OGH 7Ob76/19f

OGH7Ob76/19f28.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. G***** H***** und 2. M***** H*****, beide vertreten durch Mag. Martin Divitschek und andere Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wegen 4.335 EUR und Feststellung (erstbeklagte Partei) sowie 11.167 EUR (zweitbeklagte Partei) sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. März 2019, GZ 4 R 179/18b‑65, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. September 2018, GZ 35 Cg 137/16s‑56, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00076.19F.0828.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen – die in Ansehung der unangefochten gebliebenen Punkte 1. bis 3. und 4.a. als Teilurteile unberührt bleiben – werden in Ansehung des Klagebegehrens, festzustellen, die erstbeklagte Partei hafte gegenüber der klagenden Partei für die Rückzahlung des gesamten offenen Saldos aus dem Kredit bei der E***** AG vom 25. 8. 2005, Kontonummer *****, der in Schweizer Franken über einen Betrag von 36.000 EUR mit einer Laufzeit bis zum 20. 10. 2020 endfällig aufgenommen worden sei (Punkt 4.b. des Ersturteils), und die zweitbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 11.167 EUR samt 4 % Zinsen aus 34.164,83 EUR vom 30. 4. 2016 bis 27. 12. 2016 sowie aus 11.167 EUR seit 28. 12. 2016 zu zahlen (Punkt 4.c. des Ersturteils), sowie im Kostenpunkt aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind in Ansehung des aufgehobenen Teils weitere Verfahrenskosten; im Übrigen bleibt die auf das Teilurteil entfallende Kostenentscheidung einschließlich der darauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens der Endentscheidung vorbehalten.

 

Begründung:

Die Beklagten sind Eheleute; die Klägerin ist die Mutter des Erstbeklagten. Diesem war im Jahr 2005 der Kauf einer Haushälfte am N*****weg in G***** mit mehreren Wohnungen angeboten worden, konnte sich dies aber nicht leisten. Die Klägerin hatte zwar schon eine eigene (Parterre-)Eigentumswohnung, wollte aber in die Nähe ihres Sohnes in eine Wohnung im Obergeschoß des zu kaufenden Hauses ziehen. Der Erstbeklagte und die Klägerin vereinbarten, dass die Klägerin einen Kredit über 36.000 EUR aufnimmt und damit der Erwerb der Haushälfte (mit-)finanziert wird. Da nur die Zweitbeklagte die Haushälfte erwerben und als Eigentümerin aufscheinen sollte, war beabsichtigt, dass das Geld der Klägerin als Mietzinsvorschuss gegeben werden sollte, wobei man für den Zeitraum von zehn Jahren einen monatlichen Mietzins von 300 EUR annahm. Die Klägerin schloss im Jahr 2005 einen einmal ausnützbaren, am 20. 10. 2020 endfälligen, „privaten Zwecken“ dienenden Fremdwährungskredit mit einer Laufzeit von 15 Jahren im Schweizer Franken (CHF)-Gegenwert von 36.000 EUR, für den sie der Bank ein Pfandrecht auf ihre bis dahin bewohnte Eigentumswohnung einräumte. Es war ursprünglich vereinbart, dass der Erstbeklagte die Gebühren und die Zinsen zur Gänze übernimmt.

Die Klägerin wohnte drei Jahre lang (auch) in der Wohnung im neu erworbenen Haus. Dann beschloss sie – da sich das Leben dort doch nicht nach ihren Vorstellungen gestaltete – auszuziehen. Da sie den gesamten Mietzeitraum von zehn Jahren – wie er Grundlage der Mietzinsvorauszahlungsvereinbarung war – nicht ausschöpfen würde, schlossen die Zweitbeklagte als Vermieterin und die Klägerin als Mieterin im April 2009 folgende:

Nachtragsvereinbarung

Abgeschlossen zwischen [der Zweitbeklagten] als Eigentümerin des Hauses […] und [der Klägerin].

Ursprünglich hat [die Klägerin] aus gesundheitlichen Gründen im Nebenhaus ihres Sohnes [...] ab April 2006 eine Wohnung für 10 Jahre gemietet. Die vorherberechnete Miete dafür, das sind 300 Euro monatlich ohne Betriebskosten, also insgesamt 36000 Euro, hat [die Klägerin] im Vorhinein bezahlt. Diese Summe hat [die Klägerin] mittels eines endfälligen [Bankdarlehens] aufgebracht.

