OGH 4Ob31/16m

OGH4Ob31/16m30.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in den Rechtssachen der jeweils klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH gegen I. die zu AZ 4 Ob 31/16m beklagte Partei D***** K*****, II. die zu AZ 4 Ob 27/16y beklagte Partei H***** K*****, III. die zu AZ 4 Ob 253/15g beklagte Partei M***** K*****, IV. die zu AZ 4 Ob 46/16t beklagte Partei I***** K*****, V. die zu AZ 4 Ob 50/16f beklagte Partei N***** K*****, alle vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, VI. die zu AZ 4 Ob 56/16p beklagte Partei G***** H***** e.U. *****, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, jeweils wegen Unterlassung (Streitwert 34.900 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 100 EUR), aus Anlass der außerordentlichen Revisionen

I. der zu AZ 4 Ob 31/16m beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2015, GZ 34 R 130/15k‑16, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 2. September 2015, GZ 42 Cg 90/15p‑12, teilweise abgeändert wurde,

II. der zu AZ 4 Ob 27/16y beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2015, GZ 5 R 167/15p‑38, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 31. Juli 2015, GZ 3 Cg 97/13b‑34, teilweise abgeändert wurde,

III. der zu AZ 4 Ob 253/15g beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. November 2015, GZ 30 R 29/15b‑15, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 30. Juli 2015, GZ 6 Cg 41/15m‑10, teilweise abgeändert wurde,

IV. der zu AZ 4 Ob 46/16t beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2016, GZ 5 R 169/15g-25, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 5. August 2015, GZ 2 Cg 132/14v-21, teilweise abgeändert wurde,

V. der zu AZ 4 Ob 50/16f beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2016, GZ 5 R 170/15d‑25, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 28. August 2015, GZ 42 Cg 62/15w‑21, teilweise abgeändert wurde,

VI. der zu AZ 4 Ob 56/16p beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Februar 2016, GZ 2 R 15/16p‑30, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 18. Dezember 2015, GZ 8 Cg 103/14i‑26, bestätigt wurde,

in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revisionsverfahren 4 Ob 31/16m, 4 Ob 27/16y, 4 Ob 253/15g, 4 Ob 46/16t, 4 Ob 50/16f und 4 Ob 56/16p werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 4 Ob 31/16m.

2. Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B‑VG (Art 140 B‑VG) an den Verfassungsgerichtshof den

Antrag,

a) § 2 Abs 2 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2010_I_54/BGBLA_2010_I_54.pdf I 2010/54

b) § 2 Abs 4 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBlhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=BgblAuth&Dokumentnummer=BGBLA_2010_I_54I 2010/54,

c) § 3 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBlhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2010_I_54/BGBLA_2010_I_54.pdfIhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2010_I_54/BGBLA_2010_I_54.pdf2010/54 ,

d) § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2010/54,

e) die §§ 5 und 8 NÖ Spielautomatengesetz 2011 jeweils idF LGBl 2013/98 7071-3, und

f) in § 30 Abs 1 Z 2 NÖ Spielautomatengesetz 2011 idF LGBl 2013/98 7071-3 die Ziffern „5“ und „8“

als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu den

Antrag,

a) das Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBlhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2015_I_118/BGBLA_2015_I_118.pdfIhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2015_I_118/BGBLA_2015_I_118.pdf2015/118 , sowie

b) das NÖ Spielautomatengesetz 2011 idF LGBlhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/LgblNO/LRNI_2013098/LRNI_2013098.pdf2013/98 7071-3

jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

Gemäß § 62 Abs 3 VfGG wird mit der Fortführung des Verfahrens bis zur Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt 1 (Verbindung): Im Hinblick darauf, dass es sich in allen genannten Rechtssachen um gleichgelagerte Fälle handelt und die klagende Partei in allen Causen ident ist, erschien dem Obersten Gerichtshof eine Verbindung der Rechtssachen zur gemeinsamen Entscheidung im Sinne des § 187 ZPO zweckmäßig.

Zu Punkt 2 (Anfechtung):

I.1 Allgemeiner Verfahrensablauf:

Die jeweils klagende A***** AG verfügt über eine Bewilligung der niederösterreichischen Landesregierung und eine Bewilligung der oberösterreichischen Landesregierung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der „Landesausspielung“ mit Automaten. Sie betreibt solche Geräte an mehreren Standorten in Niederösterreich und auch in Oberösterreich.

Die jeweils beklagten Parteien betreiben Lokale, in denen sich Glücksspielautomaten befinden bzw befanden, bei denen die Entscheidung über Gewinn oder Verlust nicht von der Geschicklichkeit der Spieler abhängt. Die Beklagten bzw jene Unternehmen, die die Automaten aufstellen und wirtschaftlich betreiben, weisen keine entsprechende Bewilligung oder Konzession auf und können auch keine Rechte von einer Bewilligung ableiten. Die Automaten sind/waren frei zugänglich, eine technische Zugangs- oder Identifikationskontrolle liegt/lag nicht vor.

Die klagende Partei begehrte in den einzelnen Verfahren, den jeweiligen Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere in ihrem Lokal, solange sie oder der Dritte, dem sie die Durchführung von Glücksspielen in Form von Ausspielung ermöglicht, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt und/oder nicht die Bestimmungen über den Spielerschutz nach den glücksspielrechtlichen Vorschriften einhält, insbesondere kein Identifikationssystem/Zutrittssystem besteht. Weiters stellte die klagende Partei jeweils ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten dürfe nur mit behördlicher Bewilligung erfolgen. Mangels einer solchen Bewilligung betrieben die jeweils Beklagten illegales Glücksspiel und verstießen ua dadurch gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch).

Die jeweils Beklagten wandten unter anderem die Unionsrechtswidrigkeit des Monopolsystems des GSpG wegen Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit bzw dessen Verfassungswidrigkeit wegen Inländerdiskriminierung ein.

