OGH 14Os27/14y

OGH14Os27/14y12.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zillinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ferhad A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und

Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ferhad (früher: Ferhat) A***** und Bogdan F***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 24. Juli 2013, GZ 601 Hv 18/12s‑1269, sowie über die Beschwerden des Angeklagten Ferhad A***** und der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit auf fünf Jahre nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ‑ soweit hier wesentlich ‑ Ferhad A***** und Bogdan F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und

Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederholte Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der R***** AG durch Täuschung über die Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit der von ihnen vermittelten Kreditwerber „unter Verwendung

falscher oder verfälschter

Urkunden bzw anderer solcher Beweismittel“, zur Gewährung und anschließenden Auszahlung von

Krediten verleitet, wodurch das Kreditinstitut jeweils in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde, und zwar:

(I) Ferhad A***** und Bogdan F***** im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Miodrag B***** am 6. April 2007 unter Verwendung eines verfälschten serbischen Reisepasses, einer gefälschten Lohnbestätigung und eines falschen oder verfälschten Versicherungsdatenauszugs des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Gewährung und Auszahlung eines

Kredits in Höhe von 25.000 Euro an Miodrag B*****;

(II) Ferhad A***** im einverständlichen Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter am 10. April 2007 unter Verwendung gefälschter oder inhaltlich unrichtiger Arbeits- und Lohnbestätigungen sowie eines falschen oder verfälschten Versicherungsdatenauszugs des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Gewährung und Auszahlung eines

Kredits in Höhe von 25.000 Euro an Salman C*****.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Ferhad A***** aus den Gründen der Z 3, 4, 5, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 und von Bogdan F***** aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ferhad A*****:

Die Behauptung der Verfahrensrüge (Z 3), im Erkenntnisverfahren sei der Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 228 Abs 1 StPO) verletzt worden, weil an einigen Verhandlungstagen über die Amtsstunden hinaus, nämlich bis 15:50, 16:10, 16:30 oder 19:30 Uhr, verhandelt wurde und ‑ mangels entsprechender Vorkehrungen durch das Gericht ‑ insoweit der Zugang zum Gerichtsgebäude und zur Hauptverhandlung nicht mehr möglich war, trifft nicht zu.

Ausgehend von den ‑ durch einen Aktenvermerk des Präsidenten des Landesgerichts Korneuburg vom 21. Jänner 2013 bestätigten (ON 1 S 193 im [Stamm-]Verfahren 601 Hv 15/12z) ‑ Ausführungen der Vorsitzenden in der Hauptverhandlung am 17. April 2012 (ON 820, S 1007), am 18. Juli 2012 [ON 1213 S 49] sowie am 24. Juli 2013 (ON 1268 S 2 f), an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Obersten Gerichtshof kein Grund bestand, war der Sicherheitsdienst des Landesgerichts Korneuburg im Verhandlungszeitraum grundsätzlich bis 16:30 Uhr sowie an sämtlichen Verhandlungstagen im gegenständlichen Verfahren ‑ über Anordnung des Präsidenten dieses Gerichts ‑ bis zum Ende der Verhandlung anwesend, worüber er jeweils von der Vorsitzenden des Schöffengerichts informiert wurde. Zusätzlich war an den Eingangstoren eine Nachricht angebracht, wonach interessierte Zuhörer nach 15:30 Uhr läuten und solcherart Zutritt zum Verhandlungssaal erlangen konnten.

Durch die beschriebene Vorgangsweise hat das Erstgericht hinreichende Vorkehrungen getroffen, potentiellen Zuhörern während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung den Zutritt zum Verhandlungssaal zu ermöglichen. Die behauptete Nichtigkeit liegt daher nicht vor (vgl 13 Os 102/11s, EvBl 2012/91, 614; 13 Os 131/12g).

