Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.280,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 669,15 an USt. und S 1.920,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Versicherungsgesellschaft begehrte gestützt auf § 67 VersVG, von der beklagten Gesellschaft mbH, einem Installationsunternehmen, S 192.246,-- s.A. und brachte vor, sie habe ihrem Versicherungsnehmer, der Fa.Wohnberatung M*** den Klagebetrag für erlittene Wasserleitungsschäden ersetzt. Die Beklagte habe im Haus, in dem sich das Geschäftslokal ihres Versicherungsnehmers befinde, in der Wohnung eines anderen Mieters Installationsarbeiten fahrlässig unsachgemäß durchgeführt, so daß eine Rohrverbindung gerissen und es in der Nacht vom 5. auf den 6.4.1982 zu einem beträchtlichen Wasserschaden in den benachbarten Räumlichkeiten, unter anderem auch beim Versicherungsnehmer der Klägerin, gekommen sei. Da sich die Verpflichtung zur sachgemäßen Durchführung von Installationsarbeiten gegenüber jederman erstrecke, der durch den unmittelbaren Nahebereich der Wasserleitung von einem allfälligen Wasseraustritt betroffen sein könnte, hafte die Beklagte der Fa.M***, und damit gemäß § 67 VersVG auch der Klägerin gegenüber.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie gab zu, in den genannten Räumlichkeiten im November 1981 Installationsarbeiten durchgeführt zu haben, wendete aber ein, daß sie diese Arbeiten sachgemäß durchgeführt habe. Der Schade sei durch einen sogenannten Wasserschlag, einen gelegentlich auftretenden besonderen Druckstoß im Leitungsnetz, entstanden.
Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:
Die Klägerin ist der Geschäftsversicherer der Fa.M***. Diese Versicherung umfaßt auch das Risiko des Leitungswasserschadens. Das Versicherungsobjekt umfaßt sämtliche Geschäfts- und Ausstellungsräumlichkeiten dieser Firma. Im Rahmen der Leitungswasserversicherung hat die Klägerin für Einrichtung, Ware, Adaptierung wie Malerei, Tapeten und Bodenbeläge etc. einzustehen. Die Beklagte hat im Haus, in dem sich das Geschäftslokal der Fa.M*** befinde, in einem Büro Installationsarbeiten unsachgemäß durchgeführt, indem sie ein verchromtes Kupferrohr zu kurz in die Holländerverschraubung mit Quetschdichtung montiert hat, so daß dieses dem üblichen Wasserdruck nicht standhielt. Die Verbindung riß in der Nacht vom 5. auf den 6.4.1982 aus und es kam zu einem beträchtlichen Wasserschaden in den benachbarten Räumlichkeiten, unter anderem auch im Einrichtungshaus M***. Ursache des Wasserschadens war nicht ein sogenannter "Wasserschlag", sondern die unsachgemäße Durchführung der Installationsarbeiten. Auch wenn diese bereits einige Monate vorher vorgenommen wurden und in der Zwischenzeit die WC-Spülung normal funktionierte, ist die mangelhafte Montage für den eingetretenen Schaden kausal. Die Klägerin hat im Rahmen der bestehenden Wasserleitungsversicherung aus Anlaß dieses Schadensereignisses ihrem Versicherungsnehmer einen Entschädigungsbetrag von S 192.246,-- geleistet.
Der Haftpflichtversicherer der Beklagten ist die W*** A*** Versicherungs-AG. Gleich nach dem Schadensfall besichtigten über deren Auftrag die Sachverständigen Ing.T*** und H*** die vom Wassereintritt in Mitleidenschaft gezogenen Objekte und erstatteten Schätzungsgutachten. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat mit Schreiben vom 17.5.1982 dieser gegenüber den ermittelten Schaden mit S 184.759,-- angegeben.
