OGH 1Ob59/19m

OGH1Ob59/19m30.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei H***** V*****, vertreten durch Dr. Alexander Katholnig, MBL, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen die beklagte und widerklagende Partei E***** R*****, Deutschland, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in Villach, wegen 19.710,67 EUR sA und Feststellung (Klage AZ 12 Cg 89/16t) sowie 129.952,47 EUR sA und Feststellung (Widerklage AZ 12 Cg 113/16x), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2019, GZ 2 R 151/18z‑101, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 24. August 2018, GZ 12 Cg 89/16t‑94, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00059.19M.0430.000

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.568,52 EUR (darin 261,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.325,78 EUR (darin 387,63 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Am 13. 1. 2015 ereignete sich gegen 15:30 Uhr im Skigebiet Kitzbühel auf der Piste Nr 21 (in der Folge: Piste oder Familienstreif), und zwar im Bereich der Einmündung der Skiroute Nr 21 (in der Folge: Skiroute oder Route) ein Unfall, an dem der Kläger und Widerbeklagte (in der Folge: Kläger) und der deutsche Beklagte und Widerkläger (in der Folge: Beklagter) beteiligt waren.

Die Familienstreif führt in Annäherung zur Unfallstelle zunächst durch einen Skitunnel und weiter geradeaus bis nach ca 62 m nach dem Tunnel die Skiroute annähernd in einem 90 Grad‑Winkel von rechts kommend mit einem Gefälle von ungefähr 16 % und einer Breite von 5,7 m in die Piste einmündet, die hier ca 10 m breit ist. Aufgrund der Vorbereitungen des Hahnenkamm‑Rennens wurde die Familienstreif, die ansonsten weiter geradeaus führt, nach der Einmündung der Skiroute durch einen Sichtzaun abgesperrt und kurz nach dieser Einmündung talwärts gesehen nach links geleitet.

Der Kläger war am Unfalltag als Helfer im Rahmen des Hahnenkamm‑Rennens im Skigebiet tätig. Vor dem Unfall fuhr er auf der Skiroute ab und wollte im Einmündungsbereich mit der Piste nach rechts in Richtung einer Hütte. Etwa zeitgleich fuhr der Beklagte auf der Piste durch den Skitunnel, wobei er eine Geschwindigkeit von ca 15 bis 30 km/h einhielt und etwas rechts der Pistenmitte fuhr. Er beabsichtigte, weiter geradeaus bis zum Absperrzaun zu fahren, um sich über den Fortschritt der Vorbereitungen für das Skirennen zu informieren.

In Annäherung an den Einmündungsbereich der Skiroute blickte der Kläger aus einer Entfernung von etwa 19 m von der späteren Kollisionsstelle in Richtung der Piste und sah den Beklagten in einer Entfernung von etwa 27 m vom späteren Unfallort. Da er davon ausging, dass der Beklagte dem Verlauf der Piste folgend und (in dessen Fahrtrichtung gesehen) nach links fahren werde, achtete er in weiterer Folge nicht mehr auf ihn, sondern richtete seine Aufmerksamkeit auf den nächstfolgenden Skifahrer, während er seine Geschwindigkeit auf ca 15 bis 30 km/h verringerte und noch etwas weiter in Richtung des linken Routenrandes und der Piste fuhr.

Der Beklagte, der den Kläger aus der gleichen Distanz ebenfalls wahrnehmen konnte, fuhr mit gleichbleibender Geschwindigkeit und ohne auf den Kläger zu achten weiter, wobei er sich etwas weiter rechts orientierte und zum Absperrzaun gelangen wollte. In der Folge kollidierten die beiden Skifahrer frontal mit ihrer beibehaltenen Geschwindigkeit von ca 15 bis 30 km/h, ohne dass einer von beiden eine Ausweichbewegung gemacht hätte.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von 19.710,67 EUR und die Feststellung seiner Haftung für zukünftige Schäden aufgrund des Unfalls, wobei er sich ein Mitverschulden wegen mangelnder Aufmerksamkeit von einem Drittel anrechnen lässt.

Der Beklagte begehrt mit Widerklage vom Kläger – ausgehend von dessen Alleinverschulden – die Zahlung von 129.952,47 EUR und die Feststellung der Haftung für künftige unfallkausale Schäden.