Die weitere Verfahrensrüge (Z 4) moniert unter dem Aspekt einer Verletzung von Art 6 Abs 3 lit d MRK, dass dem mehrfach wiederholten Antrag, den Zeugen Miodrag B***** „in eventu im Rechtshilfeweg sowie per Videokonferenz zu laden“, um dem Angeklagten die Ausübung seines Fragerechts zu ermöglichen (ON 1213 S 34), insoweit nicht entsprochen wurde, als die Vernehmung des Genannten durch die serbischen Behörden im Rechtshilfeweg ohne Verständigung und demnach in Abwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Verteidigers durchgeführt wurde (ON 1262).

Wurde einem Antrag ‑ wie hier durch Vertagung der Hauptverhandlung (ON 1213 S 63 ff) und Verfassung eines entsprechenden (in der Folge unter erneutem Hinweis auf die begehrte Beiziehung der Verteidiger mehrfach urgierten) Rechtshilfeersuchens an die serbischen Behörden (ON 1213 S 63, 1226, ON 1251, ON 1257, ON 1258, ON 1262) de facto ‑ stattgegeben, die Verfügung aber nicht (vollständig) effektuiert, liegt der Mangel, anders als Z 4 verlangt, nicht in dem über diesen Antrag gefassten Beschluss, außer das Verhalten des Schöffengerichts (Schwurgerichtshofs) läuft im Ergebnis auf eine Täuschung des Antragstellers hinaus. So gesehen muss der aus dem Beschluss Berechtigte erforderlichenfalls auch dessen Umsetzung verlangen, um in Hinsicht auf die Entscheidung über dieses Begehren zur Anfechtung berechtigt zu sein (RIS‑Justiz RS0117404; Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 36a; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 317).

Anhaltspunkte für irreführendes Verhalten des Erstgerichts liegen mit Blick auf dessen dargestellte Bemühungen, den begehrten Beweis durchzuführen, nicht vor. Ein demgemäß zur Anfechtigungsberechtigung erforderlicher Antrag auf vollständige Erledigung des Beweisbegehrens wurde ‑ dem Rügevorbringen zuwider ‑ nicht gestellt.

Nachdem die Vorsitzende des Schöffengerichts die Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung am 24. Juli 2013 über das Ergebnis des Rechtshilfeersuchens in Kenntnis gesetzt und das Protokoll über die Vernehmung des Miodrag B***** vor den serbischen Behörden gemäß § 252 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StPO (sowie ‑ einverständlich ‑ weitere Aussagen des Genannten im Ermittlungsverfahren) verlesen hatte (ON 1268 S 4 f), beantragte vielmehr bloß der Zweitangeklagte Bogdan F*****, den Verteidigern die Ausübung des Fragerechts durch neuerliche Vernehmung des Zeugen „unter ausdrücklicher Ladung der Verteidiger“, zum Beweis dafür zu ermöglichen, „dass der Zweitangeklagte mit der seinerzeitigen Kreditaufnahme des Zeugen Miodrag B***** nicht das Geringste zu tun hat“. Diesem Begehren schloss sich der Erstangeklagte Ferhad A***** ohne weiteres Vorbringen an (ON 1268 S 14), womit ein Bezug zu ihn betreffenden entscheidenden Tatsachen nicht hergestellt wurde.

Davon abgesehen wurden die Fragen für die Einvernahme im Rechtshilfeweg im Wesentlichen im Sinn des schriftlichen ‑ übrigens ausschließlich auf die (in Serbien mangels technischer Möglichkeiten nicht zu bewerkstelligende; vgl ON 1257) Befragung des Miodrag B***** im Wege einer Videokonferenz abzielenden ‑ Antrags des Beschwerdeführers vom 27. April 2012 (ON 1095) formuliert (ON 1262 S 13 ff) und vom Zeugen auch beantwortet (ON 1262 S 37 ff).

Im Übrigen wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur Verfahrensrüge (Z 4) des Bogdan F***** verwiesen.

Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch über die als entscheidend zu wertenden Tatsachen in den Entscheidungsgründen. In diesem Sinn entscheidend ist eine Tatsache genau dann, wenn die Feststellung ihres Vorliegens oder Nichtvorliegens entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder ‑ im Fall gerichtlicher Strafbarkeit ‑ darüber beeinflusst, welche strafbaren Handlungen begründet werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 391, 399).

