European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E125690
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Klägerin hatte mit der Beklagten einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, in dem der Sohn der Klägerin mitversichert war. Der Versicherungsvertrag kam über das unabhängige Versicherungsbüro S* zustande, bei dem die Klägerin schon einige Jahre Kundin war und über das sie auch Versicherungen bei anderen Versicherern als der Beklagten abgeschlossen hat. Im Rahmen des Beratungsgesprächs wurde gemeinsam der Papierantrag „Antrag Unfall Exklusiv ab 1. März 2009“ ausgefüllt, wobei als Antragsformular eine Vorlage der Beklagten verwendet wurde. Als Vermittler war T* S* angegeben, der dies mit einer Stampiglie und Paraphe des Versicherungsbüros am Antrag bestätigte.
Die Schlusserklärung wies (ua) folgenden Inhalt auf: „Der Antragsteller und Versicherungsnehmer bestätigt, dass er eine Durchschrift seiner Vertragserklärung (Antragsformular) erhalten hat und ihm bei Abschlüssen einer Versicherung vor seiner Vertragserklärung (Antragstellung) die Versicherungsbedingungen sowie die Bestimmungen über vorgesehene Änderungen der Prämie entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des VersVG ausgefolgt worden sind (…) Amateursportler Klasse 1: Basketball, Bowling (…) Mountainbiking, Radfahren ...“. Neben dieser Schlusserklärung findet sich im Versicherungsantrag kein (sonstiger) Verweis auf die Geltung allgemeiner Versicherungsbedingungen. Die Klägerin erhielt weder eine Kopie des ausgefüllten Versicherungsantrags noch der sonstigen Unterlagen.
Den Versicherungsantrag der Klägerin übermittelte das Versicherungsbüro an die Beklagte. Die Klägerin erhielt sodann von der Beklagten die Polizze, die auf der letzten Seite – gut sichtbar – ua Folgendes enthielt: „Hinweise zu Abweichungen: Weicht der Inhalt der Polizze vom Antrag oder den getroffenen Vereinbarungen ab, wird der Versicherungsnehmer durch den Vermerk (Stern*) auf der Polizze oder durch gesonderte Mitteilung darauf hingewiesen. Die Abweichung gilt als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monates nach Empfang der Polizze schriftlich widerspricht [...] Für diesen Versicherungsvertrag gelten folgende Bestimmungen: Allgemeine Bedingungen für die Unfallversicherung AUVB 2008“.
Die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2008) lauten auszugsweise:
„…
Artikel 6 – Was ist ein Unfall?
Begriff des Unfalls
- Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
…
Artikel 20 – In welchen Fällen zahlt die Versicherung nicht?
Ausschlüsse
Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle
...
10. die der Versicherte bei der Ausübung der Sportarten Freeclimbing, Freeriding, Downhill-Mountainbiken, Bergsteigen/Klettern über Schwierigkeitsgrad VI und/oder über 7000 Höhenmeter, Houserunning, Kampfsportarten mit ausgeprägten Körperkontakt (Fullkontakt-Karate, Boxen, Kickboxen u.ä.) bzw der Teilnahme an Expeditionen erleidet.
…“
Der Polizze war überdies die im Antrag angesprochene „Polizzenklausel US005, Berufssportler – Amateursportler, Teilnahme an Wettbewerben“ angeschlossen, die wie folgt lautete:
„Deckungsumfang:
Es besteht Versicherungsschutz für Unfälle der versicherten Person bei der Teilnahme an Landes-, Bundes- oder internationalen Wettbewerben, sowie am offiziellen Training für diese Veranstaltungen, die sich im Rahmen der Vereinbarung für Amateursportler der angeführten Gruppen 1 und 2 ereignen.
Versicherte Sportarten – Klasse 1:
Badmington, Basketball, (…) Mountainbiking, Radfahren (…)
Versicherte Sportarten – Klasse 2:
(…)“
Die Frage: „Soll die Teilnahme an Landes-, Bundes-, oder internationalen Wettbewerben bezüglich Amateursportler Klassen 1 oder 2 mitversichert werden?“ wurde bei Antragstellung deshalb mit „ja“ beantwortet, weil der damalige Lebensgefährte der Klägerin begeisterter Rennrad- sowie Mountainbikefahrer war und auch vereinsmäßig an Mountainbikebewerben teilnahm. Während des Beratungsgesprächs war Downhill-Mountainbiken kein Gesprächsthema.