Das Erstgericht verpflichtete – ausgehend von einer Verschuldensteilung von 1 : 1 – den Beklagten zur Zahlung von 7.886,87 EUR sA und den Kläger zur Zahlung von (richtig:) 53.387,75 EUR sA an den jeweiligen Prozessgegner. Darüber hinaus gab es dem Feststellungsbegehren des Beklagten zu 50 % statt. Die Mehrbegehren wies es ab.

Diese Entscheidung erwuchs im Umfang der Abweisung eines Zahlungsbegehrens des Klägers von 990,47 EUR sA, der Abweisung seines Feststellungsbegehrens sowie im Umfang des Zuspruchs an den Beklagten von 22.258,50 EUR sA und der Stattgebung dessen Feststellungsbegehrens im Ausmaß von 1/3 mangels Anfechtung in Rechtskraft. Bezüglich des Beklagten erwuchs das erstinstanzliche Urteil weiters im Umfang der Abweisung dessen Zahlungsbegehrens von 23.176,98 EUR sA mangels Anfechtung in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise und jener des Beklagten nicht Folge. Es sprach – ebenfalls ausgehend von einer Verschuldensteilung von 1 : 1 – dem Kläger 9.386,87 EUR sA zu und verminderte den Zuspruch an den Beklagten auf 35.887,75 EUR sA. Es erklärte die Revision für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob derjenige, der von einer (gesperrten) Skiroute in eine Piste einfahre, Nachrang gegenüber den auf der Piste fahrenden Wintersportlern habe.

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit der Kläger in der dagegen erhobenen Revision die Abweisung seines Zahlungsbegehrens über 990,47 EUR sA bekämpft, ist sein Rechtsmittel schon deshalb zurückzuweisen, weil die Abweisung dieses Leistungsbegehrens durch das Erstgericht mangels Anfechtung in der Berufung bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

2. Im Übrigen sind die Revisionen beider Parteien entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Beide Rechtsmittel werden wegen ihres thematischen Zusammenhangs gemeinsam behandelt.

3. Die Parteien kritisieren im Revisionsverfahren zutreffend nicht, dass die Vorinstanzen österreichisches Recht anwendeten. Dies erfolgte – worauf das Berufungsgericht hinwies – nach Art 4 Abs 1 Rom II‑VO zu Recht.

4.1. Die von verschiedenen Institutionen und Autoren ausgearbeiteten Verhaltensvorschriften für Skifahrer wie die Bestimmungen des „Pistenordnungsentwurfs des Österreichischen Kuratoriums für alpine Sicherheit“ (POE‑Regeln) oder die FIS‑Regeln sind keine gültigen Rechtsnormen, insbesondere auch nicht Gewohnheitsrecht. Als Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten, die bei der Ausübung des alpinen Skisports im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, und bei der Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass sich jeder so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet, kommt diesen Regeln jedoch erhebliche Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0023410 [T2]; RS0023793).

4.2. Nach der FIS‑Regel 1 (Rücksichtnahme auf andere Skifahrer und Snowboarder) und auch schon nach allgemeinen Grundsätzen muss sich jeder Skifahrer und Snowboarder so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. In neuralgischen Pistenbereichen, wie etwa einem Gegenverkehrsbereich, besteht daher eine Verpflichtung zur besonderen Vorsicht und Aufmerksamkeit sowie zur Beobachtung des „entgegenkommenden Verkehrs“ (1 Ob 16/12b = SZ 2012/30: Annäherung an Pisteneinmündungen und dadurch bedingter Gegenverkehr; 5 Ob 11/18f).

4.3. Nach der FIS‑Regel 2 (Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise) besteht für jeden Skifahrer und Snowboarder das Gebot des Fahrens auf Sicht (vgl RS0023345; RS0023544; RS0023868) und zur kontrollierten Fahrweise (vgl RS0023429).

4.4. Nach der FIS‑Regel 5 (Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren) muss jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann. FIS‑Regel 5 ist Ausdruck des Gedankens, dass denjenigen, der sich in atypischer Weise entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung bewegt – oder sich erst in den Pistenverkehr einordnet – und so eine Gefahr begründet, die andere Pistenbenützer häufig überrascht, besondere Sorgfaltspflichten treffen (RS0120377).

4.5. FIS‑Regel 8 (Beachten der Zeichen) verpflichtet jeden Skifahrer und Snowboarder, die Markierung und die Signalisation zu beachten. Nach den Erläuterungen zu dieser FIS‑Regel sind Pisten mit Hinweis‑, Gefahren‑ und Sperrtafeln gekennzeichnet. Ist eine Piste als gesperrt oder geschlossen bezeichnet, ist es ebenso zwingend zu beachten wie der Hinweis auf Gefahren. Die FIS‑Regel 8 ist vor allem für Haftungsfragen betreffend den Pistenhalter relevant, der sich auf die Einhaltung seiner Anweisungen weitgehend verlassen kann (1 Ob 16/12b = SZ 2012/30).