Mit dem Einwand fehlender Erörterung (Z 5 zweiter Fall) von Bankunterlagen, aus denen sich zum Schuldspruch II ein Auszahlungsbetrag von bloß 22.572,20 Euro und damit rechtsirrige Annahme (gänzlich) vollendeten Betrugs ergäbe, spricht die Beschwerde gerade keine entscheidende Tatsache, sondern eine dem Regelungsbereich des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO, der eine Kontrolle der Sachverhaltsermittlung nicht vorsieht, zuzuordnende Strafzumessungstatsache an (RIS-Justiz RS0122137 [insbes T5 bis T7]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 und 680).

Die tatrichterliche Erwägung, es „verstehe sich von selbst“, dass die Banken die inkriminierten Kredite bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht gewährt hätten (US 71), ist im Zusammenhalt mit der eingehenden Darstellung der Tatmodalitäten zu den einzelnen Fakten, insbesondere zu den Vermögensverhältnissen der Kreditwerber und deren Intention, vor allem aber jener des Angeklagten, zu verstehen und unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, sodass von einer vom Beschwerdeführer behaupteten „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) keine Rede sein kann.

Der Vorwurf (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht hätte die Urteilsannahme, dass die in Rede stehenden falschen und verfälschten Urkunden Ferhad A***** (und nicht der Sachbearbeiterin der kreditgebenden Bank, Wiktoria L*****, oder den jeweiligen Kreditnehmern) „zuzuordnen“ sind (sohin von ihm oder ‑ mit seinem Wissen ‑ von einer dritten Person gefälscht und der Bank jeweils mit entsprechendem Vorsatz von Ferhad A***** vorgelegt wurden), im Sinn eines „Zirkelschlusses“ einzig auf eine zuletzt ergangene Verurteilung wegen Betrügereien unter Verwendung derartiger Urkunden gestützt (US 46), orientiert sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe. Sie übergeht nämlich, dass die Tatrichter ihre diesbezügliche Überzeugung zudem ‑ den

Denkgesetzen und grundlegenden

Erfahrungssätzen entsprechend ‑ aus den für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Wiktoria L***** (US 47 ff), der jeweiligen Kreditnehmer (Miodrag B*****, US 40, 59 f, und Salman C*****, S 40, 68 f) sowie des abgesondert verfolgten Zeugen Ali A***** anlässlich seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei (vgl etwa US 41 ff), sowie aus dem ähnlichen Erscheinungsbild und der daraus ersichtlichen gleichen Herkunftsquelle der hier und in ähnlichen, abgesondert verfolgten Betrugsfällen vorgelegten Dokumente abgeleitet haben (vgl US 40 ff, 67 ff).

Dass diese Ausführungen den Beschwerdeführer nicht überzeugen und aus den angeführten Verfahrensergebnissen auch andere ‑ für ihn günstigere ‑ Schlüsse gezogen werden könnten, stellt den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht her (für viele: RIS-Justiz RS0099455). Mit der Kritik an der tatrichterlichen Beurteilung der Glaubwürdigkeit der ursprünglichen belastenden Angaben des Ali A***** wird bloß nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung bekämpft (vgl dazu RIS-Justiz RS0106588).

Soweit die Rüge einzelne weitere beweiswürdigende Erwägungen des Erstgerichts unter Hinweis auf die jeweils erfolgte Verwendung des Begriffs „offensichtlich“ (US 64 und 65) als Scheingründe beurteilt wissen will, stellt sie keinen Bezug zu solcherart offenbar unzureichend begründeten (Z 5 vierter Fall) entscheidenden Tatsachen her.

