OGH 6Ob206/16m

OGH6Ob206/16m29.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* M*, vertreten durch MMag. DDr. Klaus Kindel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J*, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla LL.M., Rechtsanwalt in Baden, wegen Abgabe einer Willenserklärung und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2016, GZ 30 R 19/16h‑33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 18. April 2016, GZ 24 Cg 23/15w‑29, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118408

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden– abgesehen vom Spruchpunkt 3. des Urteils des Erstgerichts, der rechtskräftig ist – aufgehoben und es wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Am 17. 2. 2012 schlossen die Parteien einen Treuhandvertrag. Darin übertrug der Kläger der beklagten GmbH das Eigentum an einer Liegenschaft treuhändig. Punkt 3. statuiert im Wesentlichen, dass sich die Treuhänderin ohne Zustimmung des Treugebers jeder Verfügung über das Grundstück zu enthalten, Vorteile dem Treugeber zuzuwenden habe, ihn über alle im Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Angelegenheiten zu informieren habe, die ihr als Eigentümerin zukommenden Rechte nur nach Weisung des Treugebers auszuüben habe und, außer im Falle des Vorliegens einer diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtung, den Namen des Treugebers ohne dessen ausdrückliche Zustimmung nicht preisgeben dürfe. Punkt 5. enthält Bestimmungen darüber, dass das Treuhandverhältnis von jedem der Vertragsteile unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Letzten eines Quartals aufkündbar ist. In diesem Falle hat die Treuhänderin das Grundstück unverzüglich an den Treugeber zurückzustellen und alle Handlungen und Maßnahmen zu setzen sowie Erklärungen abzugeben und Unterschriften zu leisten, die zu dieser Übertragung notwendig sind und alles zu unterlassen, was diese Übertragung hindert. Diese Übertragung hat ganz oder in Teilen jederzeit ohne irgendeine Gegenleistung zu erfolgen, unter einem werde das Treugut zur Übernahme angeboten. Der Treugeber (Punkt 7.) hat die Treuhänderin bezüglich aller den Vertragsgegenstand betreffenden Aufwendungen wie Abgaben, Gebühren, laufende Kosten, Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen schad- und klaglos zu halten.

Bei einem Gespräch am 30. 9. 2013 vereinbarten der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten, dass auf der Liegenschaft in Zusammenarbeit der Parteien Eigentumswohnungen errichtet und in der Folge abverkauft werden sollten. Die Gewinnaufteilung sollte, wie schon bisher, je zur Hälfte zwischen den Parteien vorgenommen werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass ausdrücklich über die Auflösung des Treuhandverhältnisses in diesem Zusammenhang gesprochen wurde. Jedenfalls wurde nichts darüber gesprochen, was weiter mit dem wirtschaftlichen Eigentum an der Liegenschaft zu geschehen habe, etwa, ob dieses „in die Gesellschaft“ einzubringen sei oder weiterhin in der Verwaltung (mag es auch treuhändig sein) einer der Parteien stehen sollte.

Mit Kaufvertrag vom 19. 11. 2014 verkaufte „die Klägerin“ die Eigentumswohnung Top 1 an den Sohn des Klägers. Vereinbart war die Zahlung eines Kaufpreises von 56.230 EUR, wovon bereits 5.623 EUR als Anzahlung an die Beklagte geflossen sind. Der Restkaufpreis von 50.607 EUR ist nach Unterfertigung des Vertrags zu zahlen.

Aufgrund dieser weiteren Forderung von 50.607 EUR kam es schließlich zum Zerwürfnis zwischen den Streitteilen, da der Kläger der Ansicht war, bereits mehr als seinen in Aussicht genommenen Anteil am Projekt beigetragen zu haben.