Da auch diese Vorab-Zahlung den Kauf des Hauses durch [die Zweitbeklagte] von ihrem Vorbesitzer erleichtert hat, wurden die Zinsen dieses Darlehens bisher ebenfalls von [der Zweitbeklagten] beglichen.

Durch den Kauf der bisher im Eigentum [des Erstbeklagten] befindlichen Wohnung in der B*****straße durch [die Klägerin] besteht durch sie an dieser Wohnung im Haus N*****weg […] kein Bedarf mehr. Durch das Siedeln in die B*****straße wohnt [die Klägerin] nun in der Nähe ihrer beiden Kinder und damit fällt eine ev. Betreuung auch leichter.

Deswegen vereinbaren beide Parteien einstimmig, dass die ursprünglich auf 10 Jahre laufende Vereinbarung per 1. 8. 2009 hinfällig ist.

Es wurde bis dahin von [der Klägerin] genau 1/3 der 10 Jahre verbraucht. Somit erklärt sich [die Zweitbeklagte] bereit, die restlichen 2/3, das sind 24.000 Euro aus diesem Darlehen zu übernehmen. Durch die ab 1. 8. 2009 frei werdende Wohnung ist eine Vermietbarkeit gegeben, aus der dieses Restdarlehen bis Ende März 2016 von [der Zweitbeklagten] getilgt wird.

Für den von [der Klägerin] am Darlehen anteiligen Betrag (12.000 Euro), die Zinsen und die Rückzahlung ihres Anteiles ist [die Klägerin] alleinig ab 1. 8. 2009 verantwortlich.

Der Erstbeklagte zahlte bis inklusive Mai 2013 die gesamten von der Bank verrechneten akontierten Zinsen und Spesen des Kredits an die Bank, nämlich (unter anderem) im Jahr 2009 910 EUR, im Jahr 2010 660 EUR, im Jahr 2011 660 EUR, im Jahr 2012 891 EUR und im Jahr 2013 bis Mai 2013 275 EUR (in Summe 3.396 EUR). Davon bezahlte die Klägerin von Mai 2009 bis Mai 2013 jeweils ein Drittel dem Erstbeklagten in bar (= 1.132 EUR; Differenz 2.264 EUR). Ab Juni 2013 bis Februar 2018 zahlte die Klägerin zur Gänze die von der Bank als Akonto verrechneten Zinsen und Spesen des Kredits an die Bank, nämlich ab Juni 2013 für das Jahr 2013 515 EUR, für die Jahre 2014 bis 2017 jeweils 720 EUR und im Jahr 2018 120 EUR (in Summe 3.515 EUR).

Die Klägerin begehrte vom Erstbeklagten 4.335 EUR (ohne Zinsen) und die Feststellung, dass er für die Rückzahlung des gesamten Kreditsaldos hafte, und von der Zweitbeklagten 11.167 EUR (samt Zinsen).

Der Erstbeklagte habe sie 2005 gebeten, einen Kredit über 36.000 EUR auf zehn Jahre für ihn aufzunehmen, der der teilweisen Finanzierung des Ankaufs des Nachbarhauses dienen sollte. Der fachkundige Erstbeklagte habe erklärt, es sei wirtschaftlich vorteilhafter, den Kredit auf jeden Fall in Schweizer Franken aufzunehmen; er habe den CHF‑Kredit vermittelt und die Klägerin dazu überredet. Sie selbst hätte kein Geld benötigt. Der Erstbeklagte habe sich verpflichtet, das Darlehen samt Zinsen und allen Spesen, die dabei anfielen, aus Eigenem zurückzubezahlen, sodass die Klägerin keine Zahlungsverpflichtung treffen sollte, er werde sie diesbezüglich schad- und klaglos halten. Tatsächlich habe er aber nur im Zeitraum 2005 bis Ende 2008 die gesamten Zinsen, ab 2009 bis 2013 zwei Drittel der Zinsen und ab 2013 überhaupt keine Zinsen mehr bezahlt. Die Klägerin habe im Zeitraum 2009 bis 2013 ein Drittel der anfallenden Zinsen, 220 EUR pro Jahr, somit für vier Jahre 880 EUR, vom 1. 1. 2013 bis 31. 12. 2017 3.455 EUR und für Jänner und Februar 2018 je 60 EUR, somit 120 EUR an Zinsen bezahlt, was insgesamt 4.355 EUR [rechnerisch richtig: 4.455 EUR] ergebe, die vertragsgemäß der Erstbeklagte zu leisten gehabt hätte und die aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt würden.

