OGH 10Ob23/18g

OGH10Ob23/18g26.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder 1. S*, geboren * 2002, 2. A*, geboren * 2004, und 3. S*, geboren *2006, vertreten durch Mag. Florian Kucera, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhaltsverpflichtung des Vaters Mag. S*, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in Wien, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. Oktober 2017, GZ 42 R 164/17d‑65 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Jänner 2018, GZ 42 R 164/17d‑67, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 3. März 2017, GZ 2 Pu 132/15z‑58, infolge Rekurses des Vaters teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122365

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Obsorge für die drei 2002, 2004 und 2006 geborenen Kinder steht beiden Eltern zu. Diese praktizieren seit April 2011 ein Wechselmodell, in dem die Kinder jeweils abwechselnd eine Woche im Haushalt der Mutter und eine Woche im Haushalt des Vaters verbringen und sich auch in den Ferien jeweils in gleichem zeitlichen Umfang bei beiden Eltern aufhalten. Die Kosten für Freizeitaktivitäten und allfälligen Sonderbedarf werden im Verhältnis 50 : 50 zwischen den Eltern aufgeteilt. Die Mutter bezieht die Familienbeihilfe.

Der Vater war zuletzt aufgrund eines Vergleichs vom 19. 10. 2011 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je 523 EUR für die beiden älteren und 405 EUR für das jüngste Kind verpflichtet.

Er ist für zwei weitere Kinder, geboren * 2013 und * 2014, sowie ab 1. 1. 2015 (teilweise) für seine nunmehrige Ehegattin sorgepflichtig. Seine Ehegattin bezog vom 4. 11. 2014 bis 10. 8. 2015 ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld von 56,84 EUR täglich sowie vom 11. 8. 2015 bis 31. 10. 2015 ein Nettoeinkommen von insgesamt 3.722,88 EUR.

Der Reingewinn des selbständig erwerbstätigen Vaters betrug von 2013 bis 2015 im Monatsdurchschnitt 6.222,13 EUR. Seine Privatentnahmen beliefen sich von 2013 bis 2015 auf durchschnittlich 10.119,77 EUR monatlich. Sein „steuerliches“ Einkommen bemaß sich im Durchschnitt von 2013 bis 2015 mit 17.463,99 EUR jährlich.

An die Mutter zahlt der Vater seit zumindest 1. 11. 2014 einen monatlichen Betrag von 1.000 EUR an Ehegattenunterhalt. Vom 1. 11. 2014 bis 1. 2. 2015 bezog die Mutter zusätzlich Notstandshilfe von 26,15 EUR täglich, monatlich gerundet 800 EUR. Vom 2. 2. 2015 bis 31. 12. 2015 erzielte sie inklusive anteiliger Sonderzahlungen ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.105,69 EUR. Vom 1. 1. 2016 bis 30. 6. 2016 bezog sie inklusive einer anteiligen Sonderzahlung und einer anteiligen Prämie durchschnittlich 1.357,63 EUR netto im Monat und vom 1. 7. 2016 bis (hochgerechnet) 31. 12. 2016 inklusive der anteiligen Sonderzahlungen sowie der anteiligen Prämie 1.380,05 EUR netto monatlich. Die im Februar 2016 ausgezahlte Nettoprämie betrug 1.439,53 EUR.

Mit Schriftsatz vom 24. 10. 2014 begehrte der Vater eine Unterhaltsherabsetzung ab 1. 11. 2014. Am 11. 11. 2015 wurde die Herabsetzung auf monatlich je 25 EUR für die beiden älteren und 0 EUR für das jüngste Kind modifiziert.

