OGH 4Ob105/16v

OGH4Ob105/16v24.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Reinhard Lachinger, Rechtsanwalt in Korneuburg, gegen die beklagte Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer, Dr. Michael Frank, Rechtsanwälte in Horn, wegen Räumung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2016, GZ 39 R 323/15m‑16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 27. Juni 2015, GZ 5 C 614/14x‑12, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00105.16V.0524.000

 

Spruch:

 

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 730,64 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 121,77 EUR USt) zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit schriftlichem Bestandvertrag vom 10. 10. 1975 verpachtete das klagende Stift eine als Garten gewidmete unbebaute Fläche mit einem Ausmaß von 269 m2 an den Vater der Beklagten. Das für die Dauer von fünf Jahren befristete Bestandverhältnis wurde in weiterer Folge mehrmals durch die Unterzeichnung schriftlicher Nachträge um jeweils fünf Jahre verlängert, zuletzt am 11. 3. 2009, wobei der 30. 6. 2014 als Endtermin festgelegt wurde.

Wenige Wochen nach dem Tod ihres Vaters traf sich die Beklagte im Dezember 2009 mit Dr. A***** L*****, dem Leiter der Immobilienabteilung der klagenden Partei, und bekundete ihr Interesse an der weiteren Nutzung des Gartens. Zuvor hatte ihre Stiefmutter und Witwe des Verstorbenen die Übergabe der Liegenschaft von der Beklagten gefordert. Dr. L***** erklärte der Beklagten, dass sie sich nicht um die Benutzung der gepachteten Fläche zu sorgen brauche, diese stehe jedenfalls ihr und nicht der Witwe ihres Vaters zu. Die beiden besprachen zunächst eine allfällige Überschreibung des Pachtvertrags auf die Beklagte und vereinbarten schließlich mündlich, dass sämtliche Vorschreibungen aus diesem Vertragsverhältnis „intern“ auf sie umgeschrieben werden. Eine „Umschreibung“ des Vertrags wurde zur Vermeidung von Vertragsgebühren unterlassen, zumal die letzte Vertragsverlängerung ohnehin erst kurz zuvor erfolgt war. Im Gespräch wurde nicht thematisiert, was nach Ablauf der Befristung des Vertrags geschehen soll. Dr. L***** sicherte der Beklagten weder den Abschluss weiterer fünfjähriger Pachtverträge noch eine Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit zu. Im Jänner 2010 erhielt die Beklagte ein Schreiben der klagenden Partei, in der von dieser bestätigt wurde, dass das Grundstück an sie in Bestand gegeben worden sei.

Nach Umwidmung der klägerischen Liegenschaften erwog die klagende Partei, die Bestandfläche zu verbauen, weshalb die weitere Verpachtung nicht mehr in ihrem Interesse lag. Mit Schreiben vom 13. 5. 2014 ersuchte sie die Beklagte, die Fläche nach Ablauf des Pachtvertrags zum 30. 6. 2014 zu übergeben.

In ihrem Antwortschreiben vom 16. 5. 2014 teilte die Beklagte mit, dass sie die Räumung und Rückstellung verweigere. Dem Vertragsverhältnis liege der Bestandvertrag vom 10. 10. 1975 „als regelmäßig verlängerter unbefristeter Pachtvertrag“ zugrunde, der von ihr erfüllt werde. Es gebe keine Gründe zur Vertragsauflösung.

Nach weiteren erfolglosen schriftlichen Aufforderungen zur Räumung und Rückstellung vom 5. 6. 2014 und 14. 7. 2014 brachte die klagende Partei am 18. 12. 2014 die Räumungsklage ein. Zur Klagsführung war es vorher nicht gekommen, weil die beklagte Partei sowohl den Döblinger Bezirksvorsteher als auch den Erzbischof von Wien mit der Angelegenheit befasste und die klagende Partei die Ergebnisse der entsprechenden Korrespondenz abwarten wollte.

Die klagende Partei brachte im Wesentlichen vor, die Streitteile hätten nach dem Tod des Pächters vereinbart, dass die beklagte Partei die bis 30. 6. 2014 verpachtete Liegenschaft gegen Leistung des vereinbarten Entgelts benutzen darf. Seit dem Ablauf der Befristung erfolge die Benutzung der Fläche titellos. Die klagende Partei habe klar zu erkennen gegeben, dass es zu einer Verlängerung des Pachtvertrags nicht komme, weshalb die Klage nicht verspätet eingebracht worden sei. Sie habe mit der Klage zugewartet, weil sie im Zusammenhang mit den Terminen beim Bezirksvorsteher und Erzbischof auf die Einsicht der Beklagten gehofft habe.