Die Zweitbeklagte habe aufgrund der Nachtragsvereinbarung zwei Drittel der aushaftenden Darlehensvaluta zu zahlen. Die Nachtragsvereinbarung sei ein Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme) der Zweitbeklagten für zwei Drittel der aushaftenden Darlehensvaluta. Die Beklagten würden solidarisch haften. Die Zweitbeklagte hafte nicht nur für jenen Betrag, der als Kreditvaluta zugezählt worden sei, sondern für jenen Betrag, der sich derzeit aufgrund des schlechten CHF‑Kurses ergebe. Die Kreditvaluta hätten bei Fälligkeit laut Nachtragsvereinbarung am 31. 3. 2016 52.804,30 EUR betragen, zwei Drittel hiervon seien 35.167 EUR [rechnerisch richtig: 35.202,87 EUR], abzüglich einer Zahlung von 24.000 EUR ergebe sich eine Forderung gegen die Zweitbeklagte von 11.167 EUR.

Die Beklagten wandten ein, der von der Klägerin abgeschlossene Darlehensvertrag sei als sogenanntes „Generationen-Darlehen“ abgeschlossen worden. Es sei grundsätzlich vereinbart worden, dass die Klägerin die Rückzahlung überhaupt nicht leisten müsste, sondern dies vom Erstbeklagten und seiner Schwester „im Rahmen des Nachlasses erledigt“ worden wäre. Es sei grundsätzlich vereinbart worden, dass die Klägerin mit dem „Generationenkredit“ eine Mietzinsvorauszahlung für zumindest zehn Jahre für das geplante Bewohnen der Wohnung im zu erwerbenden Hausteil erbringe. Die Klägerin selbst habe den Kredit aufnehmen wollen und sei über die Risiken einer Fremdwährungsfinanzierung – einem damals üblichen Vorgehen – aufgeklärt worden. Entgegen dieser ursprünglichen Vereinbarung habe sie Anfang 2009 den Erstbeklagten dazu gedrängt, ihr eine ihm gehörende Wohnung unter dem Marktwert zu verkaufen. Dem habe der Erstbeklagte unter der Bedingung nachgegeben, dass die Klägerin eine andere ihr gehörende Eigentumswohnung verkaufe und mit dem Verkaufserlös alle offenen Darlehen, sohin auch das streitgegenständliche Darlehen tilge. Erst daraufhin hätten die Beklagten der Auflösung bzw Abänderung der Miet‑(zinszahlungs‑)vereinbarung zugestimmt und darüber die Nachtragsvereinbarung verfasst. In dieser habe sich die Zweitbeklagte nur zur Übernahme von 24.000 EUR am Ende der Darlehensdauer im Jahr 2020 verpflichtet; sie habe diesen Betrag fristgerecht überwiesen. Der darüber hinaus offene Darlehensrückzahlungsbetrag, sämtliche weiteren Zinsen und Kosten wie auch die Kosten der Wechselkursschwankungen seien ausschließlich von der Klägerin zu tragen.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung gegen den Erstbeklagten als mit 2.343,33 EUR zu Recht und dessen Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend, verpflichtete den Erstbeklagten zur Zahlung von 2.343,33 EUR und wies das Mehrbegehren gegen den Erstbeklagten von 1.991,67 EUR (unangefochten) ab; ebenso wies es das gegen den Erstbeklagten gerichtete Feststellungsbegehren und das gesamte Begehren gegen die Zweitbeklagte von 11.167 EUR ab. Die Nachtragsvereinbarung habe dem Zweck gedient, die durch das Bankdarlehen finanzierte „Mietbevorschussung“ von 36.000 EUR zu regeln. Es sei in der wirtschaftlichen Verantwortung der Klägerin gelegen gewesen, für die Finanzierung dieses Mietzinsvorschusses zu sorgen. Diese habe das Wechselkursrisiko zu tragen. Die Zweitbeklagte habe durch die Zahlung von zwei Dritteln lediglich jenen Teil des Vorschusses an die Klägerin zurückzahlen sollen, der nicht durch die Nutzung der Wohnung verbraucht worden sei. Die Zweitbeklagte