OGH 10ObS16/16z

OGH10ObS16/16z22.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ing. Thomas Bauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2015, GZ 23 Rs 37/15k‑38, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00016.16Z.0222.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Dem in dem ‑ als außerordentliche Revision zu behandelnden (vgl 10 ObS 10/14i ua) ‑ Rechtsmittel erhobenen Vorwurf, dass ein ‑ näher bezeichneter ‑ Befund vom 26. 5. 2015 im Verfahren nicht berücksichtigt worden sei, hat bereits das Berufungsgericht bei der Behandlung der Beweisrüge entgegengehalten, dass das dazu in der Berufung erstattete Vorbringen gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO verstößt. Dagegen wendet sich der Revisionswerber nicht. Er begehrt vielmehr, gestützt auf diesen erstmals in der Berufung zitierten Befund, die Feststellung, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Leiden vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei. Damit bekämpft er aber inhaltlich die beim Obersten Gerichtshof nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen (RIS‑Justiz RS0043371). Die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.

2. Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen sind regelmäßige Krankenstände des Klägers aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen von jährlich sieben Wochen oder mehr nicht zu erwarten. Von diesen Feststellungen weichen die Ausführungen in der Revision, wonach der Kläger mit mindestens sieben Wochen regelmäßiger Krankenstände pro Jahr zu rechnen habe, in unzulässiger Weise ab, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist (RIS‑Justiz RS0043312).

3.1 Das Verweisungsfeld für Versicherte, die ‑ wie der Kläger ‑ keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben (§ 255 Abs 3 ASVG) und damit auch keinen Berufsschutz genießen, ist mit dem Arbeitsmarkt ident. Sie dürfen nach § 255 Abs 3 ASVG auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewerteten ‑ unselbständigen ‑ Tätigkeiten verwiesen werden, die sie infolge ihres körperlichen und geistigen Zustands noch ausüben können und die ihnen unter billiger Berücksichtigung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten zumutbar sind. Grundsätzlich reicht ‑ worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat ‑ bereits ein einziger Verweisungsberuf, der noch ohne Einschränkung ausgeübt werden kann, für die Verneinung der Invaliditätspension aus (RIS‑Justiz RS0084983, RS0108306).

3.2 Die Feststellung des medizinischen Leistungskalküls und der Anforderungen in den Verweisungsberufen gehört ausschließlich dem Tatsachenbereich an (RIS‑Justiz RS0043118). Entgegen den Revisionsausführungen entspricht es der ständigen ‑ vom Berufungsgericht auch beachteten ‑ Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass es sich bei den Anforderungen an Verweisungsberufe, die weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit ausgeübt werden, vor allem im Hinblick auf gleichartige, dem Gericht bereits bekannte Fälle um offenkundige Tatsachen handeln kann (10 ObS 60/06f mwN uva; RIS‑Justiz RS0040179; RS0084528). Insbesondere zur ‑ für den Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichts noch ausübbaren ‑ Verweisungstätigkeit als Portier wurde bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Tätigkeitsinhalt und die Anforderungen allgemein bekannt sind und daher als offenkundig iSd § 269 ZPO gelten können (10 ObS 184/10x, SSV‑NF 25/6 mzwN). Die Feststellungen, wonach der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage ist, den Anforderungen zumindest im genannten Verweisungsberuf als Portier zu entsprechen, und dass in diesem Verweisungsberuf österreichweit wesentlich mehr als 100 Arbeitsplätze vorhanden sind, sind, auch wenn sie vom Erstgericht unter Anwendung des § 269 ZPO getroffen wurden, im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbar (RIS‑Justiz RS0040046 [T18]).

3.3 Eine mit der Unterlassung der Erörterung des Anforderungsprofils und der Anzahl der Arbeitsplätze in diesem Verweisungsberuf allenfalls verbundene Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde vom Berufungsgericht verneint und kann daher nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (10 ObS 184/10x, SSV‑NF 25/6 mwN).

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte