European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00015.16V.0223.000
Spruch:
Soweit sich die außerordentlichen Revisionen gegen die Abweisung des gegen die erstbeklagte Partei erhobenen Begehrens richten, wird ihnen nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 3.531,66 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 321,06 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Soweit sich die außerordentlichen Revisionen gegen die Abweisung des gegen die zweitbeklagte Partei erhobenen Leistungsbegehrens richten, werden sie mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin gewährt als Eisenbahninfrastrukturunternehmen der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin als Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) den Zugang zu dieser Infrastruktur. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Eisenbahnunfall am 16. 6. 2010, bei dem Infrastruktur der Klägerin beschädigt wurde. Ursache dieses Unfalls war das Versagen technischer Vorrichtungen eines Waggons. Die Klägerin nimmt die Erstbeklagte als Halterin dieses Waggons und die Zweitbeklagte als mit dessen Wartung beauftragtes Unternehmen in Anspruch. Beide Beklagte sind in Frankreich ansässige Gesellschaften.
Der von der Nebenintervenientin betriebene Güterzug bestand aus einem Triebfahrzeug, das von einem anderen österreichischen Unternehmen zur Verfügung gestellt wurde, und 16 mit Pkw beladenen Güterwaggons, deren Halterin die Erstbeklagte war. Vertragliche Beziehungen bestanden zwischen
‑ der Klägerin und der Nebenintervenientin („Infrastrukturnutzungsvertrag“),
‑ der Nebenintervenientin und dem dritten Unternehmen, das das Triebfahrzeug gestellt hatte (Rahmenvertrag über Traktionsdienstleistungen),
‑ der Nebenintervenientin und der Erstbeklagten („Allgemeiner Vertrag für die Verwendung von Güterwagen“ [AVV]).
‑ der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten (Rahmenvertrag und konkreter Auftrag zur Wartung des Waggons).
Die AGB zum Infrastrukturnutzungsvertrag lauten auszugsweise wie folgt:
6. Fahrbetriebsmittel
6.1. Das EVU ist verpflichtet, auf der zu nutzenden Infrastruktur nur Fahrbetriebsmittel (Fahrzeuge) einzusetzen, die von der zuständigen Stelle für den Verkehr zugelassen sind. Diese Zulassung muss inhaltlich zumindest der nach dem EisbG in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Bau‑ und Betriebsbewilligung entsprechen.
6.2. Das EVU stellt sicher, dass die Fahrbetriebsmittel während der gesamten Vertragsdauer den Anforderungen der Sicherheitsbescheinigung entsprechen. Anderenfalls ist die Infrastruktur AG berechtigt, den Vertrag fristlos aufzulösen. Allfällige Schadenersatzansprüche der Infrastruktur AG bleiben unberührt. [...]
20. Haftung
20.1. Das EVU haftet für
20.1.1. Personenschäden […]
20.1.2. Sachschäden (Zerstörung oder Beschädigung beweglicher und unbeweglicher Sachen),
die der Infrastruktur AG oder ihren Hilfspersonen durch das EVU, durch die von ihm verwendeten Fahrbetriebsmittel oder durch von ihm beförderte Personen oder Güter während der Dauer der Nutzung verursacht worden sind.
20.2. Das EVU ist von dieser Haftung befreit
20.2.1. bei Personenschäden […]
20.2.2. bei Sachschäden, wenn der Schaden durch ein Verschulden der Infrastruktur AG, eine vom EVU nicht schuldhaft verursachte Anweisung der Infrastruktur AG oder Umstände verursacht worden ist, die das EVU nicht vermeiden oder deren Folgen es nicht abwenden konnte.
Der zwischen der Nebenintervenientin und der Erstbeklagten geltende „Allgemeine Vertrag für die Verwendung von Güterwagen“ (AVV) lautet auszugsweise wie folgt:
Art 1: Gegenstand
1.1. Dieser Vertrag einschließlich seiner Anlagen regelt die Bedingungen der Überlassung von Güterwagen zur Verwendung als Beförderungsmittel durch EVU in nationalen und internationalen Eisenbahngüterverkehren im Anwendungsbereich des geltenden COTIF. Die kommerziellen Bedingungen der Wagenverwendung sind nicht Gegenstand dieses Vertrages.
1.2. Die Bestimmungen dieses Vertrages gelten zwischen Haltern von Wagen und EVU als Wagenverwendern […]
Kapitel II: Pflichten und Rechte des Halters
Artikel 7: Technische Zulassung und Instandhaltung der Wagen
7.1. Der Halter hat dafür zu sorgen, dass seine Wagen nach den geltenden europäischen Vorschriften technisch zugelassen sind und während ihrer Einsatzzeit technisch zugelassen bleiben.
7.2. Der Halter hat den verwendenden EVU auf Verlangen den Nachweis zu erbringen, dass die Instandhaltung seiner Wagen den geltenden Regelwerken entspricht. Für Zwecke dieses Vertrages und gegenüber den übrigen Vertragsparteien wird der Halter eines Wagens als die für die Instandhaltung des Wagens zuständige Stelle angesehen und hat deren Verantwortlichkeiten. […]
Kapitel VI: Haftung für Schäden, die durch einen Wagen verursacht werden.
