OGH 9ObA80/16d

OGH9ObA80/16d26.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Wolfgang Cadilek in der Rechtssache der klagenden Partei DI J***** R*****, vertreten durch hba Held Berdnik, Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen monatlich 3.153,50 EUR brutto sA und Feststellung (113.526 EUR), über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei sowie den Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. März 2016, GZ 6 Ra 96/15g‑21, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 12. Mai 2015, GZ 43 Cga 63/14k‑17, Folge gegeben und das Ersturteil teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00080.16D.0726.000

 

Spruch:

1. Der Revision der klagenden Partei und den Rekursen beider Parteien wird Folge gegeben.

Das Teilurteil und der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts werden dahin abgeändert, dass das Ersturteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.041,56 EUR (darin (340,26 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung, die mit 2.929,64 EUR (darin 318,11 EUR USt; 1.021 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten der Revision und des Rekurses der klagenden Partei sowie die mit 2.005,38 EUR (darin 334,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung der klagenden Partei zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. 2. 1980 bis 31. 1. 2008 bei der Beklagten zuletzt als Abteilungsbevollmächtigter angestellt. Im Zuge eines von der Beklagten durchgeführten Personalabbaus wurde das Dienstverhältnis des Klägers zum 31. 1. 2008 unter Einbeziehung der Betriebsvereinbarung vom 25. 9. 2007 (Sozialplan) einvernehmlich aufgelöst. Der Sozialplan sah in den streitgegenständlichen Punkten einer für den Kläger zu leistenden Einmalzahlung der Beklagten an ihre Pensionskasse sowie einer ihm laufend zu leistenden Überbrückungszahlung Folgendes vor:

Für Mitarbeiter der S ***** ab der Vollendung des 55. Lebensjahres kann seitens des Unternehmens nach Maßgabe der betrieblichen Notwendigkeiten folgendes Angebot unterbreitet werden:

4.3.1. …

4.3.2. …

4.3.3. Leistung eines einmaligen Sonderbeitrages in die S ***** Pensionskasse:

Dieser Beitrag wird auf Basis des Jahresnettobeitrages 2007 wie folgt ermittelt:

* Anzahl der bei aufrechtem Dienstverhältnis verbleibenden Beitragsjahre bis zum frühestens möglichen Pensionsstichtag gemäß Pensionsreform 2004 (Stichtagsalter gemäß Anlage),

* jährliche Aufwertung der noch offenen Beitragszahlungen um 3,5 % p.a.

* Abzinsung der vorstehend ermittelten Beitragszahlungen mit 5 % p.a. auf den tatsächlichen Einzahlungsstichtag.

Der Beitrag wird mit Ende des Dienstverhältnisses fällig.

...

4.3.4. Angebot einer betrieblichen Pensionsleistung als Überbrückungshilfe durch eine im Eigentum der ***** stehende Tochtergesellschaft (voraussichtlich Firma C*****) ab dem auf die Beendigung des Dienstverhältnisses folgenden Monat bis zum frühestens möglichen Pensionsstichtag gemäß Pensionsreform 2004 (Stichtagsalter gemäß Anlage).

Die Leistung beträgt im ersten Jahr nach Beendigung EUR 1.200,00 brutto pro Monat x 14, ab dem zweiten Jahr EUR 2.400,00 brutto pro Monat x 14. Sie wird monatlich im Nachhinein ausbezahlt. 13. und 14.-Zahlung erfolgen jeweils im Juni und im November. Im Jahr des Beginns und der Beendigung der Zahlungen erfolgen die Sonderzahlungen aliquot. Eine Valorisierung erfolgt jährlich mit 2 % p.a., erstmals mit 1. 1. 2009.

Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit schmälert nicht die Überbrückungszahlung. Das Unternehmen behält sich jedoch vor, die Zahlungen einzustellen, falls im Zeitraum nach Beendigung des Dienstverhältnisses bis zum frühestmöglichen, individuellen Pensionsstichtag gemäß Pensionsreform 2004 (Stichtagsalter) eine konkurrenzierende selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit im Geschäftszweig des Unternehmens (analog Konkurrenzklausel Angestelltengesetz) oder eine die Interessen von S***** oder sonst wie beeinträchtigende Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Der Anhang zu diesem Sozialplan enthielt folgende tabellarische Darstellung:

Antrittsalter abhängig vom Geburtsdatum

Geboren

 

Pensionsantrittsalter

 

Männer

Frauen

Männer

Frauen

Ab 1. 10. 1943

1. 10. 1948 bis 31. 12. 1948

62 Jahre

57 Jahre

Korridorpensionsalter

   

...

...