Die beklagte Partei wandte ein, dass sie nach dem Ableben ihres Vaters in das Pachtverhältnis eingetreten sei. Eine titellose Benutzung liege nicht vor, das Bestandverhältnis bestehe auf unbestimmte Zeit und sei noch aufrecht. Zudem sei der Vertrag durch die verspätete Einbringung der Räumungsklage erneuert worden. Wegen der Anwendung des Kleingartengesetzes (KlGG) dürften Pachtverträge nur auf eine Dauer von zehn Jahren abgeschlossen werden.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt. Der befristete Pachtvertrag aus dem Jahr 1975 sei durch die mehrfachen Verlängerungen nicht in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt worden, zumal die Erneuerung immer befristet geschehen sei. Auch im Dezember 2009 sei es zu keiner Vertragsänderung gekommen, weil (nur) Einigung erzielt worden sei, dass die Beklagte in den bestehenden, daher befristeten Vertrag eintrete solle. Die Zusagen von Dr. L***** hätten sich nur auf die Forderung der Witwe des Verstorbenen bezogen. Der Vertrag sei als unbedingter, befristeter Pachtvertrag zu qualifizieren, weil nicht vereinbart worden sei, dass der Bestandvertrag nur bei Vorliegen einer Kündigungserklärung aufgelöst werde. Ein derartiger Vertrag könne aber konkludent über den Endtermin fortgesetzt werden, was unter den Voraussetzungen des § 569 ZPO vermutet werde. Die klagende Partei habe allerdings vor und nach Ablauf der Befristung auf eine Räumung bestanden, weshalb eine stillschweigende Verlängerung des Pachtvertrags nicht in Frage komme. Ungeachtet der Anwendbarkeit des KlGG könne sich die Beklagte nicht auf die nach § 2 KlGG vorzunehmende zwingende Vertragsbefristung von zehn Jahren berufen, weil diese Norm gemäß § 18 leg cit bei einer Einzelverpachtung nicht anzuwenden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf, trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.

Mangels Anwendung des MRG scheide ein Eintrittsrecht nach § 14 MRG aus. Nach dem Tod des Vaters der Beklagten sei der Nachlass bis zu einer allfälligen Einantwortung Partei des Bestandvertrags gewesen. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der ruhende Nachlass einem Vertragseintritt der Beklagten zugestimmt habe. Es sei offen, was mit dem ruhenden Nachlass passiert sei. Die Beklagte hätte daher nur bei Übereinkunft sämtlicher Erben oder dann in den Bestandvertrag eintreten können, wenn sie Alleinerbin geworden wäre. Diese Fragen seien noch nicht erörtert worden und müssten im weiteren Verfahren geklärt werden.

Verneine man einen Vertragseintritt, sei die Beklagte mit Dezember 2009/Jänner 2010 aufgrund eines eigenen Bestandvertrags erstmals Bestandnehmerin geworden. Es läge dann ein Fall der Doppelinbestandgabe vor. Aufgrund § 2 KlGG müsste das Klagebegehren abgewiesen werden.

Gehe man hingegen von einem Eintritt der Beklagten in den Pachtvertrag aus, komme die in § 2 KlGG normierte Befristung nicht zur Anwendung. Aus den fortlaufenden Befristungen könne die Beklagte (außerhalb des MRG) nicht das Vorliegen eines unbefristeten Bestandverhältnisses ableiten. Auch durch das späte Einbringen der Räumungsklage sei das Bestandverhältnis nicht in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt worden, weil klar gewesen sei, dass die klagende Partei den Vertrag nicht mehr verlängern wollte und nur die Gespräche der Beklagten mit dem Erzbischof und dem Bezirksvorsteher abwarten wollte. Auch aus dem Umstand, dass vor Ablauf der Befristung keine Kündigung erfolgt sei, sei für die Beklagte nichts zu gewinnen, weil kein Vertrag mit bedingtem Endtermin vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Abänderungsantrag. Die klagende Partei beantragt in der Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist wegen der Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht zulässig und im Ergebnis, wenn auch im Sinn einer Stattgebung des Räumungsbegehrens, berechtigt. Im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts gilt nämlich der Grundsatz der Unzulässigkeit der reformatio in peius nicht (RIS‑Justiz RS0043858; RS0043903; RS0043939).