Am 20. 2. 2015 fand eine Besprechung statt, an der auch Notar Dr. S* und die Ehegattin des Klägers teilnahmen. Dabei wurde „dieses Problem“ erörtert, da sowohl der Kläger als auch der Geschäftsführer der Beklagten davon ausgingen, dass eine gemeinsame weitere Verwirklichung des Projekts nicht zielführend sei und die finanziellen Verflechtungen zwischen ihnen aufgelöst werden sollten. Dem Kläger lag zu diesem Zeitpunkt nur eine vom Geschäftsführer der Beklagten erstellte Abrechnung vor. Er ging jedoch davon aus, dass er auch entsprechende Belege vorgelegt bekommen werde. Tatsächlich hatte diese Belege der Geschäftsführer der Beklagten bei der Besprechung nicht mit. Unabhängig davon wurde zwischen den Streitteilen erörtert, dass die Beklagte den noch aushaftenden Kredit bei der Raiffeisenkasse über rund 280.000 EUR und jenen bei der Volksbank über 39.377 EUR zur Alleinzahlung übernehmen sollte, dafür die Liegenschaft sowie den Restkaufpreis für die Wohnung Top 1 von 50.623 EUR erhalten sollte. Eine Bedingung, dass dies nur gelten solle, wenn der Geschäftsführer der Beklagten weitere Belege vorlege, wurde damals nicht gestellt.

Der Inhalt dieser Einigung sollte in der Folge vom Notar bis zum darauffolgenden Montag schriftlich fixiert werden. Im Wesentlichen wurde diese Einigung auch in den E-Mails vom 23. 2. 2015 durch den Geschäftsführer der Beklagten und am 24. 2. 2015 durch den Kläger bestätigt.

Am 25. 2. 2015 kam es zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten, bei dem dieser ankündigte, da er die schriftliche Ausfertigung der getroffenen Einigung nicht erhalten hatte, vom Kaufvertrag mit dem Sohn des Klägers zurückzutreten. Dies geschah gegen den Willen des Klägers. In der Folge erklärte dieser mit E‑Mail vom 25. 2. 2015, dass sämtliche „bisherigen Vorbereitungen für die Abwicklung [...] obsolet“ seien. Er werde sich Rechtshilfe organisieren und den Treuhandvertrag kündigen. Mit Schreiben vom 4. 3. 2015 erklärte der Kläger, das Rückübertragungsrecht in Anspruch zu nehmen und forderte die Beklagte auf, die noch nicht veräußerten Miteigentumsanteile an ihn zu übertragen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.

Der Kläger begehrt die Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts ob den Anteilen an der eingangs genannten Liegenschaft sowie die Feststellung der Haftung für sämtliche Schäden, die dem Kläger aus der unterlassenen Übertragung und Übergabe der Liegenschaft entstehen. Diese stehe zwar im grundbücherlichen Eigentum der Beklagten, die jedoch bloß Treuhänderin für den Kläger sei. Aufgrund der zwischen den Parteien abgeschlossenen Treuhandvereinbarung sei der Kläger zur jederzeitigen Einverleibung des Eigentums an der Liegenschaft und zu deren Herausgabe berechtigt. Sollte der Treuhandvertrag aufgelöst worden sein, stehe dem Kläger ebenfalls ein Rückübertragungsanspruch zu. Im Februar 2015 sei zwar im Beisein des Notars über eine Einigung gesprochen worden, diese sei jedoch nicht zustande gekommen. Allenfalls wäre sie aufgrund eines von der Beklagten verursachten Irrtums über den Inhalt der Abrechnung ungültig und werde angefochten.

Die Beklagte wendet ein, die Parteien hätten am 30. 9. 2013 vereinbart, die von der Beklagten für den Kläger treuhändig gehaltene Liegenschaft durch die Errichtung und den Abverkauf von Eigentumswohnungen gemeinsam zu entwickeln. Die Beklagte habe das Immobilienprojekt in diesem Sinne alleine und auf eigene Rechnung (also nicht [mehr] als Treuhänderin für den Kläger verfolgt; der Treuhandvertrag sei durch die genannte Vereinbarung aufgelöst worden) durchgeführt. Jede Partei hätte 200.000 EUR zum Projekt beitragen sollen und sei zu 50 % am Gewinn beteiligt. Sollte der Treuhandvertrag nicht aufgelöst worden sein, stehe der Beklagten jedenfalls ein Ersatz ihrer Aufwendungen und bis dahin ein Zurückbehaltungsrecht an der Liegenschaft zu. Aufgrund der schlechten Vermögenssituation des Klägers erhebt die Beklagte auch die Unsicherheitseinrede. Im Februar 2015 hätten sich die Streitteile vor dem Notar darauf geeinigt, dass das Eigentum an der Liegenschaft gegen eine Zahlung des Klägers von der Beklagten an diesen zu übertragen wäre. Hierdurch sei es zu einer Novation aller davor getroffenen Vereinbarungen gekommen.