Mit Blick auf die ‑ nach dem Vorgesagten erfolglos bekämpften ‑ Urteilsannahmen zur Verwendung von falschen Lohnbestätigungen als Täuschungsmittel, die die Annahme der Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB schon für sich tragen, ist zudem irrelevant, ob den Verfügungsberechtigten der kreditgebenden Banken zusätzlich falsche oder verfälschte Sozialversicherungsdatenauszüge vorgelegt wurden.

Ebenso wenig berühren die kritisierten erstgerichtlichen Ausführungen, die bei Bogdan F***** vorgefundenen Unterlagen ließen den Schluss zu, jemand habe entsprechende Unterschriften „offensichtlich“ zum Zweck der Kreditaufnahme geübt (US 65), einen für die Beurteilung der Täterschaft des Beschwerdeführers erheblichen Umstand.

Die weitere Mängelrüge reklamiert Nichtigkeit aus Z 5 vierter Fall mit der Begründung, das Erstgericht habe „zur Begründung der jeweiligen Straftaten“ einzelne Beweismittel verwertet, welche aber „im unmittelbaren Beweisverfahren“ weder verlesen noch zusammengefasst vorgetragen wurden (vgl RIS‑Justiz RS0111533 [T7]).

Ein Urteil ist jedoch nur dann nach § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nichtig, wenn es in Ansehung des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen auf Beweismitteln gründet, die in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sind (§ 258 Abs 1 StPO; Lendl, WK-StPO § 258 Rz 9; Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 8, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 9, 460 f, 464). Die bloße Erwähnung nicht verlesener Aktenstücke in den Entscheidungsgründen begründet für sich alleine keine Nichtigkeit. Zu prozessordnungskonformer Darstellung eines derartigen Begründungsmangels (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO) hätte es demnach des Vorbringens bedurft, dass das Erstgericht Feststellungen über eine entscheidende Tatsache konkret auf ein nicht in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweismittel gestützt hat (RIS-Justiz RS0113209, RS0113210).

In Betreff des „Anlassberichts dieser Polizeidienststellen Zl D1/261968/2007 ON 543“ und ON 1225 erschöpft sich die Beschwerde ‑ solcherart prozessordnungswidrig ‑ in der bloßen Nennung dieser Aktenteile sowie der darauf Bezug nehmenden Urteilsseiten.

Im Übrigen betrifft die ON 543 eine Nachtragsanzeige gegen Milan F***** und Sead M***** hinsichtlich eines bei Letzterem sichergestellten PC mit gescannten gefälschten Dokumenten, deren Relevanz für den Schuldspruch gegen den Angeklagten nicht erkennbar ist und auch von der Rüge nicht dargelegt wird. Die ON 1225 (Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 18. Juli 2012, GZ 601 Hv 15/12z-1242) wurde ‑ nach dem unbestritten gebliebenen Protokoll über die Hauptverhandlung ‑ am 10. Jänner 2013 verlesen (ON 1234 S 3).

Die Bezugnahme auf „verurteilende Feststellungen“ im Zusammenhang mit „Bd XXI/ON 252 aus 622 Hv 7/07w“ und „die getroffenen Feststellungen zum Faktum II“ in Zusammenhang mit „Bd XXIII/ON 574“ genügt den oben dargestellten Anforderungen ebenfalls nicht.

Die Aussage des Salman C***** (ON 574) wurde im Übrigen in der Hauptverhandlung am 7. August 2012 sehr wohl (rechtsrichtig gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO) verlesen (ON 1209 S 2 f), der diesen betreffende Strafakt, AZ 74 Hv 41/11g des Landesgerichts für Strafsachen Wien sowie der Vorstrafakt 622 Hv 7/07w des Landesgerichts Korneuburg wurden erörtert (ON 1268 S 3 f; ON 820 S 1170).

Geldnot und Vermögenslosigkeit des Angeklagten als

Tatmotiv (wozu sich die Tatrichter auf ON 888 und den Akt 8 S 21/04 des Bezirksgerichts Hernals bezogen) berührt weder die Schuldfrage noch den anzuwendenden Strafsatz. Im Übrigen ist auch der Akt 8 S 21/04d des Bezirksgerichts Hernals in der Hauptverhandlung vorgekommen (ON 820 S 1272).