  
    

Im Zuge der einvernehmlichen Auflösung unterfertigte der Kläger zwei Schreiben mit folgendem Inhalt: Schreiben vom 14. 12. 2007:

Sozialplan S ***** AG *****

Sehr geehrter Herr Dipl.‑Ing. R *****!

Sie haben eine Vereinbarung gemäß Punkt 4.3. des Sozialplans der S ***** AG ***** vom 25. September 2007 abgeschlossen.

Sie haben aufgrund dieser Vereinbarung einen Anspruch gegenüber der C ***** GmbH auf eine betriebliche Pensionsleistung gemäß Punkt 4.3.4. des oben genannten Sozialplans.

Wir werden daher folgende Kriterien an Sie erbringen:

Leistungszeitraum:

Ab dem auf die Beendigung des Dienstverhältnisses folgenden Monat bis zum frühestens möglichen Pensionsstichtag, dies ist der 1. 10. 2014.

Leistungshöhe:

Im ersten Jahr nach Beendigung EUR 1.200,00 brutto pro Monat mal 14, ab dem zweiten Jahr EUR 2.400,00 brutto pro Monat mal 14.

Auszahlung: …

Valorisierung: Jährlich 2 % p.a., erstmals mit 1. 1. 2009. ...

Schreiben vom 18. 12. 2007:

„Einvernehmliche Lösung des Dienst-verhältnisses

Sehr geehrter Herr Dipl.‑Ing. J ***** R*****!

Wie mit Ihnen besprochen, wird Ihr Dienstverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen gemäß den Bedingungen des Sozialplanes vom 25. September 2007 mit Wirkung vom 31. Januar 2008 aufgelöst.

Sie erhalten bei Ihrem Austritt das Formular 'Antrag auf Versorgungsleistung' mit dem Sie gemäß Betriebsvereinbarung Nr. 21/I Ihren Anspruch auf Zahlung einer Betriebspension gegenüber der S ***** Pensionskasse AG geltend machen können.

Wir sagen Ihnen darüber hinaus unter Bezugnahme auf Punkt 4.3.3. des Sozialplanes eine Leistung eines einmaligen Sonderbeitrages in die S ***** Pensionskasse in der Höhe von EUR 52.448,67 zu.

Sie erhalten eine betriebliche Pensionsleistung gemäß Punkt 4.3.4. des Sozialplanes. …

Über den konkreten Inhalt der Schreiben oder über jenen der Betriebsvereinbarung (Sozialplan) wurde mit dem Kläger nicht gesprochen. Da die Diktion des Schreibens vom 14. 12. 2007 „zum frühestmöglichen Pensionsstichtag, das ist der 1. 10. 2014“ für den Kläger klar war, holte er keine weiteren Informationen, insbesondere auch nicht bei der PVA ein. Erst als er begann, sich mit einem Rückzug aus seiner seit 1. 3. 2008 ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger zu beschäftigen, holte er bei der Sozialversicherung Erkundigungen über die Korridorpension ein. Sein derzeit frühestmöglicher Pensionsantrittsstichtag ist der 1. 10. 2017. Aufgrund fehlender Beitragsmonate hatte er zum 1. 10. 2014 die für eine notwendige Korridorpension erforderlichen Versicherungsmonate nicht erreicht. Zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung hätte er erst im Alter von 65 Jahren in Pension gehen können. Hätte er gewusst, dass sein tatsächlicher Pensionsantrittsstichtag nicht der 1. 10. 2014 ist, hätte er das Alternativangebot nicht angenommen. Notwendige Versicherungszeiten hätte er nicht nachgekauft.

Seitens der Beklagten sollte der Personalabbau rasch erfolgen, weshalb diese nicht für jeden einzelnen Mitarbeiter den jeweiligen Pensionsantrittsstichtag ermitteln, sondern einen fiktiven Stichtag heranziehen wollte.

Der einmalige Sonderbeitrag in Höhe von 52.448,67 EUR wurde von der Beklagten in die Pensionskasse einbezahlt. Die Überbrückungshilfe beträgt ab dem 1. 10. 2014 inklusive der Sonderzahlungen monatlich 3.153,50 EUR brutto. Zum 30. 9. 2014 stellte die Beklagte die Überbrückungszahlungen ein.

