OGH 7Ob105/17t

OGH7Ob105/17t29.11.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Verlassenschaft nach S***** E*****, verstorben am *****, 2. M***** E*****, vertreten durch DDr. Michael Hermann Dohr, LL.M., LL.M., Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 20.000 EUR sA und Feststellung, über die Revision der zweitklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2017, GZ 15 R 34/17f‑76, mit dem das (richtig:) Teilurteil des Landesgerichts St. Pölten vom 3. Januar 2017, GZ 10 Cg 27/16i‑72, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00105.17T.1129.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweitklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Zweitkläger und der am 12. 5. 2010 verstorbene A***** E***** waren Brüder.

Die beklagte Gebietskörperschaft (das Bundesland) ist Trägerin des Landesklinikums W*****.

A***** E***** (= Bruder des Zweitklägers), geboren am *****. 11. 1984, verletzte sich am 17. 4. 2010 im Bereich des linken Kniegelenks. Er wurde in die unfallchirurgische Ambulanz des Landesklinikums gebracht, wo ein Riss der linken Kniescheibensehne diagnostiziert wurde. Der Bruder des Zweitklägers wurde stationär aufgenommen; noch am Unfalltag wurde in Spinalanästhesie die linke Kniescheibensehne bei offener Wunde genäht und postoperativ eine Oberschenkelspaltgipshülle angelegt. Am 24. 4. 2010 wurde der Bruder des Zweitklägers in häusliche Pflege entlassen.

Bei einer Kontrolle am 12. 5. 2010 schilderte der Bruder des Zweitklägers dem Arzt Schmerzen im Oberschenkel und er wies auf eine Schwellung im operierten Bein hin. Aufgrund des Umstands, dass der Bruder des Zweitklägers Risikopatient war und wegen der geschilderten Schwellung sowie der Schmerzen, hätte der Arzt sofort eine Thromboseabklärung veranlassen müssen, was er jedoch nicht tat. Bei nur dem geringsten Thromboseverdacht muss eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Der Bruder des Zweitklägers wurde demgegenüber nur zur nächsten Kontrolle in zwei Wochen wiederbestellt.

Nach dem Kontrolltermin noch am 12. 5. 2010 wurde der Bruder des Zweitklägers tot aufgefunden. Unmittelbare Todesursache war eine Lungenembolie ausgehend von einer Thrombose im linken Bein.

Zwischen dem Zweitkläger, geboren ***** 8. 1986, und seinem verstorbenen Bruder bestand eine sehr innige Gefühlsgemeinschaft, die über die übliche Beziehung zwischen erwachsenen Brüdern hinausgeht. Die beiden sahen sich fast täglich, telefonierten mehrmals täglich miteinander und unternahmen viel gemeinsam. Die Eltern der Brüder hatten sich früh scheiden lassen und der verstorbene Bruder übernahm die „Vaterrolle“ in der Familie.

Der Bruder unterstützte sowohl die Mutter als auch den Zweitkläger finanziell. Der Bruder und M***** M***** waren seit 2006 Lebensgefährten und wollten heiraten. Sie lebten ca zwei bis drei Jahre bis zum Tod des Bruders in Haushaltsgemeinschaft in einer von der Lebensgefährtin gemieteten Wohnung. Die Wochenenden verbrachte der Bruder des Zweitklägers meistens in der Wohnung seiner Mutter, in der auch der Zweitkläger lebt.

