OGH 2Ob208/14y

OGH2Ob208/14y23.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Musger, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** KG, *****, vertreten durch Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft in Bregenz, gegen die beklagte Partei b***** AG, *****, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Aufkündigung (Streitwert 45.840,72 EUR sA), über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 17. Juli 2014, GZ 3 R 192/14d-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 15. Mai 2014, GZ 18 C 28/13a‑32, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00208.14Y.0423.000

 

Spruch:

 

Den Rekursen beider Parteien wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.456,72 EUR (darin enthalten 1.122,12 EUR USt und 2.724 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin von Liegenschaften, die ihre Rechtsvorgänger im Jahr 1981 an eine Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Errichtung eines Superädifikats zwecks Betriebs eines Büros, Lagers und Betriebsgebäudes in Bestand gaben. Die Bestandgeber gestatteten der Bestandnehmerin eine gänzliche oder teilweise Unterbestandgabe sowie Weitergabe. Der Bestandvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, bei beidseitiger Kündbarkeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Die Bestandgeber verzichteten auf ihr Kündigungsrecht innerhalb der ersten 30 Jahre nach Vertragsabschluss. Laut Bestandvertrag verbleiben die von der Bestandnehmerin errichteten Anlagen und Baulichkeiten in ihrem Eigentum. Nach Ablauf des Bestandverhältnisses hat die Bestandnehmerin alle Anlagen und Baulichkeiten abzutragen.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war bereits beabsichtigt und bekannt, dass vor Ort ein Baumarktgebäude (als Superädifikat) errichtet werden sollte, was (durch eine Untermieterin) tatsächlich auch realisiert wurde.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 10. 1. 2008 zu 3 C 1041/07w wurde festgestellt, dass dieses Bestandverhältnis bezüglich der Kündigungsmöglichkeiten den Bestimmungen der §§ 30 ff MRG (in der zum 19. 11. 2007 geltenden Fassung) unterliege.

In der Folge verkaufte die Beklagte das Superädifikat an ein drittes Unternehmen zum Nettokaufpreis von 915.684 EUR. Gleichzeitig wurde dieses Unternehmen Untermieterin der Beklagten betreffend die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften. Der Verkauf des Gebäudes und die Untervermietung der Liegenschaft wurden von den Vertragsparteien als Einheit betrachtet. Zuletzt betrug der Untermietzins 3.926,32 EUR netto, während der von der Beklagten an die Klägerin zu zahlende Mietzins 3.271,94 EUR betrug. Die technische Nutzungsdauer des Gebäudes liegt bei 60 Jahren, wenn die notwendigen Sanierungsmaßnahmen regelmäßig durchgeführt werden.

Die Klägerin begehrte die Aufkündigung des Bestandvertrags. Die analoge Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen des MRG auf derartige Bestandverträge werde von der Rechtsprechung unter anderem damit begründet, dass der Superädifiziar deshalb schützenswert sei, weil er bei einer Kündigung des Flächenmietvertrags nicht nur den Verlust der in Bestand genommenen Fläche, sondern auch noch zu befürchten habe, dass er das von ihm errichtete Bauwerk abtragen müsse. Diese Schutzwürdigkeit entfalle im vorliegenden Fall nach Veräußerung des Superädifikats, weil mit der Veräußerung das wirtschaftliche Risiko nicht mehr bei der gekündigten Partei als Bestandnehmerin liege. Das Bestandverhältnis sei daher nunmehr wie eine reine Flächenmiete zu behandeln, worauf die Kündigungsbeschränkungen des MRG nicht anzuwenden seien. Im Übrigen stützte sich die Klägerin auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG, weil die Beklagte aufgrund des überhöhten Kaufpreises für das Superädifikat den Bestandgegenstand um eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwerte.