Der Kläger begehrte den Zuspruch von (offensichtlich:) monatlich 3.153,50 EUR brutto sA seit 1. 11. 2014 sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, über den 30. 9. 2014 hinaus einen einmaligen Sonderbeitrag gemäß Pkt 4.3.3. der Betriebsvereinbarung (Sozialplan) bis zum tatsächlich frühestmöglichen Pensionsstichtag, derzeit zum Stichtag 1. 10. 2017, zu errechnen und unter Anrechnung des bisher bezahlten Beitrags an die Rechtsnachfolgerin der S*****-Pensionskasse zu zahlen. Für die Beitragsleistung und die Überbrückungszahlung komme es auf seinen individuellen frühestmöglichen Pensionsstichtag an, sodass die Beklagte auch den Zeitraum von 1. 10. 2014 bis 1. 10. 2017 zu berücksichtigen habe. Dafür stützte er sich auf die Auslegung des Sozialplans, die Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte, eine durch Vertragsanpassung zu korrigierende Teilnichtigkeit sowie auf Irrtum.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, aus dem Sozialplan ergebe sich eine Begrenzung des Leistungszeitraums nach den Bestimmungen der Pensionsreform 2004, bei Männern sohin allgemein mit dem 62. Lebensjahr. Es sei somit eindeutiger Wille der Vertragsparteien gewesen, den Bezug der Betriebspensionsleistung mit 30. 9. 2014 zu begrenzen. Mangels Vorlage von Unterlagen durch den Kläger sei sie auch nicht in der Lage gewesen, seinen individuellen Pensionsstichtag zu ermitteln.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und folgte der Auslegung des Klägers.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, wies mit Teilurteil das Feststellungsbegehren ab und hob im Übrigen, dh bezüglich des Zuspruchs eines Betrags von monatlich 3.153 EUR brutto sA das Ersturteil zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf. Die Betriebsvereinbarung sei dahin auszulegen, dass es auf den abstrakten, in der Anlage festgelegten Stichtag ankomme. Daher und weil der Kläger bereits Leistung des Einmalbetrags verlangen könne, sei das Feststellungsbegehren abzuweisen. Der Zahlungszuspruch sei hingegen zur Erörterung eines Schadenersatzanspruchs wegen Verletzung von Aufklärungspflichten aufzuheben, wobei aufgrund der späteren Erwerbstätigkeit des Klägers auch Feststellungen zu seiner hypothetischen Vermögensentwicklung zu treffen seien.

Sowohl die Revision als auch der Rekurs seien zulässig, weil auch eine andere Auslegung der auch für zahlreiche weitere Arbeitnehmer bedeutsamen Betriebsvereinbarung möglich sei.

In seiner dagegen gerichteten Revision und seinem Rekurs begehrt der Kläger im Ergebnis eine Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidungen im Sinne einer Stattgabe des Klagebegehrens; hilfsweise stellt er zum Feststellungsbegehren einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, die Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben. Hinsichtlich des Rekurses ist das Hilfsbegehren mit dem Antrag einer Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichts im Sinne einer Klagsabweisung des Leistungsbegehrens verbunden; in eventu werden auch Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrem Rekurs die Abänderung des Aufhebungsbeschlusses im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens; in eventu werden auch dazu Aufhebungsanträge gestellt.

Der Kläger beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind zulässig, weil zur Auslegung der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung durch das Berufungsgericht Korrekturbedarf besteht; sie sind auch berechtigt.

I. Revision und Rekurs des Klägers

I.1. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Auslegung des normativen Teils von Betriebsvereinbarungen objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0050963; RS0010088 [T11, T38]). Grundsätzlich ist der gegenwärtige objektive Sinngehalt maßgebend (RIS‑Justiz RS0008874 [T3]). Dabei ist im Zweifel zu unterstellen, dass die Vertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und daher eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten (RIS‑Justiz RS0008897 [T2]; RS0008828 [T3, T38] ua).

I.2. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte in ihrer Betriebsvereinbarung eine Formulierung gewählt, mit der sie hinsichtlich der Ermittlung des Sonderbeitrags an die Pensionskasse auf die Anzahl der bei aufrechtem Dienstverhältnis verbleibenden Beitragsjahre bis zum frühestmöglichen Pensionsstichtag gemäß Pensions-reform 2004 (Stichtagsalter gemäß Anlage) und hinsichtlich der Überbrückungshilfe auf den frühestmöglichen, individuellen Pensionsstichtag gemäß Pensionsreform 2004 (Stichtagsalter) Bezug nahm.