Entsprechendes gilt für die ‑ ausschließlich für die Strafbemessung erheblichen ‑ Urteilsannahmen zu den einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers (US 10). Zudem wurden die bezughabenden Akten in der Hauptverhandlung erörtert (ON 1268 S 3 f), während es sich bei der von der Beschwerde ins Treffen geführten ON 1266 um die Strafregisterauskunft des Zweitangeklagten Bogdan F***** handelt.

Dass der Angeklagte (von Mai bis August 2003) beim „mit ihm befreundeten, mehrfach einschlägig vorbestraften A***** Ibrahim“ beschäftigt war (US 9; ON 917a), ist für die Lösung, der Schuld- oder der Subsumtionsfrage ebenso wenig entscheidend wie, dass es sich bei Miodrag B***** um einen der Kreditnehmer handelte, die die Sachbearbeiterin der kreditgebenden Bank, Wiktoria L*****, in einer ‑ zur Vorbereitung der Anzeigeerstattung gegen den Beschwerdeführer und andere Personen wegen des Verdachts des Kreditbetrugs erstellten ‑ Liste zusammengefasst hatte (US 17 f).

Davon abgesehen beinhaltet die ON 820 das Protokoll der Hauptverhandlung, welches zufolge deren Einheitlichkeit (sämtliche Verhandlungen fanden jeweils innerhalb der zweimonatigen Frist des § 276a StPO statt) nicht zu verlesen war.

Die Kreditaufnahme vom 15. Februar 2007 für die Kreditnehmerin Ülkiye Y***** war Gegenstand des Schuldspruchs B/4 des in diesem Verfahren ergangenen Urteils vom 18. Juli 2012, GZ 601 Hv 15/12z‑1242 (ON 1225), womit auch der ‑ unter Bezugnahme auf „Bd IV/AS 213, 217“ ‑ erwähnte Umstand, dass der Beschwerdeführer die Genannte an Wiktoria L***** vermittelte (US 49), hier irrelevant ist.

Wie bereits dargelegt hat das Erstgericht die Urteilsannahmen, wonach die zur Täuschung verwendeten gefälschten Urkunden dem Beschwerdeführer „zuzuordnen“ sind, aus einer vernetzten Betrachtung einer Vielzahl von Verfahrensergebnissen abgeleitet. Zur Fundierung der in diesem Zusammenhang angestellten ‑ keineswegs eine notwendige Bedingung für die sachverhaltsmäßige Bejahung dieses (erheblichen) Umstands bildenden ‑ Erwägungen zum identen Erscheinungsbild der Dokumente verwiesen sie (auch) auf eine größere Anzahl von aktenkundigen, bei abgesondert verfolgten betrügerischen Kreditaufnahmen vorgelegten falschen Arbeits- und Lohnbestätigungen (US 31, 40, 68). Indem der Beschwerdeführer das Nichtvorkommen einzelner dieser ‑ im Übrigen ein weiteres Mal sehr wohl verlesenen (ON 820 S 820 ff) ‑ Urkunden („Bd VIII/S 85 f und 823 f“, „Bd VIII AS 85, 249“) in der Hauptverhandlung behauptet, bringt er den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund (Z 5 vierter Fall) erneut nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0116737, RS0116877; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 471 f).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) zum Schuldspruch II legt nicht dar, aus welchem Grund die vermisste nähere Konkretisierung der Zeitpunkte, an denen „die angeführten Unterlagen der Bank vorgelegt bzw letztlich die Auszahlung des Geldbetrags erfolgte“, neben den ohnehin getroffenen ‑ von der Beschwerde erneut prozessordnungswidrig ignorierten ‑ Urteilsannahmen zum Tatzeitpunkt (vgl US 25: 2007, US 3: Tatzeitpunkt 10. April 2007) und zu erfolgten Teilrückzahlungen (zwischen 15. Mai und 13. Juli 2007; US 27) ‑ unter dem Gesichtspunkt der Verjährung (vgl die hier aktuelle Strafdrohung des § 148 2. Fall StGB [ein bis zehn Jahre] im Verein mit § 58 Abs 3 zweiter Fall StGB [Verjährungsfrist 10 Jahre]) ‑ entscheidend sein sollte (RIS-Justiz RS0098557).