5. Der Kläger fuhr von einer (für den allgemeinen Publikumsverkehr – aber nicht für an der Vorbereitung des Skirennens Beteiligte – gesperrten) präparierten Skiroute in die Piste ein. Das ist (worauf das Berufungsgericht ohne Fehlbeurteilung hinwies) nicht einem Einfahren aus dem freien Skiraum in eine Piste entsprechend FIS‑Regel 5 gleichzusetzen. Ein von einer Skiroute in eine Skipiste wechselnder Wintersportler fährt nicht im Sinn der FIS‑Regel 5 in eine „Abfahrt“ ein, sondern befindet sich schon auf einer solchen. Der Unterschied zwischen einer Piste und einer Skiroute besteht (lediglich) darin, dass sich für den Routenhalter erheblich geringere Anforderungen an Haftung und Sicherung ergeben (vgl zuletzt 6 Ob 198/14g mwN). Nach der Definition der ÖNORM S 4611 wird eine Skiroute nur markiert und vor Lawinengefahr gesichert, in der Regel jedoch nicht präpariert oder kontrolliert (1 Ob 638/90; Pichler/Holzer, Handbuch des österreichischen Skirechts [1987], 33; Reischauer in Rummel 3 § 1319a ABGB Rz 24b; S. Manhart/R. Manhart, Österreichisches Skirecht [2015], 59).

Nach der Beurteilung des Berufungsgerichts dürfen Pistenkreuzungen oder Pisteneinmündungen den FIS‑Regeln 1 und 2 entsprechend nur mit erhöhter Aufmerksamkeit und Vorsicht befahren werden, weil diese erfahrungsgemäß besonders neuralgische und kollisionsträchtige Pistenbereiche seien. Trotz Sperre der Skiroute, auf der der Kläger talwärts gefahren sei, für den Publikumsverkehr bestehe zwischen Piste und gesperrter Route kein „Vorrang‑Nachrang‑Verhältnis“. Der Schutzzweck der Sperre dieser Skiroute sei nicht die Hintanhaltung von Gefahren im Kreuzungs‑ bzw Einmündungsbereich gewesen, sondern die Sperre habe allein der reibungslosen Durchführung des Skirennens gedient. Die Skiroute sei am Unfalltag auch nicht mit einem Absperrband oder einem Zaun zur Piste hin abgegrenzt gewesen und daher habe auch optisch kein Unterschied zu einer „echten“ Pistenkreuzung bestanden. Bei dieser Konstellation habe der Beklagte nicht darauf vertrauen dürfen, dass er Vorrang vor den von der Skiroute kommenden Wintersportlern gehabt habe, sondern für beide Parteien hätte das allgemeine Rücksichtnahmegebot im Sinn der FIS‑Regel 1 sowie das Gebot des kontrollierten Fahrens nach FIS‑Regel 2 gegolten. Diese Aufmerksamkeit und Vorsicht hätten beide missachtet. Der Kläger habe den Beklagten vor seiner Einfahrt in die Piste gesehen, der Beklagte hätte den Kläger leicht sehen können. Beide Parteien hätten den Unfall leicht verhindern können, wenn sie aufmerksam gefahren wären und auf den späteren Unfallgegner, den sie über eine ausreichend lange Zeit sehen konnten, geachtet hätten und ausgewichen wären. Für den Beklagten habe auch keine atypische Pistensituation vorgelegen, sondern aufgrund des Rennens sei lediglich die Geradeausfahrt nach der Einmündung der Route durch einen Sichtzaun abgesperrt gewesen und die Piste sei deshalb nach links geleitet worden. Damit sei von einer Verschuldensteilung von 1 : 1 auszugehen. Diese Rechtsansicht ist nicht zu beanstanden.

In unmittelbarer Nähe des Einmündungsbereichs waren weder Warntafeln noch Hinweiszeichen angebracht. Weiter entfernt wiesen Schilder darauf hin, dass die Familienstreif teilweise nur erschwert befahrbar ist bzw dass Pistenabschnitte gesperrt oder umgeleitet werden. Entgegen der Ansicht des Kläger spielt die FIS‑Regel 8 keine Rolle. Der Unfall ereignete sich auch nicht auf einer gesperrten Piste.