Die Kinder sprachen sich gegen die begehrte Unterhaltsherabsetzung aus.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für alle drei Kinder gestaffelt ab 1. 11. 2014 bis 29. 2. 2016 sowie ab 1. 3. 2016 laufend herab. Aufgrund des beträchtlichen Einkommensunterschieds sei trotz gleichteiliger Betreuung ein Ausgleichsbetrag festzusetzen. Nach der Prozentkomponente sei der Unterhaltsanspruch gegen jeden Elternteil separat zu ermitteln und bei einer gleichteiligen Betreuung zu halbieren. Der vom Vater zu leistende Betrag sei dem Anspruch des Kindes gegen die Mutter gegenüberzustellen. Bemessungsgrundlage seien für den Vater seine den durchschnittlichen Reingewinn übersteigenden Privatentnahmen. Die zusätzlichen Sorgepflichten des Vaters für drei Kinder sowie die geschiedene und die nunmehrige Ehegattin seien jeweils mit Prozentabzügen zu berücksichtigen. Für die Mutter (geschiedene Ehegattin) sei ab 1. 11. 2014 ein Abzug von 2 % gerechtfertigt, für die nunmehrige Ehegattin seien vom 1. 1. 2015 bis 31. 10. 2015 1 % und ab 1. 11. 2015 2 % abzuziehen. Ausgehend vom Verhältnis der fiktiven Unterhaltsansprüche gegenüber beiden Eltern sei die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe zu vier Fünftel von der nach diesen Kriterien ermittelten Unterhaltsverpflichtung des Vaters abzuziehen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kinder nicht, demjenigen des Vaters hingegen teilweise Folge und setzte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters jeweils gestaffelt vom 1. 11. 2014 bis 30. 6. 2016 sowie ab 1. 7. 2016 für die beiden älteren Kinder beginnend mit 260 EUR und endend mit 230 EUR sowie für das jüngste Kind gestaffelt vom 1. 11. 2014 bis 30. 6. 2016 mit 160 EUR bis 90 EUR und ab 1. 7. 2016 mit 240 EUR fest. Es teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem besser verdienenden Elternteil im betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell sowie zur Anrechnung der Familienbeihilfe nach dem Verhältnis der fiktiven Unterhaltsansprüche. Als nicht berechtigt erachtete es das Argument der Kinder, bei Ermittlung des Nettoeinkommens ihrer Mutter sei die im Jahr 2016 bezogene Prämie auch ab dem 1. 1. 2017 zu Unrecht berücksichtigt worden. Eine nur einmal erfolgte Auszahlung dieser Prämie lasse sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Der Umstand, dass der Vater nur geringe Einkommensteuern zahle, ändere nichts an der Anrechnung der Familienbeihilfe zu seinen Gunsten. Auch in Fällen der gleichwertigen Betreuungs‑ und Naturalleistungen der Eltern erfolge die Anrechnung der Familienbeihilfe nicht über die Steuer, sondern über den aliquoten Abzug der tatsächlich bezogenen Leistung. Es folgte dem Argument des Vaters zur Begrenzung des nach der Prozentkomponente ermittelten Unterhaltsbetrags mit dem zweifachen bzw ab dem 10. Lebensjahr zweieinhalbfachen Regelbedarf für Kinder; für das jüngste Kind ergebe sich ein höherer Unterhaltsbetrag erst ab der Vollendung des 10. Lebensjahres, somit erst ab 1. 7. 2016.

Über Antrag der Kinder ließ das Rekursgericht nachträglich den Revisionsrekurs zu und berichtigte gleichzeitig seinen Beschluss in der Unterhaltsfestsetzung für die beiden älteren Kinder für den Zeitraum 1. 2. bis 30. 6. 2015 (monatlicher Unterhaltsbetrag je 231 EUR statt 230 EUR). Die Abänderung des Zulassungsausspruchs begründet es damit, dass noch zu klären sei, inwieweit die anteilige Anrechnung der Familienbeihilfe beim betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell ungeachtet der tatsächlich in Österreich zu entrichtenden Einkommensteuer der Eltern erfolgen solle.

Rechtliche Beurteilung

Der beantwortete Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Die Kinder bemängeln im Revisionsrekurs eine über den Anfechtungsumfang hinausgehende Herabsetzung zu ihren Lasten. Diesem Argument hat das Rekursgericht jedoch durch seinen Berichtigungsbeschluss nachträglich Rechnung getragen und die Kinder insoweit beschwerdefrei gestellt.

2.1 Es ist unstrittig, dass die Eltern ein Betreuungsmodell praktizieren, in dem die Betreuungs‑ und Naturalleistungen gleichwertig sind. Bei einem derartigen unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodell besteht nach der jüngeren Judikatur kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes, wenn das Einkommen der Eltern etwa gleich hoch ist oder den Eltern ein solches Einkommen zur Verfügung steht, das jeweils zu über der Luxusgrenze liegenden Unterhaltsansprüchen des Kindes führt (1 Ob 158/15i mwN). Beides trifft hier nicht zu, weshalb den Kindern nach der jüngeren, mittlerweile gefestigten Rechtsprechung ein Restgeldunterhaltsanspruch (Differenzunterhalt) gegen den besserverdienenden Vater zusteht (1 Ob 158/15i; 1 Ob 151/16m; 8 Ob 89/17x).

