European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00004.16Y.0125.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 492,56 EUR (darin enthalten 82,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Beklagte ist eine gemeinnützige Bauvereinigung und hat nach den Grundsätzen des WGG geförderte Wohnungen auf der Liegenschaft ***** Wien, ***** errichtet. Sie ist Wohnungseigentümerin und Vermieterin der Wohnung der Kläger und außerdem Verwalterin der Liegenschaft im Sinne der Bestimmungen des WEG.
Verfahrensgegenstand in dritter Instanz ist
nur noch die Frage nach der Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für den Teil des Klagebegehrens, mit dem die Kläger begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen gegenüber die künftigen Kosten der Benützung der Waschküche gemäß § 5 des Mietvertrags abzurechnen.
Das Rekursgericht bestätigte in diesem Punkt die Zurückweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil ‑ soweit überblickbar ‑ eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein vom Mieter gestelltes Begehren, wonach der Vermieter verpflichtet sei, Betriebskosten gemäß dem Mietvertrag, der keine über den im Gesetz genannten Inhalt hinausgehende Vereinbarungen enthalte, abzurechnen, im streitigen oder außerstreitigen Verfahren geltend zu machen sei.
Mit diesem Teil ihres Begehrens strebten die Kläger nichts anderes an, als die Feststellung, dass die Kosten der Waschküche nach dem Verhältnis der Nutzwerte zu verteilen seien. Ein derartiges Begehren sei jedenfalls im außerstreitigen Verfahren zu behandeln. Die Anwendbarkeit des Außerstreitgesetzes, das auch die Beiziehung der übrigen Hauptmieter, deren Interessen durch eine dem Antrag stattgebende Entscheidung unmittelbar berührt werden könnten, vorsehe, könne nicht dadurch umgangen werden, dass der Antrag als Leistungsbegehren formuliert werde.
Der Revisionsrekurs der Kläger ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens ist gegeben, wenn das Gesetz die betreffende Angelegenheit ausdrücklich oder wenigstens unzweifelhaft schlüssig in das außerstreitige Verfahren verweist (RIS‑Justiz RS0012214; RS0005948; RS0109644). Ob eine Angelegenheit im streitigen oder außerstreitigen Rechtsweg zu behandeln ist, richtet sich nach dem Wortlaut des Begehrens und dem anspruchsbegründenden Tatsachenvorbringen (RIS‑Justiz RS0013639; RS0005896). Die inhaltliche Berechtigung des vom Kläger behaupteten Anspruchs ist bei der Frage der Rechtswegszulässigkeit unerheblich, darüber ist erst in der Sachentscheidung abzusprechen (RIS‑Justiz RS0045491).
2. Der allgemeine Grundsatz, dass Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins Verfahren außer Streitsachen verwiesen sind, auf den streitigen Rechtsweg gehören, wird auch durch § 22 WGG nicht berührt. Der streitige Rechtsweg ist in den Angelegenheiten ausgeschlossen, die von § 22 Abs 1 WGG erfasst sind (vgl zu § 52 WEG: RIS‑Justiz RS0109644; zu § 37 MRG: RS0005948).
3. Zu der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof zur Parallelbestimmung des § 37 MRG bereits wiederholt ausgesprochen,
dass davon erfasste Ansprüche ausnahmsweise im streitigen Rechtsweg durchzusetzen sind, wenn es um die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche geht, die über die in den gesetzlichen Bestimmungen des MRG normierten Rechte oder Pflichten hinausgehen. Dafür werden konkrete bindende Absprachen gefordert, die über die im Gesetz genormten Inhalte eines jeden Mietvertrags hinausgehen (vgl 6 Ob 206/00p; 9 Ob 23/09m; 6 Ob 229/11m jeweils zu Rechten und Pflichten gemäß §§ 8 und 9 MRG). Stellt eine vertragliche Bestimmung hingegen nur die Ausformung ohnedies bestehender gesetzlicher Grundlagen dar, wird das Begehren in Wahrheit auf gesetzliche Grundlagen gestützt (RIS‑Justiz
RS0069665 [T6; T8; T11]). Die Frage, welchen Sachverhalt und welches Begehren ein Antrag enthält und wie der Antrag daher zu verstehen ist, ist aber von den Umständen des Einzelfalls abhängig und bildet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828 [T10]).
4. Den Anteil eines Miet‑ oder sonstigen Nutzungsgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses regelt § 16 WGG. Damit zusammenhängende Fragen gehören nach § 22 Abs 1 Z 7 WGG in das Verfahren außer Streitsachen. Im Revisionsrekursverfahren ist nicht mehr strittig, dass es sich bei der Waschküche um eine Gemeinschaftsanlage handelt. Die Verteilung der Kosten des Betriebs einer solchen Anlage richtet sich ebenfalls nach § 16 WGG und folgt, wenn sie die Bauvereinigung nicht abweichend von § 16 Abs 1 WGG im Verhältnis der Nutzwerte iSd § 2 Abs 8 WEG 2002 festgelegt hat, dem Nutzflächenschlüssel. Die Wahl, die Verteilung der Kosten nach Nutzwerten vorzunehmen, kann die Bauvereinigung grundsätzlich nach Gutdünken vornehmen, wenn nicht eine Vereinbarung mit allen Mietern oder Nutzungsberechtigten entgegensteht (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 § 16 WGG Rz 5). Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht, wenn im Mietvertrag festgehalten ist, dass die Aufteilung aller laufenden Kosten nach dem Verhältnis der Nutzwerte erfolgt und der Aufteilung nach Nutzwerten auch die Kosten des Waschküchenbetriebs unterliegen. Daraus folgt aber, dass eine von den gesetzlichen Vorgaben des § 16 Abs 1 oder Abs 3 WGG abweichende Vereinbarung eines Aufteilungsschlüssels (iSd § 16 Abs 5 Z 1 oder Abs 6 WGG) mit allen Mietern nicht vorliegt und sich die Kläger im Ergebnis nur auf die gesetzlichen Grundlagen stützen, wenn sie sich auf den mit der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrag beziehen.
5. Auch mit ihrem Verweis auf die in die Zukunft gerichtete Formulierung ihres Begehrens sprechen die Kläger keine Frage von der Bedeutung gemäß § 528 Abs 1 ZPO an. Ein Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, dass sie die Verteilung der Kosten in Zukunft nach bestimmten Grundsätzen vorzunehmen hat, zielt nicht auf einen repressiven Rechtsschutz ab (vgl dazu Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO4 Vor § 226 Rz 3; Fasching in Fasching/Konecny² III § 226 ZPO Rz 10) und bildet daher keinen Gegenstand einer Leistungsklage. Mit dem in ein Leistungsbegehren gekleideten Sachantrag streben die Kläger nichts anderes an als die Feststellung des Aufteilungsschlüssels, den die Beklagte künftigen Abrechnungen zugrunde zu legen hat. Damit machen sie eine Angelegenheit zum Gegenstand des Verfahrens, die nach § 22 Abs 1 Z 7 WGG in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen ist (vgl 5 Ob 108/89).
6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
7. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Kläger hingewiesen und daher Anspruch auf Ersatz der darauf entfallenden Kosten. Zu berücksichtigen ist aber, dass Gegenstand in dritter Instanz nur noch ein von ursprünglich zwei Begehren war. Mangels gesonderter Bewertung ist von der Gleichwertigkeit der beiden Begehren auszugehen, Kostenbemessungsgrundlage ist daher nur die Hälfte des ursprünglichen Streitwerts. Auf dieser Basis war ein Kostenersatz zuzuerkennen.
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