OGH 8Ob60/14b

OGH8Ob60/14b25.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn, sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** W*****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 91.771,23 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. April 2014, GZ 1 R 257/13s‑41, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Oktober 2013, GZ 55 Cg 243/11p‑37, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

I. Die ‑ in diesem Umfang als Rekurs zu wertende ‑ Revision wird, soweit sie sich gegen den Beschluss des Berufungsgerichts richtet, mit dem dieses die Entscheidung des Erstgerichts über den Zuspruch von 6.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 aufgehoben hat, zurückgewiesen.

II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung, die in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 18.149,43 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, wird dahin abgeändert, dass sie ‑ unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen Teils ‑ als Teilurteil zu lauten hat:

„1. Die Klageforderung besteht mit 33.810,90 EUR zu Recht.

2. Die Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 33.810,90 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 binnen 14 Tagen zu zahlen.

4. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 51.960,33 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 zu zahlen, wird abgewiesen.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.“

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine konzessionierte Wertpapierfirma iSd § 3 WAG 2007. Sie schließt mit Individualkunden Vermögensverwaltungsverträge ab und ist als externe Fondsmanagerin tätig.

Zur Veranlagungsstrategie der Beklagten:

Die Veranlagungsstrategie der Beklagten nützt die Differenz der Preise verschiedener Optionen auf den „Standard & Poors 500 ‑ Aktienindex (in weiterer Folge: „S & P 500“; Basiswert). Der „S & P 500“ umfasst die Aktien der 500 größten börsennotierten Unternehmen an der New York Stock Exchange. Die von der Beklagten für die Anleger erworbenen Optionen werden an der Chicago Board Options Exchange gehandelt. Der Handelsmonat beginnt und endet dabei jeweils am dritten Freitag.

Dabei wird eine erste (Verkaufs‑)Option auf den Basiswert „S & P 500“ (Underlying) zu einem gewissen Ausübungspreis (Strike) verkauft (Put‑Option Short, „Risikolevel 1“). Dafür erhält der Verkäufer (Stillhalter) dieser Option als Preis eine Risikoprämie. Fällt der Basiswert unter den Ausübungspreis, wird es für den Käufer dieser Option wirtschaftlich sinnvoll, die Option auszuüben, womit der Verkäufer einen Verlust erleidet, wenn er mehr aus dem Ausgleichen der Kursdifferenz zwischen Basiswert und Ausübungspreis leisten muss, als er durch die Risikoprämie erhalten hat. Ebenso besteht für den Verkäufer die Möglichkeit, die Option zurückzukaufen, wobei er auch einen Verlust erleidet, wenn er mehr leisten muss, als er durch die Risikoprämie erhalten hat. Dabei besteht die Möglichkeit, dass der Verlust das eingesetzte Kapital übersteigt, womit es zu einer Nachschusspflicht des Verkäufers kommen kann.

Zur Absicherung gegen eine Nachschusspflicht wird zu einem niedrigeren Kurs eine zweite (Verkaufs‑)Option (Put‑Option Long, „Risikolevel 2“) auf den Basiswert gekauft. Sie wird so angesetzt, dass bei einem Fallen des Basiswerts in einen Bereich, in dem der Verkäufer der ersten Option nachschusspflichtig wird, er als Käufer der zweiten Option diese wirtschaftlich sinnvoll ausüben kann und so seinen Verlust mit dem Totalverlust des eingesetzten Kapitals begrenzt (sog „Bull Put Spread Strategie“).

Der Preis für die verkaufte Option („Risikolevel 1“) übersteigt den Preis der gekauften Option („Risikolevel 2“), weil diese einen niedrigeren Ausübungspreis hat als die verkaufte Option. Fällt während des Handelsmonats der Basiswert nicht unter den Ausübungspreis der verkauften Option („Risikolevel 1“), so verbleibt die Differenz als Gewinn. Fällt hingegen während des Handelsmonats der Basiswert unter den Ausübungspreis der verkauften Option, so entsteht ein Verlust, welcher durch die gekaufte Option („Risikolevel 2“) mit dem Totalverlust des eingesetzten Kapitals begrenzt wird. Die Höhe des Verlusts bestimmt sich danach, wie weit der Basispreis der verkauften Option unter den Ausübungspreis fällt, bevor die verkaufte Option (verlustbringend) zurückgekauft („die Position aufgelöst“) werden kann.

Die Kursschwankungen des Basiswerts werden als Volatilität bezeichnet. Entsprechend der Volatilität wird der Ausübungspreis der verkauften Option („Risikolevel 1“) durch ein von Univ.‑Prof. Dr. L***** (in weiterer Folge: Finanzexperte der Beklagten) entwickeltes Computer-programm der Beklagten, welches Daten des „S & P 500“ seit 1957 enthält, vorgeschlagen. Eine Gefahr für Verluste besteht immer dann, wenn die Volatilität des „S & P 500“ „in eine höhere Stufe springt“ oder es zu einem nicht kontinuierlich fallenden Kursverlauf des „S & P 500“ kommt bzw dessen Kurs massiv einbricht.

Die Beklagte bietet ihren Kunden mehrere Produkte an, welche sich dadurch unterscheiden, wie viel Prozent des der Beklagten zur Verwaltung übertragenen Vermögens im Optionenhandel eingesetzt wird. Die Beklagte investiert die Gelder der Kunden ausschließlich in derartige Optionen oder verwaltet sie als Barvermögen.