sei durch die Zahlung von 24.000 EUR ihrer Verpflichtung aus der Nachtragsvereinbarung nachgekommen. Der Erstbeklagte sei aufgrund der ursprünglichen Vereinbarung verpflichtet gewesen, die Zinsen und Spesen des Kredits zu übernehmen. Diese Vereinbarung sei mit der Nachtragsvereinbarung insofern abgeändert worden, als sich die Klägerin verpflichtet habe, ein Drittel der Zinsen und Spesen zu übernehmen. Ab Mai 2009 bis Mai 2013 habe der Erstbeklagte zwei Drittel, die Klägerin ein Drittel der Zinsen und Spesen gezahlt. Ab Juni 2013 habe der Erstbeklagte keine Zinsen und Spesen mehr gezahlt. Ab Juni 2013 bis jetzt habe die Klägerin insgesamt 3.515 EUR an Zinsen und Spesen bezahlt. Zwei Drittel davon seien 2.343,33 EUR, die der Erstbeklagte der Klägerin aufgrund der bestehenden Vereinbarung zu zahlen habe. Da die Klägerin vereinbarungsgemäß verpflichtet sei, das restliche Darlehen zurückzuzahlen, bestehe das Feststellungsbegehren nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerin (gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens gegen den Erstbeklagten und der Forderung von 11.167 EUR gegen die Zweitbeklagte) und des Erstbeklagten (gegen den Zuspruch von 2.343,33 EUR) nicht Folge, bewertete den Streitgegenstand gegenüber dem Erstbeklagten als 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Es sei ursprüngliche Parteienabsicht gewesen, dass die Klägerin den Beklagten 36.000 EUR übergebe, die diese zur Mitfinanzierung des Erwerbs der Haushälfte verwenden sollten, wobei dieser Betrag als Mietzinsvorauszahlung der Klägerin an die Zweitbeklagte für zehn Jahre bei einem monatlichen Mietzins von 300 EUR gewidmet gewesen sei. Der Erstbeklagte habe die Gebühren und Zinsen zur Gänze übernehmen sollen, die Klägerin sollte durch die Kreditaufnahme nicht beschwert sein und das Kapital im Verlassenschaftsverfahren abgedeckt werden. Die Zweitbeklagte habe sich in der Nachtragsvereinbarung bereit erklärt, die restlichen zwei Drittel (24.000 EUR) aus dem Darlehen zu übernehmen und bis Ende März 2016 zu tilgen, weil von der ursprünglich berechneten Mietdauer von zehn Jahren ein Drittel bereits „verbraucht“ gewesen sei. Dies bedeute nach dem Wortlaut nichts anderes als die Rückzahlung von zwei Dritteln der Mietvorschüsse, und somit 24.000 EUR, weil die Klägerin die Wohnung nicht mehr in Anspruch nehme. Eine Änderung der ursprünglichen Vereinbarung sei weder dem Wortlaut der Nachtragsvereinbarung noch den Feststellungen zum Inhalt der Ursprungsvereinbarung zu entnehmen. Dass nunmehr der Erstbeklagte nach Endfälligkeit den restlichen offenen Kreditsaldo zurückzuzahlen habe, sei der Nachtragsvereinbarung, die ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter zu seinen Gunsten sei, nicht zu entnehmen. Aus der Nachtragsvereinbarung ergebe sich keine Abänderung der ursprünglich übernommenen (zeitlich unbegrenzten) Verpflichtung, „Zinsen und Gebühren“ des Kredits nunmehr zumindest im Ausmaß von zwei Drittel zu übernehmen, habe doch die Klägerin mit dieser Nachtragsvereinbarung lediglich abweichend von der ursprünglichen Vereinbarung zugesagt, für die Zinsen ihres Anteils (und somit für ein Drittel) alleinig ab August 2009 verantwortlich zu sein. Eine Erweiterung der Haftung des Erstbeklagten auf den endfälligen Kreditsaldo ergebe sich daraus nicht. Die Zweitbeklagte habe mit Bezahlung von 24.000 EUR ihrer Verpflichtung aus der Nachtragsvereinbarung vollständig entsprochen.

