OGH 4Ob76/14a

OGH4Ob76/14a17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** L*****, vertreten durch Hon.‑Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P***** L*****, vertreten durch Dr. Zoe van der Let‑Vangelatou, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 75.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2014, GZ 2 R 107/13i‑28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. März 2013, GZ 57 Cg 72/12g‑24, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.964,70 EUR (darin 327,45 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Drehbuchautor und Hauptregisseur des Dokumentarfilms „Fotos von der Front“.

Der Beklagte ist Produzent des Films. Die Premiere des Films fand am 14. 5. 2009 im Filmhaus am Spittelberg, eine erste Ausstrahlung bei der BR alpha am 7. 9. 2009 statt. Der Film ist auch als Video auf DVD erhältlich.

Am 5. 2. 2008 schloss der Kläger mit der VDFS‑Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden reg. Gen.m.b.H. einen Wahrnehmungsvertrag mit auszugsweise folgendem Inhalt (Beil ./F):

„1. Dem Berechtigten stehen im In‑ und Ausland als Urheber, ausübender Künstler, Filmschauspieler, Veranstalter oder Laufbildhersteller an seinen Werken (vor allem Filmwerken) oder Leistungen Urheber‑ und/oder Leistungsschutzrechte zu, und zwar in der Form von ausschließlichen Rechten, Vergütungs- oder Beteiligungsansprüchen (im Folgenden kurz „Rechte“ genannt). Diese Rechte stehen dem Berechtigten entweder zu, weil er diese Werke und/oder Leistungen selbst geschaffen (erbracht) hat, oder weil er Rechtsnachfolger (Erbe) nach einem Urheber oder Leistungsschutzberechtigten ist.

2. Der Berechtigte räumt der VDFS die ihm zustehenden Rechte zur treuhändigen Wahrnehmung an allen Werken und/oder Leistungen ein, die er bisher geschaffen (erbracht) hat und in Zukunft schaffen (erbringen) wird. Hinsichtlich künftiger Werke (Leistungen) bedarf es deshalb keiner gesonderten Rechtseinräumung. Die Rechtseinräumung erfolgt als zeitlich und räumlich unbeschränktes Werknutzungsrecht (§ 24 UrhG) soweit nicht nachstehend schriftlich Einschränkungen gemacht und von der VDFS akzeptiert werden. Die VDFS ist danach berechtigt, die ihr eingeräumten Rechte im eigenen Namen im Interesse des Berechtigten wahrzunehmen, und zwar erforderlichenfalls auch gerichtlich.

3. Die Rechtseinräumung erfolgt für jenen Bereich, in dem nach inländischem oder ausländischem Recht die Wahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften erforderlich ist oder praktisch gehandhabt wird.

Zu diesen Rechten gehören insbesondere aber nicht ausschließlich das Vermieten und Verleihen von Werkstücken (§ 16a UrhG), das Recht der Sendung, insbesondere mit Hilfe von Leitungen (§§ 17, 17a und 59a UrhG idF 1996), der öffentlichen Aufführung und Vorführung unter Benutzung einer Rundfunksendung (§ 18 Abs 3 UrhG) (alles einschließlich entsprechender Vergütungs- und Beteiligungsansprüche) und die Vergütungsansprüche im Fall der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch (Leerkassettenvergütung) (§ 42b UrhG), der Benutzung in Bibliotheken (§ 56b UrhG), der öffentlichen Wiedergabe im Unterricht (§ 56c UrhG), der öffentlichen Wiedergabe in Beherbergungsbetrieben (§ 56d UrhG) und der Schutzfristverlängerung. Die Rechtseinräumung umfasst insbesondere auch weitergehende Rechte (einschließlich der Urheberpersönlichkeitsrechte) im Fall der Rechtsverletzung.

(...)