Zum Kläger und seinen Informationsquellen:

Der Kläger war im Jahr 2007 Pilot, seine höchste abgeschlossene Schulausbildung war die Matura. Vor seinen Investitionen bei der Beklagten hatte er Mitarbeiteraktien der A***** und Aktien von V*****.

Anfang Mai 2007 wussten der Kläger und mehrere andere Piloten der A***** bereits, dass sie Ende 2007 eine Abfertigung erhalten würden. Davon wusste auch ein Bruder des Finanzexperten der Beklagten, ebenfalls ein Pilot, der ua an den Kläger eine Einladung zu einem „Investors Round Table“ der Beklagten verteilte.

Der Kläger erhielt neben der Einladung eine Präsentationsunterlage der Beklagten und druckte sich ein „fact sheet“ aus dem Internet aus.

Die Präsentationsunterlage weist ua darauf hin, dass die Beklagte Renditen von 15‑20 % pro Jahr erwirtschaftet. Die Beklagte wird als „Alternative Investment“ und im Wesentlichen marktunabhängig geschildert. Das Ziel seien nicht schnelle Kursschwankungen, sondern gleichmäßige, stetig positive Entwicklungen im Rahmen einer hochspekulativen Veranlagung. Die Mindestinvestitionssumme von 100.000 EUR könne in bar oder als Bankgarantie erlegt werden. Auf Basis des Investments werde mit kurzfristigen (1‑2 Monats‑)Optionen auf den „S & P 500“ gehandelt, wobei monatlich Gewinne bzw Verluste erwirtschaftet würden. Dabei werde durchschnittlich ein Gewinn zwischen 1,5 und 2 % pro Monat erwirtschaftet. Mittels finanzmathematischer Methoden werde ein Prozentsatz ermittelt, von dem es unwahrscheinlich sei, dass der „S & P 500“ in diesem Ausmaß falle. Dort werde ein Risikolevel eingezogen. Falle der „S & P 500“ nicht unter diesen Risikolevel, handle es sich um einen Gewinn bringenden normalen Monat. Verlustmonate werden als „Crashmonate“ bezeichnet und unter dem Schlagwort „Backtest“ dargestellt, dass mit Daten seit 1991 untersucht werde, welche Ergebnisse die Handelsstrategie erwirtschaftet habe. Dabei wird in Wort und graphisch dargestellt, dass der Risikolevel seit Beginn des Tests nur äußerst selten unterschritten worden sei. In einem Crashmonat sei mit einem Verlust zwischen null und 20 % zu rechnen. Als höchster bis dahin eingetretener Verlust wird - 14 % im Juni 2002 angegeben. Darunter findet sich folgender Satz: „Theoretisch sind, wie bei jeder risikobehafteten Anlageform unter extremen Handelsbedingungen höhere Verluste prinzipiell möglich.“ In einem weiteren Risikohinweis heißt es: „Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist nicht unbedingt ein Hinweis auf die Zukunft und die Anleger bekommen vielleicht nicht ihr gesamtes Kapital zurück. Unter extremen Handelsbedingungen, wie zB vorübergehende oder längere Schließung der Finanzmärkte, sind höhere Verluste prinzipiell möglich. Ein Totalverlust kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Trotz sorgfältiger Ermittlung sind alle Angaben ohne Gewähr“.

Im „fact sheet“ wird die Strategie der Beklagten als „kurzfristiges Option‑Trading auf stabilen Indices“ bezeichnet. Sie sei „hochspekulativ, jedoch durch rigoroses Risikomanagement wird das tatsächliche Risiko konsequent gesteuert“. Sie habe „geringe Volatilität“. Als Ziel der Strategie wird angegeben: „Durchschnittlich 24 % ‑ p.a. netto zusätzlich zur Performance des Wertpapier‑Portfolios“ (Beil ./T).

Der Kläger besuchte am 16. 1. 2007 einen Termin der Beklagten, an dem lediglich Piloten teilnahmen. Der Finanzexperte der Beklagten präsentierte deren Handelsstrategie der Beklagten anhand der bereits dargestellten Präsentationsunterlage. Er stellte diese Strategie als finanzmathematisches Modell mit Risikoschranken vor. Er erklärte den Teilnehmern, dass die Handelsstrategie mit den relativen Bewegungen des „S & P 500“ arbeite und mit einem Computerprogramm ein Limit errechnet werde, zu dem eine Option gekauft werde. Zur Absicherung gegen theoretische Verlustmöglichkeiten werde auch eine zweite Option gekauft.

Die genaue Funktionsweise einer Option und das mit Optionen prinzipiell verbundene Verlustrisiko wurde nicht erklärt.

Den Teilnehmern wurde erklärt, dass durch das strikte Risikomanagement in der Handelsstrategie der Verlust auf 15‑20 % begrenzt werden konnte. Der Finanzexperte der Beklagten erklärte den Teilnehmern auch, dass ein Totalverlust möglich sei, wenn an der Börse nicht gehandelt werden könne. Zu einem derartigen Aussetzen des Börsehandels könne es bei Naturkatastrophen kommen. Dass Totalverluste auch durch eine Börsenkrise ohne Naturkatastrophe ausgelöst werden können, wurde nicht erwähnt.

Den Teilnehmern wurde erklärt, dass die Handelsstrategie für sie solange durchgeführt werde, solange sie diese nicht selbst stoppen. Daneben habe die Beklagte die Möglichkeit, nicht zu handeln, wenn die Situation zu gefährlich sei.

