European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00035.13P.0313.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagten gelingt es nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass ihr Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist.
1. Da bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 49 Satz 2 EheG vorliegen, sowohl das gesamte Verhalten der Ehegatten als auch die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (RIS‑Justiz RS0057058, RS0057246), ist die Frage, ob ein Scheidungsbegehren nach dieser Bestimmung sittlich gerechtfertigt ist oder nicht, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (7 Ob 112/11p).
Entgegen der Argumentation der Beklagten ist den Feststellungen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem ehewidrigen Verhalten des Klägers (Schimpfen, Drohen, Aufreiben, Angst machen) und dem ‑ als Eheverfehlung gar nicht bestrittenen ‑ eigensinnigen Verhalten auch der Beklagten, Zahlungen für Betriebskosten und Erhaltung gemeinsamer Güter mit dem Ergebnis zu verweigern, dass eine gemeinsame Wohnung (die nicht die Ehewohnung darstellte) im Jahr 2007 deswegen versteigert wurde, nicht zu entnehmen; das Erstgericht sah dieses Verhalten nur als Ausdruck der fortschreitenden Zerrüttung. Ein Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Klägers und der Verweigerung der Erfüllung von Zahlungspflichten der Beklagten gegenüber Dritten wäre auch nicht nachvollziehbar herzustellen.
Stehen aber beiderseitige Eheverfehlungen nach Inhalt und Wirkung einander selbständig gegenüber, so kann die sittliche Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens nicht in Zweifel gezogen werden (RIS‑Justiz RS0057213). In der (impliziten) Bejahung der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens durch die Vorinstanzen liegt daher keine unvertretbare Fehlbeurteilung.
2. Ob der Beklagten die in der Revision bekämpfte weitere Eheverfehlung zur Last liegt, ist angesichts des von den Vorinstanzen ausgesprochenen überwiegenden Verschuldens des Klägers nicht mehr entscheidungswesentlich. Eine Stellungnahme zu der vom Berufungsgericht angenommenen Verletzung ihrer Beistandspflicht der Beklagten wegen der Unterlassung von Vermittlungsbemühungen in einem Streit zwischen dem Kläger und einem gemeinsamen Sohn erübrigen sich daher.
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