1. Zum Eintritt der Beklagten

1.1 Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Vertragsverhältnis unter das KlGG fällt, weil die klagende Partei ein Grundstück im Sinne des § 1 Abs 1 KlGG in Bestand gegeben hat und keine der in § 1 Abs 4 leg cit genannten Ausnahmen vorliegt. Für das hier zu beurteilende Vertragsverhältnis sind dabei die in § 18 KlGG erwähnten Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, weil das Grundstück vom Liegenschaftseigentümer unmittelbar verpachtet wurde.

1.2 Die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1090 ff ABGB gelten nur mangels Sonderregeln auch für die unter das KlGG fallenden Verträge (3 Ob 62/05x; RIS‑Justiz RS0063649). Das Schicksal des Bestandvertrags war hier entgegen der Rechtsansicht des Zweitgerichts daher nicht nach § 1116a ABGB, sondern nach der Sonderbestimmung des § 15 KlGG zu beurteilen, die nach § 18 KlGG auch für Einzelpachtverträge gilt.

1.3 Dessen hier maßgeblicher Abs 1 lautet wie folgt:

§ 15. (1) Durch den Tod des Unterpächters wird der Unterpachtvertrag aufgelöst, es sei denn, dass binnen zwei Monaten der Ehegatte, Verwandte in gerader Linie oder Wahlkinder des Verstorbenen oder eine andere Person, die an der Bewirtschaftung des Kleingartens in den letzten fünf Jahren maßgeblich mitgewirkt hat, schriftlich die Bereitschaft erklären, den Unterpachtvertrag fortzusetzen. Der Generalpächter hat längstens binnen einem weiteren Monat den Eintritt einer dieser Personen in den Unterpachtvertrag schriftlich anzuerkennen. Falls mehrere Personen ihre Bereitschaft erklärt haben und eine Einigung darüber, wer von ihnen das Unterpachtverhältnis fortsetzen soll, nicht zustande gekommen ist, gilt folgendes: Der Ehegatte und die Kinder des Verstorbenen haben den Vorzug vor anderen Eintrittsberechtigten; unter diesen gehen diejenigen, die den Kleingarten bewirtschaftet haben, den übrigen vor. Soweit nach diesen Vorschriften mehrere Personen für das Eintrittsrecht in Betracht kommen, entscheidet der Generalpächter unter diesen nach seiner Wahl.

 

1.4 Die Bestandrechte werden nach dieser Norm nicht im Erbweg, sondern über eine Sonderrechtsnachfolge aufgrund gesetzlicher Anordnung erworben (6 Ob 2/14h = immolex 2014/89 [Klein]; Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge [2010] § 15 Rz 32).

1.5 Die Beklagte fällt als Verwandte in gerader Linie unter die eintrittsberechtigten Personen, ohne dass es darauf ankommt, ob sie an der Bewirtschaftung des Kleingartens in den letzten fünf Jahren maßgeblich mitgewirkt hat (Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge [2010] § 15 Rz 32). Nur bei einer „anderen Person“ wird auf dieses Erfordernis abgestellt.