Insgesamt war der Eindruck des Klägers aus seinen Informationsquellen, dass die Beklagte den Handel aussetze, wenn es zu gefährlich werde. Die Backtest‑Daten aus der Präsentation, die maximale Verluste von 15‑20 % anzeigten, waren für ihn eine Bestätigung, dass das Risikomanagement funktioniere. Dabei war ihm auch bewusst, dass die Zahlen der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft sind. Die Funktionsweise einer Option verstand der Kläger nicht. Er dachte, dass ‑ abseits von Elementarereignissen ‑ der Verlust pro Monat mit 20 % begrenzt sei. Andernfalls hätte er keine Verwaltung seines Geldes im Rahmen der Handelsstrategie der Beklagten gewünscht.

Zu den Vermögensverwaltungsverträgen:

Am 23. 2. 2007 kam der Kläger zur Beklagten und unterzeichnete die für die Vermögensverwaltung notwendigen Formulare, die in seiner Gegenwart vom Geschäftsführer der Beklagten ausgefüllt wurden (erster Vermögensverwaltungsvertrag). Bei dem Termin wurde nichts Inhaltliches mehr über das Produkt gesprochen.

Im Beratungsprotokoll wurde ua eingetragen, dass der Kläger bereit sei, Verluste bis zu 100 % zu akzeptieren. Die Risikobereitschaft war bereits mit „hochspekulativ“ vorausgefüllt. Es wurde angekreuzt, dass der Kunde nach eingehender Belehrung die Veranlagung des gesamten Depotwerts „als nicht für die Vorsorge und sonstige Zwecke benötigten Vermögensanteil in hoch spekulative Vermögensverwaltung“ akzeptiert. In danach folgenden fettgedruckten Risikohinweisen wird ausgeführt, dass die Veranlagung in das Produkt der Beklagten hoch riskant sei. Danach wird die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen.

Zur Möglichkeit von Verlusten bis 100 % wurde gesprochen, dass dies eine gesetzliche Vorgabe sei. Der Kläger verband dies mit dem bei der Präsentation geschilderten Risiko von Elementarereignissen.

Im Vermögensverwaltungsvertrag wurde vereinbart, dass der Kunde das hochspekulative Risiko aufgrund der Veranlagung in Terminkontrakte akzeptiert. Der Kunde bestätigte, über die Möglichkeit des Totalverlusts der im hochspekulativen Anteil gemanagten Gelder aufgeklärt worden zu sein. Vereinbart wurden eine monatliche Managementgebühr von 0,175 % und eine Gewinnbeteiligung von 18 %. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit wurde abermals ausgeschlossen und darauf hingewiesen, dass Wertsteigerungen in der Vergangenheit keine verlässlichen Schlüsse auf die Entwicklung der Veranlagung in der Zukunft zulassen und dass es sich um eine hochriskante Veranlagungsform handle.

In einem Vermögensverwaltungsvertrag, den der Kläger mit seiner Bank abschloss, wird über der Unterschrift des Klägers mit Fettdruck darauf hingewiesen, dass das Verlustrisiko aus Geschäften mit Optionen nicht auf die vom Kunden als Deckung hinterlegten Vermögenswerte beschränkt ist.

Weiters unterzeichnete der Kläger Risikohinweise, in denen er auf die Risken von Investmentfonds hingewiesen wurde. Im Anlegerprofil wurde ein Investitionsbetrag von 100.000 EUR festgelegt.

Am 27. 12. 2007 informierte die Beklagte ihre Kunden, dass sie aufgrund des Wertpapier-aufsichtsgesetzes 2007 ein gesetzlich erweitertes Anlegerprofil unterzeichnen müssten.

Im März 2008 wollte der Kläger weiteres Geld investieren, weshalb er am 7. 3. 2008 wieder Formulare im Büro der Beklagten unterzeichnete: Ein erneutes Anlegerprofil, ein Vermögensverwaltungsvertrag, ein Antrag zur Eröffnung eines Kontos bei einer anderen Bank und Risikohinweise (zweiter Vermögensverwaltungsvertrag).

In dem als „Folgeerhebung“ bezeichneten Anlegerprofil wurde festgehalten, dass der Kläger über hohe Erfahrungen mit Aktien verfüge, weil er bereits drei Transaktionen mit Aktien durchgeführt habe und dass er über hohe Erfahrungen mit Derivaten verfüge, weil er bereits eine Transaktion mit Derivaten durchgeführt habe. Als Risikoneigung wurde „hochspekulativ“ angekreuzt.

Im Vermögensverwaltungsvertrag beauftragte der Kläger die Beklagte, in seinem Namen und auf seine Rechnung „Verfügungen auf dem Konto zu treffen sowie den Kunden im Bereich von Veranlagungen (insbesondere von Optionen, Futures, sonstigen Finanzinstrumenten bzw Investmentfonds, Aktien, Anleihen, Edelmetallkontrakten und von Finanzinstrumenten) bei An‑ und Verkäufen zu vertreten. Dies gemäß der „vereinbarten, ein Totalverlustrisiko bergenden hochspekulativen Marktstrategie“ der Beklagten. Danach wird darauf hingewiesen, dass der Kunde das damit verbundene hochspekulative Risiko (Totalverlustrisiko) aufgrund der Veranlagung in Terminkontrakten bestätige. Abermals wurden Managementgebühr und Gewinnbeteiligung vereinbart. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit wurde ausgeschlossen und die Haftung der Höhe nach auf 1,000.000 EUR beschränkt. Vor der Unterschrift wurde wieder auf die Gefahr eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals und der thesaurierten Gewinne hingewiesen.

