European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00002.14H.0515.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die als Tochter des verstorbenen A***** Z***** pflichtteilsberechtige Klägerin hält in ihrer außerordentlichen Revision den Standpunkt aufrecht, die Beklagte habe ‑ als dessen Witwe und Alleinerbin ‑ nicht nur das auf den Grundstücken 1896/1 und 1896/2 der EZ ***** Grundbuch ***** erbaute Superädifikat geerbt; vielmehr sei im Erbweg auch das zwischen dem Verstorbenen und dem ***** abgeschlossene Pachtverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Da dieses für den Verstorbenen und nunmehr für die Beklagte als dessen Witwe einen deutlich reduzierten Bestandzins vorsieht, hätte dessen „Schattenwert“ von 150.000 EUR in den Nachlass aufgenommen werden müssen, wodurch sich der Pflichtteilsanspruch der Klägerin um ein Drittel erhöht hätte.
1. Der Klägerin ist beizupflichten, dass ein Bestandrecht grundsätzlich ein vererbliches Vermögensrecht ist, wobei der Eintritt des Erben in den Vertrag mit der Rechtskraft der Einantwortung ex lege vollzogen wird (6 Ob 258/98d; 4 Ob 336/98k; 2 Ob 65/12s EF‑Z 2013/121). In einem solchen Fall können die Bestandrechte einen Wert haben, der im Verlassenschaftsverfahren zu inventarisieren und zu schätzen ist ( Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG [2013] § 166 Rz 22). Besteht allerdings eine Sonderrechtsnachfolge (etwa nach § 14 Abs 2 und 3 MRG), kommen Inventarisierung und Schätzung mangels Zugehörigkeit der Bestandrechte zum Verlassenschaftsvermögen nicht in Betracht ( Spruzina aaO unter Hinweis auf LGZ Wien EFSlg 67.566 [1991]; ebenso LGZ Wien EFSlg 61.632 [1989]; vgl auch 2 Ob 65/12s).
2. Die vom Verstorbenen in Bestand genommene Liegenschaft verfügt laut offenem Grundbuch über eine Fläche von insgesamt 553 m² (§ 1 Abs 1 KlGG) und liegt ‑ dies ist gerichtsnotorisch ‑ in einer Gemeinde (Wien), deren Einwohnerzahl nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung 5.000 bei Weitem übersteigt (§ 1 Abs 3 lit b KlGG). Sie gehört weder zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (§ 1 Abs 4 lit d KlGG) noch wurde sie im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis zur Nutzung überlassen (§ 1 Abs 4 lit d KlGG). Da sie auch nicht vom Grundeigentümer selbst genutzt wird (§ 1 Abs 2 KlGG; 7 Ob 562/95), das Kleingartengesetz die Errichtung eines Gebäudes (regelmäßig eines Superädifikats) nicht ausschließt (6 Ob 17/10h wobl 2011/151) ‑ laut offenem Grundbuch besteht mit 318 m² auch hinreichend Gartenfläche zu Erholungszwecken (6 Ob 17/10h) ‑ und es schließlich unerheblich ist, ob der Kleingarten in oder außerhalb einer Kleingartensiedlung liegt (§ 1 Abs 1 Satz 2 KlGG; Hinghofer‑Szalkay/Ortner , Ausgewählte Probleme im Zusammenhang mit Kleingartenanlagen [Teil I], wobl 2005, 325), hat der Oberste Gerichtshof auch auf die Bestimmungen des Kleingartengesetzes Bedacht zu nehmen; dies ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die von einem entsprechenden Parteienvorbringen unabhängig ist.
3. Nach § 15 Abs 1 KlGG, der gemäß § 18 KlGG auch auf Einzelpachtverträge wie den vorliegenden anzuwenden ist, wird der Pachtvertrag durch den Tod des Pächters grundsätzlich aufgelöst; allerdings kann etwa der Ehegatte des verstorbenen Pächters binnen einer bestimmten Frist erklären, den Pachtvertrag fortzusetzen. Dies entspricht im Grundsätzlichen der Sonderrechtsnachfolge nach § 14 Abs 2 und 3 MRG; der überlebende Ehegatte erwirbt seine Bestandrechte nicht als Erbe, sondern als Sonderrechtsnachfolger aufgrund gesetzlicher Anordnung.
Dieser Bestimmung des § 15 Abs 1 KlGG, bei der es sich um eine Norm relativ zwingenden Charakters handelt, also um eine Norm, die nur zugunsten, nicht hingegen zu Lasten (zum Nachteil) einer ‑ regelmäßig in einer schwächeren Rechtsposition befindlichen ‑ Partei abänderbar ist (7 Ob 236/99b), entsprechen im Wesentlichen auch die zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem Verstorbenen beziehungsweise dem Liegenschaftseigentümer und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen. Demnach war der Liegenschaftseigentümer „im Fall des Erwerbs des Superädifikats im Erbweg bereit, mit dem neuen Eigentümer des Superädifikats einen gleichlautenden Bestandvertrag […] abzuschließen“, und hat dies auch bereits getan. In diesem Sinn ist dann aber auch die von der Beklagten im Verfahren erster Instanz gebrauchte Formulierung, sie habe „den Pachtvertrag übernommen“, nicht gänzlich verfehlt; jedenfalls lässt sich entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Meinung aus dieser Formulierung nicht die Behauptung der Beklagten ableiten, sie habe den Pachtvertrag als Erbin übernommen.
4. Da bei Sonderrechtsnachfolge eine Zugehörigkeit der Bestandrechte zum Verlassenschaftsvermögen zu verneinen ist (1.), haben die Vorinstanzen in vertretbarer Weise das Klagebegehren abgewiesen. Dass die Beklagte aufgrund der vertraglichen Bestimmungen berechtigt ist, im Falle der Veräußerung oder sonstigen Übertragung des Superädifikats den Liegenschaftseigentümer unter bestimmten Bedingungen zum Abschluss eines gleichlautenden Pachtvertrags zu zwingen (vgl in diesem Zusammenhang auch § 14 iVm § 18 KlGG), ändert daran nichts. Das Bestandverhältnis mag zwar im Hinblick auf die Konstruktion des § 15 KlGG und die getroffenen Vereinbarungen einen objektiven Verkehrswert haben (vgl Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG [2013] § 166 Rz 22); dies ändert aber nichts an der Sonderrechtsnachfolge (3.).
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