European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00144.16I.0524.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu A./III./, in der zu A./ gebildeten Subsumtionseinheit, demzufolge auch im auf A./III./ bezogenen Ausspruch auf Absehen vom Verfall und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde ebenso zurückgewiesen wie die (angemeldete) Beschwerde.
Mit ihren gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Michael K***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (A./) und mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er – zusammengefasst – in Wien
A./ von 20. Oktober 2014 bis 18. Mai 2015 die ihm als Geschäftsführer der O***** GmbH, der S***** GmbH und der SI***** GmbH jeweils eingeräumte Befugnis, über das Vermögen dieser Gesellschaften zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch die genannten Gesellschaften in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem er in vier Angriffen (A./I./ bis III./ und VII./) Forderungen der Gesellschaften und in drei weiteren Angriffen (A./IV./ bis VI./) rechtsgrundlos weitere Beträge von Gesellschaftskosten in Höhe von insgesamt 132.378,78 Euro auf sein privates Konto überweisen ließ;
B./ von ihm gefälschte Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem er von 3. Februar bis 27. April 2015 in drei Angriffen zur Verschleierung von zu A./ genannten Zahlungen unter dem Namen Patrick S***** (B./I./1./ und 2./) und H***** GmbH (B./II./) hergestellte Rechnungen zum Beweis des Bestehens von entsprechenden Forderungen „in die Buchhaltung“ oben genannter Gesellschaften „aufnahm“.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, 10 und 10a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.
Die von der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) behauptete Undeutlichkeit der Feststellungen zum Zeitpunkt des Vorliegens der Schuldspruch A./ betreffenden subjektiven Tatseite liegt nicht vor. Bei objektiver Betrachtung der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0117995 [T3]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 419) ergibt sich daraus nämlich eindeutig, dass der Beschwerdeführer „jeweils“ (US 7 letzter Absatz), somit bei Vornahme der jeweiligen Vertretungshandlung (US 7 Mitte iVm US 5 ff), das konstatierte Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) um den Missbrauch seiner Vertretungsbefugnis und die Schädigung seiner Machtgeber hatte.
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen entsprechenden Rechtsfehler mangels Feststellungen behauptet, übergeht sie eben diese Konstatierungen (US 7 iVm 5 ff) und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Das weitere, Schuldspruch B./ betreffende Vorbringen (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an der – unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit der durch den Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) verdeutlichten Entscheidungsgründe– erkennbar getroffenen (RIS‑Justiz RS0117228; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19) Feststellung, der Angeklagte habe die von ihm gefälschten Rechnungen (ersichtlich gemeint:) durch „Aufnahme in die Buchhaltung“ der O***** GmbH bzw der SI***** GmbH „freigegeben“ (US 6 ff iVm US 3) und leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb das darin zum Ausdruck gebrachte Zugänglichmachen (Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 223 Rz 214) im internen Bereich der genannten Gesellschaften (nämlich gegenüber den jeweils zuständigen Mitarbeitern „der Buchhaltung“ nach durch ihn erfolgter Bewilligung der Zahlung) kein iSd § 223 Abs 2 StGB tatbildlicher Gebrauch im Rechtsverkehr wäre (vgl RIS‑Justiz RS0095802; Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 223 Rz 216).
Die auf eine rechtliche Einordnung der dem Schuldspruch B./ zugrunde liegenden Taten unter § 223 Abs 2 StGB idF BGBl 1974/60 (anstatt idgF) abzielende Subsumtionsrüge (Z 10) lässt offen, aus welchem Grund das Tatzeitrecht trotz der mit BGBl I 2015/112 eingeführten alternativen Androhung auch einer (primären) Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen (neben der unverändert angedrohten Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr) günstiger gewesen sein sollte als die seit dem 1. Jänner 2016 in Kraft stehende Fassung, maW weshalb nach dem Gesetz eine primäre Freiheitsstrafe gegenüber einer (zumindest alternativ angedrohten) primären Geldstrafe die mildere Strafart darstellen soll (vgl RIS‑Justiz RS0088989; zuletzt 11 Os 99/16t).
Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS‑Justiz RS0116823, RS0124801). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie lediglich der vom Erstgericht als Hinderungsgrund für ein diversionelles Vorgehen angeführten (US 11) Annahme des Vorliegens schwerer Schuld (§ 198 Abs 2 Z 2 StPO) eigene Erwägungen zu Schuldkriterien entgegensetzt, das Fehlen spezial- und generalpräventiver Diversionshindernisse aber nicht einmal behauptet. Solcherart macht das Rechtsmittel nicht deutlich, weshalb bei einer auf die eigene Bereicherung „zur Schaffung eines zusätzlichen finanziellen Polsters“ (US 8) ausgerichteten, in einem Zeitraum von rund sieben Monaten durch mehrfache Tatwiederholung begangenen Untreue mit einem seinen Machtgebern zugefügten – wenn auch im Lauf des Strafverfahrens nachträglich gutgemachten – Schaden von deutlich über 100.000 Euro (US 7) der mit einer solchen Vorsatztat einhergehende hohe soziale Störwert eine Bestrafung nicht erfordern sollte, um insbesondere der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl etwa 15 Os 91/16w; 15 Os 26/09a; 11 Os 93/14g; 14 Os 66/15k).
Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher– in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuatur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Angeklagten – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Im Recht ist die Nichtigkeitsbeschwerde allerdings mit ihrem Einwand, wonach dem Schuldspruch zu A./III./ ein Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) anhaftet. Dass nämlich der nach den Urteilsannahmen als Geschäftsführer der S***** GmbH agierende Angeklagte zum Tatzeitpunkt (am 5. November 2014) tatsächlich die Befugnis hatte, im Namen dieser Gesellschaft über die Auszahlung eines Guthabens beim Magistrat der Stadt Wien zu disponieren, das aus der Überzahlung eines anderen Unternehmens der im Urteil nicht näher dargestellten „S*****“, nämlich der (mittlerweile veräußerten) M***** GmbH, resultierte, lässt sich dem Urteil mangels jeglichen Sachverhaltssubstrats zu einem allfälligen Forderungsübergang von der M***** GmbH auf die S***** GmbH nicht entnehmen (US 4 ff, 7 f).
Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen macht die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO) erforderlich.
Sollte der Angeklagte eine Befugnis zur Disposition über ein im Tatzeitpunkt tatsächlich der M***** GmbH zustehendes Guthaben gegenüber deren Schuldner bloß vorgetäuscht haben, käme – im Fall eines entsprechenden Vorsatzes und allfälligen Schadens des solcherart irregeführten Schuldners zufolge missglückter Schuldbefreiung – im Übrigen auch Strafbarkeit wegen Betrugs zum Nachteil des Schuldners in Betracht ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 153 Rz 50; Tipold in Leukauf/Steininger StGB 4 § 153 Rz 55; vgl auch 15 Os 121/16g). Ein Betrug zum Nachteil der M***** GmbH wäre denkbar, wenn den Angeklagten dieser gegenüber eine Rechtspflicht zur Unterrichtung über die an der Adresse der S***** eingelangte Guthabensanzeige (US 5) traf und er mit betrugsspezifischem Vorsatz gegenüber Verfügungsbefugten der M***** GmbH eine nach der Rechtsordnung gebotene Aufklärung darüber unterließ, sodass diese in der Folge irrtümlich die Abrufung des Guthabens unterließen (vgl Tipold in Leukauf/Steininger StGB 4 § 146 Rz 18, 21, 36).
Mit seiner gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung war der Angeklagte ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die gegen das Urteil überdies angemeldete „Beschwerde“ (ON 63) war zurückzuweisen, weil eine solche zur Anfechtung von Urteilen nicht offen steht (vgl § 280 StPO in Bezug auf Urteile der Landesgerichte als Schöffengerichte).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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