Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer von insgesamt 329/1733 Anteilen der Liegenschaft *****, mit denen Wohnungseigentum an den Objekten W 41 und W 42 verbunden ist.
Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz schlichte Miteigentümerin von 692/1733 Anteilen der selben Liegenschaft (mittlerweile hat sie ihre Anteile an den Kläger verkauft, der nun auch im Grundbuch als Eigentümer dieser Anteile einverleibt worden ist). Ihr war durch Vereinbarung zwischen den Miteigentümern das ausschließliche Recht eingeräumt worden, über zwei Geschäftslokale des auf der Liegenschaft befindlichen Hauses zu verfügen. Eines der Geschäftslokale hat die Beklagte seit dem 1. 1. 2010 zum Betrieb eines „Chinalokals“, das andere zum Betrieb eines Kaffeehauses vermietet.
Der Mieter des „Chinalokals“ hat im Frühjahr 2010 die Fassade des Hauses im Bereich seines Lokals farblich von dem ursprünglich vorhandenen hellen Gelb, das der restlichen Hausfassade entsprach, in ein kräftiges Grün verändert. Nach Intervention von Miteigentümern und der Hausverwaltung änderte der Mieter die Fassadenfarbe auf ein kräftigeres als das ursprünglich vorhandene Gelb ab. Die wechselnden Mieter des Kaffeehauses haben die Fassade im Bereich dieses Geschäftslokals seit dem Jahr 2004 mehrmals farblich verändert, sodass nun statt des ursprünglichen hellen Gelbs ein kräftiges Gelb mit einem lila Rand im oberen Bereich angebracht ist.
Die Beklagte hat den jeweiligen Mietern der Geschäftslokale weder schriftlich noch mündlich die Umgestaltungen der Fassade erlaubt. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass ihnen dazu die Zustimmung der Hausverwaltung erteilt wurde.
Mit E‑Mail vom 17. 10. 2011 forderte der Kläger die Komplementärin der Beklagten unter anderem auf, bis 31. 10. 2011 die Rückführung der Fassade in den Originalzustand sowohl im Bereich des „Chinalokals“ als auch des Kaffeehauses zu bewerkstelligen. Er verweigere als Miteigentümer die notwendige Zustimmung zu den Änderungen.
Der Kläger begehrt nunmehr ‑ soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz ‑ die Beklagte schuldig zu erkennen, auf die Mieter des „Chinarestaurants“ und des Kaffeehauses mit geeigneten gerichtlichen Mitteln einzuwirken, so dass diese verpflichtet würden, den bestehenden farblichen Anstrich der Hausfassade im Erdgeschoss zu beseitigen und einen Farbanstrich in einem der gesamten übrigen Hausfassade gleichen oder zumindest ähnlichen Farbton wiederherzustellen.
Die Außenfassade sei in den beiden Bereichen in einer vom ortsüblichen Aussehen bzw übrigen Haus gravierend abweichenden Farbe gestrichen worden. Dies stelle einen eigenmächtigen, von einer Beschlussfassung nach § 16 WEG nicht gedeckten Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Hauses dar und sei der beklagten Partei zuzurechnen. Der Kläger sei zur Erhebung der Eigentumsfreiheitsklage berechtigt, die auch gegen den mittelbaren Störer gerichtet werden könne. Der Beklagten obliege es, ihrem Vertragspartner die Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft zu untersagen.
