European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00124.18A.0227.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus R***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von November 2013 bis 2. Februar 2016 in M***** und anderen Orten die ihm durch Erteilung einer Zeichnungsberechtigung für ein im Urteil näher bezeichnetes Konto der Katharina S***** sowie durch ihren Auftrag zur Verwaltung der Einlagen von drei dort näher bezeichneten Sparbüchern (US 5 f, 13 ff und 18 f; vgl RIS‑Justiz RS0094579) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch die Genannte in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem er in einer Vielzahl von Angriffen insgesamt zumindest 168.000 Euro (großteils unter Gebrauch der Bankomatkarte der Geschädigten [vgl US 4, 7, 9 und 14 f; dazu RIS‑Justiz RS0108872 {T1}]) von diesem Konto und den Sparbüchern behob und sich zueignete.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a, 10a und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) konnte der in der Hauptverhandlung vom 8. Februar 2018 gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen Mag. Alexander G***** (ON 77 S 2 f) „zum Beweis dafür, dass der Zeuge auch einen Befund (Untersuchung) des Markus R***** zeitnah erstellt hat, betreffend das Aussageverhalten des Markus R***** insbesondere im Zusammenhang mit Frau Katharina S*****“, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, weil die Frage der Durchführung einer derartigen Untersuchung keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache betrifft. Das aus dieser Untersuchung abgeleitete „Ergebnis […], dass die Werte des Untersuchungsbefundes betreffend ein offenes Aussageverhalten des Herrn R***** sehr hoch waren“, bezieht sich auf Schlussfolgerungen des genannten Zeugen und fällt als bloße Wiedergabe seiner subjektiven Eindrücke nicht in den Rahmen des – auf sinnliche Wahrnehmungen von Tatsachen beschränkten – gerichtlichen Zeugnisses (§ 154 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0097540). Soweit der Antrag auf Vernehmung des genannten Zeugen auch auf den Beweis der Geschäftsfähigkeit der Katharina S***** („deren positive geistige Orientiertheit“) im Zeitraum der Geldbehebungen durch den Angeklagten abzielte, wurde dieser Umstand von den Tatrichtern ohnedies als erwiesen angenommen (vgl US 11; § 55 Abs 2 Z 3 StPO).
Der Antrag auf Vernehmung der „Zivildiener und […] noch nicht einvernommenen Betreuerinnen der Frau S***** [im Seniorenheim] zum Beweis dafür, dass [diese] laufend über Bargeld [bei sich im Zimmer bzw. in ihrer Handtasche verfügte]“, was die Verantwortung des Angeklagten bestätige, „dass er ihr das [von ihm] abgehobene Geld übergab“ (ON 77 S 3 bis 5) ließ – mangels Vorbringen, aus welchen konkreten Gründen davon auszugehen war, dass die genannten Zeugen Wahrnehmungen zur Übergabe von (erheblichen) Bargeldbeträgen durch den Beschwerdeführer an Katharina S***** sowie zur Verwahrung dieser Mittel in deren Handtasche bzw Zimmer verfügen sollten – nicht erkennen, warum die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen und war solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0118444). Aus der (beweiswürdigenden) Erörterung der Angaben der im Antragsvorbringen genannten Zeugen (vgl US 77 ff zu den Angaben der Cindy P*****, US 80 zu jenen der Gerlinde Pi*****, US 13 f, 29, 33 f und 62 f zur Bargeldübergabe an Rechtsanwalt Dr. Ra***** sowie US 27 ff und 77 ff zur Vornahme von Barzahlungen durch Katharina S*****) sind auf das behauptete Beweisergebnis hinweisende Indizien nicht abzuleiten. Das im Rechtsmittel zur ergänzenden Fundierung der Anträge erstattete weitere – im Übrigen wiederum weitgehend bloß beweiswürdigende – Vorbringen ist prozessual verspätet und damit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).