In den Kontoeröffnungsunterlagen seiner neuen Bank wurde der Kläger als spekulativer Anleger bezeichnet. Der Kläger erhielt schriftliche Risikohinweise, in denen er ua wieder auf das Risiko des Totalverlusts hingewiesen wurde, nicht aber auf mögliche Nachschusspflichten.

Auch beim Ausfüllen dieses Vermögens-verwaltungsvertrags und der damit verbundenen Unterlagen wurde dem Kläger die Strategie der Beklagten nicht erklärt. Die Dokumente wurden auch nicht im Einzelnen durchgelesen oder dem Kläger erklärt, sondern nur rasch durchgegangen, ehe sie der Kläger unterzeichnete.

Zum eingesetzten Geld:

Im Rahmen der ersten Vermögensverwaltung vom 23. 2. 2007 bezahlte der Kläger der Beklagten ein Agio von 5.360 EUR, weiters wurden ihm eine Managementgebühr und eine Gewinnbeteiligung verrechnet. Bis 16. 5. 2008 erwirtschaftete der Kläger einen Gewinn von 24.149,43 EUR.

Die für die Vermögensverwaltung vom 7. 3. 2008 verwendeten Mittel stellte der Kläger der Beklagten in Form einer Bankgarantie zur Verfügung, wofür er zwei Wertpapierdepots verpfändete, auf denen er seine Abfertigung angelegt hatte. Die Bankgarantie diente zur Besicherung der für die Vermögensverwaltung vom 7. 3. 2008 verwendeten Kreditlinie in der Höhe von 180.000 EUR. Sie wurde mit der Bank für den Zeitraum von 3. 4. 2008 bis 2. 4. 2009 vereinbart, als Zinsen wurden 2,5 % pa über dem LIBOR vereinbart. Für diesen Kredit bezahlte der Kläger jedenfalls 6.000 EUR.

Hätte der Kläger nicht in die Beklagte investiert, wären die Wertpapierdepots unbelastet geblieben. Der Kläger kannte kein anderes Produkt, das eine Möglichkeit wie die Beklagte geboten hätte.

Die Investitionssumme stand per 16. 5. 2008 in Höhe von 175.000 EUR zur Verfügung. In den Handelsmonaten 16. 5. 2008 bis 19. 9. 2008 erwirtschaftete der Kläger der Höhe nach im Einzelnen festgestellte, von ihm nicht entnommene Gewinne, die Beklagte verrechnete die im Einzelnen festgestellten Managementgebühren und Gewinnbeteiligungen. Der Gesamtdepotwert steigerte sich von 175.000 EUR am 16. 5. 2008 auf 184.496,87 EUR am 19. 9. 2008.

Im Handelsmonat vom 19. 9. 2008 bis 10. 10. 2008 erlitt der Kläger einen Verlust von 86.411,23 EUR. Dadurch verringerte sich der Gesamtdepotwert auf 88.588,77 EUR. Die Beklagte verrechnete in diesem Monat weder Managementgebühren noch Gewinnbeteiligung.

Der Kläger begehrt ‑ nach in Rechtskraft erwachsener Abweisung eines Teilbetrags von 3.065,82 EUR sA im ersten Rechtsgang ‑ noch die Zahlung von 91.771,23 EUR sA an Schadenersatz. Der Kläger habe zwischen dem 18. 9. 2008 und dem 10. 10. 2008 einen Verlust in Höhe des Klagebetrags erlitten. Darüber hinaus habe er ein Agio von 5.360 EUR bezahlt. Für die Bankgarantie über 175.000 EUR habe der Kläger 6.000 EUR aufgewendet. Die durch die Anlagestrategie erzielten Gewinne seien thesauriert worden und daher vom Verlust umfasst. Der Gewinn aus dem ersten Vermögensverwaltungsvertrag sei bei der Schadensberechnung nicht zu berücksichtigen. Sollte er aber berücksichtigt werden, seien die vom Kläger bezahlten Managementgebühren und Gewinnbeteiligungen abzuziehen.

Für den eingetretenen Schaden hafte die Beklagte einerseits infolge der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Die Beklagte habe den Kläger nicht wahrheitsgemäß über das tatsächliche Risiko der von ihr verfolgten Handelsstrategie aufgeklärt und ihn darüber auch getäuscht. Sie habe insbesondere betont, dass das von ihr verfolgte und mit wissenschaftlichen Methoden begründete Risikomanagement höhere Verluste als 15 % in einem „Crashmonat“ vermeide. Mit darüber hinausgehenden Verlusten sei nur bei vollständigem Erliegen des Börsenhandels wegen Elementarereignissen zu rechnen. Tatsächlich könne die Handelsstrategie der Beklagten aber in Zeiten von hoher Volatilität binnen weniger Stunden zu sehr hohen Verlusten bis zu einem Totalverlust führen, dies unabhängig von Elementarereignissen. Bei einer wahrheitsgemäßen Aufklärung über das Risiko hätte der Kläger die Vermögensverwaltungsverträge nicht abgeschlossen.

