betroffen wären. Ein im Gesetz vorgesehener Mehrheitsbeschluß begrunde für sich allein noch nicht eine Sittenwidrigkeit, wenn dadurch nicht Sonderrechte von Gesellschaftern oder der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Gesellschafter verletzt werden. Durch die angefochtenen Beschlüsse seien alle Gesellschafter in gleicher Weise betroffen wie der Kläger. Im übrigen sehe das Gesetz auch gar kein Aufgeld für den Erwerb eines neuen Geschäftsanteiles vor. Eine sittenwidrige Ausübung des Mehrheitsrechtes komme schon deshalb nicht in Frage, weil durch die angefochtenen Beschlüsse der M AG über die neue Gesellschafterin X AG auch indirekt keine Mehrheitsbeteiligung an der beklagten Gesellschaft verschafft worden sei und im übrigen die diesen Beschlüssen zustimmenden Gesellschafter davon in gleicher Weise verhältnismäßig betroffen wären wie der Kläger.
Über die Revision des Klägers hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der zur Entscheidung stehende Fall gibt Anlaß zu einer Darstellung der bisher in der österreichischen Literatur und Rechtsprechung nicht ausreichend behandelten Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Ausschlusses der Gesellschafter von ihrem gesetzlichen Bezugsrecht bei der Kapitalerhöhung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der Einräumung des Alleinbezugsrechtes eines Dritten.
I. Beschließt eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen - wenn der Gesellschaftsvertrag nicht weitere Erfordernisse festlegt (§ 50 Abs. 1 GmbHG) - eine Erhöhung des Stammkapitals, so gewährt das Gesetz (§ 52 Abs. 3 GmbHG) in Ermangelung einer anderweitigen Anordnung des Gesellschaftsvertrages oder des Erhöhungsbeschlusses den bisherigen Gesellschaftern das binnen vier Wochen auszuübende Vorrecht auf Übernahme der neuen Stammeinlagen nach dem Verhältnis ihrer bisherigen Stammeinlagen. Dieses gesetzliche Bezugsrecht ist ein Bestandteil des allgemeinen Mitgliedschaftsrechtes der Gesellschafter (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[3], 279) und nicht bloß ein Reflex der Pflichten, die der Mehrheit der Gesellschafter gegenüber dem einzelnen Gesellschafter auferlegt sind (Priester, Das gesetzliche Bezugsrecht bei der GmbH, DB 1980, 1927). In ihm kommt der das Recht der Handelsgesellschaften beherrschende allgemeine Grundsatz der Bewahrung der Beteiligungsquoten der einzelnen Gesellschafter zum Ausdruck, der seine Grenzen in den überwiegenden Interessen der Gesellschafter findet (Priester a.a.O., 1927). Steht einem Gesellschafter dieses Bezugsrecht als Sonderrecht (§ 50 Abs. 4 GmbHG) zu, so kann es ihm im Einzelfall nur mit seiner Zustimmung entzogen werden. Es ist heute allgemein anerkannt, daß bei der Entziehung des gesetzlichen Bezugsrechtes der Gesellschafter der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter gewahrt werden muß (Kastner a.a.O., 287; Schilling in Hachenburg, Kommentar zum GmbHG[6]; HS 4462), der jedoch nicht als Gebot einer schematischen Gleichbehandlung aller Gesellschafter, sondern als Verbot ihrer willkürlichen Ungleichbehandlung zu sehen ist, die sich bei einer redlichen und vernünftigen Beurteilung nicht rechtfertigen ließe (in diesem Sinne Bydlinski im Gutachten für den 1. Österreichischen Juristentag 1961, 57, und Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3], 43). Der Gleichbehandlungsgrundsatz stellt sich als zwingende Schranke für die Gestaltungsfreiheit der Gesellschaftermehrheit bei der Beschlußfassung in der Generalversammlung über den gänzlichen oder teilweisen Ausschluß der Gesellschafter von ihrem gesetzlichen Bezugsrecht dar (Götz Hueck in FS Nipperdey I, 439). Wird das Bezugsrecht für alle Gesellschafter zur Gänze oder nach dem Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung am Stammkapital teilweise ausgeschlossen und im Umfange des Ausschlusses des Bezugsrechtes einem Dritten das Bezugsrecht gewährt, so kann der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter nicht verletzt sein (Kastner, Kapitalerhöhung einer Gesellschaft mbH. gegen den Willen eines Minderheitsgesellschafters, NZ 1951, 27), weil sich der damit für die bisherigen Gesellschafter verbundene Nachteil, nämlich die Einbußen an ihrer Mitgliedschaft (d. s. Verringerung der perzentuellen Stimmquote und des relativen Gewinnanteiles, gegebenenfalls auch einer Sperrminorität oder eines gesetzlichen Minderheitsrechtes und des Anteiles am Liquidationserlös), auf alle Gesellschafter verhältnismäßig verteilt und der sonst die Ungleichheit bewirkende korrespondierende Nutzen dem Dritten zufließt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz könnte aber betroffen sein, wenn der zum Bezug des neuen Geschäftsanteiles zugelassene Dritte als mit einem Gesellschafter identisch angesehen werden kann (vgl. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 307). Das hier auftretende Identitätsproblem ähnelt im wesentlichen dem beim Stimmrechtsausschluß (§ 39 Abs. 4 GmbHG). Das finanzielle Interesse, das ein Gesellschafter durch seine Beteiligung an dem zur Übernahme des neuen Geschäftsanteiles zugelassenen Dritten haben kann und dessen Größe von der absoluten und relativen Höhe seiner Beteiligung an dem Dritten und deren Relation zur Beteiligung an der Gesellschaft abhängt, kann allein nicht genügen, denn es kann ebenso bei einer großen wie bei einer kleinen Beteiligung vorhanden und bei einer kleinen Beteiligung an einer großen Gesellschaft größer als bei einer hundertprozentigen Beteiligung an einer kleinen sein. Maßgeblich wird vor allem eine über die finanzielle Beteiligung des Gesellschafters an dem Dritten hinausgehende Bindung, wie etwa die Bekleidung einer - bei einer juristischen Person als Gesellschafter nicht in Betracht kommenden - organschaftlichen Unternehmerfunktion (Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, persönlich haftender Gesellschafter) oder das Vorliegen besonderer Umstände (etwa syndikatsvertragliche Bindungen) sein, die ihn ohne Innehabung einer rechtlichen Organstellung zum Unternehmergesellschafter stempeln, oder das Bestehen konzernmäßiger Beziehungen im Sinne einer Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung nach den §§ 15 AktG und 115 GmbHG i.d.F. des Gesetzes vom 2. Juli 1980, BGBl. 320 (Zöllner a. a.O., 279 f.). Im Falle einer derartigen Identitätsannahme muß wie bei der Bevorzugung einzelner Gesellschafter verlangt werden, daß die Benachteiligung der betroffenen Gesellschafter aus dem recht verstandenen Interesse der Gesellschaft sachlich gerechtfertigt ist und ihnen für den damit verbunden Vermögensnachteil ein angemessener Ausgleich gewährt wird. Obgleich sich aus dem Wortlaut des Gesetzes hier ebensowenig wie nach dem Aktiengesetz eine sachliche Schranke für die Beschneidung des gesetzlichen Bezugsrechtes an sich, also auch bei Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ergibt, so ist sie doch auch bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung infolge der sich wegen der Gleichartigkeit der Interessenlage aufdrängenden Analogie mit dem Aktienrecht (darauf hat schon Kastner in NZ 1951, 27 unter Berufung auf eine entsprechende Bemerkung Wahles in Rsp. 1928, 65 hingewiesen) in Übereinstimmung mit der dazu entwickelten Lehre und Rechtsprechung (Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz, 559: Kastner, Gesellschaftsrecht[3], 221; Hämmerle - Wünsch a.a.O. II, 305; Lutter im Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 347 f.; Priester a.a.O., 1926 f., und die dort dargestellte Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland; BGH in DB 1978, 974 f.) anzuerkennen. Das Bezugsrecht stellt sich als Ausgleich des Gegensatzes zwischen dem Interesse der Gesellschaft an der Verbreiterung ihrer Kapitalbasis und dem Interesse der Gesellschafter an der Aufrechterhaltung ihrer Beteiligungsquote und ihres wirtschaftlichen Wertes dar (Lutter a.a.O., 347). Die Beseitigung des gesetzlichen Bezugsrechtes der Gesellschafter bedeutet aber einen schweren Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter und damit eine Störung des dargestellten Interessenausgleiches. Sie kann deshalb nicht beliebig und nach Willkür beschlossen werden. Selbst ein hoher Übernahmspreis, den der Dritte zu bezahlen hat, kann in aller Regel den Nachteil der Gesellschafter nicht ausgleichen, denn es ist zu berücksichtigen, daß - wie allgemein anerkannt ist - auch die Beteiligungsquote vermögenswert ist (Lutter a.a.O., 348). Der Bezugsrechtsausschluß muß im