Nichts anderes gilt für den Antrag auf „bioanalytische Untersuchung der Handtasche der verstorbenen Katharina S*****“ (ON 77 S 5 f), weil der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen vom – nach empirischen Erfahrungssätzen keineswegs als selbstverständlich vorauszusetzenden (RIS‑Justiz RS0118444 [T16]) – Vorhandensein von verwertbaren (etwa eine DNA‑Analyse ermöglichenden) biologischen Spuren auf dem benutzten Gegenstand auszugehen und weshalb aus dem Vorhandensein solcher (bestimmten Personen zuordenbarer) Spuren auf die Übergabe oder Wegnahme von durch den Angeklagten an Katharina S***** übergebenen Bargeld zu schließen gewesen wäre.
Der Antrag auf „ergänzende Einvernahme des Zeugen Z***** zum Beweis dafür, […] dass […] auch bei der zweiten Kassa der Betrag von € 7.000,00 zur Errichtung eines vierten Sparbuchs eingezahlt worden sein konnte“ (ON 77 S 6; vgl dazu US 19 ff), betrifft keine entscheidende Tatsache, weil mit dem vom Angeklagten dadurch angestrebten Entfall einer einzelnen, ansonsten nur pauschal individualisierten gleichartigen Tat die Wertgrenze nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB nicht in Frage gestellt wird (RIS‑Justiz RS0116736 [T16]).
Gleiches gilt für den Antrag auf „Beischaffung des Aktenvermerkes, den die ehemalige Sachwalterin Frau Sp***** angefertigt hat, vom Juli 2016, über ein Gespräch mit Herrn B***** über die Kontakte des Herrn R***** und der Frau S***** mit ihm“ (ON 77 S 7), der überdies nicht darlegt, weshalb die Anwesenheit der Katharina S***** bei der Anforderung des Betrags von 70.000 Euro oder dessen Behebung durch den Angeklagten (vgl US 8, 21 ff und 73 f) für die Schuldfrage von Bedeutung wäre.
Mit seiner mehrfach geäußerten Kritik an der erstgerichtlichen Begründung der Abweisung dieser Beweisanträge verkennt der Beschwerdeführer, dass die die Abweisung eines Beweisantrags nach Ansicht des Erstgerichts rechtfertigenden Entscheidungsgründe als solche nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen (RIS‑Justiz RS0121628).
Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei einer (erheblich) unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des Inhalts einer Urkunde oder einer Aussage vor (RIS‑Justiz RS0099547). Mit dem Einwand, bestimmte – im Übrigen keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache betreffende – von den Tatrichtern aus den Angaben der Zeugen Mario Go***** (US 80), Margarete Sc***** und Birgit F***** (US 98 ff) gezogene Schlussfolgerungen der Tatrichter fänden im Akteninhalt keine Deckung, wird ein derartiges Fehlzitat vom Beschwerdeführer gerade nicht geltend gemacht (RIS‑Justiz RS0099431). Soweit in diesem Zusammenhang eine einzelne, als unzureichend begründet erachtete Erwägung der Tatrichter zur Frage, ob die zuletzt genannte Zeugin (die Schwester des Angeklagten) eine Aufforderung zu einer tatsachenwidrigen Bestätigung einer Geldschenkung getätigt hat, kritisiert wird, bekämpft der Beschwerdeführer damit lediglich – in unzulässiger Weise – die Beweiswürdigung des Schöffengerichts. Gleiches gilt für die eigenständigen Spekulationen über den möglichen Verbleib des Bargelds sowie die bloße Behauptung, die Verantwortung des Angeklagten sei „plausibel und widerspruchsfrei“. Die Verwerfung dieser Verantwortung durch das Erstgericht als „haltlose Unterstellungen“ und „rechtswidrige Scheinbegründungen“ zu bezeichnen, bringt im Übrigen keinen in der Strafprozessordnung normierten Nichtigkeitsgrund rechtsförmig zur Darstellung.