2.2 In der – bereits von den Vorinstanzen zitierten und verwerteten – Entscheidung 1 Ob 158/15i hat der Oberste Gerichtshof das folgende, in der Entscheidung 8 Ob 89/17x fortgeschriebene Modell für die Festsetzung des Differenzunterhalts entwickelt: Zunächst ist der fiktive Geldunterhaltsanspruch des Kindes gegen jeden Elternteil nach der Prozentmethode – bei weit überdurchschnittlichem Einkommen des besser verdienenden Elternteils unter Bedachtnahme auf die sogenannte Luxusgrenze – zu ermitteln. Die nur von einem Elternteil bezogene Familienbeihilfe wird im Verhältnis dieser fiktiv ermittelten Geldunterhaltsansprüche geteilt. Der so errechnete „Familienbeihilfeanteil“ wird vom fiktiven Unterhaltsanspruch abgezogen. Beide Unterhaltsansprüche sind zu halbieren und letztlich zu saldieren. Der so ermittelte Differenzbetrag ist Grundlage für die Bemessung des vom besser verdienenden Elternteil zu leistenden Ausgleichsbetrags.

2.2.1 Die Kinder sehen in der Saldierung der fiktiven Unterhaltsansprüche eine mangels Parteienidentität „unsaubere“ Gegenverrechnung mit dem Ergebnis, dass die Kinder ihren Unterhaltsanspruch gegen beide Eltern nicht exekutiv durchsetzen könnten. Dieses Argument überzeugt nicht, weil zufolge § 231 Abs 2 ABGB gegen den betreuenden Elternteil (bei gegebener Leistungsfähigkeit des anderen) grundsätzlich gar kein Geldunterhaltsanspruch besteht. Der für das unterhaltsrechtliche Modell nach Gegenüberstellung der fiktiven Unterhaltsansprüche bestehende Restgeldunterhaltsanspruch gegen den besser Verdienenden soll ja den geringeren Lebensstandard, an dem das Kind beim anderen Elternteil teilnimmt, lediglich ausgleichen.

2.2.3 Abgesehen von diesem Einwand stellen die Kinder das Bestehen eines Restgeldunterhaltsanspruchs im unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodell nicht in Frage. Ihre Kritik an der Unterhaltsbemessung durch das Rekursgericht beschränkt sich auf a) die grundsätzliche Anrechnung der Familienbeihilfe zu Gunsten des Vaters, b) die Ermittlung des Nettoeinkommens der Mutter für das Jahr 2017 als Grundlage des fiktiven Geldunterhaltsanspruchs und c) die Höhe des die weitere Unterhaltspflichten für die geschiedene und die nunmehrige Ehegattin berücksichtigenden Prozentabzugs.

3.1. Die in 1 Ob 158/15i entwickelte Methode der Anrechnung der Familienbeihilfe stieß im Schrifttum auf Kritik:

3.1.1 Nach Neuhauser (Glosse zu 1 Ob 158/15i, iFamZ 2015, 277 [278]) sind Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 3 EStG: 58,40 EUR) zu addieren. Von der Summe ist der Unterhaltsabsetzbetrag (29,20 EUR) abzuziehen. Dieser Betrag ist dann nach dem Verhältnis, das sich aus der Gegenüberstellung der ermittelten fiktiven Unterhaltspflichten der Eltern ergibt, aufzuteilen und jeweils von beiden Unterhaltspflichten abzuziehen.

3.1.2 Gitschthaler (Glosse zu 1 Ob 158/15i, EF‑Z 2016, 16) vermisst zunächst die Berücksichtigung des Kinderabsetzbetrags, welche die Unterhaltsverpflichtung des (besser verdienenden) Vaters etwas verringert hätte.

3.1.3 Tews (EF‑Z 2016, 245) schlägt als richtige Methode vor, die im umgekehrten Verhältnis der Betreuungszeiten (für den Fall, dass kein 50 : 50 Verhältnis vorliegt) reduzierten Geldunterhaltspflichten der Eltern zu saldieren und dann erst dem (besser verdienenden) Vater den Anteil von der Familienbeihilfe abzuziehen. Diese Berechnung führt zu einer geringeren Unterhaltsverpflichtung des restgeldunterhaltspflichtigen Elternteils.

3.1.4 Die Berechnungen von Gitschthaler und Tews mit einem Ergebnis zugunsten des besser verdienenden Elternteils sind hier nicht relevant. Der Vater hat keinen Revisionsrekurs erhoben, mit dem er eine weitere Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht begehrt.

