European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00244.14K.0122.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die 1991 geschlossene Ehe der Parteien, der zwei minderjährige Kinder entstammen, wurde mit Urteil vom 14. 9. 2012 geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft war am 29. 3. 2009 durch Wegweisung des Antragsgegners aufgehoben worden.
Im Dezember 1999 erwarb der Antragsgegner (kreditfinanziert) eine Liegenschaft samt Haus, in dem er bereits bisher seine Ordination betrieben hatte und das er nachfolgend sanierte und ausbaute. Zur selben Zeit erwarb die Antragstellerin die angrenzende Liegenschaft. Beide Grundstücke bilden in der Natur eine Einheit.
Den Kaufpreis für die von der Antragstellerin erworbene Liegenschaft von 1.535.000 S (111.552,80 EUR) erhielt sie von ihrem Vater geschenkt. Im Frühjahr 2000 begann darauf der Bau des späteren ehelichen Wohnhauses. Ab Herbst 2000 konnten einzelne Räume des neuen Hauses bewohnt werden. Zur Finanzierung der Bauarbeiten nahm die Antragstellerin ein Bauspardarlehen über 1.040.000 S (75.579,75 EUR) auf und ein Wohnbauförderungsdarlehen des Landes über 388.000 S (28.179,06 EUR) in Anspruch. Beide Darlehen wurden im Grundbuch der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt. Die Antragstellerin zog für den Hausbau weiters 570.000 S (41.423,52 EUR) heran, die ihr von ihrem Vater geschenkt wurden. Dieser überwies ihr darüber hinaus im Zeitraum Oktober 2000 bis 2003 insgesamt 680.000 S (49.417,53 EUR), die sie ebenfalls für den Hausbau verwendete. Zur Zahlung der Verputzarbeiten nahm sie im August 2005 ein Darlehen bei der V***** AG auf, für das auf ihrer Liegenschaft ein Höchstbetragspfandrecht über 14.500 EUR einverleibt wurde. Ihr Vater zahlte dieses Darlehen später zurück und übernahm die Forderung dieser Bank.
In der Bauphase des Umbaus des Hauses auf seiner Liegenschaft und der Errichtung des ehelichen Wohnhauses auf der Liegenschaft der Antragstellerin konnte der Antragsgegner viele Zahlungen aus seinen damals verhältnismäßig hohen Einkünften als Arzt begleichen. Trotzdem kam es aufgrund seiner mangelnden Planung zunehmend zu finanziellen Engpässen. Über Veranlassung der Antragstellerin beglich daraufhin ihr Vater wiederholt einzelne Rechnungen. In der finanziellen Notlage half dieser ihr Anfang 2005, das aufgenommene Bauspardarlehen auf einen am 31. 12. 2014 endfälligen Schweizer‑Franken‑Kredit bei der L***** AG umzuschulden. Der Vater übernahm für sie die für diesen Kredit vierteljährlich fällig werdenden Zinszahlungen und daneben ‑ bis März 2009 ‑ auch die Ratenzahlungen für das Wohnbauförderungsdarlehen. Weiters zahlte er die Vorschreibungen der Gemeinde und zu einem Teil auch die Versicherungen für das eheliche Wohnhaus.
Nicht feststellbar ist, ob und inwieweit der Antragsgegner Geldbeträge aus den zahlreichen von ihm aufgenommenen Krediten für die Finanzierung der Errichtung des ehelichen Wohnhauses aufwendete.
Seit 1999 betrieb der Antragsgegner neben seiner ärztlichen Tätigkeit einen Kfz‑Handel mit Gebrauchtwagen. Dazu benötigte er eine Garage, in welcher er die Oldtimer reparieren und verschönern konnte. Er verwirklichte diese Idee durch Errichtung eines Garagenzubaus am ehelichen Wohnhaus im Jahr 2002. Die Errichtungskosten für die Garage, wie zum Teil auch Errichtungskosten für das Wohnhaus, wurden in der Buchhaltung des Kfz‑Handels als Aufwendungen verbucht. Die Antragstellerin war gegen die Errichtung dieser Garage, konnte sich aber gegen den Antragsgegner nicht durchsetzen. Dieser nahm im April 2002 einen Kontokorrentkredit mit einem Kreditrahmen von 50.000 EUR auf, der im Jahr 2008 auf 70.000 EUR erhöht wurde. Dieser Kredit diente im Wesentlichen der Finanzierung des Garagenzubaus.
