European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00093.15F.1117.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Uwe K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I) und mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** und an anderen Orten Österreichs
(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Verwendung falscher Urkunden, zu Handlungen verleitet, durch die die Getäuschten in einem jeweils 3.000 Euro, insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt wurden, und zwar
A) von Juni bis August 2009 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem inzwischen verstorbenen Alfred Z***** sowie teilweise auch mit den abgesondert verfolgten Mustafa Y***** (2) und Martin H***** (3) in fünf Fällen Verfügungsberechtigte der L***** GmbH durch die Vorgabe, die im Urteil namentlich genannten, als Kreditnehmer auftretenden Personen seien zahlungsfähige und -willige Schuldner, wobei sie in vier Fällen deren Unterschriften auf den Kreditanträgen fälschten (1 und 2) und in drei Fällen gefälschte Lohnbestätigungen oder -abrechnungen vorlegten (1, 2/a und 3), zur Gewährung von fünf Darlehen in Höhe von insgesamt 87.408,93 Euro zur Finanzierung des Ankaufs verschiedener PKWs, wodurch das genannte Unternehmen einen Vermögensschaden in dieser Höhe erlitt;
B/1) im August 2010 Roswitha P***** durch die Vorgabe, er werde das Geld für die Abwicklung eines Tradinggeschäfts verwenden und ihr verzinst zurückzahlen, zur Übergabe von 135.000 Euro, wodurch die Genannte einen Vermögensschaden in dieser Höhe erlitt;
2) im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mihailo M***** von 11. November bis Ende November/Anfang Dezember 2010 Yüksel Ki*****, Yusuf Yi***** und Mustafa Yi***** durch die Vorgabe, das Geld diene der Besicherung eines Kredits, welcher ihnen vermittelt werde, zur Übergabe von insgesamt 100.000 Euro in zwei Tranchen, wodurch die Genannten einen Vermögensschaden in dieser Höhe erlitten;
(II) zwischen Juni und August 2009 (A) und vor dem 1. Februar 2011 (B) falsche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, und zwar im einverständlichen Zusammenwirken mit Alfred Z***** eine gefälschte Lohnbestätigung durch Vorlage an die L***** GmbH zum Nachweis des regelmäßigen Verdienstes einer weiteren potentiellen Kreditnehmerin (A/1), im einverständlichen Zusammenwirken mit Mustafa Y***** eine mit einer gefälschten Unterschrift versehene Vollmacht durch Vorlage an die D***** AG zum Nachweis der Berechtigung zur Anmeldung eines PKW (A/2) sowie einen gefälschten Darlehensvertrag durch Übersendung an Mustafa Yi***** zum Nachweis einer Kreditgewährung an den Genannten (B).
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus den Gründen der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Die gegen die Abweisung des Antrags auf „neuerliche Ladung des Zeugen Mustafa Yi***** zum Beweis dafür, dass seine Aussage in der Hauptverhandlung am 18. Juni 2014 nicht stimmen kann, weil sich diese völlig gegensätzlich zur heutigen Aussage des Zeugen Yusuf Yi***** darstellt“, gerichtete Verfahrensrüge (
Z 4) entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie trotz umfangreichen Aktenmaterials eine entsprechende
konkrete Fundstelle von Antragstellung und Beschlussfassung in den Akten nicht nennt (RIS-Justiz RS0124172).