5. Der Berechtigte erklärt, über die beschriebenen Rechte frei verfügen zu können und hierüber nicht zugunsten Dritten verfügt zu haben. Soweit der Berechtigte hierüber verfügt hat, ist die VDFS berechtigt, namens des Berechtigten von Kündigungsrechten Gebrauch zu machen. Im Fall der Kabelweiterverbreitung ist jedenfalls die VDFS diejenige Gesellschaft, die als zur Wahrnehmung der Rechte des Berechtigten berechtigt gilt.“

Am 13. 3. 2008 schlossen die Parteien eine „Regie‑ und Autorenvereinbarung“ (Beil ./B) ab, in der sich der Kläger verpflichtete, zum Zweck der Realisierung des Films „Fotos von der Front“ das Drehbuch zu schreiben, Regie zu führen, die gesamte Gestaltung zu leiten sowie dem Beklagten als Produzenten die in der Vereinbarung angeführten Rechte an dem Filmwerk zu übertragen bzw ihm ausschließliche Werknutzungsrechte hieran einzuräumen (Punkt 1.1). Diese Vereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

„4. Lohn‑ und Sozialleistungen

4.1. Der Autor‑Regisseur erhält für seine Tätigkeit ein Honorar in der Höhe von 8.000 EUR USt-befreit;

Steuern und Sozialversicherungen gehen zu Lasten des Regisseurs; er ist für deren Entrichtung und Abrechnung in Österreich selber verantwortlich.

(...)

5. Rechte am Werk

5.1. Der Regisseur überträgt dem Produzenten ‑ unter Wahrung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte ‑ unbeschränkt alle Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte (Verwertungsrechte), die ihm aus seiner Tätigkeit als Drehbuchautor und Regisseur des gegenständlichen Films entstehenden [sic], soweit im Folgenden nicht ausdrücklich ausgenommen, bzw räumt dem Produzenten die alleinigen und ausschließlichen, inhaltlich, zeitlich und räumlich unbeschränkten Werknutzungsrechte ein. Diese Rechtseinräumung umfasst insbesondere folgende Rechte, das Filmwerk

a. zu veröffentlichen;

b. es auf dem Wege der Synchronisation oder der Untertitelung aus der Originalsprache zu übersetzen;

c. es auf Tonbildträgern oder Datenträgern aller Art (DVD) zu vervielfältigen;

d. es anzubieten, zu veräußern oder sonst wie zu verbreiten;

e. es auszuführen, vorzuführen, zu senden oder sonst öffentlich wahrnehmbar zu machen;

f. es über Fernsehen oder ähnliche Verfahren terrestrisch oder über Satellit, drahtgebunden oder drahtlos zu senden und weiterzusenden sowie die gesendete Produktion wahrnehmbar zu machen;

g. Ausschnitte aus dem Filmwerk zu verwenden;

h. die im Filmwerk enthaltenen Figuren, Bilder etc zu Zwecken des Merchandising zu verwenden.

5.2. Von der vorstehenden Rechtsübertragung bzw ‑ einräumung ausgenommen ist das Recht, den gegenständlichen Film in digitalen Netzen (z.B. im Internet) zur Verfügung zu stellen, und zwar gleichviel, ob dies bloß zum Zweck der Wahrnehmbarmachung oder zum Zweck des Downloads erfolgt. Weiters ist von der gegenständlichen Rechtseinräumung auch die Verwertung über das sogenannte Closed Circuit TV (Pay‑TV) ausgenommen.“

Die Vereinbarung enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die gesetzlichen Vergütungsansprüche, etwa die Leerkassettenvergütung nach § 42b UrhG.

In der Folge stellte der Beklagte den Film im Internet zur Verfügung und vergab die Rechte dafür an „Movieeurope.com“, von wo der Film als „Video‑On‑Demand“ abgerufen werden konnte. Darüber hinaus stellte der Beklagte den Trailer des Films im Internet auf „YouTube“ zur Verfügung und trat die Pay‑TV‑Rechte an „Skandinavia.TV“ ab.

Der Kläger begehrte mit am 12. 10. 2009 eingebrachter Klage zuletzt

1. die Feststellung gegenüber dem Beklagten, dass das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung in digitalen Netzen (§ 18a UrhG), insbesondere in der Form des sogenannten „Video‑On‑Demand“, sowie das Recht der Fernsehsendung (§§ 17, 17a und b UrhG) für geschlossene Benutzerkreise (Closed Circuit TV) sowie im Weg des sogenannten Pay‑TV, das heißt die (verschlüsselte) Fernsehsendung gegen gesonderte Entgeltzahlung, an dem Dokumentarfilm mit dem Titel „Fotos von der Front“ hinsichtlich des vom Kläger stammenden Drehbuchs und des von ihm als Hauptregisseur geschaffenen Werks der Filmkunst dem Kläger zustehen;

