OGH 10Ob20/16p

OGH10Ob20/16p13.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. C*****, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler Rechtsanwalt Gesellschaft mbH in Leoben, wegen 500.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 2. Februar 2016, GZ 3 R 3/16k‑17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00020.16P.0413.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Eine solche zeigt die Klägerin in ihrer Zulassungsbeschwerde (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO) nicht auf:

1. Die 30‑jährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB gilt dann, wenn der Ersatzanspruch der Klägerin aus einer gerichtlich strafbaren Handlung stammt, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Eine strafgerichtliche Verurteilung ist nicht Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0034432). Die Voraussetzungen für die Anwendung der 30‑jährigen Verjährungsfrist sind vom Geschädigten zu beweisen (RIS‑Justiz RS0034432 [T1], RS0034398 [T3]). Will sich der Geschädigte demnach wie hier zur Dartuung der längeren Verjährungsfrist auf Untreue in Form der Beitragstäterschaft stützen, so hat er, da das Grundtatbild des § 153 Abs 1 StGB iVm § 12 StGB der Qualifikation in der Strafdrohung nicht entspricht, auch die zusätzlichen Merkmale eines der qualifizierten Untreuefälle zu behaupten und zu beweisen (vgl 7 Ob 23/15f zur Nötigung gemäß § 105 StGB).

2.1 Die Vorinstanzen haben zutreffend ‑ und von der Revisionswerberin auch nicht in Frage gestellt ‑ die nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der subjektiven Tatseite bei der qualifizierten Untreue als Beteiligungstäter beachtet (vgl dazu etwa 15 Os 25/11g ua; RIS‑Justiz RS0103984; RS0108964 [T6]; Kirchbacher/Presslauer in Höpfel/Ratz , WK StGB² § 153 Rz 42, 44 mwN [Stand: 1. 11. 2009]). Eine die Revision dennoch rechtfertigende Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zeigt die Revisionswerberin nicht auf.

2.2 Wissentlich iSd § 5 Abs 3 StGB handelt, wer das Vorliegen oder Eintreten des Umstands oder Erfolgs, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern für gewiss hält, wobei die Rechtsprechung von einer Gewissheit im Sinn einer zweifelsfreien Kenntnis ausgeht (RIS‑Justiz RS0088890; Reindl‑Krauskopf in Höpfel/Ratz , WK StGB² § 5 Rz 31 [Stand 1. 8. 2015]). Der Wissensstand einer Person gehört als subjektive Tatseite dem Tatsachenbereich an (7 Ob 625/85; 2 Ob 212/08b = RIS‑Justiz RS0124502). Das Erstgericht hat umfassende Feststellungen darüber getroffen, welches Wissen der Beklagte zu welchen Zeitpunkten hatte. Insbesondere steht ‑ für den Obersten Gerichtshof bindend ‑ fest, dass der Beklagte zu keinem Zeitpunkt wusste, dass der genannte Geschäftsführer der Klägerin seine Befugnis, für die Klägerin tätig zu werden, missbrauchte, oder dass dieser den Befugnismissbrauch zumindest ernstlich für möglich hielt und sich mit diesem abfand.

2.3 Ob mangels eines positiven Beweisergebnisses auf Grund anderer Tatumstände auf einen bestimmten Wissensstand des Beklagten geschlossen werden kann, ist eine Frage der im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbaren Beweiswürdigung (7 Ob 625/85; RIS‑Justiz RS0043604). Dies erkennt die Revisionswerberin auch selbst. Sie vertritt dennoch in der Revision zusammengefasst den Standpunkt, dass sich aus den festgestellten Tatumständen insgesamt ergebe, dass der Beklagte als Vertragsverfasser und Treuhänder zwangsläufig genau vom Befugnismissbrauch eines der beiden damaligen Geschäftsführer der Klägerin gewusst habe, und dass der Beklagte denselben Wissensstand wie der ‑ ebenso wie der genannte Geschäftsführer später gemäß § 153 StGB (allerdings als Beitragstäter) strafrechtlich verurteilte ‑ damalige Vertreter der Verkäuferin der Liegenschaften an die Klägerin gehabt habe. Sie zeigt keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen auf, weil sie damit einerseits in unzulässiger Weise nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und andererseits unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung in Wahrheit die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft.

3. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Stichworte