Im Gegensatz zum Haftpflichtversicherer der Beklagten ist die Klägerin als der Geschäftsversicherer nicht Zeitwert,- sondern Neuwertversicherer. Aus diesem Grund hat die Klägerin zu dem von der Versicherung der Beklagten ermittelten Betrag S 5.916,-- für Tapeten und Bodenbelag und S 1.570,-- für eine Zwischendecke zusätzlich geleistet, so daß sie der Fa.M*** den Klagebetrag ersetzt hat. Rechtlich meinte das Erstgericht - lediglich unter Hinweis auf § 67 VersVG, aber ohne nähere Begründung -, der Klageanspruch bestehe dem Grunde und der Höhe nach zu Recht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes hinsichtlich des Zuspruches eines Betrages von S 184.759,-- s.A., wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 7.487,-- ab und sprach aus, daß die Revision gegen den bestätigenden Teil des Berufungsurteils nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in der rechtlichen Beurteilung aus, es bestünden Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt seien, die aber der vertraglichen Leistung nahestünden. In solchen Fällen werde diesen dritten Personen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus einem fremden Vertrag zuerkannt. Die Schadenflichten umfaßten auch den Schutz von Sachen eines Dritten, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluß voraussehbar gewesen sei und an denen entweder die Hauptleistung vorzunehmen sei oder an denen offensichtlich ein eigenes Interesse des Vertragspartners bestehe oder die der Vertragspartner kraft eigener Sorgfaltspflicht gegenüber Dritten zu wahren verpflichtet sei. Dazu gehöre auch die Geltendmachung von Schäden eines Mieters gegenüber einem Unternehmer, der im Hause Reparatur- oder Renovierungsarbeiten ausführe. Es bestehe ein erhöhtes Schutzbedürfnis des Mieters, weil dieser durch die verstärkte Einwirkungsmöglichkeit in erhöhtem Maße gefährdet sei. Der Mieter gehöre auch zur Interessensphäre des Vertragspartners, weil dieser seinen Mitmietern gegenüber für Schäden, die aus seiner Wohnung kommen, gemäß § 1318 ABGB haftbar sei. Da sich die Beklagte das schuldhafte Verhalten ihres Gehilfen so zurechnen lassen müsse, wie wenn sie selbst die mangelhafte unfallskausale Rohrverbindung hergestellt hätte, ergebe sich, daß die Beklagte der Klägerin für den der Fa.M*** verursachten Schaden bis zu dem von ihr geleisteten Ersatz einzustehen habe. Der Höhe nach sei allerdings nur der Zuspruch eines Betrages von S 184.759,-- gerechtfertigt, so daß das Mehrbegehren abzuweisen gewesen sei. Die Revision sei nicht zuzulassen gewesen, weil hinsichtlich der erheblichen Rechtsfragen eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision aus dem Revisionsgrund des § 503 Abs.1 Z 4, § 503 Abs.2 ZPO mit dem Antrag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, allenfalls, ihr nicht Folge zu geben.
Die Beklagte bringt zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels vor, ihr Vertragspartner sei Mieter, nicht aber Haus- oder Liegenschaftseigentümer. Den Mieter träfen keine Schutz- und Sorgfaltspflichten hinsichtlich anderer Mieter im Hause; es gebe auch keine derartige Rechtsprechung. In den vom Berufungsgericht genannten Entscheidungen habe stets der Haus- bzw. Liegenschaftseigentümer Professionisten beauftragt.
Rechtliche Beurteilung
Es trifft zu, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes darüber, ob aus einem Vertrag eines Professionisten mit dem Mieter einer Wohnung Schutz- und Sorgfaltspflichten des Professionisten auch gegenüber anderen Mietern im Hause abgeleitet werden können, nicht besteht, und daß bei den vom Berufungsgericht angeführten Entscheidungen des Revisionsgerichtes nicht ein Mieter, sondern der Hauseigentümer Vertragspartner des Professionisten war (MietSlg.28.186, 34.286; die Entscheidung MietSlg.30.248 ist nicht eine solche des OGH). Der Frage, ob aus einem Vertrag eines Professionisten mit dem Mieter einer Wohnung Schutz- und Sorgfaltspflichten des Professionisten auch gegenüber anderen Mietern im Hause abgeleitet werden können, kann erhebliche Bedeutung iS des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht abgesprochen werden. Die Revision ist daher zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Auszugehen ist davon, daß die unsachgemäß durchgeführten Arbeiten nicht von der Beklagten selbst bzw. einem ihrer Repräsentanten (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 26 zu § 26; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 II 377; SZ 51/80) vorgenommen wurden, sondern von einem Gehilfen der Beklagten und außerdem vertragliche Beziehungen zwischen der Beklagten und der Fa.Wohnberatung M*** nicht bestanden haben. Eine deliktische Haftung der Beklagten käme daher - sieht man von einem Leitungs- oder Überwachungsverschulden der Beklagten, einem ihr anzulastenden Organisationsmangel (SZ 49/144, SZ 51/80, Aicher aaO) ab - nur in Betracht, wenn der Schaden infolge Verschuldens eines Besorgungsgehilfen iS des § 1315 ABGB entstanden wäre (SZ 49/144). Das Vorliegen eines solchen Verschuldens - eines Repräsentanten oder eines Besorgungsgehilfen der Beklagten -, durch das das Eigentum der Fa.Wohnberatung M*** als absolut geschütztes Rechtsgut (Koziol aaO I 155 ff) verletzt wurde, wurde von der Klägerin aber gar nicht behauptet. Im Verfahren sind auch keine Anhaltspunkte hiefür hervorgekommen.