Der Zweitkläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von 20.000 EUR sA für Schock- und Trauerschäden sowie die Feststellung, dass die Beklagte für alle künftig entstehenden Schäden resultierend aus dem Tod seines Bruders hafte. Dessen Ableben beruhe auf einer mangelhaften Behandlung und Nachsorge, weil die Thromboseprophylaxe durch die Erfüllungsgehilfen der Beklagten unzureichend gewesen sei. Der beklagte Spitalserhalter hafte für das Fehlverhalten seiner Organe bzw Erfüllungsgehilfen. Es bestehe eine vertragliche Anspruchsgrundlage, weil in der Verletzung der Hauptleistungspflicht gegenüber dem Bruder auch eine Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Zweitkläger liege. Dieser sei aus dem Behandlungsvertrag so geschützt, dass er für den eingetretenen Schock- und Trauerschaden mit Krankheitswert vom Beklagten als Vertragspartner des Verstorbenen Ersatz begehren könne. Es bestehe aber auch eine deliktische Haftung des Beklagten für das grob fahrlässige Verhalten des behandelnden Arztes. Den Zweitkläger habe mit seinem Bruder ein inniges Verhältnis und eine intensive Gefühlsgemeinschaft verbunden. Die Beziehung der Brüder sei weit über das normale Geschwisterverhältnis hinausgegangen. Der Bruder sei für den Zweitkläger Ratgeber in allen Lebenslagen und gleichzeitig bester Freund gewesen. Der Zweitkläger könne weder ins Berufsleben finden noch sei er in der Lage, von dem ihn tief traumatisierenden Tod des älteren Bruders Abstand zu gewinnen. Der Zweitkläger bedürfe permanenter psychiatrischer Betreuung und Behandlung. Spätfolgen könnten nicht ausgeschlossen werden. Weitere Behandlungskosten wären gewiss, weshalb auch ein Feststellungsinteresse bestehe.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Ein Behandlungsfehler habe nicht vorgelegen. Zum Zweitkläger habe kein Vertragsverhältnis bestanden. Eine Schadenersatzverpflichtung der Beklagten aufgrund der Verletzung vertraglicher Pflichten scheide aus. Der Zweitkläger sei kein naher Angehöriger des Verstorbenen iSd Entscheidung 9 Ob 83/09k gewesen. Er sei dem Verstorbenen gegenüber weder zu Unterhaltsleistung noch sonst gesetzlich zum Beistand verpflichtet gewesen. Die Brüder hätten nicht in Wohngemeinschaft gelebt und es habe zwischen ihnen keine über das normale geschwisterliche Naheverhältnis hinausgehende besonders innige Beziehung bestanden, die eine Zurechnung des Zweitklägers in den Behandlungsvertrag des Verstorbenen gerechtfertigt hätte. Es liege kein Trauerschaden mit Krankheitswert vor.

Das Erstgericht wies mit seinem (richtig:) Teilurteil die Begehren des Zweitklägers auf Zahlung und Feststellung ab. Es war der Rechtsansicht, dass die Ärzte nicht Repräsentanten des beklagten Spitalserhalters seien, der daher für seine Ärzte nur in den engen Grenzen des § 1315 ABGB deliktisch hafte. Dass sich dieser einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person bedient hätte, habe der Zweitkläger nicht behauptet und dafür gebe es auch keine Hinweise. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage für den Zweitkläger könnte sich gegenüber dem Spitalserhalter aufgrund der Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem Behandlungsvertrag ergeben. Solle allerdings die unterschiedliche Ausgestaltung von Delikts- und Vertragsrecht nicht aufgehoben werden, müsse der Kreis der geschützten Personen, denen statt deliktsrechtlicher auch vertragliche Schadenersatzansprüche zustünden, eng gezogen und auf die Kernfamilie beschränkt werden. Gegenüber Geschwistern bestünden deshalb selbst bei einer innigen Beziehung und bei einer – hier ohnehin nicht vorgelegenen – Haushaltsgemeinschaft keine solchen Schutz- und Sorgfaltspflichten mehr, seien sich doch Geschwister gesetzlich gegenseitig weder zur Fürsorge noch zum Beistand oder zur Leistung von Unterhalt verpflichtet. Eine vertragliche Haftung der Beklagten komme daher ebenfalls nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Zweitklägers nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, verneinte eine Repräsentantenhaftung des beklagten Spitalserhalters und war ebenfalls der Auffassung, dass aus einem Vertragsverhältnis begünstigte Personen nur solche Dritte seien, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluss vorhersehbar sei und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigen wolle oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse habe oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei. Die trotz weitgehend getrennter Haushalte besonders innige Gefühlsbeziehung zwischen den Brüdern, wobei die festgestellte „Vaterrolle“ des Verstorbenen unbestimmt geblieben sei und ihr wegen des geringen Altersunterschieds zwischen den Brüdern von weniger als 2 Jahren keine wesentliche Bedeutung zukommen könne, sei bei Abschluss des Behandlungsvertrags ebenso wenig bekannt gewesen wie die finanzielle Unterstützung des Zweitklägers durch seinen Bruder. Auch sonst hätten bei Aufnahme in das Krankenhaus keine Umstände bestanden, aus welchen ein Kontakt mit der Leistung (Behandlung) oder ein unmittelbares Interesse von Geschwistern des Patienten erkennbar gewesen wäre. Demnach bestehe keine vertragliche Anspruchsgrundlage des Zweitklägers gegen den beklagten Spitalserhalter.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Anspruch von Geschwistern auf Schmerzengeld wegen Trauerschmerzen und/oder Schockschäden gegenüber dem Träger einer Krankenanstalt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Zweitklägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass seinen Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde. Hilfsweise stellt der Zweitkläger auch einen Aufhebungsantrag.