Die Beklagte wendete ein, die Veräußerung des Superädifikats führe nicht zum Wegfall der Kündigungsschutzbestimmungen. Auch liege keine Verwertung zu einer unverhältnismäßigen Gegenleistung vor. Nach der Rechtsprechung dürfe der Untermietzins den Hauptmietzins um jedenfalls 70 %, nach neuerer Judikatur sogar um 100 % übersteigen. Der Untermietzins sei zunächst gleich hoch wie der Hauptmietzins gewesen und liege erst seit November 2011 um 20 % höher. Der kapitalisierte Wert eines um 50 % höheren Untermietzinses betrage bezogen auf zumindest 29 Restnutzungsjahre 332.700 EUR, um welchen Betrag der Kaufpreis für das Superädifikat auf jeden Fall höher sein dürfe als der Schätzwert.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Beklagte sei von Anfang an berechtigt gewesen, sämtliche Rechte aus dem Bestandvertrag weiterzugeben, somit auch das Recht, ein Superädifikat zu errichten. Tatsächlich sei auch das Gebäude durch eine Untermieterin errichtet worden. Der Bestandvertrag sei somit dahingehend auszulegen, dass die Bestandgeber von Anfang an auch in die Veräußerung des Superädifikats eingewilligt hätten. Die Kündigung des Bestandverhältnisses mit dem Argument, dass kein Kündigungsschutz mehr bestehe, weil es sich in der Zwischenzeit um eine reine Flächenmiete handle, würde daher auch der vertraglichen Vereinbarung widersprechen. Auch liege keine Verwertung zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung vor, denn die Vertragsgestaltung sei von Anfang an dahingehend ausgelegt gewesen, dass die Bestandnehmerin auch gegen einen weit höheren Mietzins als zu einem Aufschlag von 70 % auf den Hauptmietzins untervermieten könne, da sich andernfalls ihre erheblichen Investitionen nicht in einem üblichen zeitlichen Rahmen amortisiert hätten. Weiters entspreche der Kaufpreis dem Verkehrswert des Gebäudes. Es sei nämlich von den tatsächlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums am Superädifikat auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt habe ein unbefristetes und den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG unterliegendes Bestandverhältnis mit einem monatlichen Mietzins von knapp über 3.000 EUR bestanden. Unter diesen Prämissen sei der Verkehrswert des Gebäudes mit 1.153.000 EUR anzusetzen. Aber auch bei Zugrundelegung des reinen Gebäudewerts von 632.000 EUR sei angesichts des geringen Untermietzinses nicht von einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung auszugehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Berufungsgericht zur Frage zulässig, ob der im Wege der Analogie begründete Bestandschutz des Mieters einer Liegenschaft dann wegfalle, wenn er das auf den vermieteten Grundstücken vertragsgemäß zu Geschäftszwecken errichtete Objekt (Superädifikat) veräußere, bzw ob es bei der „unverhältnismäßig hohen Gegenleistung“ nach § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG beim Erwerb des Superädifikats „auf Abriss“ auf den objektiven Wert des Gebäudes oder auf die „subjektive Äquivalenz“ ankomme.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die Beklagte (allein) durch den Verkauf des Superädifikats nicht ihres Kündigungsschutzes nach dem MRG verlustig gegangen sei. Zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG führte das Berufungsgericht aus, dass dem Mieter kein Kündigungsschutz mehr zukomme, wenn der Verkauf des Superädifikats zu einem überhöhten Kaufpreis zu dem Zweck erfolgt sei, eine unverhältnismäßige Untermiete zu umgehen. Zur Klärung der „subjektiven Äquivalenz“, nämlich ob etwa die Miete mit Rücksicht auf eine ansonsten drohende Kündigung niedrig gehalten und zum Ausgleich dafür ein überhöhter Kaufpreis vereinbart worden sei, bedürfte es der ‑ von der Klägerin beantragten ‑ ergänzenden Einvernahme des Vorstands der Beklagten. Die Ablehnung dieses Beweisantrags begründe einen ‑ zur Aufhebung des Ersturteils führenden ‑ primären Verfahrensmangel.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richten sich die Rekurse der Klägerin und der Beklagten (von dieser als „Revisionsrekurs“ bezeichnet), jeweils mit dem (impliziten) Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben sowie in der Sache im Sinne des jeweiligen Urteils- bzw Urteilsgegenantrags zu entscheiden.

Die Klägerin macht ‑ zusammengefasst ‑ geltend, dass das der Mieterin eingeräumte vertragliche Weitergaberecht bereits konsumiert sei. Im Übrigen sei der Erwerb eines Superädifikats zum Zweck des Abrisses desselben und Neubau eines oder mehrerer anderer auf den Bestandsliegenschaften mit der Rechtsnatur eines Superädifikats unvereinbar.