2. die Feststellung gegenüber dem Beklagten, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche, insbesondere die „Leerkassettenvergütung“ im Sinn des § 42b UrhG unbeschadet der Rechte des Beklagten in seiner Eigenschaft als Laufbildhersteller zur Gänze dem Kläger zustehen, der diese der VDFS zur treuhändigen Wahrnehmung eingeräumt bzw auf diese übertragen (dieser abgetreten) hat;

3. die Feststellung gegenüber dem Beklagten, dass das Recht zur gleichzeitigen, vollständigen und unveränderten Weitersendung mit Hilfe von Leitungen im Sinn des § 59a UrhG an dem zu Punkt 1 des Urteilsbegehrens bezeichneten Filmwerk, dessen Hauptregisseur er ist, dem Kläger bzw der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden VDFS zusteht.

Die Streitteile seien unterschiedlicher Auffassung über die rechtlichen Folgen der zwischen ihnen getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Der Beklagte habe entgegen der mit dem Kläger getroffenen Regie‑ und Autorenvereinbarung den betreffenden Film nicht nur auf die vereinbarte Weise genutzt, sondern darüber hinaus auch im Internet zur Verfügung gestellt, der Film könne als Video‑On‑Demand abgerufen werden, ein Trailer sei über YouTube im Internet zugänglich, der Beklagte habe vereinbarungswidrig auch über die Pay‑TV‑Rechte verfügt. Die Aufforderung des Klägers, dies zu unterlassen, habe der Beklagte damit beantwortet, dass nach seiner Ansicht sämtliche Verwertungsrechte auf Grund der cessio legis‑Regel des § 38 Abs 1 UrhG beim Beklagten lägen, weshalb davon auszugehen sei, dass die Rechteeinräumung nach Punkt 5. des Regie‑ und Autorenvertrags nicht zum Tragen käme und nicht wirksam sei. Diese Rechtsansicht des Beklagten sei jedoch nicht haltbar; richtigerweise handle es sich bei der genannten Bestimmung bloß um eine gesetzliche Vermutungsregelung, die widerleglich (abdingbar) sei. Das Verständnis der cessio legis im Sinn einer originären Rechtezuweisung stehe mit zwingendem europäischen Recht im Widerspruch. Dass es sich dabei nicht zwingend um eine orginäre Rechtezuweisung handle, folge auch aus dem mit der UrhG‑Nov 1996 neu eingeführten zweiten Satz dieser Bestimmung, wonach die gesetzlichen Vergütungsansprüche dem Filmhersteller und dem Filmurheber je zur Hälfte zustehen, wobei aber auch diese Regelung vertraglich abbedungen werden könne. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche stünden deshalb zur Hälfte dem Filmurheber zu, der hierüber auch zu Gunsten von Verwertungsgesellschaften verfügen könne, was auch auf den vorliegenden Fall zutreffe. Davon abgesehen regle die cessio legis nur die Rechte des Klägers als Hauptregisseur des gegenständlichen Filmwerks, während das von ihm geschaffene Drehbuch als vorbestehendes Sprachwerk gemäß § 38 Abs 1 letzter Satz UrhG keinesfalls dieser Bestimmung unterliege. Da der EuGH in einem in diesem Rechtsstreit ergangenen Urteil ausgesprochen habe, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche für den Filmurheber unverzichtbar seien, sei davon auszugehen, dass diese Ansprüche dem Filmurheber zur Gänze zustünden. Das Recht an der integralen Kabelweiterverbreitung (§ 59a UrhG) stehe nach dem Konzept des § 38 Abs 1a UrhG dem Filmproduzenten zu. Hier umfasse die Rechteeinräumung nach Punkt 5.1 lit f der Regie‑ und Autorenvereinbarung zwar auch das Recht, „über Fernsehen und ähnliche Verfahren terrestrisch oder über Satellit, drahtgebunden oder drahtlos zu senden und weiterzusenden sowie die gesendete Produktion wahrnehmbar zu machen“, doch habe der Kläger das Recht der integralen Kabelweiterverbreitung schon am 5. 2. 2008 der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden VDFS zur Wahrnehmung eingeräumt und habe deshalb mit Vertrag vom 13. 3. 2008 nicht mehr wirksam darüber verfügen können, weshalb das Recht der integralen Kabelweiterleitung „beim Kläger bzw bei der Verwertungsgesellschaft VDFS“ liege.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die vom Kläger aus der Vereinbarung zwischen den Streitteilen abgeleiteten rechtlichen Schlüsse seien unzutreffend. Die cessio legis des § 38 Abs 1 Satz 1 UrhG bestimme, dass die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken originär beim Filmhersteller (Produzenten) entstünden. Diese originäre Rechtezuweisung habe den Zweck, dem Produzenten, der in die Produktion eines Films als kostspieliges Industrieprodukt investiert habe, die umfassende Auswertung des Films zu garantieren. Mit diesem Zweck stehe eine Auslegung dieser Bestimmung als bloße widerlegbare Vermutungsregel im Widerspruch. Daher stünden dem Beklagten als Filmhersteller alle ausschließlichen Verwertungsrechte am hier gegenständlichen Film zu, und abweichende Vereinbarungen bzw ein Rechtevorbehalt seien unwirksam. Gleiches gelte für die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach dem UrhG, die das Schicksal der Verwertungsrechte teilten. Da der Vertrag zwischen den Streitteilen dem Beklagten sämtliche Verwertungsrechte an dem Film zuweise, besitze er auch die gesetzlichen Vergütungsansprüche. Dies gelte nicht nur für den dem Produzenten nach § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG zustehenden Hälfteanteil, sondern auch für den nach dieser Bestimmung dem Filmurheber (Regisseur) zustehenden weiteren Hälfteanteil; eine von dieser Bestimmung abweichende Vereinbarung sei nämlich zulässig. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche könnten allerdings nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden, weshalb der Beklagte die ihm an dem von ihm produzierten Filmen zustehenden gesetzlichen Vergütungsansprüche (einschließlich derjenigen an dem gegenständlichen Film) der Verwertungsgesellschaft für audio‑visuelle Medien VAM GmbH zur treuhändigen Wahrnehmung abgetreten habe. Zwar könnten abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Filmurhebers nicht wirksam geschlossen werden, es bleibe aber dabei, dass dem Filmurheber nur die Hälfte an den Erträgnissen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen zustehe. Das Recht der integralen Kabelweiterleitung sei dem Beklagten mit der Vereinbarung vom 13. 3. 2008 eingeräumt worden.