Die jeweiligen Vorinstanzen gaben den Unterlassungsbegehren Folge.

Der Senat hat über Revisionen der Beklagten gegen die Entscheidungen der Berufungsgerichte zu entscheiden. Aufgrund der nachstehend angeführten Feststellungen der Vorinstanzen ist er der Auffassung, dass das Glücksspielmonopol samt den damit verbundenen Verbotsbestimmungen gegen die Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts verstößt. Dies führt jedoch in den konkreten Fällen nicht zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen, weil die jeweiligen Beklagten nicht in den Schutzbereich des Unionsrechts fallen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass wegen der damit verbundenen Inländerdiskriminierung Bedenken in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der für die Unterlassungsansprüche präjudiziellen Normen des österreichischen Glücksspielrechts bestehen, was ihn zur Anfechtung nach Art 89 Abs 2 B-VG verpflichtet.

I.2 Zu den einzelnen Verfahren:

A. Verfahren zu 4 Ob 31/16m:

Der Beklagte betreibt in St. Pölten ein Lokal, in dem es zwei Automaten gab, wobei der Einsatz pro Spiel 0,30 bis 5 EUR betrug. Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgte zentralseitig und wird von einem Server in der Slowakei gesteuert. Die C***** s.r.o. mit Sitz in der Slowakei stellte die Automaten auf und war deren wirtschaftliche Betreiberin. Der Beklagte schloss mit dieser Gesellschaft einen Bestandvertrag, wonach er ihr eine Stellfläche zur Aufstellung von Terminals gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Die C***** s.r.o., die über keine Bewilligung oder Konzession für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung in Österreich verfügt, besitzt (auch) in der Slowakei keine glücksspielrechtliche Bewilligung. Eine Niederlassung dieser Gesellschaft in Österreich ist nicht erwiesen.

Die von den Österreichischen Lotterien, der Inhaberin aller in § 14 GSpG vorgesehenen Lotteriekonzessionen, und von der Casinos Austria AG, der Inhaberin aller in § 21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen, betriebene (vom Erstgericht näher festgestellte) Werbung diente nicht ausschließlich dazu, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken, sondern verfolgte den Zweck, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht ohne weiteres bereit waren zu spielen. Die Werbung der Genannten schreibt dem Spielen als solchem auch ein positives Image zu, versucht seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen und stellt bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht. Es werden damit insbesondere neue Zielgruppen zum Spielen angeregt, und die Werbung wird laufend inhaltlich ausgedehnt.

In rechtlicher Hinsicht warf das Erstgericht dem Beklagten die Vornahme von verbotenen Ausspielungen (§ 2 Abs 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG) und damit einen unlauteren Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch (§ 1 Abs 1 Z 1 UWG) vor. Es bestünden wegen des Werbeverhaltens der Inhaber von Monopolen in Österreich massive Bedenken des Gerichts gegen die Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols. Der Beklagte könnte sich aber nicht auf die Dienstleistungsfreiheit berufen, weil die C***** s.r.o. nicht befugt sei, in der Slowakei rechtmäßig Glücksspiel zu betreiben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten bezüglich des Unterlassungsbegehrens keine Folge. Die in der Berufungsbeantwortung der klagenden Partei zu den festgestellten Werbemaßnahmen erhobene Beweisrüge erachtete es für nicht berechtigt. Aufgrund des feststehenden transnationalen Elements befinde sich der Beklagte im Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit. Allerdings sei die C***** s.r.o. als wirtschaftliche Betreiberin im Sitz ihrer Niederlassung zum Anbieten ähnlicher Spiele nicht befugt, weshalb sich der Beklagte nicht auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könne. „Die Verfassungswidrigkeit des Glücksspielmonopols macht er hingegen gar nicht geltend.“

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision vertritt der Beklagte die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und beruft sich auf eine Verfassungswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Inländerdiskriminierung.

B. Verfahren zu 4 Ob 27/16y:

Der Beklagte betreibt in Neulengbach eine Tankstelle samt Gastgewerbelokal, in dem vier Automaten aufgestellt sind, wobei der Einsatz pro Spiel 0,25 bis 10,50 EUR beträgt. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch den Apparat selbsttätig herbeigeführt wird. Auch hier stellte die C***** s.r.o. die Automaten im Rahmen eines Bestandvertrags mit dem beklagten Lokalbetreiber auf und ist die wirtschaftliche Betreiberin der Automaten.

Die vom Erstgericht zum Werbeverhalten der Konzessionäre getroffenen Feststellungen entsprechen jenen im Verfahren zu 4 Ob 31/16m. Auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts deckt sich mit diesem Parallelverfahren. Es müsste zwar von der Unionsrechtswidrigkeit ausgegangen werden, worauf sich der Beklagte aber nicht berufen könne, weil die C***** s.r.o. in der Slowakei kein rechtmäßige Glücksspiel betreibe.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Unionsrechtswidrigkeit (und damit auch die im Zusammenhang mit den Feststellungen zum Werbeverhalten erhobene Beweisrüge der klagenden Partei) nicht geprüft werden müsse, wobei es sich der Argumentation des Erstgerichts im Wesentlichen anschloss. Das Problem der Inländerdiskriminierung stelle sich nicht, weil der Beklagte das Glücksspiel weder veranstaltet noch beabsichtige, Automaten ohne Mitwirkung der C***** s.r.o. aufzustellen.

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision vertritt die Beklagte einen entsprechenden Standpunkt wie der Beklagte im Rechtsmittel zu 4 Ob 31/16m.