Die Beklagte macht geltend, dass das bloße Vorhaben, ein Superädifikat allenfalls in Zukunft abzubrechen (dies unabhängig davon, dass ein solches konkretes Vorhaben im vorliegenden Fall überhaupt nicht bestanden habe), den Mieterschutz nicht aufhebe. Zum Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG führt die Beklagte aus, dass es nicht auf die subjektiven Wertvorstellungen der Vertragsparteien über den Wert der Gegenleistung, sondern auf deren objektiven Wert ankomme. Das Beweisanbot der Klägerin zu den subjektiven Vorstellungen der Parteien sei daher unerheblich.

Die Parteien beantragen in ihren jeweiligen Rekursbeantwortungen, den Rekurs der Gegenseite zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Die Rekurse sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie sind auch insoweit berechtigt, als zufolge Spruchreife bereits endgültig über das Klagebegehren meritorisch entschieden werden kann, allerdings ‑ im Ergebnis ‑ klageabweislich, sohin im Sinne des (impliziten) Rekursbegehrens der Beklagten. Dies aus folgenden Erwägungen:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Den Bestimmungen des MRG unterliegt der Bestandvertrag über ein Grundstück, auf dem sich ein mit Zustimmung des Grundeigentümers vom Vormieter errichtetes Superädifikat befindet, das nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien der dauernden Wohnraumversorgung oder der geschäftlichen Betätigung des Mieters dienen soll (RIS-Justiz RS0069261). Werden Grundflächen zur Errichtung von Superädifikaten für geschäftliche Zwecke vermietet, sind die Bestimmungen des MRG über den Kündigungsschutz dann analog anzuwenden, wenn der Verwendung der vom Mieter auf den Grundflächen errichteten Geschäftsgebäude für den Gebrauch des gesamten Bestandobjekts selbständige Bedeutung zukommt und diese daher im Verhältnis zur Funktion der unbebauten Grundflächen nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (RIS‑Justiz RS0066883 [T2]).

1.2. Auch die Untervermietung einer Liegenschaft, die wegen eines darauf vom Bestandnehmer errichteten Superädifikats unter die Kündigungsbeschränkungen des MRG fällt, ändert an dessen Anwendbarkeit nichts (1 Ob 588/89, WoBl 1989/73 = JBl 1990, 48). Dies deswegen, weil es nicht in erster Linie um die Verwertung der Mietrechte, sondern um die Verwertung des vom Hauptmieter errichteten Superädifikats geht (Schimetschek in Kletečka/Rechberger/ Zitta, Bauten auf fremdem Grund2, 131).

1.3. Der Entscheidung 5 Ob 144/08z lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem auf Bestandnehmerseite mehrere Rechtsnachfolger eintraten, was die Anwendbarkeit der Kündigungsbeschränkungen des MRG nicht hinderte.

1.4. Die analoge Anwendung der Kündigungsbeschränkungen des MRG auf Grundstücksvermietungen zur Errichtung von Superädifikaten wurde in der Entscheidung 6 Ob 88/05t (JBl 2006, 35 = WoBl 2006/52 [Hausmann]) ‑ unter Bezugnahme auf F. Bydlinski, Superädifikate und Kündigungsschutz, JBl 1984, 241, sowie SZ 57/194, sowie unter Ablehnung der dazu ergangenen kritischen Literaturmeinungen ‑ insbesondere damit begründet, dass eine fehlende Bestandfestigkeit der betreffenden Mietverhältnisse die Unternehmen selbst, die auf eine räumliche Grundlage angewiesen sind, instabil machen und damit permanent die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen und deren besonderen wirtschaftlichen Wert, den die organisatorische Zusammenfassung verschiedener Sachen, Rechte und sonstiger immaterieller Güter zu einem einheitlichen Unternehmen begründet, gefährden würde. Gefährdet wäre auch der Bestand des bisherigen Unternehmens in der Hand des bisherigen Unternehmers und damit dessen Berufsausübung.

1.5. Diese Sichtweise trifft auch hier zu. Dazu kommt im vorliegenden Fall noch der Umstand, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Bestandvertragsparteien von Anfang an dadurch geprägt war, dass die Bestandnehmerin (vertragsgemäß) ihre Vertragsrechte und -pflichten an einen Dritten übertragen hat und das Superädifikat nicht durch sie, sondern durch eine Untermieterin errichtet wurde. Durch den nunmehrigen und von der Klägerin beanstandeten Verkauf des Superädifikats seitens der Beklagten trat daher keine wesentliche Veränderung ihres wirtschaftlichen Risikos ein.

