OGH 1Ob41/19i

OGH1Ob41/19i30.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH *****, vertreten durch die Steiner Anderwald Rechtsanwälte OG, Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch die Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH, Altenmarkt, wegen 11.582,50 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2018, GZ 53 R 218/18t‑17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 10. Juli 2018, GZ 2 C 1120/17t‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00041.19I.0430.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 860,58 EUR (darin 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen sprachen der klagenden Subunternehmerin, die für die beklagte Generalunternehmerin Zimmermeisterarbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens erbracht hat, 11.582,50 EUR an noch offenem Werklohn zu. Im Revisionsverfahren geht es allein darum, ob die Beklagte der Klägerin aufgrund von Mängeln und des Fehlens von Bautagesberichten und einer Bauführerbestätigung mangelnde Fälligkeit des Werklohns entgegenhalten kann.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Frage, ob bei der „konkreten Konstellation dem Subunternehmer gegenüber vom Generalunternehmer weiter Mängel des Gewerkes zur Verhinderung eines Werklohnanspruchs vorgehalten werden dürfen“ und „ob eine fehlende Bauführerbestätigung oder nicht übergebene Bautagesberichte für den Fall einer [vom Berufungsgericht aber ohnehin verneinten] vertraglichen Vereinbarung die Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Subunternehmers hindern könnten“ die Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig. Das ist gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kurz zu begründen:

1. Die Beklagte geht in ihrer Revision davon aus, dass der Bauherr ihr gegenüber aufgrund der mangelnden Leistungen der Klägerin Zahlungen zurückbehalten habe. Damit entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, weswegen die Revision insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt und ihre daran anknüpfenden Schlussfolgerungen unbeachtlich sind (vgl nur 3 Ob 151/18d; RIS‑Justiz RS0043603 [T3]).

2. Richtig ist, dass nur die beklagte Generalunternehmerin mit dem Bauherrn in einem Vertragsverhältnis stand, die klagende Subunternehmerin ihrerseits nur von der Beklagten beauftragt war und auch im Rahmen einer Vertragskette der Unternehmer, der seinerseits einen Teil der Arbeiten weitergibt, gegen seinen Subunternehmer als Besteller grundsätzlich eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung hat (RS0018820 [T1]).

Der Grundsatz der Trennung der Verträge kann aber ausnahmsweise durchbrochen werden und ihre partielle Verknüpfung notwendig oder jedenfalls billig und geboten sein (RS0021876 [T10]), wenn die strikte Trennung der beiden Rechtsverhältnisse zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde (1 Ob 704/89; 8 Ob 651/93; 6 Ob 550/91; 3 Ob 48/04m = RS0021876 [T9] ua).

So wurde im mehrfach (9 Ob 146/04d; 3 Ob 279/06k; 3 Ob 35/07d; 5 Ob 48/15d) als „Leitentscheidung“ bezeichneten Erkenntnis 1 Ob 704/89 (= JBl 1990, 587) eine solche Verknüpfung schon deswegen als geboten gesehen, als im Subunternehmervertrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass die Vertragsbestimmungen sowie die technischen Vorbemerkungen gleichlautend wie die des Generalunternehmers sind und das Angebot des Generalunternehmers an den Bauträger Gegenstand des Subunternehmervertrags wurde. Bestand der Bauherr dem Generalunternehmer gegenüber nicht auf Verbesserung, sei der bestehende Bauvertrag einvernehmlich abgeändert worden. Diese Abänderung des Vertragsinhalts schlage auf den Subunternehmervertrag insoweit durch, als der Generalunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern könne, das er selbst dem Bauherrn nicht (mehr) zu erbringen hatte. Dies gelte umso mehr in einem Fall, in dem der Subunternehmer selbst den Verzicht auf Verbesserung herbeigeführt hatte. Im Urteil 9 Ob 146/04t wurde es als unbillig angesehen, wenn der Auftraggeber des Subunternehmers seinerseits trotz einer Leistungsstörung(– sei diese auch vom klagenden Subunternehmerverursacht –) Zahlung erhält, aber dennoch seinem Auftragnehmer den Werklohn, gestützt auf eine Vertragsverletzung bzw Leistungsstörung oder auch wegen einer Leistungsrisikoverschiebung infolge Zufalls vorenthält. Zuletzt wurde diese Judikatur in der Entscheidung 5 Ob 48/15t fortgesetzt und die Ansicht des damaligen Berufungsgerichts, die zwischen der Bauherrin und der Beklagten (als Generalunternehmerin) getroffene Vereinbarung sei als Verzicht der Bauherrin auf den Anspruch auf Behebung der in diesem Verfahren relevanten Mängel aus welchem Rechtsgrund auch immer zu werten und diese Abänderung schlage so weit auf den Subunternehmer durch, als der Generalunternehmer vom Subunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern könne, das er selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen habe, ausdrücklich gebilligt. Der fünfte Senat hielt eine ausdrückliche Verzahnung der jeweiligen Verträge etwa – wie in dem der Entscheidung 1 Ob 704/89 zugrunde liegenden Fall – durch Bezugnahme des Subunternehmervertrags auf den Generalunternehmervertrag für die (partielle) Verknüpfung der Verträge für nicht notwendig.