Artikel 27: Haftungsprinzip
27.1 Der Halter oder ein diesem Vertrag unterliegender Vorverwender des Wagens haftet für die durch den Wagen verursachten Schäden, sofern ihn ein Verschulden trifft. Der Schuldige stellt das verwendende EVU von Ansprüchen Dritter frei, wenn das verwendete EVU kein Verschulden trifft.
27.2 Bei Mitverschulden des verwendenden EVU wird die Entschädigung von den Verantwortlichen gemäß ihrem jeweiligen Anteil an der Schadensverursachung getragen.
27.3 Ist ein Dritter für den Schaden allein oder mitverantwortlich, so werden die Vertragsparteien sich bei der Regulierung des Schadensfalles in erster Linie an den Dritten halten. […]
Anlage 10 des AVV enthält ausführliche Bestimmungen zur „korrektiven und präventiven Instandhaltung von Güterwagen“, die insbesondere die diesbezüglichen Pflichten von Werkstätten regeln.
Der Unfall ereignete sich am 16. 6. 2010 auf der Bahnstrecke über den Arlberg. Auf der Fahrt von Rumänien bis zur späteren Entgleisungsstelle hatte sich das Haltesystem einer Kupplung der Bremsleitung zwischen den zwei Hälften des ersten Waggons soweit gelockert, dass die Kupplung in den Gleisraum durchhing. Dort verhakte sie sich mit Altschienen, die die Klägerin nach Bauarbeiten zwischen den Gleisen gelagert hatte. Dadurch wurde die Bremskupplung in die zweite Wagenhälfte geschleudert, wo sie sich derart verkeilte, dass der Bremsschlauch abknickte. Wegen der dadurch fehlenden Bremswirkung in den hinteren Waggons kam es letztlich zur Entgleisung.
Das Haltesystem hatte sich gelockert, weil die Muttern einer Seilklemme nicht richtig angezogen waren, wodurch das Sicherungsseil, an dem die Kupplung hing, nicht ausreichend „gequetscht“ war. Dies war bei einer bloßen Sichtkontrolle, die sowohl von den Leuten der Erstbeklagten als auch von einem „Wagenmeister“ (offenbar im Verantwortungsbereich der Nebenintervenientin) durchgeführt wurde, nicht erkennbar gewesen. Beim Anziehen der Muttern selbst hätte die mangelnde Quetschung jedoch auffallen müssen.
Die Seilklemme wies zwar keine „CE‑Kennzeichnung“ auf. Dies war für den Unfall jedoch „nicht relevant“, da sich das Halteseil auch bei einer CE‑zertifizierten Klemme hätte lösen können, wenn diese nicht ordentlich angezogen gewesen wäre. Die konkrete Seilklemme wies jedenfalls einen ausreichenden Sicherheitsstandard auf.
Der Waggon war nach französischem Recht genehmigt. Er war kurz vor dem Unfall bei der Zweitbeklagten gewartet worden. Diese betreibt eine nach EN‑ISO 9001 akkreditierte Werkstätte; sie hält sich bei ihrer Arbeit an den ihr bekannten AVV samt Anlagen, wobei diese Vorgaben auch Gegenstand der Endkontrolle sind. Im konkreten Fall hatte die Erstbeklagte der Zweitbeklagten nach einer bei einem dritten Unternehmen vorgenommenen Achsvermessung den Auftrag erteilt, die Radachsen zu prüfen und zu reparieren. Davor waren beim Waggon die nach den geltenden Regelwerken vorgesehenen Inspektionen durchgeführt worden; die nächste wäre erst in zwei Jahren fällig gewesen.
Nicht abschließend geklärt ist, ob Leute der Zweitbeklagten anlässlich der Achsreparatur noch weitere Arbeiten durchführten und ob sie dabei insbesondere die Seilklemme öffneten und dann in nicht ausreichender Weise wieder anzogen.
Die Klägerin begehrt Ersatz für Schäden an ihrer Infrastruktur in Höhe von 837.088,62 EUR und die Feststellung der Haftung beider Beklagten für „sämtliche kausale Schäden“ aufgrund des Unfalls. Ursache des Unfalls sei ein technisches Gebrechen des Waggons gewesen, für das die Beklagten einzustehen hätten. Anspruchsgrundlage seien dabei zunächst Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Die Klägerin sei sowohl von den Schutzwirkungen des Vertrags zwischen der Nebenintervenientin und der Erstbeklagten als auch von jenen des Vertrags zwischen den Beklagten erfasst. Insofern hätten die Beklagten für das Verschulden ihrer Gehilfen nach § 1313a ABGB einzustehen. Für die mangelhafte Befestigung des Sicherungsseils und die Verwendung einer mangelhaften (weil nicht CE‑zertifizierten) Seilklemme hafteten beide Beklagten auch außervertraglich; die Bestimmungen des EisbG seien insofern Schutzgesetze. Der Erstbeklagten falle in diesem Zusammenhang auch zur Last, dass für den Waggon die Bauartgenehmigung und die Betriebsbewilligung iSd §§ 32 und 34 EisbG gefehlt hätten und auch keine gleichwertige ausländische Bewilligung iSv § 41 EisbG vorgelegen sei. Die Beklagten hätten die sie treffende Beweislast einer ordnungsgemäßen Wartung nicht erfüllt. Darüber hinaus hafte die Erstbeklagte als Eisenbahnbetriebsunternehmen auch ohne Verschulden nach dem EKHG oder zumindest in analoger Anwendung dieses Gesetzes.