Dass der Kläger am Unfallstag als freiwilliger Helfer im Rahmen des bevorstehenden Rennens im Skigebiet tätig war und seiner Tätigkeit nachging, entbindet ihn nicht von seinen Sorgfaltspflichten gegenüber anderen Skifahrern. Für seine Behauptung, dass er „als Helfer im Vorrang gegenüber dem Beklagten“ gewesen sei, vermag er keine rechtliche Begründung anzuführen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten fand die Frontalkollision nicht im Zuge eines Bergauffahrens des Klägers auf der Piste statt.

Eine unterschiedliche Gewichtung des jeweiligen Aufmerksamkeitsfehlers zu Lasten eines der beiden Skifahrer ist in dieser Situation nicht sachgerecht, weil keiner der Beteiligten ein primär unfallauslösendes Verhalten setzte, sondern beide unaufmerksam aufeinander zufuhren (vgl 1 Ob 16/12b). Damit ist die von den Vorinstanzen vorgenommene Teilung des Schadens im Verhältnis 1 : 1 nach § 1304 ABGB nicht korrekturbedürftig.

6.1. Der Kläger begehrt unter Berücksichtigung seines Mitverschuldens von einem Drittel Schmerzengeld von 17.833,33 EUR, der Beklagte beansprucht ein Schmerzengeld von 95.000 EUR.

Die Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalls, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (RS0042887). Bei der Schmerzengeldbemessung ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Judikatur ein objektiver Maßstab anzulegen (RS0031075). Die Revision ist daher lediglich im Falle einer eklatanten Fehlbemessung, die erheblich aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt, zulässig (RS0042887 [T10]; RS0031075 [T7]). Ein solcher Beurteilungsfehler ist den Vorinstanzen nicht unterlaufen.

6.2. Die Ausmittlung des Schmerzengeldes des Klägers mit (insgesamt) 17.000 EUR durch das Berufungsgericht, das einen objektiven Maßstab anlegte und auf die eingetretenen Verletzungen im Gesichtsbereich sowie die festgestellten Schmerzperioden in einer (Gesamt‑)Würdigung aller Umstände Bedacht nahm, ist nicht zu beanstanden. Das festgelegte Schmerzengeld berücksichtigt auch, dass bei ihm aufgrund der Schwere der Mittelgesichtsverletzungen als Dauerfolge von einer Invalidität von 6 % auszugehen ist, weil Narben vorliegen sowie eine subjektiv wahrgenommene Okklusionsstörung, Wetterfühligkeit und Druck im Mittelgesichtsbereich beim Tragen von Lasten sowie Schwierigkeiten beim Pfeifen und beim Schnäuzen bestehen.

Der Kläger gesteht selbst zu, dass die von ihm zitierten Entscheidungen nicht „vollständig ident“ mit seinen Unfallfolgen sind. Der Sachverhalt der Entscheidung zu 2 Ob 10/89 ist deshalb nicht vergleichbar, weil dort der Verletzte auf Dauer Augenschäden und den gänzlichen Verlust des Geruchssinns erlitten hatte. Durch den Hinweis auf einzelne Entscheidungen von Gerichten zweiter Instanz kann eine Abweichung von höchstgerichtlicher Judikatur nicht aufgezeigt werden.

6.3. In unbedenklicher Weise führte das Berufungsgericht aus, dass die dem Beklagten zugefügte Beeinträchtigung unter Bedachtnahme auf die Entscheidung zu 2 Ob 166/07m bei einem vergleichbaren Sachverhalt unter Berücksichtigung der Geldentwertung ein Schmerzengeld von (insgesamt) 55.000 EUR rechtfertige. Der Beklagte nennt in seinem Rechtsmittel keine Entscheidungen, die dieser Beurteilung entgegenstehen. Mit der bloßen Berufung auf eine verfehlte Gewichtung aller nachteiligen Folgen im Rahmen der Globalbemessung vermag er keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

7. Die Revisionen sind daher zurückzuweisen.

Die Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die fehlende Zulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen; sie haben daher gemäß §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer zweckentsprechenden Beantwortungskosten (RS0035979 [T16]). Der in erster Instanz ausgesprochene Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 ZPO erfasst nur die vom Prozesserfolg in der Hauptsache abhängigen Kosten und steht der Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die Revisionszulässigkeit nicht entgegen (RS0129365 [T3]).

Stichworte