3. Im vorliegenden Fall sind nach dem (Subunternehmer-)Vertrag zwischen den Streitteilen die Pläne, Details und Beschreibung nicht nur der beklagten Auftraggeberin, sondern auch die des Architekten und des Bauherrn als Auftragsgrundlagen und auch sämtliche technische und rechtliche Bedingungen des Bauherrn, soweit sie auf die Leistungen des Auftragnehmers zutreffen, genannt. Es steht fest, dass die behaupteten Mängel entweder vom Bauherrn selbst bereits behoben wurden, von diesem nicht als Mangel angesehen wurden oder gar nicht festgestellt werden konnten. Der Bauherr hat seinerseits der beklagten Generalunternehmerin – abgesehen von einem Abzug für eine Lieferverzögerung, die aber die Beklagte selbst zu verantworten hatte – den gesamten Werklohn bereits bezahlt und die Beklagte auch nie zur Mängelbehebung aufgefordert. Für ihn bestehen keine Mängel am Objekt, der Vertrag zwischen ihm und der Generalunternehmerin ist für ihn „abgerechnet und erledigt“.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht daher der Vorjudikatur zu vergleichbaren Konstellationen und es konnte sich das Berufungsgericht zweifelsohne an dieser (von ihm auch zitierten) Rechtsprechung orientieren. Die Beklagte kann in ihrer Revision nicht aufzeigen, welche in seiner Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Frage noch unbeantwortet wäre.

4. Die Revisionswerberin übersieht offenbar auch, dass eine Berufung auf mangelnde Fälligkeit wegen Verbesserungsverzugs überdies voraussetzte, dass dem Werkunternehmer die Verbesserung auch ermöglicht wird (vgl RS0019929 [T18]). Dass der Bauherr die von der Beklagten verlangten Maßnahmen dulden würde, ist nach den Tatsachenfeststellungen allerdings nicht zu erwarten; die Beklagte behauptete Derartiges auch nicht.

5. Eine erhebliche Rechtsfrage vermag die Revisionswerberin auch im Zusammenhang mit dem Fehlen von Bautagesberichten und einer Bauführerbestätigung nicht aufzuzeigen. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags bezieht sich immer nur auf Pflichten, die zueinander im Austauschverhältnis stehen, also auf Hauptpflichten und die äquivalenten Nebenpflichten (RS0019902 [T3]). Nur wenn einer Nebenleistung im Gegenseitigkeitsverhältnis erhebliche Bedeutung zukommt, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 Satz 1 ABGB (RS0019972). Mit der Frage, ob ein Gegenseitigkeitsverhältnis bestand, wird in der Regel eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht berührt (RS0019902 [T6]).

Anders als in dem der Entscheidung 9 Ob 146/04t zugrundeliegenden Fall kann die Beklagte eben nicht darauf verweisen, dass sich aus dem (damals vorliegenden) Kontext („Zahlungsbedingungen“) ergebe, dass die Vorlage der Bautagesberichte ein Fälligkeitskriterium darstelle, was bei einem ziffernmäßig festgelegten Werklohn auch ungewöhnlich wäre. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass solche (und auch eine Bauführerbestätigung) gar nicht als Schuldinhalt festgestellt seien und von der Beklagten auch gar nicht vorgebracht worden sei, woraus sich eine solche Verpflichtung ergeben solle, versucht die Beklagte nur mit einem gegen das Neuerungsverbot verstoßenden Vorbringen zu einem „Usus“ (bei den Bautagesberichten) und aufgrund von landesgesetzlichen Bestimmungen über eine – allerdings den Bauherrn – treffende Verpflichtung zur Vorlage einer solchen (bei der Baubehörde) zu bekämpfen. Überdies hat die Behörde dann, wenn der in § 37 Abs 3 Stmk BauG (LGBl 1995/59 idF LGBl 2015/34) für bestimmte Vorhaben normierten Pflicht, der Behörde die Fertigstellung des Rohbaus, nach Möglichkeit mit gleichzeitiger Bestätigung der konsensgemäßen Ausführung durch den Bauführer schriftlich anzuzeigen, vom Bauherrn nicht durch Anschluss dieser Bestätigung bei der Anzeige entsprochen wird, eine Rohbaubeschau auf Kosten des Bauherrn durchzuführen. Dass also ohne Bestätigung das Werk „wertlos“ sei, wie die Revisionswerberin behauptet, ist gänzlich unnachvollziehbar. Zu den fehlenden Bautagesberichten hat zudem schon das Berufungsgericht ohne Fehlbeurteilung bemerkt, dass ein besonderes Interesse daran (im Nachhinein) in Ansehung der Pauschalpreisvereinbarung nicht zu erkennen ist. Wenn daher das Berufungsgericht – nur für den Fall, dass man vom Vorliegen einer solchen Verpflichtung ausginge – die Auffassung des Erstgerichts teilte, es handle sich dabei um unselbständige Nebenpflichten, bedarf dies keiner Korrektur.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb ihr der Ersatz der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Revisionsbeantwortung zuzuerkennen ist.

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