Davon abgesehen hätte es zu prozessordnungskonformer Antragstellung (§ 55 Abs 2 Z 1 StPO) der Anführung eines ‑ im Hinblick auf die umfänglichen Depositionen der beiden in Rede stehenden Zeugen (vgl zu Mustafa Yi***** ON 262 S 13 bis 51; Yusuf Yi***** ON 310 S 4 bis 13) keineswegs offenkundigen ‑ konkreten Beweisthemas für die ergänzende Befragung, also der Anführung jener bestimmten Umstände bedurft, auf die sich die
neuerliche Vernehmung beziehen sollte. Darüber hinaus wäre ein Vorbringen dazu erforderlich gewesen, aus welchen Gründen eine Änderung des Aussageverhaltens des Zeugen Mustafa Yi***** in Bezug auf entscheidungswesentliche Umstände zu erwarten war. Die pauschale Behauptung widersprüchlicher Aussagen zweier Zeugen reicht hiefür nicht aus, sodass das Begehren im Ergebnis auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (vgl zum Ganzen
14 Os 27/14y; RIS-Justiz RS0117928; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 331). Im Übrigen haben die beiden Zeugen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt (zu den Schuldsprüchen I/B/2 und II/B) im Wesentlichen übereinstimmend geschildert (vgl auch US 20), während sich Divergenzen bloß auf unerhebliche Umstände (etwa die Frage, ob sämtliche der Gespräche im Zusammenhang mit der angeblichen Kreditvermittlung in Anwesenheit [auch] des Mustafa Yi***** stattfanden
) bezogen.
Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende
Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Soweit die Mängelrüge (Z 5) das Urteil pauschal als undeutlich, unvollständig, widersprüchlich und offenbar unzureichend begründet kritisiert,
entspricht sie nicht dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Indem sie die Urteilsannahmen zum grundsätzlichen Tatplan sowie zu den Schuldsprüchen I/A/1 bis 3 und II/A/1 als auf bloßer Scheinbegründung basierend erachtet (Z 5 vierter Fall), dazu auf die ‑ von den Tatrichtern mit ausführlicher Begründung als unglaubwürdig beurteilte (US 16 ff) ‑ leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers verweist und die Ansicht vertritt, aus belastenden Angaben des bereits verstorbenen Mittäters Alfred Z***** sowie anderer Mitangeklagter, die „in die Fälle involviert“ waren, könnten „keinerlei Rückschlüsse gezogen werden“, unterlässt sie die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 394, 455) und bekämpft insgesamt bloß die ‑ sorgfältige und zu jedem einzelnen Schuldspruchpunkt gesondert angestellte ‑ Beweiswürdigung des Erstgerichts (erneut US 16 ff) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Ableitung der Feststellungen zum Schuldspruch I/A/2b aus den belastenden Verfahrensergebnissen zu den ‑ gleichgelagerten ‑ weiteren verfahrensgegenständlichen Betrugshandlungen des Beschwerdeführers im Verein mit dem Umstand, dass die (gefälschten) Unterlagen des angeblichen Versicherungsnehmers Pawel Zi***** bei ihm sichergestellt wurden (US 17), entspricht sowohl den
Gesetzen folgerichtigen Denkens als auch grundlegenden
Erfahrungssätzen und ist solcherart aus dem Blickwinkel der
Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).
Dass aus Beweismitteln (hier: aus der von der Beschwerde als „mehrdeutig“ erachteten Aussage des [nunmehr] abgesondert verfolgten Servet Me*****) auch andere Schlüsse möglich wären als die im Urteil gezogenen, stellt keinen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 dar (RIS‑Justiz
Weshalb die Erwägungen der Tatrichter zum Schuldspruch II/A/2, wonach eine Vollmacht zur Anmeldung eines KFZ nicht echt sein könne, wenn die Person, auf die das Fahrzeug angemeldet werden soll, von dessen Existenz nicht in Kenntnis ist (US 19), nicht „den logischen Denkgesetzen“ entsprechen sollen, bleibt unerfindlich.
Die Feststellungen zum Schuldspruch B/1 hat das Erstgericht mängelfrei auf die für glaubwürdig befundenen Angaben der Geschädigten Roswitha P***** im Verein mit allgemeiner Lebenserfahrung gestützt und dargelegt, aus welchen Gründen der leugnenden Verantwortung des Angeklagten auch insoweit nicht gefolgt werden konnte (US 19 f).
Indem die Rüge dazu sowie ‑ im Folgenden ‑ auch zum Schuldspruch I/B/2 auf seine Angaben verweist und den Überlegungen der Tatrichter eigenständige Beweiswerterwägungen, Auffassungen und Schlussfolgerungen gegenüberstellt, erschöpft sie sich erneut in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung.