Andererseits hafte die Beklagte auch infolge der fehlerhaften Abwicklung der Vermögensverwaltung für die eingetretenen Verluste, und zwar für das Erfüllungsinteresse. Die Volatilität der Optionen auf den „S & P 500“ sei nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers Inc am 15. 9. 2008 fast auf das Doppelte des Maximalwerts der gesamten Periode davor angestiegen. Das Verlustrisiko beim Handel mit diesen Optionen sei nicht mehr einschätzbar gewesen. Ein professioneller Marktteilnehmer an Stelle der Beklagten hätte in einem derartigen Marktumfeld den Handel ausgesetzt. Dies hätte schon ausgereicht, um die beim Kläger eingetretenen Verluste zu vermeiden. Dessen ungeachtet sei die Beklagte am 18. 9. 2008 aber wieder Positionen eingegangen und habe überdies den Risikoabstand zum „S & P 500“ zu gering gewählt, weshalb es bereits am 6. 10. 2008 zu weit höheren Verlusten gekommen sei, als von der Beklagten als möglich geschildert. Aber auch am 6. 10. 2008 sei die Beklagte ‑ entgegen dem Verhalten eines professionellen Marktteilnehmers ‑ neuerlich Optionen eingegangen, obwohl die Volatilität im damaligen Marktumfeld dafür zu hoch gewesen sei. Außerdem habe die nur kurze Restlaufzeit bis zum Ende der Handelsperiode am dritten Freitag im Oktober 2008 das Risiko noch weiter erhöht. Erst nachdem ein Großteil des eingesetzten Vermögens in nur vier Tagen verlorengegangen sei, habe die Beklagte den Handel ausgesetzt.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass sie die von ihr verfolgte Handelsstrategie dem Kläger gegenüber als hochspekulativ dargestellt und auf das Risiko des Totalverlusts hingewiesen habe. Sie habe nie suggeriert, dass die Verluste mit 15 % bzw 20 % begrenzt seien. Der Kläger sei ein risikofreudiger Anleger. Er habe ein Vermögen von 875.000 EUR angegeben, davon habe er rund 20 %, daher 175.000 EUR, investiert. Ihm seien die mit der Handelsstrategie der Beklagten verbundenen Risken bekannt gewesen, er habe sich wegen der Möglichkeit hoher Renditen für das Investment entschieden. Der Kläger habe auch in den Beratungsprotokollen und Anlegerprofilen angegeben, dass seine Risikobereitschaft auf hochspekulative Veranlagungen ausgelegt sei. Das ihm offengelegte Risiko habe sich im Herbst 2008 verwirklicht, dadurch könne er sich nicht als beschwert erachten.

Die Beklagte habe mit dem Kläger einen Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit vereinbart.

Den Kläger treffe das überwiegende Mitverschulden am eingetretenen Schaden. Obwohl die Finanzmärkte bereits 2007 unruhig waren und der Kläger bereits im August 2007 bedeutende Verluste bei der Beklagten habe hinnehmen müssen, habe er sich noch im März 2008 abermals bewusst für die spekulative und riskante Veranlagung entschieden. Darüber hinaus sei jedem Anleger klar, dass höhere Gewinnchancen ‑ wie etwa 20 % netto im Jahr ‑ mit einem höheren Risiko verbunden seien und insbesondere Optionenhandel risikoträchtig sei. Der Kläger hätte im September 2008, nach Bekanntwerden der Lehman‑Insolvenz, gemäß den Vereinbarungen im Vermögensverwaltungsvertrag einen Handelsstopp gegenüber der Beklagten anordnen können, habe dies jedoch in Erwartung hoher Renditen unterlassen. Auch hätte der Kläger die schriftlichen Unterlagen lesen müssen.

Die Beklagte habe das vereinbarte Handelsprogramm vertragsgemäß umgesetzt, sie habe sich weder auftragswidrig verhalten noch eine Vollmacht überschritten. Die turbulenten Marktverhältnisse im Herbst 2008 seien für niemanden, auch nicht für die Beklagte, vorhersehbar gewesen. Die im August 2008 für den Kläger gehandelten Optionen seien am dritten Freitag im September 2008 gewinnbringend ausgelaufen, sodass sie nicht verlustbringend zurückgekauft werden mussten. Strategiekonform sei für den Zeitraum bis zum dritten Freitag im Oktober 2008 (17. 10. 2008) ein neuer Handelsmonat eröffnet und mit neuen Optionen gehandelt worden. Bis zum 9. 10. 2008 habe es sich um ein Marktumfeld gehandelt, das auch bereits in der Vergangenheit vorgelegen sei. Durch die Anpassung des Risikoabstands sei das Verlustrisiko immer gleich hoch gewesen. Erst das Marktumfeld nach dem 9. 10. 2008 sei dann überraschend und unvorhersehbar gewesen, wobei es sich um einen „Super‑GAU“ an den internationalen Finanzmärkten gehandelt habe.

Der Kläger hätte das eingegangene Risiko auch bei einer Alternativveranlagung in Kauf genommen und bei dieser denselben Verlust erlitten.

Der dem Kläger im Rahmen des zweiten Vermögensverwaltungsvertrags entstandene Schaden von 86.411,23 EUR sei um die vom Kläger seit 2007 erzielten Gewinne zu reduzieren. Dem Kläger sei aus der Veranlagung insgesamt nur ein Schaden in Höhe von 64.439,34 EUR entstanden.

Die Beklagte wandte eine Gegenforderung von 27.637,13 EUR im Weg der Aufrechnung gegen das Klagebegehren ein. In dieser Höhe habe der Kläger mit seinen ersten Investitionen Gewinne erzielt, die gegen allfällige Schäden aufrechenbar seien.

Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang aus, dass die Klageforderung mit 91.771,23 EUR zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 91.771,23 EUR samt Zinsen. Der Beklagten sei beim Abschluss des zweiten Vermögensverwaltungsvertrags eine Fehlberatung des Klägers in Bezug auf die Risikogeneigtheit der Vermögensverwaltung vorzuwerfen. Es bedürfe daher keiner weiteren Auseinandersetzung mit der weiteren geltend gemachten Anspruchsgrundlage der behaupteten fehlerhaften Vermögensverwaltung. Die Beklagte habe als Wertpapierfirma die ihr gegenüber dem Kläger obliegenden Aufklärungspflichten gröblich verletzt. Sie habe die prinzipielle Natur von Optionen und die damit verbundene mögliche Nachschusspflicht verschwiegen und das im Rahmen ihrer Handelsstrategie prinzipiell bestehende Totalverlustrisiko verharmlost, indem sie die Möglichkeit eines Totalverlusts mit Terroranschlägen und Elementarereignissen in Verbindung gebracht habe. Die Darstellung der Anlagestrategie durch die Beklagte vermittle zahlreiche Merkmale der Sicherheit, wie etwa die Verwendung eines von einem Universitätsprofessor für Finanzmathematik entwickelten Computerprogramms und der Verweis auf konsequentes Risikomanagement. Daneben enthielten die Vertrags‑ und Präsentationsunterlagen der Beklagten zwar an mehreren Stellen das Wort „Totalverlust“, ohne jedoch zu konkretisieren, worin dieses Risiko ‑ trotz der zahlreichen Sicherheitsmerkmale ‑ denn eigentlich bestehe. Die Bezugnahme auf Elementarereignisse zur Konkretisierung der Gefahr des Totalverlusts ‑ ohne zu erwähnen, dass das ganz allgemeine und immer bestehende Börsenrisiko genauso gefährlich sei ‑ sei irreführend und entspreche nicht einer ordnungsgemäßen Aufklärung über die Risikoträchtigkeit. Die vor Abschluss des zweiten Vermögensverwaltungsvertrags erfolgte Aufklärung entspreche nicht den Anforderungen des Eignungstests iSd § 44 WAG 2007. Der Kläger sei bereits durch die Vornahme der von ihm nicht gewünschten Geldanlage geschädigt. Da es, wäre der Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt worden, zu keiner Alternativanlage gekommen wäre, sei der Kläger so zu stellen wie er ohne die bei der Beklagten durchgeführte Veranlagung stünde. Die Beklagte habe daher dem Kläger den im Zusammenhang mit dem zweiten Vermögensverwaltungsvertrag entstandenen Schaden zu ersetzen. Die aus der ersten Vermögensverwaltung erzielten Gewinne seien hingegen nicht zu berücksichtigen, sodass auch die Gegenforderung der Beklagten nicht berechtigt sei. Den Kläger treffe kein Mitverschulden, weil er kein erfahrener Anleger gewesen sei und nach einer Beratung wie im vorliegenden Fall dem Wort „Totalverlust“ beim Investment in eine auf Optionen aufbauende Handelsstrategie nicht die richtige Bedeutung zumessen habe können. Auch für die Anwendung einer Schadensminderungspflicht bestehe kein Raum.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung teilweise Folge.

Es hob die Entscheidung des Erstgerichts im Umfang eines Zuspruchs von 6.000 EUR sA sowie im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach nicht aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Im Übrigen, im Umfang des Klagebegehrens von 85.771,23 EUR sA, änderte es das angefochtene Urteil des Erstgerichts ab und sprach mit Teilurteil aus, dass die Klageforderung in Höhe von 67.621,80 EUR zu Recht, hingegen die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Es sprach dem Kläger 67.621,80 EUR samt Zinsen zu. Hingegen wies es das Mehrbegehren von 18.149,43 EUR ab. Im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens erwuchs das Teilurteil des Berufungsgerichts als unangefochten in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Beklagten ein Aufklärungsfehler vorzuwerfen sei. Der Finanzexperte der Beklagten sei dem Kläger gegenüber als kompetenter Fachmann und Entwickler der für Laien sehr komplizierten und in ihrer Funktionsweise nur schwer zu begreifenden Anlagestrategie der Beklagten aufgetreten. Der Kläger habe dessen Äußerungen als redlicher, laienhafter Erklärungsempfänger dahin verstehen dürfen, dass nicht bloß ein völliger Totalverlust selbst, sondern auch ein zwischen 20 % und einem Totalverlust liegender Verlust ausschließlich dann möglich sei, wenn es zu einer Schließung der Börse (der USA) wegen physisch nicht beherrschbarer Ereignisse komme. Gegenüber der schriftlichen Präsentation sei der mündliche Vortrag im Vordergrund gestanden. Der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss komme nicht zum Tragen, weil der Beklagten, die das tatsächliche Anlagerisiko gegenüber einem laienhaften Adressatenkreis auch mündlich unmissverständlich hätte darstellen müssen, grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Der Kläger habe sich auf die ihm gegebenen mündlichen Informationen verlassen dürfen, sodass ihm der Umstand, dass er sich mit den schriftlichen Unterlagen nicht angemessen auseinandergesetzt habe, nicht als Mitverschulden anzulasten sei.

Bei der Berechnung des Schadens sei jedoch auch der vom Kläger bis zum 16. 5. 2008 erzielte Gewinn von 24.149,43 EUR als schadensmindernder Vorteil anzurechnen, weil der Kläger bei fehlerfreier Anlageberatung bereits den ersten Vermögensverwaltungsvertrag nicht abgeschlossen hätte. Zutreffend habe das Erstgericht auch das vom Kläger bezahlte Agio von 5.360 EUR berücksichtigt, sodass sich der Differenzschaden des Klägers in Höhe von 67.621,80 EUR errechne.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Gegen dieses Teilurteil ‑ und zwar sowohl gegen den Zuspruch von 67.621,80 EUR sA, als auch „gegen die Zurückverweisung an das Erstgericht in Ansehung eines Betrags von 6.000 EUR sA“ ‑ richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten.