Im Jahr 2008 drohte die Gemeinde aufgrund offener Verbindlichkeiten an Kanalanschlussgebühr und nicht beglichener Abgabenvorschreibungen von ca 10.000 EUR mit der exekutiven Durchsetzung dieser Forderungen. Der Bruder der Antragstellerin vereinbarte daraufhin mit der Gemeinde eine Ratenzahlung, die er erst im September 2010, als sie aus dem ehelichen Haus auszog, einstellte. Seine auf ihrer Liegenschaft pfandrechtlich besicherte Forderung von 105.184,17 EUR setzte sich aus den Ratenzahlungen an die Gemeinde, den Zahlungen für die Versicherung des Hauses und die Wohnbauförderungsraten für den Zeitraum März 2009 bis Oktober 2010, der Begleichung der monatlichen Miet- und Betriebskosten nach dem Auszug der Antragstellerin aus dem ehelichen Wohnhaus, Zahlungen für die Beschaffung von Einrichtungsgegenständen, von Kosten für die Durchführung einer Psychotherapie, Anwaltskosten und Ähnlichem zusammen.
Obwohl der Antragsgegner als Arzt berufstätig war, die Antragstellerin hingegen während der Karenzzeit nur sehr geringe Einkünfte hatte, dann fallweise arbeitslos war, schließlich als teilzeitbeschäftigte Lehrerin ein verhältnismäßig geringes Einkommen erwirtschaftete, zahlte er keine Betriebskosten für das eheliche Wohnhaus, gab ihr kein Wirtschaftsgeld und weigerte sich, die Kosten für Tagesmutter und Kindergarten zu übernehmen. Er weigerte sich auch, Geld für ein Auto beizusteuern, das die Antragstellerin für die Ausübung ihres Lehrberufs, dem sie an verschiedenen Schulstandorten nachging, dringend benötigte. Zur Finanzierung dieses Autos war sie gezwungen, einen Kredit aufzunehmen, den ihr Vater zurückzahlte.
Im Verlauf des Scheidungsverfahrens versuchte die Antragstellerin, einen Käufer für ihre Liegenschaft zu finden. Ein Interessent war bereit, einen Kaufpreis von 330.000 EUR zu zahlen. Der Antragsgegner hatte jedoch zuvor durch eine einstweilige Verfügung ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu seinen Gunsten erwirkt. Er stimmte einem Verkauf nicht zu, auch wenn ‑ wie von der Antragstellerin angeboten ‑ der Kaufpreis gerichtlich hinterlegt worden wäre.
2012 stellte der Vater der Antragstellerin den Antrag auf Zwangsversteigerung der ehelichen Liegenschaft aufgrund der pfandrechtlich besicherten Forderung der V***** AG, die auf ihn übergegangen war. Grund für diese Maßnahme war, dass er keinen anderen Weg sah, der Antragstellerin wieder die Liegenschaft zu verschaffen, die der Antragsgegner ‑ nach deren Auszug im September 2010 ‑ alleine nutzte. Die Zinszahlungen für die aushaftenden Kredite trug weiterhin die Familie der Antragstellerin. Diese musste darüber hinaus anderweitig Miete zahlen, wobei sie auf die Unterstützung ihres Bruders angewiesen war. Mangels anderer Bieter wurde die Liegenschaft am 24. 7. 2013 um den Betrag des geringsten Gebots (Hälfte des Schätzwerts) von 224.000 EUR dem Antragsgegner zugeschlagen. Aus dem Meistbot wurden das Wohnbauförderungsdarlehen des Landes mit 28.683 EUR, die Forderung des Vaters der Antragstellerin als Rechtsnachfolger der Bank mit 14.300 EUR, die Forderung der Gemeinde mit 1.869 EUR, ein Teil der Forderung der L***** AG von 79.940 EUR, weiters Kosten des Vaters als betreibender Gläubiger von 5.393 EUR und ein Teil der angemeldeten und pfandrechtlich gesicherten Forderung des Bruders der Antragstellerin von 92.426 EUR beglichen. Gegenüber dem Bruder der Antragstellerin blieb eine Verbindlichkeit von 12.758 EUR offen. Der Restbetrag des Kredits der L***** AG betrug zu dieser Zeit 27.637,54 EUR; die Zinsen dieses Kredits werden weiterhin vom Vater der Antragstellerin bedient.