Die Erstbeklagte wendet ein, dass sie bloß Halterin des Wagens, nicht aber Eisenbahnbetriebsunternehmer gewesen sei, weswegen sie nicht nach dem EKHG hafte. Ansprüche wegen Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bestünden nicht, weil die Klägerin ohnehin Ansprüche gegen die Nebenintervenientin als ihre unmittelbare Vertragspartnerin geltend machen könne. Daher habe die Erstbeklagte auch nicht nach § 1313a ABGB für ein Verschulden der Leute der Zweitbeklagten einzustehen. Ein eigenes Verschulden treffe sie nicht. Der Waggon habe über eine französische Genehmigung verfügt, die von ihr mit der Wartung beauftragte Zweitbeklagte sei eine akkreditierte Werkstätte.
Die Zweitbeklagte wendet ein, sie habe nur Arbeiten an den Achsen und Rädern, nicht aber an der Bremskupplung vorgenommen. Insofern habe sie keinen Auftrag gehabt. Eine Haftung wegen Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheitere daran, dass die Klägerin vertragliche Ansprüche gegen die Nebenintervenientin geltend machen könne. Zur Kontrolle der Kupplung sei sie nicht verpflichtet gewesen.
Beide Beklagten wenden ein, dass die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden treffe, weil sie Altschienen zwischen den Gleisen gelagert habe. Da die Schäden bereits behoben seien, fehle das rechtliche Interesse für das Feststellungsbegehren.
Das Erstgericht wies das gegen die Erstbeklagte erhobene Begehren ab und sprach im Verhältnis zur Zweitbeklagten mit Teilzwischenurteil aus, dass der Zahlungsanspruch zur Hälfte zu Recht bestehe. Es stellte fest, dass die strittige Seilklemme bei einer Reparatur im Werk der Zweitbeklagten nicht ausreichend angezogen worden sei, was bei einer angezeigten Sichtprüfung hätte auffallen müssen. Damit sei hervorgekommen, dass der Unfall „rechtswidrig und schuldhaft durch die Zweitbeklagte verursacht“ worden sei. Dem stehe jedoch ein Mitverschulden der Klägerin gegenüber, weil sie Altschienen zwischen den Gleisen gelagert habe. Die Zweitbeklagte hafte daher für die Hälfte des Schadens. Demgegenüber habe die Klägerin kein Verschulden der Erstbeklagten nachweisen können; diese hafte auch nicht nach dem EKHG, weil sie als bloße Wagenhalterin kein Betriebsunternehmen im Sinn dieses Gesetzes sei.
Gegen diese Entscheidung richteten sich Berufungen der Klägerin und der Zweitbeklagten. Die Klägerin strebte eine Haftung beider Beklagten für den gesamten Schaden an, die Zweitbeklagte beantragte die vollständige Abweisung der Klage. Dabei bekämpfte sie insbesondere die Annahme des Erstgerichts, dass ihre Mitarbeiter Arbeiten an der Kupplung vorgenommen hätten, nach deren Abschluss sie das Sicherungsseil nicht ausreichend befestigt hätten.
Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Zweitbeklagten Folge und wies auch das ihr gegenüber erhobene Leistungsbegehren zur Gänze ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die Entscheidung des Erstgerichts treffe in Bezug auf die Erstbeklagte uneingeschränkt zu, weil weder ein Verschulden vorliege noch das EKHG anwendbar sei. In Bezug auf die Zweitbeklagte seien die in deren Berufung bekämpften Feststellungen bedenklich. Darauf komme es aber nicht an, weil auch auf Grundlage dieser Feststellungen kein Anspruch bestehe. Die Klägerin und die Zweitbeklagte stünden nicht in vertraglicher Beziehung. Die Zweitbeklagte könnte daher für ein allenfalls mangelhaftes Anziehen der Muttern durch einen ihrer Mitarbeiter nur nach § 1315 ABGB haften. Aus einem einmaligen Fehlverhalten könne jedoch noch nicht auf die Untüchtigkeit dieses Mitarbeiters geschlossen werden. Auch ein Organisationsverschulden sei nicht nachweisbar gewesen. Nach den Feststellungen des Erstgerichts habe es sich bei der Zweitbeklagten um eine akkreditierte Werkstätte nach EN‑ISO 9001 gehandelt, wobei sich ihre Mitarbeiter an die Standards des AVV gehalten hätten. Auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter könne sich die Klägerin nicht stützen, weil sie über vertragliche Ansprüche gegen die Nebenintervenientin verfüge.