Der damals 20-jährige Sohn der Klägerin kam in einem Bikepark auf der Strecke „H*“ mit seinem Mountainbike zu Sturz. Der Bikepark bietet verschiedene Strecken mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen an. Die Fahrer können entweder selbst mit dem Fahrrad zum Start der jeweiligen Strecken fahren, eine Kabinenbahn verwenden, die bis zur Bergstation auf 1.762 m Höhe führt, oder mit dem Auto eine Privatstraße benutzen. Die Strecke „H*“ startet wenige Meter unterhalb der Bergstation und ist für sämtliche Könnerstufen befahrbar. Die Strecke ist stets circa zwei Meter breit und schlängelt sich etwa 3,5 km durch den Wald. Die Strecke umfasst Tables, Rollers sowie Anleger und weist ein Durchschnittsgefälle von 11 % auf. Aufwärtsfahren ist auf „H*“ verboten.
Von der Bergstation kommend befindet sich auf der linken Seite im Bereich der Abzweigung zur Einfahrt „H*“ ein Schild, auf dem (ua) folgende Verhaltensregeln und Sicherheitshinweise dargestellt sind:
„Verhaltensregeln
…
6. Als Biker übe ich meinen Sport auf eigenes Risiko aus. Ich bin mir bewusst, dass dieser Sport auch mit ungewöhnlichen Risiken verbunden ist und verfüge deshalb über eine persönliche Unfallversicherung und eine Privathaftpflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritten.
7. Als Biker verpflichte ich mich zum Tragen von vorschriftsgemäßer Schutzkleidung. Das Tragen eines Helmes ist für mich Pflicht.
Sicherheitshinweise
…
3. Die Strecken im Bikepark sind für Wanderer gesperrt.
…
5. Die Downhill-Strecke (mit der eine andere, nicht vom Sohn der Klägerin befahrene Strecke gemeint war) ist erfahrenen Mountainbikern vorbehalten.“
Zum Zeitpunkt des Unfalls trug der Sohn der Klägerin Knie- und Ellbogenschützer, ein Hemd mit eingenähtem Rücken- und Brustprotektor, Radhandschuhe, Radlerhose, Fahrradhelm sowie handelsübliche Freizeitsportschuhe.
Der Sohn der Klägerin war vor seinem Sturz bereits einmal talabwärts gefahren. Er nutzte die Kabinenbahn um zur Bergstation zu gelangen.
Der Sohn der Klägerin erlitt durch den Unfall Verletzungen, die einen stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich machten.
In der (Fach-)Literatur wird unter dem Begriff „Downhill-Mountainbiking“ eine spezielle Art des Mountainbikens verstanden, bei der es gilt – ähnlich wie im Skisport – eine spezielle, abgesperrte, ausschließlich bergab führende Strecke mit speziellen Fahrrädern so schnell wie möglich zu fahren. Die Schwierigkeit besteht darin, den schmalen Grat zwischen maximalem Tempo und geringer Sturzgefahr zu finden. Aufgrund der teils hohen Geschwindigkeit und des groben Geländers werden spezielle Fährräder benötigt, die den besonderen Anforderungen des „Downhill“-Fahrens gerecht werden.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aufgrund der Unfallfolgen bei ihrem Sohn die Zahlung des Klagsbetrags. Ihr Sohn habe im Unfallszeitpunkt nicht Downhill-Mountainbiking, sondern nur einfaches, alltagsübliches Mountainbiking betrieben und er sei auch nicht auf einer Downhill-Strecke unterwegs gewesen. Der Risikoausschluss „Downhill-Mountainbiken“ komme daher nicht zum Tragen.