Die eheliche Liegenschaft hat einen Verkehrswert von 448.000 EUR, wovon der Verkehrswert des Grundstücks 147.040 EUR ausmacht.
In ihrem Aufteilungsantrag begehrt die Antragstellerin vom Antragsgegner, der die ursprünglich ihr gehörende eheliche Liegenschaft ersteigert habe, eine Ausgleichszahlung von 141.676 EUR sA. Dies entspreche der Billigkeit, zumal die Mittel für den Ankauf des Grundstücks zur Gänze von ihrem Vater zur Verfügung gestellt worden seien. Außerdem seien ihr beträchtliche Geldbeträge von ihrem Vater geschenkt und für den Bau des ehelichen Wohnhauses verwendet worden.
Der Antragsgegner begehrte seinerseits von der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 123.131,22 EUR. Die Errichtung des ehelichen Wohnhauses sei nur durch die Aufnahme von Krediten möglich gewesen, die auf seiner Liegenschaft sichergestellt worden seien, weil der Vater der Antragstellerin auf der ehelichen Liegenschaft ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot einverleibt gehabt habe. Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sei nicht mehr die Liegenschaft mit der Ehewohnung, sondern der an deren Stelle getretene Versteigerungserlös von 224.000 EUR. Er habe 422.375,97 EUR in die Errichtung des ehelichen Wohnhauses investiert und dafür noch Schulden von 181.455,77 EUR zu tragen, weshalb ihm eine angemessene Ausgleichszahlung zuzusprechen sei.
Das Erstgericht gab dem Begehren der Antragstellerin zur Gänze statt. Die eheliche Liegenschaft sei in die Aufteilung einzubeziehen, zumal dieser Vermögenswert zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehört habe. Unter Berücksichtigung der Beiträge der Parteien zur Schaffung dieses Gebrauchsvermögens und vor allem auch der Zuwendungen des Vaters der Antragstellerin entspreche die geforderte Ausgleichszahlung der Antragstellerin (aus näher dargelegten Gründen) der Billigkeit.
Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Rechtlich führte es aus, die Liegenschaft sei im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Eigentum der Antragstellerin gestanden, repräsentiere das eheliche Wohnhaus und sei in die Aufteilung einzubeziehen. Da der Antragsgegner die Liegenschaft während des Aufteilungsverfahrens im Zwangsversteigerungsverfahren um das geringste Gebot erworben habe, sei sie nach wie vor bei ihm vorhanden und es entspreche „in analoger Anwendung des § 91 Abs 1 EheG der Billigkeit“, deren Wert in die Aufteilung einzubeziehen und der Antragstellerin einen angemessenen Ausgleich zu verschaffen. Der Antragsgegner müsse die Liegenschaft nicht zwei Mal erwerben (ein Mal durch Zahlung des Meistbots im Versteigerungsverfahren, ein weiteres Mal durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags im nachehelichen Aufteilungsverfahren), lasse doch diese Betrachtungsweise den beträchtlichen Vorteil außer Acht, die Liegenschaft um die Hälfte des Werts erworben zu haben. Alle Schulden und Verbindlichkeiten, die er für die Errichtung des ehelichen Wohnhauses aufgenommen zu haben behaupte, seien nicht entscheidungswesentlich, weil er Eigentümer dieses Hauses geworden sei und sich somit Last und Vorteil bei ihm vereinigt hätten. Der Antragstellerin stehe über die durch die Verteilung des Meistbots erfolgte Tilgung gewisser Schulden hinausgehend nach dem Gebot der Billigkeit (§ 83 Abs 1 EheG) noch eine Ausgleichszahlung zu. Geteilt werde die Ansicht des Erstgerichts, dass der Antragstellerin der Wert des Grundstücks zustehe, stammten doch die finanziellen Mittel für den Kauf des Grundstücks zur Gänze von ihrem Vater. Hinzu kämen jene finanziellen Beiträge zum Hausbau, die ebenfalls allein ihr zuzurechnen seien (nach Vornahme sachlich gerechtfertigter Abwertungen 28.000 EUR und 23.500 EUR) und letztlich ein aliquoter Teil der pfandrechtlich sichergestellten Forderung ihres Bruders. Daraus ergebe sich, dass der geforderte Ausgleichsbetrag von 141.676 EUR „recht und billig“ sei. Da der Antragsgegner das Eigentum an der Liegenschaft samt Wohnhaus zum halben Schätzwert erworben habe, müsse entsprechend dem Gebot der Billigkeit ein Ausgleich für die beträchtlichen Geldgeschenke des Vaters der Antragstellerin geschaffen werden. Hätte er (ohne Versteigerung) die Liegenschaft im Aufteilungsverfahren übertragen erhalten, so wäre dies mit finanziell deutlich höheren Aufwendungen verbunden gewesen, weil dann der gesamte Schätzwert der Liegenschaft zugrunde zu legen gewesen wäre.
Das Rekursgericht ließ gemäß § 62 Abs 1 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil die Frage, wie die Versteigerung der ehelichen Liegenschaft während des Aufteilungsverfahrens und deren Zuschlag an einen Ehegatten bei der Ermittlung eines Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht beantwortet worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene, von der Antragstellerin beantwortete, Revisionsrekurs des Antragsgegners ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Eine vom Rekursgericht bereits verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ist in dritter Instanz nicht mehr anfechtbar (RIS‑Justiz RS0050037; RS0030748). Im Übrigen liegt die behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Der Oberste Gerichtshof ist auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz (RIS‑Justiz RS0007236 [T2]), weshalb die im Rechtsmittel erörterten Fragen der Beweiswürdigung nicht revisibel sind (RIS‑Justiz RS0007236 [T4]).
2. Ein der Aufteilung unterliegendes eheliches Gebrauchsvermögen (hier: die Liegenschaft samt ehelichem Wohnhaus) besteht nur dann, wenn es zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anordnung noch vorhanden oder dessen Wert nach der Bestimmung des § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (RIS‑Justiz RS0057299).
2.1. Der Antragsgegner erwarb zu Beginn des Aufteilungsverfahrens (kreditfinanziert) die frühere Liegenschaft der Antragstellerin im Zwangsversteigerungs-verfahren. Durch den Hoheitsakt des Zuschlags erwirbt der Ersteher originär Eigentum an der Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0002863 [T5]). Sein Eigentumsrecht ist zwar auflösend bedingt (RIS‑Justiz RS0002863 [T2]); volle Eigentumsbefugnisse erwirbt er erst ‑ was hier unstrittig der Fall ist ‑ mit Rechtskraft des Zuschlags und vollständiger Erfüllung der Versteigerungsbedingungen (1 Ob 253/11d mwN ua; RIS‑Justiz RS0002863 [T4]; RS0123680; RS0117693 [T1]). Durch die Zuschlagserteilung verliert aber der frühere Liegenschaftseigentümer sein Eigentum, mag auch das Eigentumsrecht des Erstehers nur bedingt sein (5 Ob 81/10p mwN). Unabhängig davon, ob daher im vorliegenden Fall die Liegenschaft samt ehelichem Wohnhaus durch Zuschlag vom Antragsgegner oder einem Dritten erworben wurde, ist sie damit aus dem ehelichen Gebrauchsvermögen ausgeschieden. Da der Antragsteller diese Liegenschaft erst nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwarb, handelt es sich um kein Vermögen, das die früheren Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft gemeinsam geschaffen oder zu dessen Erwerb sie gemeinsam beigetragen haben (vgl Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth , EuPR [2011] § 81 EheG Rz 4; Stabentheiner in Rummel ³ § 81 EheG Rz 1 mwN). Die Liegenschaft ist damit nicht mehr Gegenstand des Aufteilungsverfahrens (vgl RIS‑Justiz RS0006097 [T2]). Die Rückübertragung des Eigentums an der Liegenschaft strebt die Antragstellerin zutreffend auch nicht an.
2.2. Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Rekursgerichts sind auch die analoge Anwendung des § 91 Abs 1 EheG und Billigkeitserwägungen keine Grundlage dafür, hier den Verkehrswert der Liegenschaft in die Aufteilung einzubeziehen. Nach § 91 Abs 1 EheG ist der Wert des Fehlenden unter anderem dann in die Aufteilung einzubeziehen, wenn ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert hat, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht. Eine einseitige Disposition eines Ehegatten über eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse zum Nachteil des anderen ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung widerspricht daher der Zielsetzung des Gesetzes (RIS‑Justiz RS0057919). § 91 Abs 1 EheG betrifft nicht nur Fälle besonders aufwendiger Lebenshaltung (4 Ob 552/91). Vielmehr sind auch solche Vermögensverringerungen, die mit Rücksicht auf die Gestaltung der Lebensverhältnisse bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft bedenklich erscheinen und den Verdacht nahelegen, der eine Ehegatte habe sie nur in der Absicht getätigt, den anderen bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu benachteiligen, bei der Aufteilung miteinzubeziehen (RIS‑Justiz RS0057913). Zwar gilt § 91 Abs 1 EheG auch für Verringerungen ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, die erst nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft stattfanden (RIS‑Justiz RS0057933), jedoch setzte weder die Antragstellerin (so aber die Ansicht des Antragsgegners) noch der Antragsgegner (so die Meinung des Rekursgerichts) ein Verhalten, das diesen Tatbestand verwirklicht hätte. Nach den Feststellungen wurde das Zwangsversteigerungsverfahren ausschließlich vom Vater der Antragstellerin betrieben. Die Parteien waren in diese Vorgangsweise nicht involviert. Auch sonst liegen keine Umstände vor, die darauf hindeuten, dass der Antragsgegner die Antragstellerin in diesem Zusammenhang bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens benachteiligen wollte. Dass er während des Scheidungsverfahrens dem Verkauf der Liegenschaft nicht zustimmte, ist ihm angesichts des gebotenen, gegenüber dem Verkehrswert deutlich verminderten Kaufpreises nicht vorzuwerfen. Der Zuschlag der Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren zum geringsten Gebot (224.000 EUR) erfolgte an ihn, weil niemand anderer mitbot. Anders als dann, wenn der Tatbestand des § 91 Abs 1 EheG erfüllt wäre (vgl dazu 1 Ob 655/89; 4 Ob 552/91; 4 Ob 1618/94), ist hier bei der exekutiven Verwertung der Liegenschaft nicht deren Verkehrswert bei der Aufteilung zu berücksichtigen.
3. Maßgeblich könnte nur der Versteigerungserlös sein. Aus dem vom Antragsgegner gezahlten Meistbot wurden zwar nicht alle Forderungen der Pfandgläubiger befriedigt, dies führt jedoch auch unter Bedachtnahme auf § 83 Abs 1 EheG nicht dazu, dass der Antragsgegner der Antragstellerin deshalb eine Ausgleichszahlung leisten müsste. Die Ersteigerung der Liegenschaft durch den Antragsgegner ist nicht anders zu behandeln als der Erwerb durch einen unbeteiligten Dritten. Auch in diesem Fall wäre nur der durch die Versteigerung erzielte Nettoerlös vorhanden und in die Aufteilung einzubeziehen.