Ob Katharina S***** bei der (Bestellung oder) Behebung größerer Bargeldbeträge durch den Angeklagten anwesend war (nominell Z 5 dritter Fall), betrifft ebenso wie die Frage ihrer – von den Tatrichtern bejahten – Geschäftsfähigkeit keine entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0117264).
Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge schließlich die Beischaffung des „Verlassenschaftsakts nach Maria N*****“ beantragt, orientiert er sich nicht an den Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (vgl zB Fabrizy, StPO13 § 281 Rz 46 ff).
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) einleitend auf das bisherige Vorbringen zu Verfahrens‑ und Mängelrüge verweist, verkennt sie, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind (RIS‑Justiz RS0115902).
Auch mit den Hinweisen auf die Ausführungen des Mag. Alexander G***** (Beilage ./2 zu ON 21) und die Aussagen der Zeugen Mag. Michael T***** (vgl dazu US 48 ff) und Andreas B***** (vgl dazu insbesondere US 23 ff) in Verbindung mit der eigenen Verantwortung des Angeklagten, dem Vorwurf „einseitiger“ Beweiswürdigung und der Behauptung eines fehlenden Motivs zur Tatbegehung vermag die Rüge keine nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierenden Bedenken (RIS‑Justiz RS0119583) an der Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken.
Die gesetzesgemäße Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) – unter isolierter Hervorhebung einer von den Tatrichtern erörterten, in der Pflegedokumentation wiedergegebenen Äußerung der Katharina S***** (US 44 f) – das Einverständnis der Geschädigten mit den Geldbehebungen behauptet, vernachlässigt sie die gerade dazu getroffenen (gegenteiligen) Konstatierungen (US 4 und 14 f) und verfehlt so die Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Das weitere Vorbringen (nominell Z 9 lit a) zur Schadensberechnung (vgl US 10 ff) orientiert sich gleichfalls nicht an der Gesamtheit der tatrichterlichen Annahmen (vgl US 5 f, 13 ff und 18 f) und betrifft – weil es die Wertgrenze nach § 153 Abs 3 erster Fall StGB nicht in Frage stellt – auch keine für die Subsumtion entscheidende Tatsache. Mit den wiederholten weiteren eigenständigen Schlussfolgerungen zur jeweiligen Verwendung der behobenen Beträge wird neuerlich bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft.
Die Diversionsrüge (Z 10a) stellt der vom Erstgericht als Hinderungsgrund für eine diversionelle Vorgangsweise angeführten (US 105 f) Konstatierung der fehlenden Verantwortungsübernahme durch den Angeklagten (vgl RIS‑Justiz RS0126734) und der rechtlichen Annahme des (Diversion ebenfalls ausschließenden) Vorliegens schwerer Schuld (§ 198 Abs 2 Z 2 StPO) die Forderung nach urteilsfremden Schlussfolgerungen zum Tatgeschehen sowie eigenständige Erwägungen zu Schuldkriterien gegenüber, argumentiert damit aber nicht auf Basis der Feststellungen des Schöffengerichts (zur Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0124801).
So wird das Fehlen von spezial- und generalpräventiven Diversionshindernissen nicht einmal behauptet und auch nicht deutlich gemacht, weshalb – bei einer auf eigene Bereicherung (US 15 und 104 f) ausgerichteten, über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren durch vielfache Tatwiederholung begangenen Untreue mit einem der Machtgeberin zugefügten (wenn auch im Lauf des Strafverfahrens nachträglich gutgemachten) Schaden von deutlich über 150.000 Euro (US 14) – der mit einer solchen Vorsatztat einhergehende hohe soziale Störwert eine Bestrafung nicht erfordern sollte, um insbesondere der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl dazu 15 Os 144/16i).
Mit seinem (aus Z 11 dritter Fall erhobenen) Einwand des Fehlens einer Begründung für die Ablehnung teilweiser bedingter Strafnachsicht nach § 43a Abs 2 StGB (vgl dazu im Übrigen aber US 106 dritter Absatz) bringt der Beschwerdeführer bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0099865).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).
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