Dass das Erstgericht den ‑ zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt übereinstimmenden und auch mit den Angaben des ebenfalls als verlässlich eingstuften Angaben des Faruk Ya***** im Einklang stehenden ‑ Aussagen der Zeugen Yüksel Ki*****, Yusuf Yi***** und Mustafa Yi***** trotz geringfügiger Divergenzen Glaubwürdigkeit zubilligte (US 20 f), stellt keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) dar.
Welche konkreten Teile der Depositionen der Genannten welchen Feststellungen über entscheidende Tatsachen aus welchem Grund erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegenstünden, inwiefern diese „
aktenwidrig“ (Z 5 letzter Fall; vgl dazu RIS‑Justiz RS0099547) referiert worden sein sollen und mit welchen Widersprüchen sich das Erstgericht unter dem Aspekt von Unvollständigkeit der Beurteilung der Überzeugungskraft der Aussagen
dieser Zeugen (
RIS‑Justiz RS0119422) hätte auseinander setzen müssen, sagt die Beschwerde nicht und entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung.
Zum Schuldspruch II/B wird dem Beschwerdeführer der Gebrauch einer falschen oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr (§ 223 Abs 2 StGB) angelastet. Das Vorbringen, aus dem Akteninhalt sei nicht zu erkennen, dass er mit der Herstellung oder der Fälschung einer falschen oder gefälschten Urkunde etwas zu tun habe, betrifft daher keine entscheidende Tatsache.
Entgegen dem Standpunkt der Sanktionsrüge (nominell verfehlt Z 5, der Sache nach Z 11 zweiter Fall) wurde der Erschwerungsgrund
einschlägiger Vorstrafenbelastung (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) auf Basis der ‑ unter Bezugnahme auf die im Akt erliegende (ON 282) Auskunft aus dem Europäischen Strafregister-Informationssystem (ECRIS) getroffenen und damit hinreichenden (vgl dazu 14 Os 140/13i, 14 Os 91/15m, 14 Os 108/11f, 11 Os 164/93) ‑ Feststellung, nach der der Angeklagte vier einschlägige Verurteilungen im Ausland aufweist und zuletzt mit Urteil eines Gerichts in Pest/Ungarn vom 20. Juli 2009 wegen (versuchten) Betrugs zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (US 7, 15), zu Recht angenommen (vgl auch RIS-Justiz
Mit Spekulationen dazu, dass „diese Taten“ nach österreichischem Recht nicht strafbar oder „schon verjährt“ gewesen sein könnten, wird weder eine offenbar unrichtige Beurteilung der für die Strafbemessung entscheidenden Tatsachen deutlich und bestimmt behauptet, noch ein diesbezüglicher Feststellungsmangel
(RIS-Justiz
RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 696) prozessordnungskonform geltend gemacht. Mit der Kritik an unterlassener Feststellung der „Höhe der Schadenssumme“ und näherer diesbezüglicher Befragung des Angeklagten wird bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 692).
Nur der Vollständigkeit halber sei daher festgehalten, dass
der angesprochenen Strafregisterauskunft unzweifelhaft zu entnehmen ist, dass auch die im Urteil nicht näher präzisierten Vorverurteilungen durchwegs wegen auch in Österreich strafbarer Handlungen, nämlich wegen „Beihilfe zum Diebstahl in besonders schwerer Form“, wegen (versuchten) Betrugs und Geldfälschung, erfolgten und dass ‑ mit Blick auf die Daten der Rechtskraft der Entscheidungen (23. April 1998, 7. März 2000, 7. Februar 2004, 20. Juli 2009) und die damit verhängten Sanktionen (Freiheitsstrafen von 7 Monaten, 5 Monaten, 10 Jahren und 1 Jahr) ‑ auch Tilgung noch nicht eingetreten ist (§ 7 Abs 2 iVm § 3 Abs 1 Z 2 und § 4 Abs 1 und Abs 2 TilgG; vgl zum Ganzen für viele 13 Os 134/10w; Kert, WK-StPO TilgG § 7 Rz 16).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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