1.6 Die Beklagte erklärte nach dem Ableben ihres Vaters zwar ihre Bereitschaft, den Vertrag fortzusetzen, tat dies allerdings nicht schriftlich. Das Schriftlichkeits-erfordernis des § 15 KlGG dient freilich dem Zweck, eindeutige Klarheit darüber herbeizuführen, ob und bejahendenfalls wer den Pachtvertrag nach einem verstorbenen Bestandnehmer fortsetzt (4 Ob 540/92; RIS‑Justiz RS0063787; Hinghofer‑Szalkay, Kleingartengesetz § 6 Rz 4 und 5 bzw § 15 Rz 3). Damit soll der Schwebezustand, ob und wenn ja wer die Rechtsnachfolge antritt, klar und zweifelsfrei beendet werden. Wird dieser Normzweck ungeachtet der fehlenden Schriftlichkeit aber erreicht, schadet es nicht, wenn die erforderliche Bereitschaft des Eintretenden bzw die Zustimmung des Bestandgebers zum Vertragseintritt nur mündlich oder gar nur schlüssig erklärt wird. Auch in den Entscheidungen 4 Ob 540/92 und 7 Ob 236/99b wurde ein auf § 15 KlGG gestützter schlüssiger Eintritt in das Dauerschuldverhältnis im Ergebnis zwar jeweils verneint, aber nicht für unzulässig oder unwirksam erachtet (idS auch LGZ Wien 39 R 800/98f = MietSlg 51.498). Das im Einzelfall im Bereich des § 15 KlGG mögliche Abgehen vom Schriftlichkeitsgebot korrespondiert mit dem Umstand, dass es sich bei der Bestimmung des § 15 Abs 1 KlGG um eine Norm relativ zwingenden Charakters handelt (7 Ob 236/99b). Darunter versteht man ‑ allgemein ‑ Vorschriften, die nur zugunsten, nicht hingegen zu Lasten (zum Nachteil) einer ‑ regelmäßig in einer schwächeren Rechtsposition befindlichen ‑ Partei abänderbar sind (RIS‑Justiz RS0112512). Auch eine bloß mündliche Erklärung des Eintrittsberechtigten kann daher die Wirkung des § 15 Abs 1 KlGG auslösen.

1.7 Die Streitteile sind im Verfahren auch übereinstimmend von einem Eintritt der Beklagten in das Bestandverhältnis ausgegangen (vgl klagende Partei: „neuer schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen. … vereinbarten aber mündlich, dass die Beklagte … bis Ablauf der Befristung … benutzen darf und … Entgelt leisten wird“ oder Beklagte: „Die Beklagte ist nach Ableben ihres Vaters … in dieses Bestandverhältnis … eingetreten“).

1.8 Diese Rechtsfolge lässt sich aus den Feststellungen zweifelsfrei ableiten, kamen die Parteien demnach doch aufgrund mündlicher Vereinbarung darin überein, dass die Beklagte in den bestehenden Vertrag eintreten soll, was von der klagenden Partei im Sinne des § 15 Abs 1 Satz 2 KlGG auch schriftlich anerkannt wurde. Nach dem übereinstimmenden Willen beider Streitteile sollte gerade wegen der im gleichen Jahr erfolgten Vertragsverlängerung kein neuer Vertrag abgeschlossen werden. Die Parteien knüpften bei der Besprechung im Dezember 2009 vielmehr an den bisherigen (befristeten) Vertrag an und vereinbarten, dass sämtliche (diesbezüglichen) Vorschreibungen auf die Beklagte umgeschrieben werden.

1.9 Der Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach die Beklagte in den bis 30. 6. 2014 befristeten Bestandvertrag eingetreten ist, ist daher beizutreten. Es muss somit weder der Ausgang des Verlassenschaftsverfahrens nach dem Vater der Beklagten noch die Zustimmung allfälliger Erben zum Vertragseintritt näher untersucht werden.

2. Zur Beendigung des Bestandvertrags

2.1 Das ABGB unterscheidet zwischen befristeten Bestandverträgen mit bedingtem und unbedingtem Endtermin (Riss in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 1115 ABGB Rz 2 mwN; RIS‑Justiz RS0020736). Letztere enden mit Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung (RIS‑Justiz RS0026124); ein Bestandvertrag mit bedingtem Endtermin bedarf zur Auflösung zum vorgesehenen Zeitpunkt einer vorausgehenden Aufkündigung (RIS‑Justiz RS0020857).

2.2 Nach der zutreffenden jüngeren Rechtsprechung (8 Ob 240/01d) und Lehre (Hinghofer-Szalkay, Kleingartengesetz § 6 Rz 4) werden die gesetzlichen Vorgaben des KlGG für die zeitlichen Befristungen des Bestandvertrags dahin ausgelegt, dass der Inhalt des Pachtvertrags lediglich insoweit determiniert ist, als dem Pächter nach Vertragsschluss zumindest eine Pachtdauer von zehn Jahren gewährt sein muss. Darüber hinaus besteht jedoch Vertragsfreiheit, und zwar sowohl hinsichtlich einer bereits ursprünglich vereinbarten längeren Pachtzeit als auch hinsichtlich nachfolgender Verlängerungen des Pachtvertrags. Sind diese Anforderungen ‑ wie hier ‑ erfüllt, ist es zulässig und wirksam, wenn Verträge auf bestimmte Zeit abgeschlossen bzw verlängert werden, die mit dem Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung enden (Hinghofer‑Szalkay, Kleingartengesetz § 6 Rz 4 und 5 bzw § 12 Rz 3), zumal ‑ mangels Vorliegens einer planwidrigen Unvollständigkeit - auf Bestandverhältnisse, die dem KlGG unterliegen, die Bestimmungen des MRG nicht analog anzuwenden sind (RIS‑Justiz RS0075141 [T1]; RS0116788; vgl auch 3 Ob 2090/96s [§ 27 MRG] oder 3 Ob 62/05x [§ 16 MRG]).