Soweit sich der Einwand auch auf den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit zu der dem Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 24. Jänner 2008, GZ 622 Hv 7/07w‑252, gewährten bedingten Strafnachsicht bezieht, wird bloß ein Beschwerdevorbringen zur Darstellung gebracht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10, teilweise nominell Z 9 lit a) geht gleichermaßen nicht vom gesamten festgestellten Urteilssachverhalt aus und verfehlt damit den gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810):

Soweit sie Feststellungen dazu vermisst, dass die Absicht des Beschwerdeführers darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung von jeweils schon für sich gesehen schwerem Betrug (§ 147 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, übergeht sie die diesbezüglichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, denen das angesprochene Tatbestandselement hinreichend deutlich zu entnehmen ist (US 20, 27, 70 f, 72).

Ebenso bringen die Urteilsannahmen bei gebotener Gesamtbetrachtung (vgl US 20 f, 27 iVm US 14 f [von zumindest März 2004 bis Mai 2007], US 70 f [über Jahre hinweg]) den Willen der Tatrichter, auch die gebotenen Feststellungen zur zeitlichen Komponente der Gewerbsmäßigkeit (Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7; RIS‑Justiz RS0107402) zu treffen, hinreichend zum Ausdruck (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19), während die Beschwerde bei ihrem diesbezüglichen Einwand fehlenden Sachverhaltsbezugs der verwendeten verba legalia „fortlaufende Einnahme“ isoliert auf einzelne Sachverhaltsannahmen (US 20 f und 27) rekurriert.

Auch die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall; vgl 12 Os 119/06a [verst Senat] = EvBl 2007/130, 700) orientiert sich nicht am Urteilssachverhalt, indem sie behauptet, das Erstgericht sei zum Schuldspruch II ‑ mit Blick auf die Feststellungen, wonach von dem beantragten und gewährten Kredit in Höhe von 25.000 Euro nur 23.000 Euro an den Kreditnehmer ausbezahlt wurden (US 22) ‑ zu Unrecht von gänzlicher Tatvollendung ausgegangen (Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 66, 77) und habe damit rechtsirrig abgelehnt, den ‑ solcherart maßgebend gewesenen ‑ Milderungsgrund teilweisen Versuchs (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) in Rechnung zu stellen. Tatsächlich gingen die Tatrichter nämlich ausdrücklich davon aus, dass der Vorsatz der Angeklagten bloß auf unrechtmäßige Bereicherung im Ausmaß von mehr als 3.000 Euro und auf die Herbeiführung eines Schadens in Höhe der tatsächlich ausbezahlten Kreditvaluta (abzüglich der auf dem Kreditkonto belassenen und als Ratenzahlungen umgebuchten Summen) gerichtet und von Anfang an geplant war, zu Verschleierungszwecken einen Teil der Kreditsumme aus nicht behobenen Beträgen vom Girokonto des Kreditwerbers zurück zu bezahlen (US 27, 73, 74, vgl auch US 20 f zum Schuldspruch I), in welchem Umfang die Tat auch vollendet wurde. Für die Annahme teilweisen Versuchs bleibt damit kein Raum.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Bogdan F*****:

Die Abweisung des in Beantwortung der Verfahrensrüge (Z 4) des Ferhad A***** zitierten Antrags des Beschwerdeführers auf neuerliche Vernehmung des Zeugen Miodrag B***** „unter ausdrücklicher vorheriger Ladung der Verteidiger, um diesen die Möglichkeit zu geben, das Fragerecht, das ihnen zusteht, gegenüber dem Zeugen auszuüben, ...“ (ON 1268 S 14), erfolgte dem Beschwerdestandpunkt zuwider schon deshalb zu Recht, weil eine Vernehmung des Genannten in der Hauptverhandlung an der ‑ von der Vorsitzenden des Schöffengerichts aktenkonform referierten (ON 1268 S 5) ‑ Unerreichbarkeit des Beweismittels scheiterte.