Die Beklagte beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung und wandte ein, dass der Sohn der Klägerin beim Downhill-Mountainbiken zu Sturz gekommen sei. Es greife daher der für diese Sportart vereinbarte Risikoausschluss.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich war es der Ansicht, dass der Begriff „Downhill‑Mountainbiken“ zwar in der Literatur keinen unstrittigen Inhalt habe. Die Strecke „H*“ sei aber aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, nämlich der Benützungsmöglichkeit einer Kabinenbahn, des Streckengefälles und der Hindernisse, als Downhill-Strecke zu qualifizieren. Daran ändere auch der niedrige Schwierigkeitsgrad („für sämtliche Könnerstufen befahrbar“) nichts. Die Beklagte sei daher nicht deckungspflichtig.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil in ein Zwischenurteil ab, mit dem es das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte. Es war der Rechtsansicht, dass der Risikoausschluss betreffend das Downhill-Mountainbiken im Fall des Befahrens eines Bikeparks in erster Linie an einer für alle Fahrer in der Natur auf einem Schild, in einem Prospekt oder online auf der Website des Betreibers ersichtlichen expliziten Kennzeichnung als Downhill-Strecke oder einer sinngleichen Bezeichnung unter Verwendung des Wortes „Downhill“ anknüpfen müsse. Der Mountainbiker, der den Bikepark befahre, solle sich auch zur Einschätzung der Reichweite des Risikoausschlusses auf die vom Betreiber gewählte Bezeichnung verlassen können und nicht ein Sachverständigengutachten einholen müssen, um Rechtssicherheit zu haben. Wenn die Beklagte in ihren Versicherungsbedingungen bewusst eine bestimmte Terminologie („Downhill-Mountainbiken“) verwende, müsse sie sich daher auch die gewöhnliche Verwendung dieser Terminologie in den beteiligten Verkehrskreisen, konkret also im Fall eines Bikeparks mit verschiedenen Strecken die Kennzeichnung bestimmter Strecken als Downhill-Strecken durch den Betreiber zurechnen lassen. Im Bikepark existiere nur eine einzige Strecke, die dem Downhill-Mountainbiking diene, nämlich die – vom Sohn der Klägerin nicht befahrene – Strecke „S*“. Der von der Beklagten geltend gemachte Risikoausschluss greife daher nicht.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Auslegung des hier fraglichen Risikoausschlusses noch nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Rechtsprechung gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils. Hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und in ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
1.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil, wenn sie vertraglich vereinbart wurden (7 Ob 221/06k mwN = SZ 2006/176; 7 Ob 20/14p); andernfalls kommt – wenn Art der Versicherung, versichertes Risiko und Prämie feststehen – der Versicherungsvertrag ohne AVB zustande (RS0117649; vgl RS0062323 [T5]). Dem Versicherungsnehmer muss deutlich erkennbar sein, dass der Versicherer nur zu seinen AVB kontrahieren will (RS0014506 [T1]); diesem Willen muss sich der Versicherungsnehmer unterworfen haben. Dafür wird gefordert, dass in den Vertragsunterlagen zumindest ein deutlicher Hinweis auf die Einbeziehung der AVB enthalten ist und der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, sich die AVB zu beschaffen oder deren Inhalt zu erfahren (7 Ob 221/06k = SZ 2006/176). Insofern reicht für deren Einbeziehung in das Vertragsverhältnis etwa die Anführung der maßgebenden AVB auf dem vom Kunden unterfertigten Antragsformular aus, ohne dass es auf die Aushändigung der AVB an den Versicherungsnehmer ankäme (7 Ob 231/06f; vgl RS0117648 [T1, T3]).
1.2. Für die Klägerin war ein Makler tätig, dem bekannt ist, dass Versicherer zu ihren AVB abschließen. Bei dieser Sachlage reicht – entgegen der Ansicht der Klägerin in der Revisionsbeantwortung – der Hinweis auf die AVB in der Schlusserklärung des Versicherungsantrags zur Einbeziehung der AUVB 2008 aus.
2. Die vereinbarte Polizzenklausel US005 mit der versicherten Sportart (ua) „Mountainbiking“ führt zu einem Deckungseinschluss (nur) im dort bezeichneten Umfang für „Berufssportler – Amateursportler, Teilnahme an Wettbewerben“ und – wiederum entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht schlechthin zur Deckung für den gesamten Mountainbike-Sport. Es liegt insoweit auch keine unklare Vertragslage vor; vielmehr macht der eingeschränkte Risikoausschluss nach Art 20.10. AUVB 2008 für „Downhill-Mountainbiken“ gerade dann Sinn, wenn für andere Arten des „Mountainbiking“ Deckung besteht.
3. Damit bleibt letztlich im Revisionsverfahren die Auslegung des Risikoausschlusses nach Art 20.10. AUVB 2008 dahin strittig, ob sich der vom Sohn der Klägerin erlittene Unfall beim „Downhill-Mountainbiken“ ereignete.
3.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) ausgehend vom Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers auszulegen (RS0050063; RS0112256). Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen also des Versicherers gehen (RS0017960).
3.2. Die einzelnen Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RS0008901). In allen Fällen ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (RS0008901 [T5, T7, T8, T87]). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommenen Gefahren einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung des wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert (RS0107031).
4. Ganz allgemein sind Vertragsschablonen so zu verstehen, wie sie sich im redlichen Verkehr einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen (7 Ob 41/01g; 7 Ob 83/04p; 7 Ob 191/16p). Den Adressatenkreis von Allgemeinen Versicherungsbedingungen bilden Versicherungsnehmer, sodass es – wie bereits dargelegt – auf das Verständnis der durchschnittlichen versierten Versicherungsnehmer ankommt (7 Ob 83/04p; 7 Ob 191/16p). Es kann daher – offenbar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht allein die Einstufung einer Mountainbike-Strecke durch den Betreiber eines Bikeparks maßgeblich sein.