Die Beklagte bestritt. Sie sei nicht passiv legitimiert.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagte könne aus den Mietverhältnissen abgeleitete Ansprüche nur im Namen der Eigentümergemeinschaft geltend machen. Auf die Beendigung der Störung im Wege des § 523 ABGB könne der Kläger aber selbst hinwirken, weil jeder Miteigentümer alleine berechtigt sei, eigenmächtige Eingriffe in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage gegen den Störer abzuwehren. Weitergehende rechtliche Möglichkeiten oder Pflichten, die Störung zu steuern oder allenfalls zu verhindern, habe die Beklagte nicht. Von ihr könne daher keine Abhilfe gegen die Eingriffe erwartet werden, weshalb sie als bloß mittelbare Störerin nicht belangt werden könne.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision über Antrag des Klägers nachträglich zu. Der Oberste Gerichtshof habe bisher nicht zur Frage Stellung genommen, ob einem Miteigentümer im Vergleich zu einem anderen weitergehende rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten, Störungen durch einen Bestandnehmer zu steuern oder zu verhindern, dadurch zukäme, dass ihm mittels Benützungsregelung das ausschließliche Verfügungsrecht über ein Bestandobjekt eingeräumt worden sei und er demnach nicht nur aus seiner Vermieterstellung Ansprüche geltend machen, sondern auch als Verwalter einschreiten könne.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Eine solche wird wider in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung, noch im Rechtsmittel des Klägers dargetan:
I. Parteien des Mietvertrags:
I.1. Der zum Gebrauch bestimmter Räumlichkeiten der gemeinsamen Liegenschaft berechtigte Miteigentümer ist zum Abschluss eines Bestandvertrags im Namen aller Miteigentümer gleich einem Verwalter legitimiert. Er handelt, auch wenn er dies nicht zum Ausdruck bringt, im Zweifel als Vertreter sämtlicher Miteigentümer und begründet durch Vermietung des ihm zur Benutzung zugewiesenen Objekts ein Mietverhältnis mit allen Miteigentümern (5 Ob 200/10p; RIS‑Justiz RS0107642). Er ist als gemeinsam bestellter Verwalter insofern auch berechtigt, allein Verwaltungshandlungen vorzunehmen (5 Ob 266/03h). Die Verwaltungsvollmacht des Miteigentümers deckt aber nur Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung (RIS‑Justiz RS0042537 [T3]). Sie berechtigt ihn auch, das von ihm eingegangene Mietverhältnis ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer aufzukündigen, wobei als Partei des Kündigungsstreits nicht der Minderheitseigentümer, sondern alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen sind, als deren Vertreter bzw Verwalter der Nutzungsberechtigte auftritt (vgl RIS‑Justiz RS0107643).
I.2. Auf der gegenständlichen Liegenschaft wurde nach den Feststellungen teilweise Wohnungseigentum begründet. Da nach dem WEG 1975 die Begründung von Wohnungseigentum nicht in Bezug auf alle wohnungseigentumstauglichen und nicht als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmeten Objekte erfolgen musste und daher nicht mit Wohnungseigentum verbundenes schlichtes Miteigentum verbleiben konnte (Mischhaus), können Mitglieder der Eigentümergemeinschaft im Sinne des nunmehrigen § 18 WEG 2002 auch schlichte Miteigentümer sein (vgl Löcker in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³, § 18 WEG Rz 18 f bzw T. Hausmann aaO § 9 WEG Rz 11; 5 Ob 50/07z).
Werden Teile der Liegenschaft, seien es allgemeine Teile im herkömmlichen Sinn, seien es Objekte im Mischhaus, einem einzelnen (meist schlichten) Miteigentümer durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen, liegt auch darin nach herrschender Ansicht im Zweifel die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Mietvertrags auf eigene Rechnung, aber namens sämtlicher Miteigentümer. Die Übertragung dieser Wertung, nach der keineswegs nur einzelne Miteigentümer berührt sind, sondern vielmehr die Gemeinschaft betroffen ist, auf die Regelung nach § 18 WEG 2002 ergibt, dass der Benützungsberechtigte im Anwendungsbereich dieser Bestimmung (bzw davor § 13c WEG 1975) namens der Eigentümergemeinschaft vermietet ( Löcker aaO § 18 WEG Rz 44 mwN; 6 Ob 52/97h). Wurde also auch nur hinsichtlich einzelner Miteigentumsobjekte Wohnungseigentum begründet, ist Partei des Kündigungsstreits auf Aktivseite materiell‑rechtlich die Eigentümergemeinschaft (RIS‑Justiz RS0107643; 6 Ob 52/97h).
I.3. Der Kläger ist daher nach der schon bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ebenso wenig Vermieter wie die Beklagte. Beide können vertragliche Ansprüche aus dem Mietvertrag gegenüber den Mietern der beiden Geschäftslokale nicht im eigenen Namen geltend machen. Dieses Recht kommt lediglich der Eigentümergemeinschaft zu. Damit stimmt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts überein. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insoweit nicht vor.
II. Zur Eigentumsfreiheitsklage:
II.1. Nach der ständigen Judikatur kann die Negatorienklage nach § 523 ABGB auch vom Minderheitseigentümer (Wohnungseigentümer) nicht nur gegen Dritte, sondern auch gegen andere Miteigentümer (Wohnungseigentümer) erhoben werden (5 Ob 241/09s; RIS‑Justiz RS0012137). Jeder Miteigentümer, auch wenn er nur die Minderheit der Anteile repräsentiert, ist berechtigt, eigenmächtige Eingriffe (auch eines anderen Miteigentümers) in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage gegen den Störer, die auch auf Beseitigung und Wiederherstellung des vorigen Zustands gerichtet werden kann, abzuwehren (RIS‑Justiz RS0012112; vgl SZ 54/43 = 6 Ob 806/80 und 5 Ob 290/07v, wonach dies jedenfalls gilt, sofern er sich nicht in Widerspruch mit den Übrigen setzt, und 5 Ob 241/09s = RIS‑Justiz RS0012112 [T10], wonach letztere Einschränkung nicht für das Rechtsverhältnis zwischen Wohnungseigentümern gilt).