I.3. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen sowohl zum einmaligen Sonderbeitrag als auch zur Überbrückungshilfe gemäß Punkt 4.3.4. des Sozialplans sollten Mitarbeiter mit dem „Alternativangebot“ gemäß Punkt 4.3. des Sozialplans daher Leistungen bis zum frühestmöglichen Pensionsstichtag gemäß der Pensionsreform 2004 erhalten. Objektiv wird damit zum Ausdruck gebracht, dass eine soziale Absicherung eines vorzeitig ausscheidenden Mitarbeiters durch eine betriebliche Leistung bis zu jenem Zeitpunkt erfolgen soll, bis zu dem er frühestmöglich eine Alterspension beanspruchen kann. Wie dies explizit auch in Punkt 4.3.4. des Sozialplans zum Ausdruck kommt, wird dieses Ziel aber nur durch die Berücksichtigung des individuellen Pensionsstichtags erreicht. Ausgehend davon, dass die Parteien der Betriebsvereinbarung eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen wollten, ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass die Beklagte zwar die Überbrückungshilfe ausdrücklich bis zum frühestmöglichen individuellen Pensionsstichtag eines Mitarbeiters gewähren, für den Sonderbeitrag aber einen davon abweichenden Stichtag wählen wollte. Der Verweis auf das „Stichtagsalter gemäß Anlage“ steht dem nicht entgegen, weil damit offensichtlich nur das potenzielle Antrittsalter für Männer und Frauen in der damals aktuellen Form dargestellt werden sollte. Hätte die Beklagte in Kauf nehmen wollen, dass jenen (männlichen) Mitarbeitern, die die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension nicht erreichten, hinsichtlich der Beitragsleistung für die Betriebspension eine Lücke bis zum tatsächlich möglichen Pensionsantritt entsteht, hätte die Sozialplanleistung hier unschwer bis zum Erreichen des 62. Lebensjahres der Mitarbeiter beschränkt werden oder sonst eine erkennbare Abstrahierung vom individuellen Pensionsantrittsalter eines Mitarbeiters erfolgen können.

1.4. Von diesem Verständnis ausgehend, konnte ein redlicher Erklärungsempfänger auch die Schreiben vom 14. 12. 2007 und vom 18. 12. 2007 nur dahin verstehen, dass die Sozialplanleistungen auf Basis des frühestmöglichen individuellen Pensionsstichtags erbracht werden sollten. Denn dass der Sozialplan seine Wirksamkeit für den Kläger erst mit der Vereinbarung über die einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses entfaltete, führt hier zu keiner Änderung hinsichlich der Auslegung der Betriebsvereinbarung (vgl 9 ObA 19/14f). Dieses Verständnis dürfte nicht zuletzt auch dem ursprünglichen Prozessstandpunkt der Beklagten (ON 3 AS 23) entsprochen haben, nach dem sie üblicherweise die Mitteilung der PVA über den frühestmöglichen Pensionsstichtag eines Mitarbeiters auf Grundlage der (jeweils) gültigen Rechtslage als Basis der Vereinbarung heranzieht.

I.5. Vergleichsweise sei schließlich auf die Entscheidung 9 ObA 28/16g verwiesen, in der selbst die im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung gewählte Formulierung „Das Dienstverhältnis dauert bis zu dem Tag vor Ihrem frühest möglichen Pensionsstichtag, längstens jedoch bis zum 30. September 2015“ dahin ausgelegt wurde, dass die Parteien mit der Festlegung eines bestimmten Datums nur auf den damals bekannten Pensionsstichtag abstellen wollten, tatsächlich aber den individuellen frühestmöglichen Pensionsstichtag meinten, sodass die nachträgliche gesetzliche Anhebung des Pensionsantrittsalters für den Arbeitnehmer unschädlich war.

I.6. Erwägungen dazu, ob dem Kläger die Möglichkeit offen gestanden wäre, Schul- bzw Studienzeiten für einen möglichen Pensionsantritt zum 1. 10. 2014 nachzukaufen, erübrigen sich damit ebenso wie Fragen einer potenziellen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte.

I.7. Davon ausgehend ist das Erstgericht zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Klagsansprüche– und zwar sowohl hinsichtlich der monatlichen Überbrückungshilfe als auch hinsichtlich des Sonderbeitrags – zu Recht bestehen. Den Rechtsmittelschriften des Klägers war daher Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

II. Rekurs der Beklagten

Nach den unter Pkt I. getätigten Ausführungen bekämpft die Beklagte in ihrem Rekurs die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass noch Klärungsbedarf zu einer allfälligen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte besteht, zwar zu Recht. Da im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse jedoch das Verschlechterungsverbot nicht gilt und Spruchreife vorliegt (§ 519 Abs 2 ZPO), ist das Berufungsurteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern (s RIS‑Justiz RS0043853; RS0043903).

III. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auf den §§ 41, 50 ZPO auf Basis der von der klagenden Partei zuerst verzeichneten Kosten. Trotz erfolgreichen Rekurses auch der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts besteht dafür kein Kostenersatzanspruch der Beklagten, weil im Ergebnis zu ihrem Nachteil entschieden wird (RIS‑Justiz RS0043853 [T5]). Eine nachträgliche Korrektur des Kostenverzeichnisses (ON 25) kommt nicht in Betracht (s nur Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 47 mwN).

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