Gegen diese Entscheidung richten sich außerordentliche Revisionen der Klägerin und der Nebenintervenientin. Die Rechtsmittel stimmen inhaltlich weitgehend überein und streben eine Haftung beider Beklagten für den gesamten Schaden an. In Bezug auf die Erstbeklagte machen sie als erhebliche Rechtsfragen geltend, dass (auch) der Wagenhalter nach dem EKHG oder zumindest analog zu diesem Gesetz hafte und er zudem wegen des Schutzgesetzcharakters des EisbG für das (behauptete) Fehlen einer gleichwertigen Genehmigung des Waggons (§ 41 EisbG) einzustehen habe. Inhaltlich führen sie weiters aus, dass die Erstbeklagte für die nicht ausreichende Überprüfung des Waggons nach der Wartung bei der Zweitbeklagten hafte. In Bezug auf die Zweitbeklagte habe das Berufungsgericht die Anwendung von § 1315 ABGB zu Unrecht verneint; zudem treffe die Zweitbeklagte ein Organisationsverschulden. Die Lagerung der Altschienen in den Geleisen falle der Klägerin nicht als Mitverschulden zur Last.
Die Erstbeklagte beantragt in der bereits vor deren Freistellung erstatteten Revisionsbeantwortung, die Revisionen zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben. Sie sei weder Betriebsunternehmer im Sinne des EKHG noch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne des österreichischen und europäischen Eisenbahnrechts. Daher hafte sie nicht nach dem EKHG. Ein Grund für dessen analoge Anwendung sei nicht erkennbar. Der Waggon habe über französische Genehmigungen verfügt; die Behauptung mangelnder Gleichwertigkeit sei eine unzulässige Neuerung. Dem festgestellten Sachverhalt sei kein Verschulden der Erstbeklagten zu entnehmen. Die Klägerin treffe jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden wegen der nach den eigenen Betriebsvorschriften unzulässigen Lagerung der Altschienen in den Gleisen.
Die Zweitbeklagte hat mangels Mitteilung nach § 508a Abs 2 ZPO keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
A. Die Revisionen sind in Bezug auf das gegen die Erstbeklagte erhobene Klagebegehren zulässig, weil die Rechtslage zur eisenbahnrechtlichen Haftung eines (bloßen) Wagenhalters einer Klarstellung bedarf. Sie sind aber nicht berechtigt.
1. Zum anwendbaren Recht
1.1. Da die Beklagten Unternehmen mit Sitz in Frankreich sind und dort auch die (möglicherweise) unfallkausale Wartung des Waggons erfolgte, liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor. Allerdings ist der Schaden in Österreich eingetreten; eine engere Beziehung zu einem anderen Staat ist nicht erkennbar. Daher ist nach Art 4 Rom II-VO auf außervertragliche Schadenersatzansprüche der Klägerin österreichisches Recht anzuwenden. Aufgrund der im Europäischen Kollisionsrecht gebotenen autonomen Qualifikation (4 Ob 147/14t, klimaneutral II, ÖBl 2015, 83 [Melcher] = MR 2015, 211 [Heidinger]; vgl auch 2 Ob 40/15v, JBl 2016, 177, und 3 Ob 221/15v) gilt das auch für Ansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (Dutta, Das Statut der Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, IPRax 2009, 293; Lurger/Melcher, Internationales Privatrecht [2013] Rz 5/9; Neumayr in KBB4 Art 1 Rom II‑VO Rz 5; Verschraegen, Internationales Privatrecht [2012] Rz 719; ebenso zur früheren Rechtslage RIS‑Justiz RS0121565 [§ 48 IPRG]). Die Anwendung österreichischen Rechts ist im Übrigen nicht strittig.
1.2. Der Unfall ereignete sich am 16. 6. 2010. Die eisenbahnrechtlichen Vorschriften sind daher nach § 5 ABGB in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden (4 Ob 192/06y, SZ 2006/172; RIS‑Justiz RS0008732 [T3]). Das ist beim Eisenbahngesetz die Fassung des BG BGBl I 25/2010, also jene vor dem BG BGBl I 2011/124 und den später folgenden Änderungen. Daraus folgt, dass die erst mit dem letztgenannten Gesetz ohne besondere Übergangsbestimmung eingefügten §§ 116 ff EisbG, die Pflichten des (bloßen) Halters von Schienenfahrzeugen regeln, entgegen der in den Revisionen vertretenen Auffassung im konkreten Fall noch nicht anwendbar sind. Darauf wird bei der Prüfung der verschuldensabhängigen Ansprüche der Klägerin zurückzukommen sein (unten 3.). Bestimmungen des Eisenbahnrechts werden im Folgenden grundsätzlich nach der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Fassung zitiert.
