OGH 9ObA25/15i

OGH9ObA25/15i29.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und Mag. Regina Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei ***** M*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien, wegen 9.967,62 EUR sA (Revisionsinteresse: 5.000 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. November 2014, GZ 10 Ra 79/14g‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00025.15I.0429.000

 

Spruch:

I. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

I. Der Beklagte ist der Ansicht, dass die mit ihm von der Klägerin, einem Mobilfunkunternehmen, vereinbarte Konkurrenzklausel mangels eines beeinträchtigten geschäftlichen Interesses der Klägerin unwirksam sei. Jedenfalls sei die von den Vorinstanzen bereits gemäßigte Konventionalstrafe immer noch überhöht. Damit zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Gemäß § 36 Abs 1 Z 3 AngG ist eine Vereinbarung, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird (Konkurrenzklausel), nur insoweit wirksam, als ‑ neben den nicht revisionsgegenständlichen Voraussetzungen der Z 1 und 2 ‑ die Beschränkung nicht nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Dienstgeber an ihrer Einhaltung hat, eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Angestellten enthält.

Da die Bestimmung die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Konkurrenzklausel regelt, kann im Rahmen der Prüfung, ob die Klausel rechtswirksam vereinbart wurde, nur auf zum Zeitpunkt der Vereinbarung vorliegende Umstände Bedacht genommen werden, nicht aber auf solche, die erst zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung durch den Dienstnehmer gegeben sind. Das gegen die Wirksamkeit der Klausel ins Treffen geführte Argument des Beklagten, dass kein bezifferbarer oder auch nur grob abschätzbarer Vermögensschaden entstanden sei, ist in diesem Zusammenhang daher nicht zielführend. Es stünde überdies mit der Rechtsprechung in Widerspruch, dass eine Konkurrenzklausel auch dann nicht entfällt, wenn dem Dienstgeber durch deren Verletzung kein fassbarer Schaden erwachsen ist, weil sie auch der Verstärkung und Befestigung der Verpflichtung dienen soll (vgl RIS‑Justiz RS0029839).

Ein ‑ vom Beklagten bezweifeltes - geschäftliches Interesse der Klägerin ist dann anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass sie durch den Wechsel des Beklagten zu einem anderen Dienstgeber in ihrem Erwerbsinteresse geschädigt werden könnte (s RIS‑Justiz RS0029952 und Resch in Löschnigg , AngG 9 § 36 Rz 44), oder allgemeiner gefasst: wenn sich ein Wechsel des Dienstnehmers nachteilig auf die die konkrete unternehmerische Tätigkeit berührenden Interessen des aktuellen Dienstgebers auswirken kann, sei es durch einen wirtschaftlichen Nachteil im Allgemeinen, durch die Gefahr des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, des Verlusts von Kunden, des Verlusts von Marktanteilen oä (s Reissner in ZellKomm 2 § 36 AngG Rz 85; ders , Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel [1996] 215).

Im vorliegenden Fall war der Beklagte im Bereich „Planning“ mit Planungs‑ und Konfigurationsvorgaben sowohl von technischer als auch kaufmännischer Seite befasst und hatte beim „Engineering“ die technische Abnahme und Integration von neuen Netzelementen inne. Dass das Berufungsgericht im Rahmen der Abwägung der Interessen der Streitteile im Ergebnis ein nicht zu vernachlässigendes Bedürfnis der Klägerin nach einem Schutz vor einem Know‑How‑Transfer des Beklagten sah, ist vertretbar, zumal die Konkurrenzsituation im Geschäftsfeld des Mobilfunks stark ausgeprägt ist (vgl Reissner , Konkurrenzklausel 217) und es sich beim Beklagten auch um keinen geringqualifizierten Arbeitnehmer (s RIS‑Justiz RS0106483) handelte.

2. Konventionsalstrafen unterliegen nach § 38 AngG dem richterlichen Mäßigungsrecht. Die Ausmessung der Konventionalstrafe im Einzelfall begründet nach ständiger Rechtsprechung keine erhebliche Rechtsfrage, deren Lösung die Zulässigkeit einer Revision begründen könnte (zB 9 ObA 110/12k, 9 ObA 70/13d).

Dass kein oder nur ein geringfügiger Schaden eingetreten ist, stellt zwar ein besonders gewichtiges Mäßigungskriterium dar (RIS‑Justiz RS0029967 [T5]), führt aber nicht automatisch zu einem Wegfall der Konventionalstrafe, weil im Rahmen der Interessenabwägung etwa auch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Dienstnehmers, Art und Ausmaß seines Verschuldens und die Umstände des Vertragsbruchs zu berücksichtigen sind (vgl RIS‑Justiz RS0029967). Dass der Klägerin kein wirtschaftlich fassbarer Schaden entstanden ist, wurde vom Berufungsgericht ohnehin als primäres Mäßigungskriterium herangezogen. Die von ihm vorgenommene Mäßigung der Konventionalstrafe auf knapp eineinhalb Bruttomonatsgehälter (5.000 EUR) ist vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen.

II. Da eine Rechtsmittelbeantwortung nicht freigestellt war, dient die von der Klägerin eingebrachte Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (§ 508a Abs 2 S 2 ZPO; s zB 3 Ob 168/14y).

Stichworte