Die Revision der Klägerin richtet sich dagegen, dass ihrer Berufung nicht Folge gegeben wurde, und beantragt somit erkennbar, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die Zweitbeklagte zur Zahlung von 11.167 EUR verpflichtet und die Haftung des Erstbeklagten festgestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Die Klägerin führt ins Treffen, die – von den Vorinstanzen unrichtig gelöste – „einzig noch entscheidende Frage“ sei, ob sich die Grundvereinbarung und die Nachtragsvereinbarung „zwischen den Streitteilen“ nur auf den reinen Kreditbetrag von 36.000 EUR beziehen solle, oder auf den gewährten Kreditbetrag von 36.000 EUR zuzüglich Bankspesen, Zinsen, Kreditbearbeitungsgebühr und Währungsrisiko des Fremdwährungskredits. Dementsprechend wäre die Rechtsfrage zu klären gewesen, ob zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung getroffen worden sei, dass Erst- und Zweitbeklagte nur den reinen Darlehensbetrag von 36.000 EUR zurückzuzahlen hätten, oder ob die Beklagten aufgrund der getroffenen Vereinbarungen die Klägerin auch hinsichtlich der Gesamtbelastung durch das endfällige Darlehen einschließlich des Währungsrisikos schad- und klaglos zu halten hätten. Eine Feststellung, wer die Nachtragsvereinbarung verfasst habe, fehle. Zum Zeitpunkt der Nachtragsvereinbarung sei der Klägerin das dem Kredit immanente Fremdwährungsrisiko „nicht explizit bewusst“ gewesen, während die Beklagten dieses Risiko nicht erwähnt hätten; die ausdrückliche Anführung des Fremdwährungsrisikos in der Nachtragsvereinbarung sei schlicht vergessen worden.

Dazu wurde erwogen:

1.  Bei Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl 7 Ob 106/18s), ist vom Vorbringen der Klägerin auszugehen (RS0042741; RS0106759). Diese behauptet hier erkennbar einen einheitlichen Vertragskomplex mit beiden Beklagten, sodass im vorliegenden Einzelfall ein unmittelbarer wirtschaftlicher und damit tatsächlicher Zusammenhang der gegen die beiden Beklagten gerichteten Ansprüche iSd § 55 JN zu bejahen ist (vgl RS0037648).

2.  Bei Auslegung von Verträgen ist nach § 914 ABGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Für die Auslegung von Willenserklärungen ist daher nicht die Vorstellung der Vertragsschließenden maßgeblich, sondern es ist ausgehend vom buchstäblichen Sinn des Ausdrucks die Absicht der Parteien zu erforschen (vgl 3 Ob 237/16y). Die Auslegung der Erklärung ist am Empfängerhorizont zu messen. Dabei sind die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen und verständigen Menschen zu verstehen war; es ist also auf konkrete Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen (RS0113932 [T1]). Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden relevanten Umständen zu entnehmen sein (RS0113932 [T2, T5]), wobei immer das Gesamtverhalten der am Vertragsschluss beteiligten Personen und der Zweck der von ihnen abgegebenen Erklärungen zu berücksichtigen ist (RS0017807). Wird eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt, so ist bei der Auslegung des Vertrags von dessen Wortlaut auszugehen (RS0017831).

§ 915 Satz 2 ABGB, wonach bei zweiseitig verbindlichen Verträgen eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt wird, der sich derselben bedient hat, ist dagegen subsidiär anzuwenden und kommt nur in Ermangelung eines ermittelbaren Erklärungsinhalts zum Tragen (RS0017951), wenn die Ermittlung der erklärten Absicht der Parteien ohne eindeutiges Ergebnis geblieben ist (vgl RS0109295).

3.  Die Revision releviert ausdrücklich nur die Frage, ob sich die (Nachtrags-)Vereinbarungen nur auf den reinen Kreditbetrag oder auf den Kreditbetrag zuzüglich Zinsen, Bankspesen, Kreditbearbeitungsgebühr und Fremdwährungsrisikos bezogen.

Zentral für die Beurteilung der vorliegenden Rechtssache ist das im Kern insoweit übereinstimmende Parteivorbringen (vgl RS0040110), dass die Klägerin nach der ursprünglichen Vereinbarung zwischen ihr und dem Erstbeklagten keine Zahlungsverpflichtung treffen sollte („Generationenkredit“). Ausgehend davon bleiben aber entscheidungswesentliche Fragen offen, sodass die Rechtssache mangels entsprechender Feststellungen noch nicht entscheidungsreif ist.

4.1.  Zunächst ist zu klären, auf wessen Initiative der Kredit in fremder Währung aufgenommen wurde, was für die Frage der Tragung des Fremdwährungsrisikos von Bedeutung ist. Die Klägerin hat dazu vorgebracht, es sei Idee und Wunsch des Erstbeklagten gewesen, er habe sie dazu überredet und sich verpflichtet, sie für die Kreditrückführung schad- und klaglos zu halten. Der Erstbeklagte brachte dagegen vor, die Klägerin habe den Kredit so aufnehmen wollen und sei über das Fremdwährungsrisiko aufgeklärt worden. Wenn im Sinn des Vorbringens der Klägerin, der Erstbeklagte einen Fremdwährungskredit wollte und ihn der Klägerin nahelegte, bedeutet dies im Sinn der unstrittigen ursprünglichen Vereinbarung zunächst, dass der Erstbeklagte das Fremdwährungsrisiko (samt der Haftung für die Zinsen und Gebühren) übernommen hatte; ist hingegen das Beklagtenvorbringen erweislich und die Klägerin bestand selbst auf die Aufnahme des Fremdwährungskredits, fällt das Währungsrisiko der Klägerin zur Last und dem Beklagten nur Zinsen und Gebühren.