C. Verfahren zu 4 Ob 253/15g:

Die Beklagte betreibt in Krems an der Donau ein Lokal, in dem sich ein Spielautomat befindet, wobei der Einsatz pro Spiel 0,25 bis 2 EUR beträgt. Die H***** s.r.o. mit Sitz in der tschechischen Republik ist die wirtschaftliche Betreiberin des Automaten und stellte diesen im Rahmen einer „Nutzungsvereinbarung“ mit der beklagten Lokalbetreiberin gegen ein monatliches Nutzungsentgelt auf. Von den Vorinstanzen konnte nicht festgestellt werden, dass die genannte Gesellschaft in der tschechischen Republik oder in einem anderen Staat der Europäischen Union eine behördliche Genehmigung für derartige Glücksspiele besitzt oder diese sonst legal durchführen darf. Es ist nicht erwiesen, dass die Gesellschaft eine Niederlassung in Österreich hat.

Das Erstgericht ging wegen des Betriebs der Glücksspielautomaten ohne notwendige behördliche Bewilligung von einem Wettbewerbsverstoß (auch) der Beklagten aus, die den Wettbewerb der Spielhalterin fördere, indem sie ihr eine Aufstellfläche gegen Entgelt zur Verfügung stelle. Die Beklagte habe nicht einmal behauptet, dass die H***** s.r.o. Glücksspiele in einem Land der EU durchführen dürfe, weshalb der Spielbetrieb nicht in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit falle. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Verletzung des Gleichheitsgebots stützen, weil die Gleichheit der zu beurteilenden Sachverhalte fehle. Ein ausländischer Unternehmer, der im Ausland eine Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen besitze, müsse nicht gleich behandelt werden, wie ein österreichischer Unternehmer (wie die Beklagte), der nirgendwo eine Berechtigung habe.

Das Zweitgericht ging davon aus, dass die Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit ins Leere geht, weil keine Glücksspielberechtigung der H***** s.r.o. in der tschechischen Republik feststehe. Für eine Niederlassung bestehe kein Anhaltspunkt. Aufgrund des transnationalen Elements müsse auf die behauptete Inländerdiskriminierung nicht eingegangen werden.

In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision vertritt der Beklagte einen entsprechenden Standpunkt wie der Beklagte im Rechtsmittel zu 4 Ob 31/16m.

D. Verfahren zu 4 Ob 46/16t:

Der Beklagte betreibt in St. Pölten ein Lokal, in dem es zwei Automaten gab, wobei der Einsatz pro Spiel 0,1 bis 11 EUR betrug. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch den Apparat selbsttätig herbeigeführt wird. Auch hier stellte die C***** s.r.o. die Automaten im Rahmen eines Vertrags mit dem beklagten Lokalbetreiber auf und ist die wirtschaftliche Betreiberin der Automaten.

Die vom Erstgericht zum Werbeverhalten der Konzessionäre getroffenen Feststellungen entsprechen jenen im Verfahren zu 4 Ob 31/16m. Auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts deckt sich mit diesem Parallelverfahren. Es müsste zwar von der Unionsrechtswidrigkeit ausgegangen werden, worauf sich der Beklagte aber nicht berufen könne, weil die C***** s.r.o. in der Slowakei kein rechtmäßiges Glücksspiel betreibe.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Unionsrechtswidrigkeit (und damit auch die im Zusammenhang mit den Feststellungen zum Werbeverhalten erhobene Beweisrüge der klagenden Partei) nicht geprüft werden müsse, wobei es sich der Argumentation des Erstgerichts im Wesentlichen anschloss. Das Problem der Inländerdiskriminierung stelle sich wegen des transnationalen Elements und auch deshalb nicht, weil der Beklagte das Glücksspiel weder veranstaltet noch beabsichtige, Automaten ohne Mitwirkung der C***** s.r.o. aufzustellen.

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision vertritt der Beklagte einen entsprechenden Standpunkt wie der Beklagte im Rechtsmittel zu 4 Ob 31/16m.

E. Verfahren zu 4 Ob 50/16f:

Der Beklagte betreibt in St. Pölten ein Lokal, in dem es vier Automaten gibt, wobei der Einsatz pro Spiel 0,30 bis 15 EUR beträgt. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch den Apparat selbsttätig herbeigeführt wird. Auch hier stellte die C***** s.r.o. die Automaten im Rahmen eines Vertrags mit dem beklagten Lokalbetreiber auf und ist die wirtschaftliche Betreiberin der Automaten.

Die zur Werbetätigkeit vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und der weitere Verfahrensgang entsprechen dem Verfahren zu 4 Ob 46/16t.

F. Verfahren zu 4 Ob 56/16p:

Der Beklagte betreibt in Edt bei Lambach eine Tankstelle samt Gastgewerbelokal, in dem es zwei Automaten gibt, wobei der Einsatz pro Spiel 0,20 bis 10,50 EUR beträgt. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch den Apparat selbsttätig herbeigeführt wird. Auch hier stellte die C***** s.r.o. die Automaten im Rahmen eines Vertrags mit dem beklagten Lokalbetreiber auf und ist die wirtschaftliche Betreiberin der Automaten. Ein Auslandsbezug des Sachverhalts ist nicht erwiesen.

Das Erstgericht ging davon aus, dass durch den illegalen Eingriff des Beklagten in das Glücksspielmonopol des Bundes ein Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch vorliege. Gegen die Annahme der Unionsrechtswidrigkeit würden der Wortlaut und auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers sprechen, auch tatsächliche Umstände führten hier nicht ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis.

Das Zweitgericht wies darauf hin, dass ein reiner Binnenfall vorliege, weshalb sich der Beklagte nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des Unionsrechts berufen könne. Eine Inländerdiskriminierung komme bereits mangels eines hinreichend konkreten Vorbringens des Beklagten nicht in Betracht. Der Beklagte hätte daher, um sich auf eine aus dem Unionsrecht abgeleitete Inländerdiskriminierung berufen zu können, behaupten müssen, dass ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage (gleiche Befähigung; keine Konzession oder Bewilligung zur Ausübung des Glücksspiels) in einem anderen Mitgliedstaat legal Ausspielungen ohne Konzession durchführen dürfe. Der Beklagte habe nicht einmal behauptet, dass es in irgendeinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union kein Glücksspielmonopol gebe.