überwiegenden Interesse der Gesellschaft seine Rechtfertigung finden. Nur in solchen Fällen ist der Ausschluß des Bezugsrechtes für alle oder einzelne Gesellschafter zulässig. Er muß im recht verstandenen Interesse der Gesellschaft erforderlich und - von seinem Ziel her gesehen - das einzig vertretbare Mittel sein. Dabei ist nach dem Grundsatz der geringsten Last die Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck zu beachten; andernfalls handelt die Mehrheit mißbräuchlich (Lutter a.a.O., 348). Zur Gewinnung von notwendigen Sacheinlagen ist er daher in der Regel ebenso zulässig wie im Falle einer berechtigt angestrebten, aber von einer Gesellschaftsbeteiligung abhängig gemachten Kooperation mit einem Dritten oder wenn ein bestimmter Gesellschafter oder ein Dritter anders als die übrigen Gesellschafter bereit ist, über den Anteilswert hinaus weitere finanzielle Leistungen zu erbringen, etwa Zuschüsse zu zahlen oder Bürgschaften und Garantien zu übernehmen oder zinsgünstige Darlehen zu geben (vgl. Priester a.a.O., 1929). Auch in diesen Fällen ist aber die Zulässigkeit des Ausschlusses des Bezugsrechtes von der Finanzierungssituation der Gesellschaft abhängig, wenn also etwa die zusätzlich erforderlichen Mittel im Wege der Fremdfinanzierung nicht beschafft oder zumindest die daraus erfließenden Zinslasten nicht getragen werden könnten. Ohne eine besonders gerechtfertigte Interessenlage der aufgezeigten Art muß jedoch die Gesellschaft versuchen, ihren zusätzlichen Geldbedarf im Wege der Kapitalerhöhung in erster Linie bei den Gesellschaftern zu decken. Erst wenn diese nicht von ihrem gesetzlichen Bezugsrecht Gebrauch machen, kommt die Übernahme der neuen Geschäftsanteile durch Dritte in Betracht.
Liegen die dargelegten Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluß nicht vor, so muß von jenen, die ihn dennoch anstreben (Gesellschafter oder Geschäftsführung), im Wege der Verhandlung mit den Gesellschaftern ein einstimmiger Beschluß der Gesellschafter herbeigeführt werden, andernfalls steht den überstimmten Gesellschaftern das Recht zur Anfechtung des Beschlusses nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 Z. 2 GmbHG zu, die auch den Fall der aufgezeigten Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfaßt.
Im Anfechtungsprozeß hat der Anfechtungskläger zwar grundsätzlich den behaupteten materiellrechtlichen Mangel als Klagegrund zu behaupten und zu beweisen. Da er jedoch in Ermangelung der erforderlichen Informationen und Unterlagen in unzumutbare und nicht zu rechtfertigende Schwierigkeiten käme, das Fehlen der dargelegten Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses (insbesondere die Interessen der Gesellschaft und die Erforderlichkeit der Maßnahme) zu behaupten und zu beweisen, muß es genügen, wenn er das Vorliegen dieser Voraussetzungen bestreitet und die dann von der Gesellschaft dargelegten Gründe widerlegt (Lutter a. a.O., 353; BGH in DB 1978, 975).
II. Zum Schutz der vom Bezugsrechtsausschluß betroffenen Gesellschafter gegen eine enteignungsgleiche Verwässerung ihrer Anteile ist es geboten, daß der neue Geschäftsanteil dem Dritten oder dem bevorzugten Gesellschafter zu einem angemessenen Übernahmspreis überlassen wird. Auch hier drängt sich wegen der Gleichartigkeit der Interessenlage die Analogie zum Aktienrecht auf, wo dies allgemein anerkannter Grundsatz ist (vgl. Lutter a.a.O., 290; BGH in DB 1978, 1931; Kastner, Gesellschaftsrecht[3], 220). Wird ein unangemessener Übernahmspreis in dem Beschluß, der dem bevorzugten Gesellschafter oder einem Dritten das Bezugsrecht gewährt, festgesetzt, so ist der Beschluß ohne weitere Voraussetzung schon wegen der für die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Gesellschafter notwendigerweise verbundenen Verminderung des Substanzwertes ihrer Geschäftsanteile nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 Z. 2 GmbHG als rechtswidrig anfechtbar. Im übrigen wäre im Falle der Annahme einer Identität des bezugsberechtigten Dritten mit einem Gesellschafter in dem zu I. oben dargelegten Sinne ebenso wie bei der Einräumung eines bevorzugten Bezugsrechtes an einen oder mehrere bestimmte Gesellschafter gleichzeitig auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.