II.2. Die Eigentumsfreiheitsklage steht grundsätzlich gegen jeden Störer zu, dieser mag im eigenen Interesse oder in Vertretung eines Dritten und in dessen Interesse gehandelt haben (RIS‑Justiz RS0012131). Sie kann also gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden.
Passiv klagslegitimiert ist daher einerseits der unmittelbare Störer (5 Ob 241/09s). Wegen Handlungen Dritter, wenn der Beklagte den Eingriff veranlasst hat, den unerlaubten Zustand aufrecht hält oder sonst von ihm Abhilfe zu erwarten ist (RIS‑Justiz RS0012110), kann aber auch vom mittelbaren Störer ‑ also von jenem, der die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die auf ihn zurückgehende, seiner Interessenwahrung dienende, aber unmittelbar vom Dritten vorgenommene Störungshandlung zu steuern und gegebenenfalls auch zu verhindern ‑ Unterlassung begehrt werden (RIS‑Justiz RS0103058; vgl 5 Ob 2/11x, 8 Ob 151/08a).
Die Unterlassungspflicht des mittelbaren Störers schließt daher auch die Verpflichtung in sich, auf Dritte im Sinne der Unterlassung einzuwirken, auf welche der zur Unterlassung Verpflichtete Einfluss zu nehmen in der Lage ist (RIS‑Justiz RS0011737). Ist der Unterlassungspflichtige an der Störung nicht selbst beteiligt, kann deshalb nur begehrt werden, auf das Verhalten jener Personen einzuwirken, die die Störung begehen (5 Ob 240/03k). Ein solches Begehren hat der Kläger hier gestellt.
II.3. Mit der Frage der Passivlegitimation des Verwalters im Zusammenhang mit Störungshandlungen hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in den Entscheidungen 5 Ob 20/01d und 5 Ob 133/09h = wobl 2010/80, 171 (zust Illedits ) befasst und diese grundsätzlich bejaht, sofern die Störungshandlung durch Maßnahmen im Bereich der ordentlichen Verwaltung verhindert werden kann, oder er in die zwischen den Miteigentümern bestehende Gebrauchsordnung eingegriffen hat.
III. Zum Umfang der Verwaltungsvollmacht:
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte nicht Verwalterin der Liegenschaft schlechthin ‑ insoweit ist vielmehr eine andere Hausverwaltung bestellt ‑ sondern nur in Bezug auf die beiden ihr zur Verfügung überlassenen Geschäftslokale. Wurde einem Miteigentümer der physische Besitz eines Teils der Liegenschaft eingeräumt, so beinhaltet dies nach der Rechtsprechung nämlich ‑ wie in Punkt I.1. bereits dargelegt ‑ eine entsprechend eingeschränkte Verwaltungsvollmacht. Das bedeutet, dass der Miteigentümer (nur) hinsichtlich des ihm zur alleinigen Benützung zugewiesenen Teiles der Liegenschaft Verwaltungsvollmacht hat (vgl 5 Ob 266/03h). Nur in diesem begrenzten Umfang kann daher auch die oben dargelegte Passivlegitimation des verwaltenden Miteigentümers gegeben sein.
Hier betraf die Störungshandlung nicht die von der Verwaltungsbefugnis der Beklagten umfassten Objekte, sondern den die äußere Erscheinung des Gebäudes beeinträchtigenden Fassadenanstrich, also einen allgemeinen Teil des Hauses. Selbst wenn der Beklagten daher die alleinige Benutzung und damit die Verwalterstellung hinsichtlich der Geschäftslokale, in denen das „Chinarestaurant“ bzw das Kaffeehaus geführt werden, übertragen wurde, begründet es angesichts der zitierten Rechtsprechung (5 Ob 266/03h) keine unvertretbare Rechtsansicht, wenn das Berufungsgericht (zumindest impliziert) davon ausging, von der Verwaltungsvollmacht der beklagten Partei seien Maßnahmen gegen die Veränderungen an der Fassade, somit an allgemeinen Teilen des Hauses, nicht umfasst.
IV. Schlussfolgerung:
Die Auffassung des Berufungsgerichts, von der Beklagten könne als Verwalterin keine Abhilfe erwartet werden, steht mit der erörterten Rechtsprechung im Einklang und wirft keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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