4. Für eine Ausgleichszahlung der Antragstellerin an den Antragsgegner ‑ wie von ihm begehrt ‑ fehlt es an jeglicher Grundlage. Abgesehen davon, dass nicht festgestellt werden konnte, dass er Geldbeträge aus den von ihm aufgenommenen Krediten für die Finanzierung der Errichtung der ehelichen Liegenschaft aufgewendet hätte, nützt ihm auch die davon abweichende erstinstanzliche Feststellung, dass sein (später aufgestockter) Kredit über 50.000 EUR im Wesentlichen der Finanzierung des Garagenzubaus diente, nicht. Da er nunmehr Eigentümer dieser Liegenschaft ist, die er um die Hälfte des Verkehrswerts erwarb, rechtfertigt jedenfalls selbst eine allfällige Finanzierung des Garagenzubaus keine Ausgleichszahlung an ihn.
5. Im Rahmen des § 83 Abs 1 EheG ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner keine Betriebskosten für das eheliche Wohnhaus zahlte, der Antragstellerin auch kein Wirtschaftsgeld gab und sich weigerte, die Kosten für Tagesmutter und Kindergarten für die beiden Kinder zu übernehmen. Die Kosten für die Errichtung des Hauses und den Erhalt der Liegenschaft wurden von der Antragstellerin und maßgeblich von ihrem Vater und auch ihrem Bruder getragen. Deren Leistungen sind ihr zuzurechnen (siehe RIS‑Justiz RS0057458, besonders [T1, T3, T4]).
Nach der Rechtsprechung ist bei der Aufteilung auch zu berücksichtigen, dass der eine Ehegatte es dem anderen durch Verzicht auf einen den Lebensverhältnissen und Einkommensverhältnissen in der Ehe angemessenen Konsum ermöglichte, eheliches Gebrauchsvermögen anzuschaffen oder Ersparnisse anzusammeln (RIS‑Justiz RS0057477). Zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehegatten, dem die Ehewohnung überlassen wurde, ist bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen, dass er sich den Aufwand für eine anderweitige Wohnungsmöglichkeit erspart (RIS‑Justiz RS0057765 [T2, T9]).
Der Antragsgegner ersparte sich seit dem Einzug in das Haus im Herbst 2000 Aufwendungen und konnte daher seine eigenen Verbindlichkeiten zurückzahlen. So konnte er sowohl die für seine (benachbarte) Liegenschaft aufgenommenen Kredite bedienen als auch den Kredit, den er während aufrechter Lebensgemeinschaft aufnehmen musste, um seinen außergerichtlichen Ausgleich zu finanzieren. Ungeachtet der beengten finanziellen Situation der Antragstellerin konnte er damit zu seinem Vermögensaufbau beitragen. Dieser Vorteil ist hier annäherungsweise dadurch auszugleichen, dass er ihr für die Zeit von Herbst 2000 bis zu ihrem Auszug aus dem Haus im September 2010 eine Ausgleichszahlung in der Höhe der Hälfte des (fiktiven) monatlichen Mietwerts leistet. Für die Zeit danach bis zum Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren (24. 7. 2013), in der er das Haus allein nutzte, bemisst sich die Ausgleichszahlung nach dem vollen Mietwert. Der Umstand, dass er zwischenzeitlich aufgrund eines polizeilichen Betretungsverbots das eheliche Haus nicht bewohnte, ist seinem Verhalten zuzuschreiben und beeinflusst den Wert des ihm zugekommenen Vorteils nicht.
6. Da Feststellungen zum Mietwert (im Sinn der Ersparnis des Antragsgegners von monatlichen Aufwendungen für eine vergleichbare Mietwohnung) fehlen, ist eine Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage notwendig. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind deshalb aufzuheben und die Rechtssache ist an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG (vgl RIS‑Justiz RS0123011 [T5]).
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