Das Erstgericht gab dem Einwilligungsbegehren zur Gänze und dem Feststellungsbegehren insoweit statt, als es die Haftung der beklagten Partei für alle Schäden und Nachteile, die dem Kläger aus der Unterlassung der Übertragung und Übergabe der Liegenschaft spätestens am 30. 6. 2015 resultierten, aussprach. Insoweit die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Schäden und Nachteile, die dem Kläger aus der Unterlassung der Übertragung und Übergabe der Liegenschaft vor dem 30. 6. 2015 resultierten, begehrt wurde, wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf die wiedergegebenen Feststellungen und folgerte rechtlich daraus, der Kläger mache seinen Anspruch als Treugeber auf sofortige, unentgeltliche Rückübertragung des Treuguts geltend. Selbst wenn am 30. 9. 2013 die Treuhandvereinbarung aufgelöst worden wäre, wäre das Treugut ebenfalls an den Kläger zurückzustellen. Am 20. 2. 2015 hätten sich die Streitteile im Sinn einer Novation geeinigt. In den festgestellten, darauffolgenden Kontakten seien die Parteien davon aber wieder abgegangen. Es müsse daher nicht geprüft werden, ob der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung vom 20. 2. 2015 von der Beklagten in die Irre geführt worden sei. Es gelte daher die ursprüngliche Treuhandvereinbarung, weshalb das Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung zu Recht bestehe.

Das nur von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht wies das gesamte Klagebegehren ab und ließ die Revision nicht zu. Durch die Vereinbarung vom 20. 2. 2015 sei die ursprüngliche Treuhandvereinbarung im Sinn eines Vergleichs (§ 1380 ABGB) abgeändert worden. Es sei zu prüfen, ob die Parteien von der am 20. 2. 2015 getroffenen Vereinbarung, die den ursprünglichen Treuhandvertrag ersetzt habe, einvernehmlich abgegangen seien. Der Kläger habe dazu in erster Instanz kein Vorbringen erstattet. Die Feststellungen über die Kontakte der Streitteile am 25. 2. 2015 seien daher überschießend und dürften vom Gericht nicht berücksichtigt werden. Es sei daher nach wie vor von einer wirksamen Vereinbarung vom 20. 2. 2015 auszugehen. Überdies fehle es (nach den überschießenden Feststellungen) an übereinstimmenden Auflösungs-erklärungen. Das Vorbringen des Klägers von einem von der Beklagten beim Abschluss der Vereinbarung vom 20. 2. 2015 verursachten Irrtum sei unsubstanziiert. Eine Verletzung der Erörterungspflicht nach den §§ 182, 182a ZPO sei nicht behauptet worden. Nach der Vereinbarung vom 20. 2. 2015 stehe dem Kläger kein Recht auf Einverleibung seines Eigentums an der Liegenschaft zu, weshalb das Klagebegehren abzuweisen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinne der Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, einige Berichtigungen im Sinn des § 419 ZPO im Ersturteil vorzunehmen und der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des auch gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Der Revisionswerber rügt Aktenwidrigkeiten in beiden Urteilen der Vorinstanzen. Das Berufungsgericht habe seiner Entscheidung überschießende Feststellungen zugrunde gelegt. Als in erster Instanz Obsiegender sei er nicht verpflichtet gewesen, in der Berufungsbeantwortung die Nichterörterung des Vorbringens zur Irreführung durch die Beklagte zu rügen, zumal dieses Vorbringen nach der Rechtsansicht des Erstgerichts nicht entscheidungswesentlich sei.