Selbst unter der Prämisse, dass das Begehren ‑ entgegen seinem Wortlaut ‑ auf eine Vernehmung im Rechtshilfeweg (allenfalls in Form einer Videokonferrenz) abzielte (vgl aber 13 Os 135/11v), wurden durch dessen Abweisung Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Vorauszuschicken ist, dass das damit angesprochene von Art 6 Abs 3 lit d MRK garantierte Recht, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken, nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und des Obersten Gerichtshofs kein absolutes ist und bestimmten Beschränkungen unterworfen werden kann (Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 24 Rz 118 ff mwN; Kühne IntKomm EMRK Art 6 Rz 602 ff; Meyer‑Ladewig, EMRK³ Art 6 Rz 247; RIS-Justiz RS0074930).

Auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich Absicherung und Einschränkungen dieser Konventionsgarantie für das gerichtliche Strafverfahren im hier maßgeblichen Zusammenhang in §§ 247a und 252 iVm § 281 Abs 1 Z 3 und 4 StPO.

§ 252 Abs 1 Z 1 StPO sieht Ausnahmen vom Verlesungsverbot wegen Unmöglichkeit, die persönliche Vernehmung eines Zeugen (oder Mitbeschuldigten) vor dem erkennenden Gericht zu bewerkstelligen, vor. Eine entgegen den dort normierten Voraussetzungen vorgenommene Verlesung verstößt gegen das ‑ durch § 281 Abs 1 Z 3 StPO abgesicherte - Umgehungsverbot des § 252 Abs 4 StPO.

Das ungeachtet einer Verlesung des Protokolls über die Vernehmung eines Zeugen bestehende Recht des Angeklagten, diesen Zeugen ‑ in den Fällen des § 247a Abs 1 und Abs 2 StPO unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (Video-konferenz) ‑ (ergänzend) zu befragen, schützt § 281 Abs 1 Z 4 StPO, dessen erfolgreiche Geltendmachung die Entscheidung des Schöffengerichts über einen entsprechenden, in der Hauptverhandlung gestellten Antrag voraussetzt, der die Anforderungen des § 55 StPO zu erfüllen hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302 f; vgl zum Ganzen: 13 Os 135/11v).

Wie bereits dargelegt, wurden die ‑ den Beschwerdeführer belastenden (vgl ON 1262 S 41 ff) Angaben des Zeugen Miodrag B***** vor den serbischen Behörden ‑ nach dem unbeanstandet gebliebenen Protokoll über die Hauptverhandlung ‑ am 24. Juli 2013 (rechtsrichtig) gemäß § 252 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StPO verlesen, ohne dass sich der Beschwerdeführer dagegen verwehrt hätte; die Verlesung weiterer Aussagen des Genannten (damals als Beschuldigter) im Ermittlungsverfahren (ON 10 S 147 f, ON 12, ON 23 S 57 f) erfolgte einverständlich (ON 1268 S 4).

Davon ausgehend hätte es zu prozessordnungskonformer Antragstellung (§ 55 Abs 2 Z 1 StPO) der Anführung eines ‑ im Hinblick auf die umfänglichen Depositionen des Zeugen keineswegs offenkundigen ‑ konkreten Beweisthemas für die (solcherart bloß ergänzende) Befragung, also der Anführung jener bestimmten Umstände bedurft, auf die sich die neuerliche Vernehmung beziehen sollte. Darüber hinaus wäre ein Vorbringen dazu erforderlich gewesen, aus welchen Gründen eine Änderung des Aussageverhaltens des Zeugen zu erwarten war (vgl zum Ganzen 13 Os 150/09x).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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