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision verneint der Beklagte die Ansicht, dass für Inländerdiskriminierung eine Vergleichsfigur im Ausland herangezogen werden muss. Es komme vielmehr darauf an, ob Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert werden.

II. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen :

1. Die Frage, ob die klagende Partei ihr Unterlassungsbegehren auf einen lauterkeitsrechtlich relevanten Rechtsbruch (§ 1 Abs 1 Z 1 UWG) stützen kann, ist davon abhängig, ob durch das den jeweiligen Beklagten vorgeworfene Verhalten, wonach sie in ihren Lokalen Glücksspiel betreiben bzw ermöglichen, Gesetze verletzt werden. Jedenfalls präjudiziell ist in diesem Zusammenhang § 3 GSpG, das das sogenannte „Glücksspielmonopol“ begründet und bestimmt, dass das Recht zur Durchführung von Glücksspielen (grundsätzlich) dem Bund vorbehalten ist. Der Unterlassungsanspruch beruht damit in erster Linie auf dieser Bestimmung, weil die Klägerin gerade eine Verletzung dieses Glücksspielmonopols geltend macht und das Handeln der Beklagten ohne Bestehen des Monopols nicht rechtswidrig wäre.

2. Das Vorliegen einer Gesetzesverletzung ergibt sich weiters aus der mit § 3 GSpG untrennbar in einem Zusammenhang stehende Norm des § 2 Abs 4 GSpG, weil diese Bestimmung Ausspielungen als verboten (und damit gesetzwidrig) erklärt, für die eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 leg cit ausgenommen sind. Die Beklagten können sich weder auf eine Konzession oder Bewilligung noch auf eine Ausnahmebestimmung berufen, sodass § 2 Abs 4 GSpG unmittelbar auf sie anwendbar ist. Auch diese Bestimmung ist daher für den Unterlassungsanspruch präjudiziell.

3. Die Beklagten argumentieren damit, das Glücksspiel nicht selbst zu betreiben, sondern dieses lediglich einem Dritten in ihrem Lokal ermöglichen. Damit ist auch § 2 Abs 2 GSpG präjudiziell, weil er den für die Bestimmung des Adressaten der Verbotsnormen maßgebenden Unternehmerbegriff definiert und sich daraus bei Zusammenwirken mehrerer Personen die Unternehmereigenschaft aller Beteiligter ergibt (4 Ob 68/15a).

4. Die Rechtswidrigkeit des Angebots der Beklagten ergibt sich weiters aus der Strafbestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG; zumindest steht diese Bestimmung jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit den angefochtenen Regelungen in § 2 Abs 2 und Abs 4 GSpG.

5. Die Beklagten zu 4 Ob 31/16m und zu 4 Ob 253/15g fallen wegen des 10 EUR pro Spiel nicht übersteigenden Einsatzes zudem unter die Bestimmungen für Landesausspielungen nach den §§ 3 ff NÖ Spielautomatengesetz 2011 idF LGBl 7071-3. Die Rechtswidrigkeit ihres Handelns ergibt sich daher auch aus dem Fehlen von Bewilligungen nach den §§ 5 und 8 sowie aus dem auf die Verletzung dieser Regelungen bezogenen Teil der Strafbestimmung in § 30 Abs 1 Z 2 dieses Gesetzes. Auch diese Bestimmungen sind daher präjudiziell für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof.

III. Gegenstand der Anfechtung und Anfechtungsumfang:

1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat, notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf. Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrags diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (zB jüngst VfGH G 434/2015 mwN). Ein Antrag iSd Art 140 B-VG ist demnach unzulässig, wenn der verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, er also mit den aufzuhebenden Normenteilen untrennbar verbunden ist (vgl etwa VfGH G 444/2015 mwN).

2. Die Anfechtung hat daher jedenfalls die oben als präjudiziell bezeichneten Bestimmungen zu erfassen. Eine untrennbare Verbindung mit anderen Bestimmungen des Glücksspielrechts ist nach Ansicht des Senats nicht zwingend anzunehmen, weil sowohl die Spielerschutzvorschriften als auch die Regelungen über Glücksspielabgaben auch ohne Vorliegen eines Monopols und einer damit verbundenen Bewilligungspflicht anwendbar sein könnten. Ein untrennbarer Zusammenhang ist schon deshalb anzunehmen, weil im Fall der Aufhebung der angefochtenen Normen andere Bestimmungen des betroffenen Gesetzes unanwendbar würden (G 324/2015 mwN) oder ‑ wie hier die Regelungen über die bei Wegfall des Monopols nicht mehr erforderlichen Bewilligungen oder über Ausnahmen vom Monopol ‑ ihren eigentlichen Zweck verlören.

3. Es könnte allerdings auch die Auffassung vertreten werden, dass die Regelungen des GSpG und des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 ein auf dem Monopol aufbauendes System bilden, dem bei dessen Wegfall jede Grundlage fehlte, sodass eine vollständige Neuregelung erforderlich wäre. Aus diesem Grund ist hilfsweise ein Antrag auf gänzliche Aufhebung dieser Gesetze zu stellen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Verfassungsgerichtshof solche (Eventual‑)Anträge im Regelfall als unzulässig ansieht (vgl zuletzt etwa G 324/2015). Im konkreten Fall ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Ausnahmefall eines insgesamt untrennbaren Regelungszusammenhangs vorliegen könnte.