5. Das Erstgericht hat den Begriff „Downhill‑Mountainbiken“ (ua) nach Wikipedia bestimmt, ist aber zugleich – offenbar in tatsächlicher Hinsicht – davon ausgegangen, dass dieser Begriff keinen unstrittigen Inhalt hat. Tatsächlich existiert neben der allgemeinen Begriffsbeschreibung des Erstgerichts etwa eine sehr spezifische (Rennsport-)Definition für Downhill-Strecken in den (offiziellen) UCI Cycling Regulations Part 4 Mountain Bike Chapter III Downhill Events § 2 Course, die im Wesentlichen den Wettfahrbestimmungen des Österreichischen Radsportverbandes entsprechen. In Kapitel IV Mountainbike § 1 Allgemeine Bestimmungen heißt es: „4.1.01 Das vorliegende Regelwerk ist eine Adaptierung und Ergänzung des Reglements des Internationalen Radsport-Weltverbandes Union Cycliste Internationale (UCI) für den österreichischen Mountainbike-Sport. Die angeführten Punkte sind weitgehend identisch mit jenen des UCI-Reglements und mit speziell für Österreich gültigen Zusätzen versehen.“ Das Wettkampfgelände wird allgemein wie folgt beschrieben: „4.1.23 Der Mountainbike-Kurs soll Forststraßen und -wege, Wiesen- und Schotterwege sowie befestigte Straßen beinhalten. Asphaltierte Straßen und Wege sollten nicht mehr als 15 % der Streckenlänge betragen. …“. Der (spezifische) Downhill-Kurs wird in 4.1.95 Downhill „DH“ wie folgt beschrieben: „Der Downhill-Kurs soll gänzlich bergab führen. Der Kurs soll eine Mischung aus Single Tracks, Fahrwegen, Feld-, Wald- und felsigen Wegen sein. Ideal wäre eine Mischung aus schnellen und langsameren technischen Abschnitten. Es soll wenig Pedaleinsatz erforderlich sein, vielmehr soll das technische Können der Fahrer gefordert werden.“ Zur Absicherung wird ergänzend festgelegt: „4.3.05 Die Strecke muss wie folgt gekennzeichnet sein:
a) Mit dem von der UCI anerkannten Pfeilsystem.
b) Zur Befestigung der Bänder dürfen nur Bambus- oder Schislalomstangen mit einer Höhe zwischen 1.5 und 2 Metern verwendet werden. … .“
Diese Anforderungen waren bei der vom Sohn der Klägerin befahrenen Strecke offenkundig nicht erfüllt.
6. Rechtsbegriffe haben in der Rechtssprache eine bestimmte Bedeutung und sind daher in diesem Sinn auszulegen. Dieser Grundsatz kann allerdings nur dann zur Anwendung gelangen, wenn dem zu beurteilenden Rechtsinstitut nach herrschender Ansicht ein unstrittiger Inhalt beigemessen wird und sie deshalb in der Rechtssprache eine einvernehmliche Bedeutung haben (RS0123773). Im Zusammenhang mit der Auslegung medizinischer Fachbegriffe stellt der Oberste Gerichtshof nicht auf die fachwissenschaftliche Terminologie der ärztlichen Wissenschaft, sondern auf den allgemeinen Lebenssprachgebrauch ab (vgl 7 Ob 341/98t [Epilepsie]). Nach Ansicht des Fachsenats ist auch bei Begriffen im Sportbereich in tatsächlicher Hinsicht maßgeblich, ob und mit welchem Inhalt sich im gewöhnlichen Sprachgebrauch, also im allgemeinen Freizeitsport, dem der durchschnittliche Versicherungsnehmer zuzurechnen ist, ein konkretes und einheitliches Begriffsverständnis, hier für das „Downhill‑Mountainbiken“ entwickelt hat (vgl 7 Ob 191/16p). Dies wird vom Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu klären sein, etwa durch ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet 05.50 (Radsport). Hat sich ein einheitlicher Begriffsinhalt im Freizeitsportbereich entwickelt, dann wird dieser der Auslegung des Risikoausschlusses zugrundezulegen sein. Fehlt es dagegen an einem spezifischen Begriffsverständnis im Freizeitsportbereich, dann werden die schon vom Erstgericht herangezogenen Kriterien und dessen Auslegungsergebnis zutreffend sein.Auf der Grundlage der Ergänzung des Beweisverfahrens im zuvor dargestellten Sinn wird daher zu klären sein, ob eine Deckungspflicht der Beklagten vorliegt oder ob der Risikoausschluss nach Art 20.10. AUVB 2008 greift. Alle sonstigen im Revisionsverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen sind abschließend geklärt.
7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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