In der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Beantwortung der Revision beantragt der Kläger die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.

I. Das Berufungsgericht hat nicht ausgesprochen, dass der Rekurs gegen den von ihm gefassten Aufhebungsbeschluss zulässig ist. Das ungeachtet seiner Bezeichnung in diesem Umfang als Rekurs zu behandelnde Rechtsmittel ist daher gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0043898). Ein inhaltliches Eingehen auf den vom Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts betroffenen Teil des Klagebegehrens ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt.

Rechtliche Beurteilung

II. Im Übrigen ‑ daher im Umfang eines Zuspruchs von 67.621,80 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 mit dem angefochtenen Teilurteil ‑ ist die Revision zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens:

1.1 Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RIS‑Justiz RS0041835). Dass im bloßen Begehren nach dem „gänzlichen Entfall“ einer Feststellung keine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge liegt, steht damit im Einklang und entspricht der ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0041835 [T3]; zuletzt 6 Ob 221/13p; 9 ObA 73/14x). Die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor.

1.2 Das Berufungsgericht hat das Vorliegen des bereits in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangels (Verstoß gegen § 281a ZPO) inhaltlich behandelt und ausdrücklich verneint. Behauptete und vom Berufungsgericht verneinte Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

2. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt ‑ wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat ‑ nicht vor.

Eine Aktenwidrigkeit besteht ausschließlich in einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und der Zugrundelegung und Wiedergabe desselben durch das Berufungsgericht andererseits (RIS‑Justiz RS0043284; RS0043347). Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass der Finanzexperte der Beklagten, ein Universitätsprofessor für Finanzmathematik, gegenüber dem Kläger als kompetenter Fachmann und Entwickler der für Laien sehr komplizierten und in ihrer Funktionsweise nur schwer zu begreifenden Anlagestrategie auftrat, finden im Wesentlichen schon im Vorbringen der Beklagten selbst eine hinreichende Grundlage, wonach ihre Handelsstrategie auf Grundlage eines vom genannten Universitätsprofessor entwickelten Computer-programms berechnet werde. Dazu ist im Übrigen auch auf die Feststellungen über die Präsentation der Strategie der Beklagten auf einer von ihr ausgerichteten Veranstaltung durch ihren Finanzexperten zu verweisen, die für sich schon die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts über die maßgebende Rolle und die Zurechenbarkeit seiner Erklärungen rechtfertigen.

3. Zur Anspruchsgrundlage der fehlerhaften Beratung und Aufklärung des Klägers vor Abschluss der Vermögensverwaltungsverträge:

3.1 Die Beklagte bestreitet die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen nicht mehr, dass sie gegenüber dem Kläger ihre vorvertraglichen Aufklärungs‑ und Beratungspflichten verletzt hat. Davon ist daher im Revisionsverfahren auszugehen.

Sie macht jedoch geltend, dass ihr ‑ wenn überhaupt ein Verschulden ‑ bloß leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, sodass der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss zum Tragen komme. Dem kommt keine Berechtigung zu. Der der Beklagten von den Vorinstanzen angelastete Vorwurf der Fehlberatung knüpft an das von der Beklagten zu verantwortende Auseinanderklaffen zwischen den dem Kläger vorgelegten schriftlichen Unterlagen und den darin enthaltenen Risikohinweisen einerseits, und andererseits an die mündliche Beratung des Klägers, durch die diese Risikoweise völlig relativiert wurde, an. Die Beklagte vermittelte ‑ wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben ‑ durch das Auftreten ihres finanzmathematischen Experten und Entwicklers des Computerprogramms und seinen mündlichen Vortrag beim Kläger den Eindruck, dass das von ihr vorgeschlagene Risikomanagement ‑ beruhend auf wissenschaftlichen Methoden ‑ Verluste von mehr als 20 % tatsächlich ‑ abgesehen von Elementarereignissen ‑ vermeiden könne. Das Wesen einer Option und das mit ihr verbundene hohe Risiko wurde dem Kläger überhaupt nicht erklärt. Der in der Revision erhobene Einwand, der Finanzexperte der Beklagten habe aufgrund der dem Kläger übergebenen schriftlichen Unterlagen und des Umstands, dass eine Mindestinvestitionssumme von 100.000 EUR vorgesehen war, davon ausgehen dürfen, dass seine mündlichen Ausführungen zum Investitionsrisiko durch den Kläger nicht missverstanden werden, überzeugt angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den schriftlichen Risikohinweisen und den festgestellten Erklärungen des Finanzexperten nicht, wozu noch kommt, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber den schriftlichen Hinweis auf Verluste bis 100 % mit einer gesetzlichen Vorgabe erklärte.

Dass die Vorinstanzen der Beklagten grobe Fahrlässigkeit angelastet haben, ist daher nicht zu beanstanden.

3.2 Zutreffend rügt die Revisionswerberin aber die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass den Kläger kein Mitverschulden am Scheitern seiner Veranlagung treffe.

Das Mitverschulden des Geschädigten an der Herbeiführung seines eigenen Schadens iSd § 1304 ABGB setzt die Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern voraus (RIS‑Justiz RS0032045; zu Fällen des Mitverschuldens bei unrichtiger Anlageberatung vgl RIS‑Justiz RS0102779).