2.3 Den Behauptungen des Rekurses, dass befristete Einzelpachtverträge nur gemäß § 7 Abs 1 KlGG gekündigt werden können und dem widersprechende Vereinbarungen nach § 6 Abs 4 KlGG nichtig seien, liegt ein Zirkelschluss zugrunde, weil die Beklagte das erst nachzuweisende Erfordernis der Kündigung in ihrer Argumentation bereits voraussetzt. Die von ihr ins Treffen geführten Normen beziehen sich aber nur auf jene Konstellationen, bei denen eine Kündigung erforderlich ist, um das Vertragsverhältnis (ohne Konsens) aufzulösen, nämlich auf unbefristete Verträge (vgl § 6 Abs 2 KlGG: „auf unbestimmte Zeit“) bzw befristete Verträge, die vor Ablauf der bedungenen Zeit gekündigt werden sollen (vgl § 6 Abs 3 KlGG: „vor Ablauf der Vertragsdauer“). Gerade eine solche Kündigung ist beim hier vorliegenden befristeten Bestandvertrag nach Ablauf des unbedingten Endtermins am 30. 6. 2014 aber gerade nicht erforderlich. Die Entscheidung ist somit nicht von der Beurteilung jener Normen abhängig, die an die Notwendigkeit einer Kündigung anknüpfen.

2.4 Somit schließt auch § 12 Abs 2 KlGG befristete Bestandverträge mit unbedingtem Endtermin für den Bereich des KlGG nicht aus, weil diese Norm nicht alle Verträge, sondern nur jene betrifft, bei denen eine Kündigung erforderlich ist, damit ein Vertrag (überhaupt bzw vorzeitig) endet. Insoweit die beklagte Partei für jegliche Vertragsbeendigung nach dem KlGG stets eine Kündigung postuliert, steht diesem Argument der Umstand entgegen, dass der Bestandgeber nach § 12 Abs 2 KlGG nur aus wichtigem Grund kündigen kann. Folgt man der Auffassung im Rekurs, wäre es dem Bestandgeber ungeachtet des Zeitablaufs dann nicht möglich, einen Vertrag zu kündigen, sofern der Bestandnehmer keinen der in § 12 Abs 2 KlGG genannten Kündigungsgründe erfüllt.

2.5 Bereits in der Entscheidung 5 Ob 133/62 = SZ 35/101 wurde darauf hingewiesen, dass das KlGG Pachtverträge auf bestimmte Zeit mit unbedingtem Endtermin kennt, zumal § 6 Abs 6 KlGG auf § 569 ZPO verweist.

2.6 Der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung 7 Ob 562/95 verfängt schon deshalb nicht, weil die dort zu beurteilende Konstellation ‑ wie der Rekurs auch richtig erkennt ‑ mit der hier vorliegenden nicht vergleichbar ist. In der zitierten Entscheidung war die Wirksamkeit einer Kündigung bei einem Vertrag mit bedingtem Endtermin zu prüfen, während dem gegenständlichen Verfahren eine Räumungsklage nach Beendigung eines Vertrags mit unbedingtem Endtermin zugrundelag. Der zitierten Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass das KlGG befristete Bestandverträge mit unbedingtem Endtermin kategorisch ausschließt.

3. Die Anwendung des § 569 ZPO durch das Zweitgericht und dessen Rechtsansicht, dass durch die mehrmalige Verlängerung des befristeten Pachtvertrags kein unbefristeter Bestandvertrag entstanden ist, wird im Rekurs nicht weiter hinterfragt. Es kann diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des Zweitgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

4. Damit erweist sich die Sache als spruchreif, sodass sofort mit Urteil in der Sache selbst zu erkennen war (§ 519 Abs 2 Satz 3 ZPO).

5. Aufgrund der Fällung einer Sachentscheidung war auch über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens abzusprechen. Diese Entscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO.

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