Hierzu wurde erwogen:

1. Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils

Die behauptete Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils liegt nicht vor, weil sich die Korrektur des Berufungsgerichts von „Klägerin“ auf „Beklagten“ auf eine Passage in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils bezieht. Es handelt sich somit um eine Auslegung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts durch das Berufungsgericht, nicht aber um eine Änderung der Tatsachengrundlage des Ersturteils. Eine Aktenwidrigkeit ist aber nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden (RIS‑Justiz RS0043347 [T3]). Dies ist hier nicht der Fall. Eine Schlussfolgerung – wie hier – kann nicht den Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit bilden (RIS‑Justiz RS0043256).

2. Aktenwidrigkeiten des Ersturteils

Beide Streitteile weisen in ihren Rechtsmittelschriften in dritter Instanz – im Wesentlichen sogar übereinstimmend – mit durchaus beachtlichen Argumenten auf Feststellungen im Ersturteil hin, die auf aktenwidriger Grundlage getroffen worden sein könnten.

2.1. Der Revisionswerber rügt dies als Aktenwidrigkeit.

Das Aufgreifen allfälliger Aktenwidrigkeiten des erstgerichtlichen Urteils ist dem Obersten Gerichtshof aber hier verwehrt: Die in erster Instanz obsiegende Partei ist gehalten, primäre Verfahrensmängel und ihr nachteilige Feststellungen – sei es wegen unrichtiger Beweiswürdigung, sei es wegen Aktenwidrigkeit – in der Berufungsbeantwortung zu rügen, sofern sich der Berufungswerber ausdrücklich auf Feststellungen des Erstgerichts bezieht (RIS‑Justiz RS0119339 [T1]; vgl auch RS0112020 [T14]). Der Berufungswerber stützt sich bei gesetzmäßiger Ausführung einer Rechtsrüge nur nicht auf solche erstrichterlichen Feststellungen „ausdrücklich“ im Sinne des Gesetzes, die nicht in dem den Feststellungen vorbehaltenen Urteilsabschnitt, sondern in anderen Urteilsteilen „verborgen“ sind (RIS‑Justiz RS0112020).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung die nunmehr in der Revision als aktenwidrig bekämpften zum Teil ausdrücklichen und zum Teil auch in der Beweiswürdigung enthaltenen „verborgenen“ Feststellungen nicht nur nicht bekämpft, sondern sich in der Replik zur Rechtsrüge der Berufungswerberin ausdrücklich darauf gestützt.

2.2. Die Revisionsgegnerin meint hingegen, es handle sich bei den von ihr gerügten Feststellungen des Erstgerichts um offenbare Unrichtigkeiten im Sinn des § 419 ZPO, die auch der Oberste Gerichtshof berichtigen könne.

Der erkennende Senat ist nicht dieser Ansicht: Die Abgrenzung, wann eine berichtigungsfähige offenbare Unrichtigkeit im Sinn des § 419 ZPO und wann eine Aktenwidrigkeit vorliegt, kann mitunter schwierig sein. Nach Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 § 503 Rz 168, liegt Aktenwidrigkeit und nicht offenbare Unrichtigkeit vor, wenn Tatsachenannahmen nicht bloß auf einem offenkundigen Vergreifen im Ausdruck, sondern auf richterlichen Gedankenfehlern beruhen.

Nach der Rechtsprechung ist die Urteilsberichtigung nach § 419 ZPO zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem ganzen Zusammenhang und insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RIS‑Justiz RS0041418). Ist aus der angefochtenen Entscheidung nicht zweifelsfrei der Entscheidungswille zu erkennen, kommt eine Entscheidungsberichtigung nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0041418 [T4]). Die Urteilsberichtigung ist nur dann zulässig, wenn die zu berichtigende Entscheidung dem Willen des Gerichts offensichtlich nicht entsprochen hat, somit eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem vorlag (RIS‑Justiz RS0041519 [T2]).

Im vorliegenden Fall liegt diese Offenkundigkeit bzw Zweifelsfreiheit nicht vor, weil es auch möglich ist, dass das Ersturteil den Entscheidungswillen des Erstrichters zutreffend wiedergibt, mag auch dieser Wille auf aktenwidriger Grundlage geirrt haben.

3. Irrtum des Klägers betreffend Vereinbarung vom 20. 2. 2015

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichts ist die Frage des Irrtums des Klägers nicht entscheidungsrelevant. Folgerichtig hat das Erstgericht dazu auch keine Feststellungen getroffen.

