OGH 6Ob177/16x

OGH6Ob177/16x24.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* G*, vertreten durch Mag. Peter Lieskonig, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei G* G*, vertreten durch Mag. Karl Heinz Fauland, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 20. Juni 2016, GZ 2 R 132/16w‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E116213

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen gaben dem Scheidungsbegehren des Klägers statt und sprachen das überwiegende Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe aus.

Beide Vorinstanzen haben sich zwar mit dem Begehren der Beklagten, die Klage wegen mangelnder sittlicher Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens gemäß § 49 letzter Satz EheG abzuweisen, und dem dazu erstatteten Vorbringen nicht näher auseinandergesetzt. Aus der Klagsstattgebung ergibt sich aber, dass die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass das Scheidungsbegehren des Klägers sittlich gerechtfertigt ist.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Scheidungsbegehren bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe sittlich gerechtfertigt ist, sind immer das gesamte Verhalten der Ehegatten und die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob sich aus dem Verhalten des beklagten Ehegatten ergibt, dass er trotz der Eheverfehlungen des Klägers an der Ehe festhält (RIS‑Justiz RS0057246; RS0057058). Die Beurteilung des Scheidungsbegehrens als sittlich gerechtfertigt ist nicht schon deshalb unvertretbar, weil die vom Kläger gesetzten Eheverfehlungen bei weitem überwiegen (7 Ob 112/11p). Wegen der Einzelfallbezogenheit kann die Frage, ob das Scheidungsbegehren sittlich gerechtfertigt ist, vom Obersten Gerichtshof nur aufgegriffen werden, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (7 Ob 112/11p).

Das Erstgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe durch ihre ständige Vorhalte einen kausalen Beitrag zur Zerrüttung der Ehe geleistet. Festgestellt wurde auch, dass die Beklagte nach dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung sich nicht bemühte, den Kläger zurückzugewinnen.

Bei diesem Sachverhalt ist die implizite Bejahung (3 Ob 35/13p) der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens des Klägers durch das Berufungsgericht jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Stichworte