Zu Recht macht die Beklagte dazu geltend, dass der Kläger bei gehöriger Sorgfalt die das Risiko relativierenden mündlichen Erklärungen des Finanzexperten der Beklagten nicht einfach ignorieren hätte dürfen. Dies gilt umso mehr angesichts der ihm in Aussicht gestellten überaus hohen Gewinnerwartungen, die ebenfalls Anlass hätten sein müssen, das mit der Anlage verbundene Risiko zu hinterfragen (5 Ob 246/11d; 3 Ob 49/12w; RIS‑Justiz RS0078931 [T6]). Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger von einem Renditeziel von 20 % jährlich (!), ausging. Eine solche Renditeerwartung findet sich in den dem Kläger zur Verfügung stehenden schriftlichen Unterlagen, insbesondere auch in der Präsentation der Beklagten, anhand deren der Finanzexperte der Beklagten deren Handelsstrategie präsentierte. In dieser Präsentation wird auch angegeben, dass ein Gewinn von durchschnittlich zwischen 1,5 % und 2 % netto pro Monat erwirtschaftet werde. Der Kläger hat diese sehr hohen Gewinnerwartungen nicht hinterfragt, sondern sich mit der Erklärung begnügt, dass der allenfalls drohende Verlust ‑ abseits von Elementarereignissen ‑ mit 20 % pro Monat begrenzt sei. Vor dem Hintergrund der ‑ auch bezogen auf das Jahr 2007 ‑ sehr hohen Renditeerwartung und den in den schriftlichen Unterlagen enthaltenen zahlreichen Hinweisen auf die mit der Veranlagung verbundenen großen Gefahren ‑ etwa auch auf den im (ersten) Vermögensverwaltungsvertrag mit der Bank des Klägers im Fettdruck enthaltenen Hinweises auf die Gefahr einer über das eingesetzte Kapital hinausgehenden Nachschusspflicht ‑ wäre er aber im konkreten Fall zu entsprechender Nachfrage gehalten gewesen.

Auch vor Abschluss des zweiten Vermögensverwaltungsvertrags, nachdem der Kläger bei einem eingesetzten Kapital von 100.000 EUR im Lauf von knapp mehr als einem Jahr einen Gewinn von 24.149,43 EUR erzielt hatte (das entspricht rein rechnerisch einer Rendite von etwa 20 % jährlich), hinterfragte der Kläger das mit der Veranlagung verbundene Risiko ‑ trotz der in den schriftlichen Unterlagen enthaltenen Hinweise auf deren hochspekulativen Charakter ‑ nicht nur nicht, sondern erhöhte das eingesetzte Investitionskapital sogar auf 175.000 EUR.

Die beträchtliche Sorglosigkeit des Klägers, der entsprechend seiner Ausbildung und seinen ‑ wenn auch geringen ‑ Vorerfahrungen mit Wertpapiergeschäften zumindest grundsätzliche Kenntnisse von deren Risikoträchtigkeit haben musste, rechtfertigt unter Berücksichtigung des Umstands, dass er für eine außerordentlich hohe Gewinnerwartung die besonders hochspekulative und riskante Veranlagungsform des Handels mit Optionen (vgl RIS‑Justiz RS0027769 mwH) gewählt hat, im konkreten Fall die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers von 50 % (vgl 5 Ob 106/05g).

Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsbeantwortung, dass die Beklagte die Back‑Test‑Daten absichtlich manipuliert habe und der Kläger über das tatsächliche Risiko der Strategie getäuscht worden sei, finden in den ‑ auch diese Daten betreffenden, aber vom Kläger in der Berufungsbeantwortung nicht angefochtenen -Feststellungen des Erstgerichts keine Grundlage, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

3.3 Die den Gegenstand des Revisionsverfahrens befindliche Ersatzforderung des Klägers erweist sich daher nur zur Hälfte als berechtigt.

3.4 Gegen den Ausspruch des Berufungsgerichts, dass die von der Beklagten eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht besteht, wendet sich die Revisionswerberin nicht, sodass darauf ebenfalls nicht mehr einzugehen ist.

4.1 Dass sich der Kläger ‑ wie er in der Revisionsbeantwortung ausführt ‑ auch auf die Haftung der Beklagten wegen sorgfaltswidriger Vermögensverwaltung gestützt hat, trifft zu. Dazu hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass die geltend gemachten Ansprüche auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung (Vertrauensschaden; RIS‑Justiz RS0125829) und auf Schadenersatz wegen sorgfaltswidriger Durchführung der vereinbarten Anlagestrategie (Erfüllungsinteresse; 9 Ob 85/09d; 1 Ob 181/11s) einander ausschließen. Darauf und auf den Umstand, dass diese Ansprüche auf unterschiedlichen Grundlagen beruhen und unterschiedliche Ziele verfolgen, geht der Kläger mit keinem Wort ein. Vor allem aber hat er den Umstand, dass das Erstgericht ihm in beiden Rechtsgängen Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung zugesprochen hat, im jeweiligen Berufungsverfahren in keiner Weise in Frage gestellt (dazu wäre er vor allem im ersten Rechtsgang verhalten gewesen, in dem das Erstgericht einen Teil seiner Ansprüche abgewiesen hat). Und auch das nun angefochtenen Berufungsurteil, in dem abermals (ausdrücklich) nur mehr der Anspruch auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung geprüft wurde, blieb in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 18.149,43 EUR unbekämpft.

5. Im Ergebnis erweist sich daher die Revision als teilweise berechtigt, sodass die angefochtene Entscheidung wie im Spruch ersichtlich abzuändern war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO, weil das Berufungsgericht in seinem Teilurteil die Kostenentscheidung der Endentscheidung gemäß § 52 Abs 2 ZPO vorbehalten hat.

Stichworte