1.6. Die von den Vorinstanzen vertretene Irrelevanz des Verkaufs des Superädifikats für die Anwendung der Kündigungsbeschränkungen des MRG auf den gegenständlichen Bestandvertrag lässt sich auch mit der Parallelwertung des § 153a EO begründen. Danach tritt bei Versteigerung eines Superädifikats der Ersteher in das bestehende Nutzungsverhältnis ein. Der Eigentümer kann das Nutzungsverhältnis nur aus wichtigem Grund kündigen. Nach der Rechtsprechung sind hierauf zumindest die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG analog anzuwenden. Die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG gehen dem § 153a EO als lex specialis vor (Angst in Angst 2, § 153a EO Rz 4).

2. Im Hinblick auf die Ausführung der Klägerin, das der Mieterin eingeräumte vertragliche Weitergaberecht sei bereits konsumiert worden, ist zwar einzuräumen, dass ein im Mietvertrag vom Vermieter zugesichertes Weitergaberecht im Zweifel nicht auf den Nachmann übergeht, sondern durch einmalige Ausnützung konsumiert wird (RIS-Justiz RS0111168), allerdings hat das Berufungsgericht den Bestandvertrag ‑ welcher es der Bestandnehmerin ausdrücklich gestattet, jederzeit alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf einen Dritten zu übertragen ‑ so ausgelegt, dass damit auch eine mehrmalige Untervermietung (gemeint: Weitergabe) gestattet wurde. Diese Vertragsauslegung fügt sich in den Gesamtzusammenhang der zwischen den Parteien praktizierten Vertragsabwicklung und ist nicht zu beanstanden (§ 914 ABGB; § 510 Abs 3 ZPO).

3. Ob sich an dem Ergebnis der Anwendbarkeit der Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG durch den Abriss des Superädifikats etwas ändert, braucht hier nicht untersucht zu werden, da ein derartiger Abriss bislang offensichtlich nicht erfolgte und auch nicht feststeht, dass dies auf Seiten der Beklagten bzw der Unterbestandnehmerin konkret geplant wäre. Dass diese Möglichkeit von Letzterer einmal ins Auge gefasst worden war, ist nicht von Relevanz, zumal es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs ist, rein theoretische Fragen in Form eines Rechtsgutachtens zu lösen (vgl 1 Ob 29/00x).

4.1. Bei Beurteilung der Frage, ob eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG vorliegt, ist der Untermietzins den auf die untervermieteten Räume entfallenden Leistungen des Hauptmieters an den Hauseigentümer gegenüberzustellen. Maßgebend hiefür ist der Zeitpunkt der Aufkündigung. Die dem Untermieter zugute kommenden Investitionen des Hauptmieters sind mit dem Gebrauchswert im Zeitpunkt der Untervermietung zu berücksichtigen, wobei ein den Hauptmietzins einschließlich des zu berücksichtigenden Gebrauchswerts der Investition zuzüglich Verzinsung um mehr als 100 % übersteigender Untermietzins regelmäßig als übermäßig qualifiziert wird (RIS-Justiz RS0070593 [T7]; RS0070620 [T3]). Beim Vergleich von Leistung und Gegenleistung sind der Entgeltzahlung des Untermieters die Summe des Hauptmietzinses (Hauptmietzinsanteils) und sämtlicher vom Hauptmieter gegenüber dem Untermieter erbrachten vermögenswerten Leistungen gegenüberzustellen (RIS-Justiz RS0068242).

4.2. Bei der Beurteilung, ob die Überlassung eines Geschäftsraumes gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung erfolgt ist, haben die Gründe für die Untervermietung außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0068176); ebenso die Gründe für die Unverhältnismäßigkeit (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 30 MRG Rz 36 mwN). Auch bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit des für die Zurverfügungstellung des Mietgegenstands an einen Dritten geforderten Entgelts („Gegenleistung“) muss an die Norm des § 934 ABGB angeknüpft werden (RIS-Justiz RS0018959), welche ein krasses objektives Wertmissverhältnis als Tatbestandsvoraussetzung hat (P. Bydlinski in KBB4 § 934 ABGB Rz 1).