IV. Zur Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art 7 B-VG:

1. Allgemeines

1.1. Trotz zum Teil vorliegender transnationaler Elemente sind die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass sich die jeweils Beklagten nicht (unmittelbar) auf die Dienstleistungsfreiheit und damit auf die Nichtanwendbarkeit der dem Unterlassungsgebot zugrundeliegenden Normen berufen können. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist dies nur für solche Unternehmen möglich, die im Staat ihrer Niederlassung rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringen (C‑42/07, Liga Portuguesa, Rz 51 mwN zur älteren Rechtsprechung; C‑176/11, HIT hoteli, Rz 16 f [beide zum Glücksspielrecht], zuletzt etwa C‑678/11, EK/Spanien, Rz 39). Das trifft bei den hier Beklagten bzw bei den mit ihnen zusammenarbeitenden Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht zu.

1.2. Ungeachtet dessen stellt sich jedoch bei Bejahung der von den Beklagten behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols die Frage einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob das Glücksspielmonopol tatsächlich (objektiv) gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt (unten 2.). Die Bejahung dieser Frage führt zur Anfechtung der in den vorliegenden Verfahren präjudiziellen Normen wegen Verstoßes gegen Art 7 B-VG (unten 3. und 4.).

2. Zur Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols

2.1.1. Das österreichische Glücksspielmonopol ist dem Grunde nach eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Es ist daher mit dem Unionsrecht nur dann vereinbar, wenn ein in den Verträgen normierter Rechtfertigungsgrund oder ein in der Judikatur des EuGH entwickelter Rechtfertigungsgrund (zwingender Grund des Allgemeininteresses) vorliegt (vgl Oreschnik , EuGH ‑ Rs Pfleger ‑ Glücksspielmonopol verstößt gegen die Dienstleistungsfreiheit, RdW 2014/695). Für die Beschränkung von Glücksspieltätigkeiten kommen als zwingende Gründe des Allgemeininteresses insbesondere der Verbraucherschutz, die Betrugsbekämpfung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen in Betracht (vgl EuGH vom 6. 11. 2003 C-243/01 , Gambelli , Rz 65 ff; EuGH 8. 9. 2010 C‑46/08, Carmen Media , Rz 55).

2.1.2 Die Behauptung solcher Ziele allein reicht jedoch nicht aus, jegliche gesetzliche Regelung zu rechtfertigen. Sofern eine anerkannte Zielsetzung für eine Beschränkung der einschlägigen Grundfreiheit vorliegt, prüft der EuGH, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde. Im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird in einem ersten Schritt untersucht, ob die nationale Maßnahme überhaupt geeignet ist, die legitime Zielsetzung zu erreichen.

2.1.3. Der EuGH macht die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers, sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (idS insb C‑347/09, Dickinger/Ömer, Rz 65; aus der Rsp des OGH ua 2 Ob 243/12t,

4 Ob 200/14m,

4 Ob 68/15a, RIS-Justiz RS0129945). Damit ergibt sich, dass ‑ auch im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen ‑ die Prüfung der Unionsrechtskonformität sich nicht allein am Norminhalt zu orientieren hat, hier insbesondere an § 56 Abs 1 GSpG, wonach die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren haben, sondern dass es auch auf die tatsächlichen Wirkungen dieser Bestimmung ankommt.

2.2 Im Rahmen der Beurteilung der Eignung eines Glücksspielmonopols kommt der Kohärenz der nationalen Regelung (EuGH C-243/01 , Gambelli , Rz 65 ff; EuGH vom 30. 4. 2014 C-390/12 , Pfleger , Rz 56) große Bedeutung zu. Für den Fall, dass die Eignung bejaht wird, beurteilt der EuGH in einem zweiten Schritt die Erforderlichkeit (Notwendigkeit) und gegebenenfalls in einem dritten Schritt die Angemessenheit der Beschränkung ( Oreschnik , RdW 2014/695 mwN). Eine nationale Regelung ist nach Ansicht des EuGH dann unionsrechtswidrig, wenn diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (EuGH C‑390/12, Pfleger , Rz 56).

2.3. Mit der Forderung nach Kohärenz sind auch Anforderungen an die vom Inhaber eines Monopols bzw einem Konzessionär durchgeführten Werbung verbunden, die der EuGH in mehreren Entscheidungen klargestellt hat.

2.3.1. Im Urteil vom 3. 6. 2010 zu C-258/08 , Ladbrokes , im Zusammenhang mit niederländischen Regelungen ging es vor allem um die Frage der Zulässigkeit der Einführung neuer Glücksspiele und der Werbung durch den national zugelassenen Anbieter von Glücksspielen. Ist dies Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtliche Bahnen (Rz 27), könne dies gerechtfertigt sein. Sollte eine starke Expansion dagegen mit dem Ziel verfolgt werden, übermäßige Anreize und Aufforderungen zur Teilnahme am Glücksspiel zu bieten, vor allem um Finanzmittel zu beschaffen, sei eine solche Politik nicht auf kohärente und systematische Begrenzung des Glücksspielwesens ausgerichtet (Rz 28). Im Rahmen dieser Prüfung habe das vorlegende Gericht auch zu untersuchen, ob rechtswidrige Spieltätigkeiten ein Problem darstellen könnten und ob eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten geeignet sei, diesem Problem abzuhelfen (Rz 29). Das Ziel, Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, sei grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen vereinbar. Eine solche Politik könne nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang hätten und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielten, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (Rz 30). Sollte die Nachfrage im Bereich des heimlichen Angebots erheblich zugenommen haben, sei dies zu berücksichtigen.

2.3.2. Im Urteil vom 8. 9. 2010 in den verbundenen Rechtssachen C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07, Stoß ua , hielt der EuGH fest, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben müsse, was erforderlich sei, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (Rz 103).

