OGH 9ObA110/12k

OGH9ObA110/12k22.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Claudia Holzmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei k***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Haberl, Dr. Gotthard Huber, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei E***** A*****, vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed, Mag. Michael Medwed, Mag. Johann Sparowitz, Rechtsanwälte in Graz, wegen 2.896,69 EUR sA (Revisionsinteresse), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juli 2012, GZ 11 Ra 46/12g-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte wurde zur Zahlung einer Konventionalstrafe in Höhe eines Monatsentgelts verpflichtet, weil sie bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses (Dienstgeberkündigung) entgegen der vereinbarten Belegrückgabepflicht Rechnungskopien, Auftragsmuster und EDV-Material nicht zurückgestellt, arbeitsbezogene Daten und Aufzeichnungen wie etwa Kundenadressen auf ihrem privaten Handy und in ihrem Notizbuch nicht gelöscht und unmittelbar nach der Kündigung Unterlagen der Klägerin in einem Konkurrenzunternehmen verwendet hatte.

In ihrer Revision meint die Beklagte, es sei ihr mangels Konkurrenzverbot freigestanden, für ein Konkurrenzunternehmen zu arbeiten und dabei auch Kunden des ehemaligen Arbeitgebers abzuwerben. Dies könne nicht durch eine Belegrückgabepflicht pönalisiert werden, weil sonst der Normzweck des § 37 AngG umgangen würde. Dem ist nicht zu folgen. Die Pönalvereinbarung knüpfte nicht an einen Verstoß gegen ein Konkurrenzverbot, sondern an eine Verletzung der Pflicht zur Rückgabe bestimmter Unterlagen und Daten an, womit sich ein Arbeitgeber vor deren nachvertraglicher Weiterverwendung durch den Arbeitnehmer schützen will. In vergleichbarer Weise unterliegt selbst eine - den Arbeitnehmer in der Regel stärker einschränkende - Geheimhaltungsvereinbarung über echte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht dem Konkurrenzklauselbegriff (RIS-Justiz RS0044166), weil sie den Arbeitnehmer nicht an einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit im Geschäftszweig seines bisherigen Arbeitgebers hindert; sie ist damit in weitergehendem Ausmaß als nach den §§ 36 f AngG zulässig (Reissner in ZellKomm § 36 AngG Rz 50). Eine in der Belegrückgabeverpflichtung begründete ungerechtfertigte Knebelung der Beklagten für ihr wirtschaftliches und soziales Fortkommen ist nicht ersichtlich. Erwägungen zu einer Umgehung des § 37 AngG oder einer Sittenwidrigkeit der Vereinbarung sind insoweit verfehlt.

Auch dem Argument der Beklagten, dass die für die Kundenkontaktaufnahme erforderlichen Daten ohnehin allgemein zugänglich seien, kann nicht nähergetreten werden, ist doch bekannt, dass die Rekonstruktion solcher Daten im Vergleich zu ihrer unmittelbaren Abrufbarkeit wesentlich mühevoller ist und angesichts nicht veröffentlichter Telefonnummern oder e-mail-Adressen oft nicht vollständig gelingen wird. Darüber hinaus war die Beklagte nicht nur zur Rückgabe von Kundenkontaktdaten, sondern des gesamten Schriftverkehrs, von Kundenaufzeichnungen und von Kalkulationsblättern verpflichtet. Dass sie auch deren Inhalt ebenso gut aus dem Gedächtnis, dem Telefonbuch oder dem Internet reproduzieren hätte können, behauptet sie gar nicht. Im Übrigen handelt ein Angestellter, der sich von einem ihm anvertrauten aber ohne Weiteres zugänglichen Geschäftsgeheimnis oder Betriebsgeheimnis durch eine zusätzliche Tätigkeit, zB Abschreiben, dauernde und sichere Kenntnis verschafft, sittenwidrig (RIS-Justiz RS0079617).

Die Ausübung des Mäßigungsrechts kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen, stellt daher regelmäßig keine revisible Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0029967 [T4]). Zur Beurteilung des Berufungsgerichts besteht auch kein Korrekturbedarf, weil es die diesbezüglichen Grundsätze ausführlich und richtig dargestellt und in völlig vertretbarer Weise auf den vorliegenden Fall angewandt hat.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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