2. Beide Revisionen vertreten die Auffassung, dass die Erstbeklagte nach dem EKHG oder in Analogie dazu hafte. Dafür fehlt aber jede Grundlage.
2.1. Nach § 5 Abs 1 EKHG haftet für Schäden beim Betrieb einer Eisenbahn der „Betriebsunternehmer“. Der Betriebsunternehmer muss die Eisenbahn auf eigene Rechnung und Gefahr betreiben (Schauer in Schwimann/Kodek 4 VII [2017] § 5 EKHG Rz 5; Koziol/Apathy/Koch, Österreichisches Haftpflichtrecht III3 [2014] Rz 36; Danzl, EKHG9 [2013] § 5 Anm 2; Neumayr in Schwimann, ABGB‑TaKom3 [2015] § 5 EKHG Rz 2; 1 Ob 173/97s, SZ 70/222). Dies setzt voraus, dass er den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Bahnbetrieb zieht und selbständig darüber verfügen kann (1 Ob 173/97s, ZVR 1999/9).
2.2. Der bloße Halter eines Waggons ist auf dieser Grundlage nicht als Betriebsunternehmer iSv § 5 Abs 1 EKHG anzusehen (1 Ob 173/97s mwN). Daran hat sich auch durch die unionsrechtlich bedingte Aufspaltung betriebswirtschaftlicher Teilbereiche der Eisenbahn in Eisenbahninfrastruktur‑ und Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nichts geändert.
(a) Grundlage für diese Aufspaltung war die RL 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, die inzwischen durch die RL 2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen Europäischen Eisenbahnraums [Neufassung] ersetzt wurde. Die in diesen Richtlinien enthaltenen Definitionen (Art 3 erster und zweiter Anstrich RL 91/440/EWG bzw Art 3 Nr 1 und 2 RL 2012/34/EU ) wurden in den §§ 1a und 1b EisbG umgesetzt. Nach § 1a EisbG ist ein – in den RL als „Infrastrukturbetreiber“ bezeichnetes – Eisenbahninfrastrukturunternehmen
„ein Eisenbahnunternehmen, das dem Bau und Betrieb von Haupt‑ und Nebenbahnen, ausgenommen solchen Nebenbahnen, die mit anderen Haupt‑ oder Nebenbahnen nicht vernetzt sind, dient und darüber verfügungsberechtigt ist. [...]“,
und nach § 1b EisbG ein – in den RL als „Eisenbahnunternehmen“ bezeichnetes – Eisenbahnverkehrs-unternehmen (idF: „EVU“)
„ein Eisenbahnunternehmen, das Eisenbahnverkehrsleistungen auf der Schieneninfrastruktur von Hauptbahnen oder vernetzten Nebenbahnen erbringt sowie die Traktion sicherstellt, wobei dies auch solche einschließt, die nur die Traktionsleistung erbringen, und dem eine Verkehrsgenehmigung, eine Verkehrskonzession oder eine einer Verkehrsgenehmigung gemäß § 41 gleichzuhaltende Genehmigung oder Bewilligung erteilt wurde.“ (Fassung zum Unfallstag; die geltende Fassung gemäß BGBl I 2015/137 ersetzt „Eisenbahnverkehrsleistungen“ durch „Eisenbahnverkehrsdienste“ und „Schieneninfrastruktur“ durch „Eisenbahninfrastruktur“).
(b) Damit stellt sich zwar tatsächlich die bisher höchstgerichtlich noch nicht geklärte Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen Infrastruktur- und/oder Verkehrsunternehmen für Unfälle der Eisenbahn getrennt oder solidarisch haften (vgl dazu Schauer in Schwimann/Kodek 4 § 5 EKHG Rz 7; Koziol/Apathy/Koch, Österreichisches Haftpflichtrecht III3 Rz 37; Reiter, Die Gefährdungshaftung der regulierten Eisenbahn, ZVR 2014, 148 f). Für die Haftung des (bloßen) Wagenhalters ist diese Frage aber irrelevant, da sich seine Rechtsstellung durch die Umgestaltung des Eisenbahnrechts – sieht man allenfalls von der nach dem Unfall erfolgten Einfügung der §§ 116 ff EisbG ab – nichts geändert hat. Auch das Schrifttum nimmt daher weiter an, dass der Halter eines Waggons nicht als Betriebsunternehmer anzusehen ist (Schauer in Schwimann/Kodek 4 VII§ 5 EKHG Rz 9 und 9a [zur aktuellen Rechtslage]; Koziol/Apathy/Koch, Österreichisches Haftpflichtrecht III3 Rz 38; zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland Kaufmann in Geigel, Der Haftpflichtprozess27 [2015] § 26 Rn 8; Filthaut, Haftpflichtgesetz9 [2015] § 1 Rn 40).
