OGH 8Nc39/15z

OGH8Nc39/15z25.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj N*****, in Obsorge und wohnhaft bei der Mutter Mag. B*****, diese vertreten durch Mag. Marcus Essl, Rechtsanwalt in Wien, Vater: Dr. T*****, vertreten durch Mag. Helmut Kunz, Rechtsanwalt in Linz, über den Ablehnungsantrag der Mutter des Minderjährigen betreffend die Mitglieder des Senats 3 des Obersten Gerichtshofs, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00039.15Z.0825.000

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Vor dem Bezirksgericht Linz ist zu 20 Ps 59/12b ein Verfahren betreffend die Obsorge für den Minderjährigen N*****, anhängig. Die Mutter des Minderjährigen lehnte den Erstrichter Anfang des Jahres 2015 ab, weil er ihrer Ansicht nach seit spätestens August 2014 Entscheidungen getroffen habe, durch die sie gegenüber dem Vater des Minderjährigen ungerechtfertigt benachteiligt worden sei. Am 1. Juli 2015 erhielt die Antragstellerin den Beschluss des Landesgerichts Linz, mit dem ihrem Rekurs gegen die Entscheidung über die Ablehnung des Erstrichters nicht Folge gegeben wurde. Dagegen erhob sie am 15. Juli 2015 einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“. Dieser ist zu 3 Ob 151/15z anhängig.

In ihrem am 10. August 2015 zu 3 Ob 151/15z eingebrachten Ablehnungsantrag bringt die Ablehnungswerberin zusammengefasst vor, der dritte Senat des Obersten Gerichtshofs habe am 15. Juli 2015 in einer anderen, die Ablehnung eines Sachverständigen sowie die Bestellung eines Kinderbeistands betreffenden Entscheidung (zu 3 Ob 102/15v) die „Feststellung getroffen“, dass das den Erstrichter betreffende Ablehnungsverfahren mittlerweile beendet und dem Ablehnungsantrag rechtskräftig nicht stattgegeben worden sei. Diese „Feststellung“ sei unrichtig, weil die Frist zur Erhebung eines Revisionsrekurses gegen die Entscheidung des Landesgerichts als Rekursgericht über den Ablehnungsantrag erst am 15. Juli 2015, dem Tag der Beschlussfassung, abgelaufen sei. Aus diesem „eklatanten Fehler“ der Mitglieder des dritten Senats des Obersten Gerichtshofs entstehe für die Ablehnungswerberin der Eindruck einer möglichen Voreingenommenheit dieser Richter.

Die Mutter des Minderjährigen beantrage daher, die Ausgeschlossenheit der Mitglieder des dritten Senats des Obersten Gerichtshofs (Senatspräsident Dr. *****) in den beim Bezirksgericht Linz erstinstanzlich anhängigen Rechtssachen zu 34 Nc 2/15y (Ablehnung des zuständigen Richters) sowie zu 20 Ps 59/12b (Obsorge für den Minderjährigen) wegen Befangenheit auszusprechen.

Rechtliche Beurteilung

Der Ablehnungsantrag ist unzulässig.

Gemäß Art 92 Abs 1 B‑VG ist der Oberste Gerichtshof die oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen. Er wird in Ausübung der Gerichtsbarkeit zufolge § 5 OGHG in Senaten tätig. Hat ein solcher Senat in einer bestimmten Rechtssache entschieden, so ist dessen Entscheidung, die eine solche des Obersten Gerichtshofs als der höchsten Instanz ist, im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr überprüfbar, sondern sie klärt die Rechtslage im entschiedenen Einzelfall endgültig.

Daraus folgt zwingend, dass der Senat des Obersten Gerichtshofs, der nach dessen Geschäftsverteilung über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder abzusprechen hat, nicht befugt ist, die Entscheidung eines Senats des Obersten Gerichtshofs als Voraussetzung der Bejahung oder Verneinung einer allfälligen Befangenheit inhaltlich nachzuprüfen. Andernfalls wäre derjenige Senat des Obersten Gerichtshofs, der über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder zu erkennen hat, ein „Übersenat“, der Entscheidungen anderer Senate dieses Gerichtshofs nachprüfend zu beurteilen hätte. Für eine solche Funktion besteht jedoch keinerlei Rechtsgrundlage. Es ist daher unzulässig, dieses Nachprüfungsverbot unter Berufung auf das Ablehnungsrecht zu umgehen.

Stützt daher eine Ablehnungswerberin ‑ wie hier ‑ ihre Behauptung, Mitglieder des Obersten Gerichtshofs seien befangen, ausschließlich darauf, sie hätten als Mitglied eines Spruchkörpers des Obersten Gerichtshofs in einer die Ablehnungswerberin betreffenden Rechtssache unrichtig entschieden, so ist ein solcher Ablehnungsantrag gemäß § 24 JN als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass eine vorherige inhaltliche Äußerung der abgelehnten Richter zu solchen Ablehnungsgründen zulässig wäre, weil sich eine solche nur mit Erläuterungen zur gefällten Vorentscheidung befassen könnte. Solche Erläuterungen verbietet schon die Endgültigkeit der Urteile und Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs. Wegen des erörterten Nachprüfungsverbots können derartige Erläuterungen bei der Entscheidung über einen Ablehnungsantrag auch gar nicht berücksichtigt werden (RIS-Justiz RS0111658).

Die Ablehnungswerberin begründet ihre Ablehnung allein damit, dass die von ihr erwähnte Vorentscheidung unrichtig sei. Andere Gründe werden nicht geltend gemacht.

Im Übrigen sei angemerkt, dass nach ständiger Rechtsprechung das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen auf zwei Instanzen beschränkt und ein (weiteres) Rechtsmittel gegen die vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung eines Ablehnungsantrags unzulässig ist (RIS‑Justiz RS0098751, RS0122963, RS0046010 ua); dies gilt auch im Außerstreitverfahren (RIS‑Justiz RS0016522, RS0074402). Sofern eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Ablehnungsgründe erfolgte, ist gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz kein Rechtsmittel mehr zulässig (RIS-Justiz RS0017269 uva). Ein Ablauf einer Revisionsrekursfrist ist daher in solchen Fällen nicht abzuwarten.

Stichworte