4.3. Damit ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung bereits hinreichend deutlich, dass es im Zusammenhang mit § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG auf das objektive Wertverhältnis und nicht auf die subjektive Absicht der Parteien auf eine äquivalente Gegenleistung ankommt. Der im Zusammenhang mit dieser Frage stehende Beweisantrag der Klägerin ist somit nicht entscheidungsrelevant, sodass der vom Berufungsgericht erkannte Verfahrensmangel des Erstgerichts nicht gegeben ist.

4.4. Zur Beurteilung einer allenfalls unverhältnismäßig hohen Gegenleistung (siehe Pkt 4.1.) ist zu prüfen, ob der Wert des an den Untermieter verkauften Superädifikats maßgeblich hinter dem bezahlten Kaufpreis zurückbleibt, wobei die Differenz als weiterer Untermietzins zu qualifizieren ist. Das Erstgericht hat den Sachwert des Superädifikats mit 632.000 EUR festgestellt, den Wert unter Berücksichtigung des kündigungsgeschützten Bestand-verhältnisses und des monatlichen Bestandzinses im Jahr 2011 von 3.073,57 EUR mit 1.153.000 EUR. Die Klägerin bekämpfte diese Feststellungen in ihrer Berufung (ON 34) und führte aus, unter der Voraussetzung, dass für den Eigentümer (des Superädifikats) eine Nutzungsmöglichkeit der gegenwärtigen Standfläche des Superädifikats samt Umgebungsflächen bestehe, betrage sein Wert 632.000 EUR; ohne Nutzungsmöglichkeit der Standfläche wäre der Wert null.

4.5. Unter Berücksichtigung betriebs-wirtschaftlicher Grundsätze ist der Klägerin zuzugestehen, dass der objektive Nutzen des Superädifikats ohne Nutzungsmöglichkeit der Standfläche, das heißt ohne Vorliegen des gegenständlichen Bestandrechts, null wäre, weil eine Halle mit einer Nutzfläche von mehr als 2.000 m² nicht wie ein Container versetzt werden kann. Der Sachwert des Superädifikats allein ist daher unerheblich, sondern es sind die tatsächlichen Gegebenheiten (aufrechtes Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen) zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall kann aber dahingestellt bleiben, ob der vom Erstgericht unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse festgestellte Wert von 1.153.000 EUR zutreffend ist, weil die Klägerin jedenfalls einen Wert von 632.000 EUR zugesteht. Damit übersteigt der Kaufpreis des Superädifikats dessen (zugestandenen) Wert um 283.684 EUR. Diese Differenz ist als weiterer Untermietzins zu erachten und auf die Restnutzungsdauer des Superädifikats (rund 30 Jahre) aufzuteilen. Denn es ist anzunehmen, dass das unstrittig unbefristete (Beilage ./9) Untermietverhältnis jedenfalls diese Dauer aufweisen wird. Eine kürzere übliche Nutzungsdauer (vgl RIS-Justiz RS0070452 für Investitionen des Unterbestandgebers) ist nicht erkennbar. Daraus ergibt sich ein monatlicher Untermietzins-Zuschlag von (bloß) 788 EUR, sodass dem von der Beklagten an die Klägerin zu zahlenden monatlichen Mietzins von 3.271,94 EUR ein fiktiver Untermietzins von 4.714,32 EUR (3.926,32 + 788) gegenüber zu stellen ist. Damit ist der Tatbestand einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung der Unterbestandnehmerin im Sinn von § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG (noch) nicht erfüllt.

5.1. Da somit ein Eingehen auf die Beweisrüge in der Berufung der Klägerin unterbleiben konnte und es auch nicht der vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten Verfahrensergänzung bedarf (siehe 4.3.), erweist sich die Sache im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils als spruchreif.

5.2. Beiden Rekursen (zur Nichtgeltung des Verbots der reformatio in peius für Rekurse gegen berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse siehe RIS-Justiz RS0043939) war daher Folge zu geben, der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluss aufzuheben und in der Sache selbst das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Auch im Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist die Klägerin im Ergebnis als unterlegen anzusehen, weil endgültig in der Sache selbst im klagsabweisenden Sinn entschieden wurde (vgl 7 Ob 303/05t mwN).

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