Der beklagte Spitalserhalter erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1.  Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach eine deliktische Haftung des beklagten Spitalserhalters auf der Grundlage der Repräsentantenhaftung ausscheide, tritt der Zweitkläger in seiner Revision nicht entgegen. Auf diese Anspruchsgrundlage ist daher nicht mehr einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0043338 [T4, T13, T15, T27]).

2.  Der Zweitkläger stützt seinen Anspruch auf Schadenersatz für Schockschaden und Trauerschmerzen in der Revision nur mehr auf den sogenannten Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Soweit sich der Zweitkläger zu diesem Zweck auf Entscheidungen stützt, in denen solche Ansprüche naher Angehöriger auf deliktischer Grundlage geltend gemacht und beurteilt wurden, sind diese nicht (unmittelbar) einschlägig.

3.  Grundsätzlich macht eine Vertragsverletzung nur dem Gläubiger gegenüber ersatzpflichtig. Nach gesicherter Rechtsprechung bestehen aber Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis nicht nur zwischen den unmittelbaren Vertragsparteien, sondern auch gegenüber dritten Personen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maß gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. Begünstigt sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluss vorhersehbar war und die der Vertragspartner (des Hauptleistungspflichtigen) entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte, an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist (4 Ob 33/14b mwN; RIS-Justiz RS0020769).

4.  Von einer Sorgfalts- und Schutzpflicht zugunsten Dritter am Vertrag nicht beteiligter Personen ist aber nur dann auszugehen, wenn bei objektiver Auslegung des Vertrags anzunehmen ist, dass eine Sorgfaltspflicht auch in Bezug auf die dritte Person übernommen wurde (2 Ob 266/74 = SZ 48/23; RIS-Justiz RS0017195). Auch der begünstigte Personenkreis wird durch objektive Auslegung des Vertrags bestimmt (RIS-Justiz RS0037785 [T25]; RS0034594 [T19]). Soll die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Ausgestaltung von Delikts- und Vertragsrecht nicht aufgehoben oder verwischt werden, muss der Kreis der geschützten Personen, denen statt/neben delikts- auch vertragsrechtliche Schadenersatzansprüche zugebilligt werden, eng gezogen werden (RIS-Justiz RS0022814), soll doch der Schuldner seine Risken überschauen können (6 Ob 21/04p; 7 Ob 50/86 = SZ 59/189 = JBl 1987, 40 = MietSlg 38/43; RIS-Justiz RS0034594 [T12]).

5.1.  In der Entscheidung 8 Ob 127/02p (= ZVR 2002/96 [ Karner ]) billigte der dort erkennende Senat einem ärztlichen Behandlungsvertrag die Schutzwirkung zu Gunsten einer dritten Person (dort: der Lebensgefährtin des später verstorbenen Patienten) grundsätzlich zu. Generelle Überlegungen zum Kreis der erfassten dritten Personen wurden dort allerdings nicht angestellt.

5.2.  Der Entscheidung 5 Ob 18/08w lag ebenfalls ein Behandlungsvertrag mit der fraglichen Schutzwirkung zu Gunsten Dritter zugrunde. Dort wurde ein Ersatzanspruch allerdings bereits aufgrund anderer Zurechnungsdefizite verneint.

5.3.  Die Entscheidung 4 Ob 36/10p (= RdM 2010/152 [krit Bernat ]) betraf demgegenüber ein Fehlverhalten eines Krankenpflegers, der behandlungsbedürftige Personen ohne Befassung eines Arztes abgewiesen hatte. Dort wurden (ua) Ansprüche kraft rechtlicher Sonderbeziehung wegen des Todes des Sohnes und Enkels untersucht (krit dazu Haag , Angehörigenschmerzengeld bei ärztlichen Behandlungsfehlern? „Zusätzlicher“ Mitverschuldenseinwand bei Angehörigenschmerzengeld? RdM 2011/34, 45).