Es stellt sich hier also die Frage nach der Angemessenheit des Übernahmspreises für den neuen Geschäftsanteil.
Eine rechtlich vorgeschriebene Methode der Bewertung von Handelsunternehmen - von deren Wert bei der Bewertung eines Geschäftsanteiles ausgegangen werden muß (Großfeld, Bilanzrecht, 323) - gibt es nicht, sieht man von den wegen der völlig andersartigen Zielsetzung hier unanwendbaren, nicht aufgabenadäquaten Vorschriften des Bewertungsgesetzes ab. Die richtige Methode zu ermitteln, ist ein Problem der Betriebswirtschaftslehre (OLG Celle, DB 1979, 1031 f.), doch muß das von ihr gewählte System der vom Gericht gestellten Aufgabe adäquat sein (Moxter, Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 1980, 454 ff, insbesondere 456). Aus der Aufgabenorientierung ergeben sich nämlich unterschiedliche Konzeptionen der Unternehmensbewertung und daher auch unterschiedliche Normensysteme: Eine Bewertung etwa für steuerliche Zwecke ("Einheitsbewertung") darf nicht nach den gleichen Grundsätzen erfolgen wie eine Bewertung, die den für den potentiellen Käufer eines Unternehmens oder eines Unternehmensanteiles geltenden maximalen Kaufpreis (dessen "Verhandlungsgrenze") bestimmen soll. Während im ersten Fall der "Substanzwert" (die Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter) nach wie vor seinen Platz hat, widerspricht es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, ihn offen oder versteckt im zweiten Fall heranzuziehen, weil dort die Voraussetzung strikter Objektivierung nicht gegeben ist (Moxter a.a.O., 456 f.). Ungeachtet der Schwierigkeiten, den Zukunftserfolg eines Unternehmens einigermaßen zuverlässig zu bestimmen, besteht heute in der Betriebswirtschaftslehre doch Einigkeit darüber, daß der Ertragswert bei der Bewertung lebender Unternehmen eine mehr oder weniger wichtige, wenn nicht überhaupt die entscheidende Rolle spielt, weil sich Käufer und Verkäufer mit ihren Preisvorstellungen wesentlich an dem zu erwartenden Nutzen zu orientieren pflegen (OLG Celle DB 1979, 1031 f.; BGH DB 1978, 974 f., insbesondere 976 f.). Gedankliche Basis ist heute der Zahlungsstrom, den der Unternehmens- oder der Anteilseigner auf Grund seines Engagements zu erwarten hat (Moxter a.a.O., 457). Allgemeine Grundlage der Unternehmensbewertung ist demnach der Ertragswert und nicht der Substanzwert. Freilich schließt der Grundsatz der Gesamtbewertung (Ertragswertermittlung) eine Fülle von Untergrundsätzen ein (Moxter a.a.O., 457), die hier nicht weiter zu erörtern sind.
Diesen Gedanken hat im übrigen auch die österreichische Praxis weitgehend Rechnung getragen, wie sich insbesondere aus den Fachgutachten Nr. 45: Betriebswirtschaftliche Richtlinien für die Ermittlung des Wertes von Unternehmungen (Einzelfirmen und Personengesellschaften), Nr. 47 (Kapitalgesellschaften) und Nr. 50 (Ermittlung des Wertes von Unternehmensanteilen/Personen- und Kapitalgesellschaften) des Fachsenates für Betriebswirtschaft und Organisation des Instituts für Betriebswirtschaft, Steuerrecht und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ergibt.
Die Aufgabenadäquanz der vom Sachverständigen gewählten Bewertungsmethode und das Bewertungsergebnis sind jedenfalls vom Gericht frei zu würdigen (BGH DB 1978, 976); dabei wird das Gewicht der angeführten Gründe maßgebliche Bedeutung haben (Moxter a.a.O., 458).