(c) Damit ist kein Grund erkennbar, weshalb die Erstbeklagte nach dem EKHG haften sollte. Denn sie stellte der Nebenintervenientin lediglich Waggons zur Verfügung, ohne selbst Eisenbahndienstleistungen (Verkehrsdienste) zu erbringen. Sie kann daher ebenso wenig wie der Wagenhalter in 1 Ob 173/97s als Betriebsunternehmer iSv § 5 Abs 1 EKHG angesehen werden (vgl auch 2 Ob 18/16k).
2.3. Für die Annahme einer Gesetzeslücke, die eine Analogie zu den Bestimmungen des EKHG rechtfertigen könnte, besteht kein Anlass. Dritte Geschädigte wären bei einem Unfall aufgrund des Versagens von Vorrichtungen eines Waggons ohnehin durch die Gefährdungshaftung des Betriebsunternehmers geschützt. Die Klägerin hätte sich gegenüber der Nebenintervenientin und diese gegenüber der Erstbeklagten vertraglich dahingehend absichern können, dass Mängel der Waggons unabhängig von einem Verschulden zu einer Ersatzpflicht führen. Ob die insofern bestehenden Verträge nicht ohnehin zu diesem Ergebnis führen, kann hier offen bleiben. Denn schon die bloße Möglichkeit einer vertraglichen Regelung lässt die Notwendigkeit entfallen, die Wertentscheidung des Gesetzgebers, der nur den Betriebsunternehmer einer Gefährdungshaftung unterwerfen wollte, durch Analogie zu korrigieren.
3. Die Erstbeklagte haftet auch nicht aufgrund Verschuldens.
3.1. Die Revisionen vertreten die Auffassung, dass die Erstbeklagte für das (behauptete) Fehlen einer auch in Österreich nach § 41 EisbG wirksamen Genehmigung des Waggons einzustehen habe. Damit machen sie in der Sache eine Schutzgesetzverletzung geltend. Eine solche liegt jedoch nicht vor.
3.1.1. Das EisbG knüpft Rechte und Pflichten beim Erbringen von Eisenbahnverkehrsdiensten an das Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Dieses erbringt aufgrund einer Verkehrsgenehmigung (§ 15 EisbG), einer Verkehrskonzession (§ 14 EisbG) oder einer nach § 41 EisbG gleichzuhaltenden ausländischen Genehmigung Eisenbahn-verkehrsdienste (Catharin in Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz3 [2015] 371 f). Es ist nach § 18 Abs 2 EisbG berechtigt „[…] öffentlichen und nicht-öffentlichen Verkehr auf Eisenbahnen zu erbringen und zu diesem Zwecke Eisenbahnanlagen, Betriebsmittel und sonstiges Zugehör zu bauen und zu betreiben sowie Schienenfahrzeuge auf einer Eisenbahn zu betreiben.“
Kehrseite dieses Rechts ist nach § 19 Abs 3 EisbG die Pflicht des EVU,
„die Schienenfahrzeuge, Eisenbahnanlagen, Betriebsmittel und sonstiges Zugehör unter Berücksichtigung der Sicherheit, der Ordnung und der Erfordernisse des Verkehrs auf der Eisenbahn zu bauen, zu erhalten, zu ergänzen und nach Maßgabe der Rechtsvorschriften und entsprechend der nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen zu betreiben und [...] diesbezüglich die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.“
Aus dieser Bestimmung ergibt sich die Verpflichtung des EVU zur betriebs- und verkehrstechnischen Sicherung (Catharin, Die Eisenbahnsicherheit, ZVR 2004, 276 [277 f, FN 17 und 18]; ders in Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz3 400). Entsprechende Pflichten dritter Wagenhalter sah das Eisenbahnrecht zumindest im Zeitpunkt des Unfalls nicht vor.
3.1.2. Auf dieser Grundlage beruht auch das System der für den Zugang zur Infrastruktur erforderlichen Sicherheitsbescheinigung.
(a) Für die Ausübung des Zugangs auf der Eisenbahninfrastruktur, das heißt für das Erbringen von Eisenbahnverkehrsdiensten auf den Schienen, benötigen EVU mit Sitz in Österreich nach § 37 Z 1 EisbG eine Sicherheitsbescheinigung (Zeleny, Die Sicherheitsbescheinigung im Eisenbahnrecht, in FS Mayer [2011] 863 f). Voraussetzung dafür ist nach § 37b EisbG das Vorliegen einer Genehmigung der „Vorkehrungen“ iSv § 37a Abs 1 EisbG. Danach hat das EVU (ua) Vorkehrungen zur Gewährleistung der Sicherheit des Betriebs der von ihm verwendeten Schienenfahrzeuge zu treffen, die vom BMVIT zu genehmigen sind. Der Antrag hat nach § 37a Abs 2 ua zu enthalten:
„1. Angaben über die […] die Schienenfahrzeuge und den Betrieb von Schienenfahrzeugen auf Eisenbahnen betreffenden Regelungen in Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität, in Bundesgesetzen, in Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen ergangen sind oder in sonstigen nationalen Sicherheitsvorschriften und in Bescheiden, mit denen eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung, eine Bauartgenehmigung oder eine Betriebsbewilligung erteilt wurde [zu Bauartgenehmigung und Betriebsbewilligung für Waggons s die Ausführungen unter 3.] sowie Nachweise, die die Einhaltung dieser Regelungen durch das Sicherheitsmanagementsystem belegen; […]
3. Angaben zu den Arten und der Wartung der verwendeten Schienenfahrzeuge einschließlich der Nachweise, dass diese Schienenfahrzeuge die Anforderungen der Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität, soweit solche existieren, erfüllen und den auf Schienenfahrzeuge bezughabenden Bundesgesetzen und auf Grund von Bundesgesetzen ergangenen Verordnungen und einer Bauartgenehmigung entsprechen.“
Nach § 37a Abs 3 EisbG sind die Vorkehrungen zu genehmigen, wenn sie geeignet sind, einen sicheren Betrieb – ua von Schienenfahrzeugen – zu gewährleisten (Zeleny, FS Mayer 865; Schneider, Regulierungsrecht der Netzwirtschaften II [2013] 947).