Geht man hingegen von der Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts aus, so ist ein durch die Beklagte verursachter Irrtum des Klägers durchaus entscheidungsrelevant: Wäre eine Irrtumsanfechtung des Klägers zum vom Berufungsgericht angenommenen Vergleich vom 20. 2. 2015 erfolgreich, würde dieser Vergleich wegfallen und könnte sich der Kläger wieder auf die ursprüngliche Treuhandvereinbarung und seine Erklärung vom 4. 3. 2015, das Rückübertragungsrecht in Anspruch zu nehmen, stützen. Dies müsste zur Klagsstattgebung zumindest für das Einwilligungsbegehren führen.

Der Oberste Gerichtshof teilt die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts insofern, als sich aus den festgestellten Kontakten zwischen den Streitteilen ab dem 25. 2. 2015 keine einvernehmliche Aufhebung der am 20. 2. 2015 abgeschlossenen Vereinbarung ableiten lässt.

Der Kläger hat in der Berufungsbeantwortung die Unterlassung von Feststellungen zum Irrtum als sekundären Feststellungsmangel (= sekundärer Verfahrensmangel: vgl etwa 10 ObS 145/15v) gerügt.

Dabei war der Kläger im vorliegenden Fall nicht verpflichtet, in der Berufungsbeantwortung die Nichterörterung des als unschlüssig beurteilten Vorbringens des Klägers zur Irrtumsanfechtung zu rügen: Soweit sich nämlich der Berufungswerber nicht ausdrücklich auf Feststellungen des Erstgerichts bezieht, ist der Berufungsgegner – vorbehaltlich des § 473a ZPO – nicht gehalten, für ihn nachteilige Feststellungen oder zu seinen Lasten vorgefallene Verfahrensfehler mit der Berufungsbeantwortung zu rügen (§ 468 Abs 2 Satz 2 ZPO).

Hier konnte sich die Beklagte in der Berufung auf keine Feststellungen zum Irrtum des Klägers beziehen, weil das Erstgericht dazu gar keine Feststellungen getroffen hat.

Die Nichterörterung des Irrtumsvorbringens des Klägers mit den Parteien durch das Berufungsgericht wird in der Revision daher zutreffend als Verfahrensmangel des Berufungsgerichts gerügt (vgl etwa 3 Ob 222/12m; weiters Rassi in Fasching/Konecny 3, ZPO §§ 182, 182a Rz 98).

Auf Arglist kann sich der Kläger freilich nicht stützen, weil er dies in erster Instanz nicht behauptet hat.

Der Kläger hat in der Revision (S 10 unten, S 11 oben) auch ausgeführt, was er bei Erörterung vorgebracht hätte und welche Beweise er angeboten hätte. Dieses Vorbringen samt den Beweisanboten wäre auch geeignet, (in eventu) die vom Erstgericht so genannte Novation (vom Berufungsgericht zutreffender als Vergleich beurteilt) wegen Irrtumsanfechtung zu Fall zu bringen (Anfechtung der Vergleichsgrundlage, vgl Neumayr in KBB4 § 1385 Rz 1; RIS‑Justiz RS0032543; RS0032529). Die Relevanz dessen für das Ergebnis des Prozesses wurde schon dargestellt.

4. Es erweist sich somit, dass das Verfahren ergänzungsbedürftig ist: Mit den Parteien wird das Vorbringen des Klägers zur Irreführung durch die Beklagte zu erörtern sein und das Erstgericht wird darauf hinwirken müssen, dass dieses Vorbringen schlüssig ist. Sodann werden die angebotenen Beweise aufzunehmen und entsprechende Feststellungen zu treffen sein. Dabei wird sich auch die Gelegenheit ergeben, die von den Parteien in der Revision und der Revisionsbeantwortung bemängelten Feststellungen (behauptete Aktenwidrigkeiten bzw behauptete offenbare Unrichtigkeiten) zu erörtern und das Ergebnis dieser Erörterungen gegebenenfalls bei den Feststellungen im neu zu fällenden Urteil zu berücksichtigen.

5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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