III. Da in den zu I. und II. oben angeführten Fällen der Anfechtbarkeit der Generalversammlungsbeschlüsse die materiellrechtliche Grundlage der Beschlüsse geprüft werden muß, wäre eine Abwicklung der Anfechtung über das Stimmrechtsverbot wegen Identitätsannahme und Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach der Anordnung der §§ 39 Abs. 4 und 41 Abs. 1 Z. 1 GmbHG sinnwidrig. Eine - mit unbefristeter Feststellungsklage nach § 228 ZPO geltend zu machende - absolute Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen hat die Verletzung des Stimmrechtsverbotes durch einzelne Gesellschafter ohnedies nicht zur Folge.
IV. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den zur Entscheidung stehenden Fall zeigt, daß es an den zur abschließenden Beurteilung der Sache notwendigen Parteibehauptungen und Feststellungen mangelt.
Den Vorinstanzen ist lediglich darin beizustimmen, daß eine Zustimmung des Klägers zu den angefochtenen Beschlüssen in Ermangelung eines ihm zustehenden Sonderrechtes auf Beteiligung an der Kapitalerhöhung im Sinne des § 50 Abs. 4 GmbHG nicht erforderlich war und daß entgegen den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (vgl. Skerlj, GesmbH-Gesetz[2], 73) der Text dieser Gesetzesstelle keineswegs den allgemeinen Anspruch des Gesellschafters auf gleichmäßige Behandlung umfaßt, weil sich dieser für den einzelnen Gesellschafter nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, sondern als Leitprinzip des Gesellschaftsrechtes, das sich in verschiedenen Einzelbestimmungen niederschlägt - das Berufungsgericht hat einige aus dem Bereich des GmbH-Rechtes angeführt -, allgemeine Anerkennung gefunden hat. Darauf hat schon Kastner (NZ 1951, 26) zutreffend hingewiesen.
Es ist jedoch verfehlt, den Kläger an die unrichtige Individualisierung seines Anfechtungsanspruches zu binden. Die Klagegrunde (d.i. die Summe der anspruchserzeugenden Tatsachenbehauptungen) lassen unzweifelhaft erkennen, daß der Kläger die bezeichneten Gesellschafterbeschlüsse wegen des Fehlens materiellrechtlicher Voraussetzungen im Sinne der Anordnung des § 41 Abs. 1 Z. 2 GmbHG anficht, nämlich wegen der behaupteten Unangemessenheit des Übernahmspreises für den neuen Geschäftsanteil und wegen der durch die Einräumung des Alleinbezugsrechtes auf den neuen Geschäftsanteil an die X AG bewirkten Schmälerung der Mitgliedschaftsrechte der übrigen Gesellschafter bzw. Bevorteilung der an der Übernehmerin des neuen Geschäftsanteiles beteiligten Gesellschafterin M AG. Damit hat der Kläger die materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Ausschlusses des gesetzlichen Bezugsrechtes und die Gewährung des Alleinbezugsrechtes an die X AG im allgemeinen und die Angemessenheit des beschlossenen Übernahmspreises im besonderen bestritten. Im Sinne der zu I. und II. oben dargelegten Rechtslage wird es nun Aufgabe der beklagten Gesellschaft sein, jene Gründe darzulegen und erforderlichenfalls auch zu beweisen, die geeignet sind, die gefaßten Beschlüsse zu rechtfertigen. Bisher hat sie lediglich auf die Notwendigkeit der Kapitalbeschaffung hingewiesen, aber keine Gründe angeführt, weshalb das gesetzliche Bezugsrecht der Gesellschafter ausgeschlossen und das Alleinbezugsrecht ihrer Hausbank eingeräumt werden mußte.
Für die von ihm - bisher nur unzureichend angedeutete - Annahme der Identität der Gesellschafterin M AG mit der X AG in dem zu I. oben dargestellten Sinn wird der Kläger noch zusätzliche Behauptungen aufzustellen und erforderlichenfalls auch zu beweisen haben.
Unentbehrlich wird schließlich die Durchführung des Sachverständigenbeweises über die vom Kläger behauptete und daher auch von ihm zu beweisende Unangemessenheit des beschlossenen Übernahmspreises für den neuen Geschäftsanteil sein.
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