3.1.5 Marginale Differenzen ergibt das Kinder- und Unterhaltsabsetzbetrag berücksichtigende Berechnungsmodell Neuhausers (iFamZ 2015, 278) bezogen auf die der Entscheidung 1 Ob 158/15i zugrundeliegende Ermittlung des Unterhaltsbetrags. Neuhausers Ergebnis beträgt 261 EUR, jenes des Obersten Gerichtshofs 252 EUR, wobei der Unterhaltsbetrag gerundet mit 260 EUR festgesetzt wurde. Hier sind durchaus vergleichbare Unterhaltsbemessungsgrundlagen gegeben. Der fiktive Unterhaltsanspruch gegen den Vater wurde beispielsweise für die beiden älteren Kinder jedenfalls mit dem Zweieinhalbfachen des Durchschnittsbedarfs (930 EUR von 2014 bis 30. 6. 2015) beziffert. Die Höhe des fiktiven Unterhaltsanspruchs gegen die Mutter ist jenem, der Neuhausers Berechnungsmodell zugrunde liegt, durchaus vergleichbar und in gewissen Zeiträumen sogar höher. Unterhaltsbemessungen sollten (wenn auch manchmal anders gehandhabt) nicht in reine Rechenexempel ausarten.

3.1.6 Gitschthaler (EF‑Z 2016, 16) sieht die Berechnungsmethode des 1. Senats des Obersten Gerichtshofs zufolge § 231 Abs 2 Satz 2 ABGB in Fällen als problematisch, in denen ein Elternteil nichts oder unterhalb des Existenzminimums verdient. Dieses Problem stellt sich bei den hier gegebenen Einkommensverhältnissen der Mutter jedoch ohnehin nicht.

3.1.7 Nach Schwimann/Kolmasch, Unterhalts-recht8 112 f, soll die Anrechnung von Transferleistungen nur eingreifen, wenn und soweit der konkret geleistete Unterhalt tatsächlich mit Steuer belastet ist. Eine Entlastungsnotwendigkeit besteht nach dieser Ansicht daher nicht für die fiktive Unterhaltsleistung, sondern ausschließlich für den weitaus geringeren Restunterhalt. Aufgrund der eigentlichen Funktion der Familienbeihilfe wird eine Aufteilung auf beide Elternteile im Verhältnis 1 : 1 als gerechtfertigt angesehen. Nach dieser Methode ist daher zunächst der Restgeldunterhalt ohne Berücksichtigung von Transferleistungen zu ermitteln und dann bei beiden Elternteilen zu prüfen, ob jeweils eine Entlastung stattzufinden hat. Dabei sind dann auf beiden Seiten die Transferleistungen und steuerlichen Absetzbeträge zu berücksichtigen.

3.1.8 In diese Richtung argumentieren auch die Revisionsrekurswerber. Sie sehen eine steuerliche Entlastung des Vaters als nicht gerechtfertigt an, weil er aufgrund der lukrierten Unterhaltsabsetzbeträge tatsächlich wenig bis gar keine Einkommensteuer zu zahlen hatte. Das Ausmaß der tatsächlichen Steuerlast hat das Erstgericht nicht festgestellt. Das musste es auch aus folgenden Erwägungen nicht:

3.1.9 Die Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass eine im Rahmen der Unterhaltsbemessung gebotene steuerliche Entlastung nicht zu erfolgen hat, wenn der Unterhaltsschuldner in Österreich nicht steuerpflichtig ist (RIS‑Justiz RS0117122) oder aufgrund eines nicht steuerpflichtigen Betriebsergebnisses sein Einkommen gar nicht versteuern muss (1 Ob 257/09i = RIS‑Justiz RS0125750). Die nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen basiert auf dem Modell der getrennten Haushaltsführung (vgl RIS‑Justiz RS0117015), in dem ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuungsleistungen und der andere durch Geldleistungen (allenfalls kombiniert mit anzurechnenden Naturalleistungen) erfüllt. Bei getrennter Haushaltsführung hat die Familienbeihilfe die Funktion, Betreuungsleistungen abzugelten und die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu bewirken (RIS‑Justiz RS0117015 [T20]). Im unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodell mit gleichwertigen Betreuungs‑ und Naturalleistungen tritt zunächst die Funktion der Familienbeihilfe als Abgeltung von Betreuungsleistungen in den Vordergrund. Die zu 1 Ob 158/15i gefundene Lösung bringt einen Ausgleich zwischen den im gleichen Ausmaß Betreuenden, von denen nur einer die Familienbeihilfe beziehen kann. Wird diese Transferleistung (einschließlich des Kinderabsetzbetrags) rein theoretisch an den besser Verdienenden ausgezahlt, ist ein Ausgleich unter dem Aspekt der steuerlichen Entlastung zu Gunsten des schlechter Verdienenden zu hinterfragen, weil dieser überhaupt nicht geldunterhaltspflichtig ist. Die Familienbeihilfe und der nach § 33 Abs 3 EStG gemeinsam ausgezahlte Kinderabsetzbetrag dienen bei gleichwertigen Betreuungsleistungen primär der Unterstützung der Betreuenden in finanzieller Sicht. Den besser verdienenden Elternteil treffen in der Regel aufgrund des höheren Lebensstandards, an dem die Kinder letztlich durch den Differenzunterhaltsanspruch teilnehmen sollen, auch höhere finanzielle Belastungen. Diese Mehrbelastung spricht nach Auffassung des erkennenden Senats gegen eine Aufteilung der Familienbeihilfe im Verhältnis 50 : 50, wie sie im Schrifttum teils vorgeschlagen wird.