2.3.3. In der Entscheidung vom 30. 6. 2011 zur Rs C-212/08 , Zeturf , ging es um Pferdesportveranstaltungen und Wetten in diesem Zusammenhang in Frankreich und deren Anbieten im Internet. Der EuGH wies auf seine Judikatur zur zulässigen Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit hin. Die bloße Tatsache, dass die Zulassung und Kontrolle einer gewissen Anzahl privater Beteiligter sich für die nationalen Behörden als kostspieliger erweisen kann, als die Aufsicht über einen einzigen Betreiber, sei unerheblich. Verwaltungstechnische Nachteile könnten die Beeinträchtigung einer durch das Unionsrecht gewährleisteten Grundfreiheit nicht rechtfertigen (Rz 48). Die intensive Bewerbung der Produkte auch im Internet und eine Erhöhung der Vertriebsstellen für Wetten und der den Spielern angebotenen Produkte mit der Geschäftsstrategie, neue Publikumskreise für das angebotene Spiel zu gewinnen, rechtfertige Beschränkungen der Grundfreiheiten nicht, weil Verbraucher damit ermuntert würden, an Glücksspielen teilzunehmen (Rz 66). Um mit den Zielen der Bekämpfung der Kriminalität und der Verminderung der Gelegenheit zum Spielen in Einklang zu stehen, müsse eine nationale Monopolregelung auf der Feststellung beruhen, dass eine kriminelle und betrügerische Tätigkeit und die Spielsucht im betroffenen Mitgliedstaat tatsächlich ein Problem darstellen, dem durch die Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeit abgeholfen werden kann und dürfe nur eine Werbung erlauben, die maßvoll und strikt auf das begrenzt ist, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielernetzwerken zu lenken (Rz 72). Im Falle einer nationalen Regelung, die gleichermaßen für Online angebotenen Wetten als auch für Wetten über traditionelle Vertriebskanäle gilt, weil der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen nicht für erforderlich gehalten hat, sei die Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit unter dem Blickwinkel jener Beeinträchtigungen zu beurteilen, die für den gesamten in Rede stehenden Sektor zutreffen würden (Rz 82).

2.3.4 Am 15. 9. 2011 hatte sich der EuGH in der Rs C-347/09 , Dickinger/Ömer , mit einer Österreich betreffenden Glücksspielangelegenheit zu befassen. Es ging um die nach dem österreichischen Glücksspielmonopol gemäß § 3 GSpG im Internet angebotenen Casinospiele (§ 12a GSpG) und ein in diesem Zusammenhang angestrengtes Strafverfahren gemäß § 168 StGB. Dabei sei daher unter Berücksichtigung der Entwicklung des Glücksspielmarkts in Österreich zu prüfen, ob staatliche Kontrollen über die Tätigkeit des Monopolisten gewährleisten können, dass dieser tatsächlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ gemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (Rz 57). Unter Wiederholung der Rechtsgrundsätze zur Verfolgung expansionistischer Geschäftspolitik wurde ausgesprochen, dass das vorlegende Gericht insbesondere zu untersuchen habe, ob im entscheidungserheblichen Zeitraum die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit Spielen und die Spielsucht in Österreich ein Problem gewesen ist und eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeit diesem Problem hätte abhelfen können (Rz 66). Jedenfalls müsse vom Inhaber eines staatlichen Monopols durchgeführte Werbung maßvoll und eng auf das begrenzt werden, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe die Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, indem etwa das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die verführerische bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (Rz 68). Es sei zu unterscheiden zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen und die Kunden an ihn binden solle, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Markts für Spieltätigkeiten abziele (Rz 69).

2.3.5. Im Urteil vom 24. 1. 2103 zu

C‑186/11 und C‑209/11, Stanleybet ua , wies der EuGH darauf hin, dass die Wirksamkeit staatlicher Kontrolle bei einem Monopol, mit dem unter anderem auch Werbeprivilegien verbunden sind, überprüft werden muss (Rz 33 f), woraus ebenfalls der Schluss zu ziehen ist, dass der nationale Gesetzgeber auch die Werbemaßnahmen des Monopolisten zu regulieren und zu überwachen hat ( Oreschnik , RdW 2014/695).

2.4.1. In Teilen des Schrifttums wird ‑ auch im Zusammenhang mit der von den Österreichischen Lotterien und der Casinos Austria AG betriebenen Werbung ‑ bestritten, dass bei der Werbung der erforderliche verantwortungsvolle Maßstab eingehalten wird ( Talos/Stadler , EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 [1008]; Kletečka , Glücksspielmonopol und Rückforderungsansprüche, ecolex 2013, 17 [19]; Stadler/Aquilina , Unionsrechtskonforme Regulierung: ein Glücksspiel?, ecolex 2013, 389 [391]; vgl auch Wilhelm , Zur Werbung für Wetten, Lotterien und andere Glücksspiele, ecolex 2012, 1).

2.4.2. Nach der Meinung von Kletečka (ecolex 2013, 17 [19]) erkenne jeder, der die flächendeckenden Werbeeinschaltungen aufmerksam beobachtet, dass die vom EuGH vorgegebenen Werbebeschränkungen in der Praxis tatsächlich nicht eingehalten werden. Das Glücksspielmonopol erscheine vor allem wegen der von den österreichischen Behörden geduldeten Werbepraxis der Glücksspielkonzessionäre als unionsrechtswidrig.

2.4.3. Stadler/Aquilina kritisieren die Exklusivität für einen überwiegend privaten Anbieter, der ‑ wenn überhaupt ‑ bloß oberflächlich kontrolliert wird und, vor allem betreffend Angebotsausdehnung und aggressive Werbung, nicht in aufsichtsrechtliche Schranken gewiesen wird, was unionsrechtswidrig sei ( Stadler/Aquilina , ecolex 2013, 389 [392]). Ähnlich bereits Talos/Stadler (ecolex 2010, 1006 [1008]) im Zusammenhang mit Werbungen wonach der in Österreich zu beobachtende Befund umfassend den vom EuGH inkriminierten Verhaltensweisen entspreche.