4.2.  Zur weiteren Entwicklung, dh dazu, ob und wie und zwischen welchen Personen es zu einer Abänderung dieser unstrittigen Vereinbarung kam, fehlen aussagekräftige Feststellungen, insbesondere zu den Gesprächen zwischen den Parteien, die zur Nachtragsvereinbarung führten, und dazu welcher Zweck damit verfolgt wurde. Es ist zu hinterfragen und festzustellen, ob ein gemeinsamer Parteiwille in welcher Richtung vorlag bzw welche Erklärungen oder Handlungen im Kontext allenfalls zu berücksichtigen sind. Erst dann kann geklärt werden, ob (allenfalls schlüssig) die ursprüngliche Vereinbarung abgeändert wurde. Dabei ist einerseits auch auf das Vorbringen der Klägerin, die Zweitbeklagte sei der Schuld beigetreten, Bedacht zu nehmen und auch zu klären, was mit dem Satz in der Nachtragsvereinbarung gemeint war, dass die Zweitbeklagte „ebenfalls bisher die Zinsen des Darlehens“ beglichen habe. Dies ist nötig, um beurteilen zu können, ob allenfalls auch die Zweitklägerin eine andere Stellung als bloß die der Vermieterin innehatte und auch eine Haftung übernahm für den Bezug auf den Kredit. Andererseits ist im Sinn des Vorbringens der Beklagten zu klären, ob die Vereinbarung nur unter der Bedingung eines Wohnungseigentumsverkaufs und der Tilgung aller offenen Darlehen, sohin auch des streitgegenständlichen, durch die Klägerin mit dem Verkaufserlös geschlossen wurde.

5.1.  Unstrittig ist, dass die Nachtragsvereinbarung jedenfalls nicht von der Klägerin stammt. Insofern liegt kein Verfahrensmangel vor. Nur mangels feststellbaren Parteiwillens, ist bloß der Text der Vereinbarung der Beurteilung zu Grunde zu legen.

5.2.  Nach dem Text der Nachtragsvereinbarung wurde diese nur zwischen der Zweitbeklagten und der Klägerin geschlossen. Es kann noch nicht beurteilt werden, ob sie auch für den Erstbeklagten Geltung haben kann. Es ist ungeklärt, ob die Zweitbeklagte vom Erstbeklagten eine (auch im Revisionsverfahren noch strittige) Vollmacht und Vertretungsbefugnis zur Abänderung seiner Vereinbarung mit der Klägerin hatte.

5.3.  Ein echter Vertrag zugunsten des Erstbeklagten, wie er vom Berufungsgericht erwogen wurde, ist aus den bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht ableitbar.

Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt nur vor, wenn auch der Dritte ein Recht erwerben sollte (vgl § 881 ABGB; RS0017149). Nach ständiger Rechtsprechung hängt es von dem – aus der Natur und dem Zweck des Vertrags zu ermittelnden – Parteiwillen ab, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden die Erfüllung des zu seinen Gunsten abgegebenen Versprechens zu fordern (RS0017137). Ein derartiger Parteiwille ist bisher nicht festgestellt.

6.  Zusammengefasst wird das Erstgericht sowohl im Hinblick auf die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Klägerin und dem Erstbeklagten als auch in Ansehung weiterer Gespräche zwischen den Parteien und der Nachtragsvereinbarung allenfalls nach Erörterung mit den Parteien seine Feststellungen im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben. Erst danach wird die Berechtigung des Feststellungsbegehrens hinsichtlich des Erstbeklagten und des Zahlungsbegehrens hinsichtlich der Zweitbeklagten abschließend beurteilt werden können. Eine Aufhebung der noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Teile der Entscheidungen der Vorinstanzen war daher unvermeidlich.

7.  Der Kostenvorbehalt beruht in Ansehung des aufgehobenen Teils auf § 52 Abs 1 ZPO, in Ansehung des unbekämpft gebliebenen Teilurteils auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 4 ZPO.

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