Wird der Schaden jedoch auf Grund des Vertrages zwischen der Beklagten und Dr.Georg Z***, der ebenso wie die Fa.Wohnberatung M*** Mieter im Hause Wien 7., Westbahnstraße 1 a, ist, geltend gemacht, ist von wesentlicher Bedeutung, daß der Schuldner nicht für alle Folgen einer Vertragsverletzung einzustehen hat, sondern nur für die Schädigung des Gläubigers und nur jener Interessen, deren Schutz der Vertrag gerade bezweckte (Koziol aaO I 162, Koziol-Welser, Grundriß 7 I 391). Es ist heute ganz allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten aus Schuldverhältnissen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen. Begünstigte Personen in diesem Sinn sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluß voraussehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. In diesen Fällen wird den dritten Personen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus fremden Vertrag zuerkannt. Der Kreis der geschützten Sachen, die dritten Personen gehören, ist entsprechend jenem der begünstigten Personen abzugrenzen. Die Sachen müssen entweder in Kontakt mit der Hauptleistung kommen oder es muß die Hauptleistung an ihnen selbst vorgenommen werden oder es muß der Vertragspartner an ihnen ein eigenes Interesse haben oder es müssen ihn Sorgfaltspflichten gegenüber diesen Sachen treffen. Der Schuldner haftet solchen geschützten Personen für Pflichtverletzungen seiner Gehilfen nach § 1313 a ABGB und nicht nur nach § 1315 ABGB (SZ 54/65, SZ 54/152 ua; Koziol aaO II 85 ff, Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 30 zu § 1295). Die Frage, wann ein solcher Vertrag "mit Schutzwirkung für Dritte" vorliegt, bedarf einer sorgfältigen Prüfung, denn dadurch, daß er nun auch Dritten gegenüber für ein Fehlverhalten seiner Gehilfen ohne eigenes Verschulden einzustehen hat, wird die Haftung des Vertragsschuldners ungemein erweitert. Der Schuldner muß seine Risken übersehen können (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts 13 I 210, iglS Palandt, BGB 45 400).
Das Berufungsgericht nimmt, wie bereits dargelegt wurde, an, daß eine Sorgfaltspflicht des Mieters gegenüber den Sachen eines anderen Mieters bestehe, weil (einerseits) ein erhöhtes Schutzbedürfnis des (anderen) Mieters bestehe, der durch die verstärkte Einwirkungsmöglichkeit in erhöhtem Ausmaß gefährdet sei und (überdies) der (andere) Mieter auch zur Interessenssphäre des Vertragspartners gehöre, weil dieser seinem Mitmieter gegenüber für Schäden, die aus seiner Wohnung kommen, gemäß § 1318 ABGB haftbar sei.
Gemäß § 1318 ABGB haftet, wenn jemand durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache oder durch Herauswerfen oder Herausgießen aus einer Wohnung beschädigt wird, derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die Sache herabgefallen ist, für den Schaden. Der Wohnungsinhaber haftet ohne Rücksicht darauf, ob die Schädigung durch ihn selbst oder durch Dritte verursacht wurde. Er hat daher auch für fremdes Verhalten einzustehen (Koziol aaO II 373). Dabei wird der Wohnungsinhaber zwar für eigenes Verhalten dann nicht ersatzpflichtig, wenn er beweist, daß er alle objektiv erforderlichen Maßnahmen getroffen hat (Koziol aaO 392, Reischauer aaO, Rdz 14 zu § 1318, MietSlg.33.231, SZ 49/47). Die Haftung des Wohnungsinhabers für eine Schädigung durch Dritte dagegen ist von eigenem Verschulden unabhängig. Sie besteht, ohne daß auf seiner Seite ein Verschulden oder auch nur eine objektive Sorgfaltsverletzung vorliegen müßte. Es liegt insoferne reine Erfolgshaftung vor (Koziol aaO II 374, Reischauer aaO Rdz 15 zu § 1318). Dem Wohnungsinhaber steht seinerseits Regreß gegen den Schuldigen zu (Koziol aaO).
In Analogie zu gefährlich aufgehängten bzw. gestellten Sachen wird in der Rechtsprechung auch die Haftung für gefährlich verwahrtes Wasser bejaht (Reischauer aaO, Rdz 10 zu § 1318 und die dort angeführte Rechtsprechung; Koziol aaO II 390). Durch die festgestellten unsachgemäß durchgeführten Installationsarbeiten war das Wasser in den Bestandräumen des Auftraggebers der Beklagten zweifellos ebenso gefährlich verwahrt, wie etwa, wenn der Wasserschlauch einer Maschine schlecht angeschlossen ist (vgl. Reischauer aaO).
Trafen den Vertragspartner der Beklagten aber Sorgfaltspflichten gegenüber den Sachen der Firma M*** als seiner Mitmieterin, handelt es sich bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und ihrem Auftraggeber Dr.Z*** um einen solchen, bei dem Schutzwirkungen auch gegenüber der Fa.M*** bestanden.
Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen dem Klagebegehren stattgegeben, so daß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte. Bemerkt sei, daß von der deutschen Lehre (Larenz, aaO 212, Gottwald in Münchener Komm. 2 II 1027) und Rechtsprechung (NJW 1964,33; NJW 1969,41) die Auffassung vertreten wird, daß auf einen Mietvertrag im allgemeinen eine Haftung des Mieters für Schäden, die von seinen Mieträumen ausgehen, gegenüber einem Mitmieter nicht gestützt werden kann. Doch ist die Rechtslage in jenem Rechtsbereich eine andere, da im BGB eine Bestimmung wie jene des § 1318 ABGB fehlt.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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