2.4.4 Auch Kohl kritisiert in ihrer umfassenden Monographie die offensive Werbepolitik der österreichischen Konzessionäre als aggressiv und problematisch. Auch wegen dieses Aspekts kommt sie zum Ergebnis, dass das Glücksspielmonopol insgesamt unionsrechtswidrig sei ( Kohl , Das österreichische Glücksspielmonopol [2013] 200).

2.5. Unter Berücksichtigung des in den Verfahren zu 4 Ob 31/16m, 4 Ob 27/16y 4 Ob 46/16t und 4 Ob 50/16f zum tatsächlichen Werbeauftritt festgestellten Sachverhalts, der vom erkennenden Senat jedenfalls wegen der im Verfahren 4 Ob 31/16m als nicht berechtigt erkannten Beweisrüge seiner Revisionsentscheidung zugrundezulegen ist, muss von der Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen zum österreichischen Glücksspielmonopol ausgegangen werden. Dieser Sachverhalt kann wie folgt zusammengefasst werden:

Die Österreichische Lotterien GmbH, Inhaberin aller in § 14 GSpG vorgesehenen Lotteriekonzessionen, investiert für Werbung jährlich 40 bis knapp 50 Millionen EUR und ist unter den Top-Acht Investoren bei den Werbeausgaben in Österreich. Die Österreichische Lotterien GmbH sprach dabei ein breites Publikum an, etwa indem sie in Zeitungen bei religiös und kulturell interessierten Menschen warb, in ihrer Werbung auf das Sponsoring großer Festivals (zB dem Donauinselfest) und wohltätiger Zwecke (Einsätze der Rettungshunde Niederösterreich) hinwies, Personen mit einer Spielquittung den Eintritt in den Tiergarten Schönbrunn spendiert und für Schüler von 10 bis 14 Jahren eine große Sportveranstaltung (mit‑)finanzierte.

Die Casinos Austria AG, Inhaberin aller in § 21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen, warb oder wirbt unter anderem mit Slogans wie „Gewinnen macht schön“, „Das Glück steht Ihnen gut“, „Ein Abend so schön wie die Frauen. Mittwoch ist Damentag“, „Frauen haben nicht nur Glück im Spiel“, „Mittwoch packt alle das Diamantenfieber“, „Der Damentag zieht alle an. Jetzt Don Gil Gutscheine und Mailand Trip gewinnen“. Es wurde auch eine U‑Bahn‑Garnitur in Wien im Stil der „Golden Roulette“-Kampagne mit dem Schriftzug der Casinos Austria AG gebrandet. In Zeitungen wurden Gutscheine der Casinos Austria beigegeben, mit welchem unter dem Titel „Tag des Glücks“ ein Bonus von 10 EUR geboten wurde. Für eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen im Casino wurde ua damit geworben, dass im Kartenpreis auch Begrüßungsjetons für das Casino enthalten seien. In mehreren Presseaussendungen wies die Casinos Austria AG darauf hin, dass ihre „Glückstage“ mit jede Menge Gewinnchancen für Besuchsrekorde von weit über 10.000 Gästen täglich sorgten. Die Besucher wurden dabei mit Unterhaltungsprogrammen und Verlosungen angelockt, wobei Kraftfahrzeuge und Lottogutscheine gewonnen werden konnten.

Demnach dient die Werbung im Ergebnis nicht ausschließlich dazu, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken, sondern verfolgt den Zweck, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht ohne weiteres zu spielen bereit sind. Den Spielen wird ein positives Image zugeschrieben. Die Werbung versucht die Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen und stellt bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht. Es werden damit insbesondere neue Zielgruppen zum Spielen angeregt und die Werbung wird laufend inhaltlich ausgedehnt. Im Sinne der referierten Judikatur des EuGH liegt damit keine maßvolle Werbung vor, die sich darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. In dieses Bild fügt sich der Umstand, dass § 56 Abs 1 GSpG eine Überprüfung des unionsrechtlich gebotenen Maßstabs bei Werbeauftritten im Weg einer Klage von Mitbewerbern oder klagebefugten Verbänden nach dem UWG ausschließt. Damit fehlt dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung.

2.6. Das GSpG und das NÖ Spielautomaten-gesetz 2011 sind davon geprägt, dass nur der Bund bzw wenige Inhaber einer Konzession oder Bewilligung Glücksspiel anbieten dürfen. Mangels maßvoller Werbung der Konzessionäre hat diese Einschränkung gegenüber jenen Anbietern, die sich auf die unionsrechtlichen Freiheiten berufen können, keinen Bestand. Diese Bestimmungen wären daher nicht anwendbar, wenn ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das nach dem Recht seines Sitzstaates Glücksspiele anbieten darf, sein Angebot im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auf Österreich erstrecken wollte.

3. Inländerdiskriminierung

3.1. Der Umstand, dass sich ein Inländer nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten berufen kann, schließt nicht aus, dass der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall als Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs‑)Recht zu beurteilende Frage, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden darf als ein EU-Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen kann, zu prüfen ist (4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m uva).

3.2 Im österreichischen Recht widerspricht es im Regelfall dem Gleichheitsgrundsatz, österreichische Staatsbürger gegenüber Ausländern ohne sachliche Rechtfertigung zu benachteiligen (VfGH G 22/92, VfSlg 13.084; V 76/97 und V 92/97, VfSlg 14.963). Diesen Gedanken hat der Verfassungsgerichtshof auch auf die „Inländerdiskriminierung“ im Zusammenhang mit Normen des Gemeinschaftsrechts übertragen (B 592/96, VfSlg 14.863; V 76/97 und V 92/97, VfSlg 14.963; G 42/99 ua, VfSlg 15.683). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte gegenüber Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (G 110/03, VfSlg 17.150).