Eine Entlastung findet in dem in 1 Ob 158/15i entwickelten Modell statt, indem die Gegenüberstellung der fiktiven Unterhaltsansprüche und die dieser entsprechende Aufteilung der Familienbeihilfe den besserverdienenden Elternteil ohnehin bereits begünstigt. Aus diesem Grund findet keine weitere steuerliche Entlastung statt.

4. Ergebnis: Die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe ist im Sinn von 1 Ob 158/15i nur zugunsten des differenzunterhaltspflichtigen Vaters nach dem Verhältnis der jeweiligen fiktiven Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen.

5. Für eine unterhaltsberechtigte (geschiedene) Ehegattin sind je nach Eigeneinkommen 0 bis 3 % von dem für das unterhaltsberechtigte Kind maßgeblichen Prozentsatz abzuziehen (RIS‑Justiz RS0053242 [T1]). Die Kinder meinen im Revisionsrekurs, sowohl für ihre Mutter (geschiedene Ehegattin des Vaters) als auch für seine nunmehrige Frau seien geringere Abzüge von den Unterhaltsprozentsätzen gerechtfertigt. Dabei lassen sie jedoch außer Acht, dass das Rekursgericht (anders als das Erstgericht) den fiktiven Unterhaltsanspruch gegen den Vater nicht nach der sogenannten Prozentkomponente bemessen, sondern im Sinne der sogenannten Luxusgrenze mit dem Zweieinhalb- bzw Zweifachen des für die jeweilige Altersgruppe geltenden Durchschnittsbedarfs beschränkt hat. Diese Bemessung zieht der Revisionsrekurs nicht in Zweifel.

6.1 Die Kinder akzeptieren die Berechnung des fiktiven Unterhaltsanspruchs gegen die Mutter als richtig, ausgenommen die Zeit ab 1. 1. 2017. Ihrer Auffassung nach ist die im Februar 2016 ausgezahlte Prämie von 1.439,53 EUR netto für die laufende Unterhaltspflicht (ab 1. 7. 2016) nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen.

6.2 Maßgeblich für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage ist der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz, der 3. 3. 2017. Es ist richtig, dass nach der Rechtsprechung bei der Unterhaltsbemessung für die Zukunft maßgebend ist, ob das in der Vergangenheit erzielte Einkommen darauf schließen lässt, dass der Unterhaltspflichtige auch weiterhin ein Einkommen in ähnlicher Höhe erzielen wird (4 Ob 194/11z, RIS‑Justiz RS0047509 [T8]). Welche Beobachtungszeiträume heranzuziehen sind, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0047509 [T10]). Das Erstgericht hat vom 1. 1. 2016 bis 30. 6. 2016 (inklusive des monatlichen Unterhalts von 1.000 EUR) ein monatliches Nettoeinkommen der Mutter von 2.347,63 EUR und ab 1. 7. 2016 von 2.380,05 EUR festgestellt. Vom 1. 2. bis 31. 12. 2015 betrug ihr Einkommen 2.105,69 EUR. Extreme Einkommensschwankungen in den Jahren 2015 und 2016 und die Notwendigkeit, das jeweilige Einkommen für einen kürzeren Bezugszeitraum zu ermitteln und dieses der Bemessung des laufenden Unterhalts ab 1. 1. 2017 zugrundezulegen, sind nicht zu erkennen.

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