6.  Der 9. Senat ist in seiner Entscheidung 9 Ob 83/09k (= ÖZPR 2010/116 [krit K. Mayr ]; EvBl 2010/132) davon ausgegangen, dass im Fall eines ärztlichen Kunstfehlers mit der Folge des Todes des Patienten auch der in aufrechter Lebensgemeinschaft mit dem Patienten lebende Ehegatte aus dem Behandlungsvertrag derart geschützt sei, dass er für einen bei ihm eingetretenen Trauerschaden mit Krankheitswert vom Vertragspartner des Getöteten (Träger der Krankenanstalt) Ersatz wegen Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten begehren könne. Der Senat führte aus: „Bei einer Krankenbehandlung bzw Operation steht der Ehegatte eines Patienten jedenfalls dann in einem a priori erkennbaren, durch seine Angehörigeneigenschaft begründeten Naheverhältnis zum Patienten, wenn die Lebensgemeinschaft aufrecht ist und keine Hinweise auf eine bereits eingetretene Entfremdung (wie zum Beispiel durch eine de-facto vorgenommene oder beabsichtigte Trennung) bestehen. Nicht zuletzt aufgrund der gegenseitigen Beistandspflicht nach § 90 Abs 1 ABGB, die nicht nur materiell, sondern auch immateriell zu gewähren ist, besteht ein erkennbares unmittelbares vertragliches Interesse beider Ehegatten an einer erfolgreichen Behandlung.“

7.  Zur Vertragsauslegung, ob im vorliegenden Fall der Zweitkläger abstrakt („a priori“) zu dem durch den Behandlungsvertrag gegebenenfalls geschützten Personenkreis gehört, ist zunächst eine generalisierende objektive Betrachtung erforderlich (Punkt 4.), die auch tatsächlich gewährleistet, dass für den Vertragspartner das Naheverhältnis des Dritten zur Vertragsleistung vorhersehbar und offensichtlich ist. Erst nach Bejahung dieser Voraussetzung ist in einem späteren Schritt für den konkret betroffenen Dritten das tatsächliche Vorliegen eines Schockschadens bzw von Trauerschmerzen zu prüfen.

8.  Dabei ist hier maßgeblich, dass der Zweitkläger der Bruder des verstorbenen Patienten war. Der Bruder war zum Todeszeitpunkt 36 Jahre, der Zweitkläger 34 Jahre alt. In einem solchen Alter ist zwischen Brüdern bei dem gebotenen objektiven Verständnis typischerweise keine auffallend innige soziale Nahebeziehung zu erwarten. Dass im Einzelfall besondere, von den üblichen Sozialstrukturen abweichende Verhältnisse vorgelegen haben mögen, ist für die zunächst vorzunehmende objektive Auslegung der personellen Reichweite möglicher Schutzwirkungen des Behandlungsvertrags nicht von Belang. Die in der Entscheidung 9 Ob 83/09k für die Einbeziehung des Ehegatten in den vom Behandlungsvertrag geschützten Personenkreis betonten Elemente der wechselseitigen gesetzlichen Unterhalts- und Beistandspflicht liegen zwischen Geschwistern ebenfalls nicht vor. Bei dieser Sachlage ergibt eine objektive Auslegung des Behandlungsvertrags, dass der Kreis der von seinen Schutz- und Sorgfaltspflichten umfassten Dritten erwachsene Geschwister des Vertragspartners (= behandelter Patient) nicht mehr einschließt. Diese Personengruppe hat zum behandelten Patienten bei vorerst abstrakter Bewertung regelmäßig keine derartig innige familiäre Beziehung, dass der aus dem Behandlungsvertrag Hauptleistungspflichtige mit deren Einbeziehung in den geschützten Personenkreis rechnen müsste. Es fehlt dann an der objektiven Vorhersehbarkeit eines darauf gerichteten Interesses des behandelten Patienten. Die Abweisung der vom Zweitkläger erhobenen Begehren durch die Vorinstanzen erweist sich daher als zutreffend, weshalb der Revision nicht Folge zu geben war.

9.  Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt richtig 22.500 EUR.

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