3.3. Nachdem sich der Verfassungsgerichtshof zunächst auf Fälle bezogen hatte, in denen bereits die österreichischen Normen zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und solchen mit Unionsbezug differenzierten, erstreckte er seine Rechtsprechung in weiterer Folge auch auf Konstellationen, in denen erst der Anwendungsvorrang des Unionsrechts die Differenzierung zwischen Binnen- und Unionssachverhalten erkennen ließ (G 110/03, VfSlg 17.150; ebenso im Ergebnis G 41/10 ua, VfSlg 19.529): Verstoße eine Bestimmung des nationalen Rechts gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht, dann werde sie in Fällen mit Unionsbezug verdrängt. Die nationalen Normen seien dann (bei Unionsbezug) so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der unionsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen sei die nationale Norm hingegen in ihrer Gesamtheit anzuwenden. Vergleiche man die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, werde eine Ungleichbehandlung ersichtlich, und es sei daher zu prüfen, ob nicht Sachverhalte ohne Unionsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert würden.

3.4. Eine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols kann somit eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung bewirken. Erweisen sich nämlich die Regelungen des Glücksspielrechts aufgrund von deren tatsächlichen Auswirkungen als unionsrechtswidrig, so bestehen wegen der dann drohenden Inländerdiskriminierung Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielmonopols (4 Ob 145/14y, 4 Ob 200/14m, 4 Ob 68/15a mwN).

3.5. Eine solche Inländerdiskriminierung liegt insbesondere dann vor, wenn das österreichische Regelungssystem unionsrechtswidrig ist und ein niederschwelliges ausländisches Zulassungssystem wegen Berufung auf die Grundfreiheiten die Erbringung einer Dienstleistung im Inland ermöglicht. Für die Prüfung einer Inländerdiskriminierung kommt es daher darauf an, dass tatsächlich eine solche Benachteiligung von Inländern vorliegen kann. Dabei ist aber nicht darauf abzustellen, ob im konkreten Fall ein österreichischer Staatsbürger (als Verfahrensbeteiligter) schlechter gestellt wird als Angehörige anderer Mitgliedstaaten (insoweit ist die Bezeichnung Inländerdiskriminierung irreführend). Es geht vielmehr um eine unterschiedliche Regelung grenzüberschreitender und nicht-grenzüberschreitender Sachverhalte ( Öhlinger/Potacs , EU-Recht und staatliches Recht 4 102; Pauger , Marktwirtschaft durch EU-Recht 43; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger , Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts 11 Rz 1355). Die Diskriminierung besteht im Kern darin, dass im Inland ansässige Dienstleistungserbringer durch Regulierungen objektiv stärker belastet sind als in einem anderen Mitgliedstaat Ansässige, die im Herkunftsstaat keinen derart rigiden Zulassungs- oder Zugangssystem unterworfen, aufgrund der Grundfreiheiten aber zur Ausübung auch im Aufnahmestaat berechtigt sind ( Holoubek in Aicher/Holoubek/Korinek , Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht [2000] 159 [161]; Isak , ÖBl 2015/4, 24 [Entscheidungsanmerkung]). Bereits diese verhältnismäßige Schlechterstellung von Inländern muss sich am Gleichheitssatz messen lassen, ohne dass auf eine tatsächliche (oder auch nur eine hypothetische) Berechtigung des am konkreten Verfahren beteiligten Inländers in einem anderem Mitgliedstaat als Voraussetzung abzustellen ist.

Anders gewendet: Während es für die unionsrechtsbedingte Nichtanwendung von Bestimmungen des Glücksspielrechts darauf ankommt, dass sich der am Verfahren beteiligte Dienstleistungserbringer im konkreten Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (oder allenfalls auf die Niederlassungsfreiheit) berufen kann, ist die Frage der Gleichheitswidrigkeit der jedenfalls weiter geltenden und in anderen Fallgestaltungen auch weiter anwendbaren Verbotsnormen objektiv zu prüfen.

3.6. Der (objektive) Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht ist damit Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs-)Recht zu beurteilende Frage, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung schlechter behandelt werden darf als ein EU‑Ausländer, der sich unter Umständen auf die Nichtanwendbarkeit berufen könnte. Weshalb die Prüfung der Verfassungswidrigkeit (im Sinn der Entscheidungen der Vorinstanzen) ausgeschlossen sein soll, weil die Beklagten mit einer ausländischen Gesellschaft zusammenarbeiten, die sich aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht auf die Grundfreiheiten berufen kann, ist nicht erkennbar. Wie bereits ausgeführt, ist die Frage der Verfassungswidrigkeit objektiv zu prüfen, indem Sachverhalte mit relevantem Unionsrechtsbezug und solche ohne derartigen Bezug gegenübergestellt werden. Führt ein transnationales Element in einem konkreten Fall nicht zur unionsrechtsbedingten Unanwendbarkeit von Verbotsnormen, so fällt dieser Fall in die zweite der genannten Fallgruppen. Daher ist zu prüfen, ob die weiter anwendbaren Normen verfassungswidrig sind oder nicht. Davon abgesehen liegt zu 4 Ob 56/16p ein reiner Binnenfall vor, weshalb hier jedenfalls die Prüfung der Verfassungswidrigkeit nicht unter Hinweis auf ein transnationales Element ausgeschlossen ist.

4. Aus der vom Senat angenommenen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols folgt daher, dass die in Fallgestaltungen, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, weiter anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielrechts eine gegen Art 7 B-VG verstoßende Inländerdiskriminierung begründen. Zur Vermeidung einer solchen Diskriminierung ist die Aufhebung der in den konkreten Fällen präjudiziellen Einzelnormen, hilfsweise ‑ bei Annahme eines untrennbaren Zusammenhangs ‑ des gesamten GSpG und des niederösterreichischen Landesgesetzes geboten. Die Beurteilung der Frage, ob eine verfassungsrechtlich relevante Inländerdiskriminierung für eine gewisse Zeit zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage hinzunehmen ist (vgl G 41/10 ua, VfSlg 19.529), obliegt nach Auffassung des Senats ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof.

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