(b) Auch daraus ergibt sich, dass die eisenbahnrechtliche Pflicht, für die Betriebssicherheit von Schienenfahrzeugen zu sorgen, jedenfalls zum Unfallszeitpunkt ausschließlich jenes EVU traf, das diese Fahrzeuge im konkreten Fall einsetzte. Pflichten des bloßen Wagenhalters enthielt das Eisenbahngesetz – jedenfalls in der zum Unfalltag geltenden Fassung – nicht. Das gilt unabhängig davon, dass Bauart- und Betriebsgenehmigungen iSd §§ 33 und 34 EisbG unter Umständen auch vom bloßen Wagenhalter beantragt werden können (vgl Schneider, Die Zulassung von Schienenfahrzeugen nach dem EisbG, ZVR 2008, 570 [573]). Denn diese Genehmigungen werden nicht personen-, sondern sachbezogen erteilt (Catharin in Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz3 544; vgl auch Netzer in Altenburger/Raschauer, Umweltrecht [2013] § 34 Rz 2); der Einsatz der Wagen ist jedenfalls nur EVU gestattet, die zum Betrieb von Schienenfahrzeugen berechtigt sind (Catharin in Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz3 544).
3.1.3. Art 14a RL 2004/49/EG idF RL 2008/110/EG sieht zwar vor, dass auch ein Fahrzeughalter eine „für die Instandhaltung zuständige Stelle“ sein kann, die den sicheren Betriebszustand von Schienenfahrzeugen zu gewährleisten hat (vgl auch Erwägungsgrund 6 der letzteren RL). Diese Bestimmung war jedoch nach Art 2 RL 2008/110/EG erst bis zum 24. 12. 2010 umzusetzen, und sie kann nach allgemeinen Grundsätzen keine unmittelbaren Pflichten im Horizontalverhältnis begründen (9 ObA 264/98h, SZ 71/174; RIS‑Justiz RS0111214; Vcelouch in Mayer/Stöger, EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 72 mwN). Die Umsetzung in den §§ 116 ff EisbG erfolgte erst nach dem Unfall mit dem schon in 1.2 zitierten BG BGBl I 2011/124. Zudem ergibt sich aus Art 14a RL 2004/49/EG idF RL 2008/110/EG ohnehin nicht, dass diese Stelle auch für das Vorliegen der für den Einsatz in einem bestimmten Staat erforderlichen Genehmigungen verantwortlich wäre.
3.1.4. Daraus folgt, dass sich die Klägerin nach den am Unfallstag geltenden Bestimmungen nicht auf eine Schutzgesetzverletzung durch die Erstbeklagte berufen kann. Das gilt insbesondere für das von ihr behauptete Fehlen einer den Erfordernissen des § 41 EisbG genügenden ausländischen Betriebsgenehmigung für den strittigen Waggon. Weitere Feststellungen zu dieser Frage und das von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeregte Vorabentscheidungs-ersuchen sind daher entbehrlich.
3.2. Es wird zwar zutreffen, dass die Erstbeklagte aufgrund ihres Vertrags mit der Nebenintervenientin (Art 7 AVV) verpflichtet war, nur solche Waggons zur Verfügung zu stellen, die auch über die für den Betrieb in Österreich erforderlichen Bewilligungen verfügten. Dies könnte jedoch nur (Regress‑)Ansprüche der Nebenintervenientin begründen, nicht jedoch unmittelbare Ansprüche der Klägerin, die mit der Erstbeklagten in keiner Vertragsbeziehung stand. Vielmehr wäre die Klägerin in diesem Fall auf Ansprüche gegen die Nebenintervenientin verwiesen, die nach Punkt 6 der AGB zum Infrastrukturnutzungsvertrag verpflichtet war, nur solche Fahrzeuge einzusetzen, die von „der zuständigen Stelle für den Verkehr zugelassen“ wurden, wobei die Zulassung inhaltlich zumindest der nach dem EisbG in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Bau‑ und Betriebsbewilligung entsprechen musste (vgl hiezu auch 2 Ob 18/16k).
3.3. Das Bestehen dieser Ansprüche der Klägerin gegen die Nebenintervenientin steht auch der Annahme entgegen, dass der Vertrag zwischen der Nebenintervenientin und der Erstbeklagten Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin entfalten könnte (1 Ob 601/92, EvBl 1993/119; RIS‑Justiz RS0022814; zuletzt etwa 8 Ob 132/14s; 2 Ob 195/15p). Die Revision der Klägerin hält zwar auch diese Anspruchsgrundlage aufrecht, nimmt aber zur entgegenstehenden Rechtsprechung, die bereits vom Berufungsgericht angeführt wurde, nicht Stellung.
3.4. Andere Gründe für eine Verschuldenshaftung der Erstbeklagten sind nicht zu erkennen. Sie hatte die erforderlichen Wartungen des Waggons vornehmen lassen, wobei die Klägerin kein konkretes Vorbringen zur schuldhaften Auswahl eines dazu ungeeigneten Unternehmens erstattet hat. Das Fehlen einer CE‑Kennzeichnung (iSd VO [EU] 765/2008) bei der Seilklemme war nach den Feststelllungen wegen deren an sich gegebener Eignung zur Befestigung des Sicherungsseils nicht kausal (S 60 des Ersturteils: „nicht relevant“) für den Unfall. Weshalb die Erstbeklagte auch außerhalb eines Vertragsverhältnisses für einen Fehler eines mit der Wartung beauftragten Unternehmens einstehen müsste, ist nicht hervorgekommen.
4. Aus diesen Gründen müssen die Revisionen der Klägerin und der Nebenintervenientin in Bezug auf die Erstbeklagte scheitern. Auf die Frage eines allfälligen Mitverschuldens (Lagerung der Schienen in den Gleisen) kommt es unter diesen Umständen nicht an.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
B. In Bezug auf das gegen die Zweitbeklagte erhobene Klagebegehren sind die Revisionen nicht zulässig.
1. Zwar kann (ausnahmsweise) auch aufgrund eines einmaligen Fehlverhaltens Untüchtigkeit des Gehilfen iSv § 1315 ABGB angenommen werden, wenn aus den Umständen auf einen habituellen Hang zur Nachlässigkeit geschlossen werden kann (RIS‑Justiz RS0028925 [T1]; RS0028824 [T4, T8]; zuletzt etwa 4 Ob 4/15i mwN). Ob das zutrifft, hängt jedoch immer von den Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 228/04d; 4 Ob 4/15i).
Im konkreten Fall ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass auch aufgrund der (bestrittenen) Feststellungen des Erstgerichts keine Untüchtigkeit erwiesen sei, nicht zu beanstanden. Das mangelhafte Anziehen einer Mutter ist – mangels weiterer Indizien – lediglich eine einmalige Unaufmerksamkeit, die zwar vertragliche Ansprüche begründen könnte, für sich allein aber noch nicht auf habituelle Untüchtigkeit schließen lässt. Mit der Verwendung zu kurzer Schrauben und Dübel (3 Ob 217/75, SZ 48/110), die auf Unkenntnis der notwendigen Befestigungsmaßnahmen und damit auf generelle Untüchtigkeit schließen lässt, kann ein einmaliger Fehler beim Anziehen einer Mutter nicht verglichen werden. Zudem ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts hinzuweisen, dass die Schraube mehrere tausend Kilometer gehalten hatte. Das Anziehen der Mutter war daher nicht etwa unterblieben, es war nur nicht mit ausreichendem Drehmoment erfolgt. Ebenso war eine (an sich gebotene) Sichtprüfung unmittelbar nach dem Anziehen der Muttern nach den Feststelllungen (nur) in „nicht ausreichender Form“ vorgenommen worden. Auch daraus lässt sich die Untüchtigkeit des für das Anziehen der Mutter verantwortlichen Mitarbeiters nicht zwingend ableiten.
2. Ein für den Unfall kausales Organisationsverschulden der Zweitbeklagten ist ebenfalls nicht erwiesen. Nach den (insofern unstrittigen) Feststellungen hielt sich die Zweitbeklagte bei den Reparaturarbeiten an die ihr bekannten Vorgaben in den Anlagen des „Allgemeinen Vertrags über die Verwendung von Güterwagen (AVV)“. Dass diese Vorgaben damals nicht dem Stand der Technik entsprochen hätten, ist nicht hervorgekommen. Insbesondere lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten, dass beim Anziehen der Muttern an der Seilklemme ein Vier-Augen-Prinzip erforderlich gewesen wäre.
3. Aus diesen Gründen sind die Revisionen, soweit sie sich gegen die Abweisung des gegen die Zweitbeklagte erhobenen Begehrens richten, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Auf die unerledigt gebliebene Beweisrüge zu den strittigen Feststellungen und ein allfälliges Mitverschulden der Klägerin kommt es unter diesen Umständen nicht an.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)