Das Erstgericht hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in diesem Verfahren Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die der EuGH mit Urteil vom 9. 2. 2012, Rs C‑277/10, wie folgt beantwortet hat:

1. Die Artikel 1 und 2 der Richtlinie 93/83/EWG einerseits sowie die Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG in Verbindung mit dem Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2006/11/EG und Art 2 der Richtlinie 2006/116 andererseits sind dahin auszulegen, dass die Verwertungsrechte an dem Filmwerk, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen (Vervielfältigungsrecht, Recht zur Ausstrahlung über Satelliten, und jedes andere Recht zur Wiedergabe im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung), kraft Gesetzes unmittelbar und originär dem Hauptregisseur zustehen. Folglich sind diese Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie innerstaatlichen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die die genannten Verwertungsrechte kraft Gesetzes ausschließlich dem Produzenten des betreffenden Werks zuweisen.

2. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lässt, eine Vermutung der Abtretung der Verwertungsrechte an dem Filmwerk, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen (Recht zur Ausstrahlung über Satellit, Vervielfältigungsrecht und jedes andere Recht zur Wiedergabe im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung), an den Produzenten des Filmwerks aufzustellen, vorausgesetzt, dass eine solche Vermutung nicht unwiderlegbar ist und damit die Möglichkeit für den Hauptregisseur des Filmwerks ausschlösse, eine anderslautende Vereinbarung zu treffen.

3. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass der Hauptregisseur in seiner Eigenschaft als Urheber des Filmwerks kraft Gesetzes unmittelbar und originär Berechtigter des in Art 5 Abs 2 Buchst b der Richtlinie 2001/29 im Rahmen der sogenannten Privatkopieausnahme vorgesehenen Anspruchs auf gerechten Ausgleich sein muss.

4. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es den Mitgliedsstaaten nicht die Möglichkeit lässt, eine Vermutung der Abtretung des dem Hauptregisseur des Filmwerks zustehenden Anspruchs auf gerechten Ausgleich an den Produzenten dieses Werks aufzustellen, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese Vermutung unwiderlegbar oder abbedingbar ist.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Unter Verweis auf die eingeholte Vorabentscheidung des EuGH führte es aus, § 38 Abs 1 UrhG sei im Sinne einer richlinienkonformen Auslegung als bloße (widerlegliche) Vermutungsregel zu verstehen. Die Bestimmung bezwecke, dass der Hersteller eines gewerbsmäßigen Filmwerks in die Lage versetzt werde, den meist mit größerem finanziellen Aufwand hergestellten Film nach einer sicheren rechtlichen Grundlage verwerten zu können; schließlich könnten die als Filmurheber in Frage kommenden Personen je nach Lage des Falls auch zahlreich sein, und es sei überdies häufig nicht einfach zu entscheiden, wer an der Entstehung eines Filmwerks schöpferisch mitgewirkt habe. Demnach sei § 38 Abs 1 erster Satz UrhG als dispositive Regelung zu begreifen, die eine abweichende vertragliche Vereinbarung zulasse. Deshalb seien auch die im Vertrag vom 13. 3. 2008 enthaltenen abweichenden Vereinbarungen zulässig und wirksam. Nach Punkt 5.2. dieses Vertrags stehe dem Kläger das Recht, den gegenständlichen Film in digitalen Netzen zur Verfügung zu stellen, sowie jenes zur Fernsehsendung für geschlossene Benutzerkreise (Closed Circuit TV) sowie im Wege des sogenannten Pay‑TV (also die verschlüsselte Fernsehsendung gegen gesonderte Entgeltszahlung) zu, sodass dem ersten Feststellungsbegehren stattzugeben sei.

Die gesetzlichen Vergütungsansprüche des Urhebers nach § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG stünden dem Filmhersteller und dem Urheber je zur Hälfte zu, soweit sie nicht unverzichtbar seien und der Filmhersteller mit dem Urheber nichts anderes vereinbart habe. Nach der Entscheidung des EuGH sei das Unionsrecht dahin auszulegen, dass der Hauptregisseur in seiner Eigenschaft als Urheber des Filmwerks kraft Gesetzes unmittelbar und originär Berechtigter des in Art 5 Abs 2 lit b der Info‑RL im Rahmen der sogenannten Privatkopierausnahme vorgesehenen Anspruchs auf gerechten Ausgleich sein müsse; weiters besitze ein Mitgliedsstaat nicht die Möglichkeit, eine Vermutung der Abtretung des dem Hauptregisseur des Filmwerks zustehenden Anspruchs auf gerechten Ausgleich an den Produzenten dieses Werks aufzustellen. Damit seien die gesetzlichen Vergütungsansprüche unverzichtbar und stünden dem Filmurheber (Hauptregisseur) zur Gänze zu, dies lediglich vorbehaltlich der dem Produzenten gesondert zustehenden Ansprüche in seiner Eigenschaft als Laufbildhersteller nach § 73 Abs 2 UrhG. Zum dritten Feststellungsbegehren sei davon auszugehen, dass der Kläger mit Vertrag vom 13. 3. 2008 dem Beklagten auch die Rechte der integralen Kabelweitersendung eingeräumt habe, die er jedoch schon zuvor mittels Wahrnehmungsvertrags vom 5. 2. 2008 der VDFS zur treuhändigen Wahrnehmung abgetreten habe. Diese Vorababtretung sei zulässig und wirksam, weshalb auch dieses Feststellungsbegehren berechtigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in seinem Punkt 1. und änderte es in seinen Punkten 2. und 3. dahin ab, dass es sodann insgesamt lautete:

1. Es wird der beklagten Partei gegenüber festgestellt, dass das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung in digitalen Netzen (§ 18a UrhG), insbesondere in der Form des sogenannten „Video‑On‑Demand“, sowie das Recht der Fernsehsendung (§§ 17, 17a und b UrhG) für geschlossene Benutzerkreise (Closed Circuit TV) sowie im Weg des sogenannten Pay‑TV, das heißt die (verschlüsselte) Fernsehsendung gegen gesonderte Entgeltzahlung, an dem Dokumentarfilm mit dem Titel „Fotos von der Front“ hinsichtlich des vom Kläger stammenden Drehbuchs und des von ihm als Hauptregisseur geschaffenen Werks der Filmkunst dem Kläger zustehen;

2. Es wird der beklagten Partei gegenüber festgestellt, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche, insbesondere die „Leerkassettenvergütung“ im Sinne des § 42b UrhG für den Film „Fotos von der Front“, unbeschadet der Rechte der beklagten Partei in ihrer Eigenschaft als Laufbildhersteller zur Hälfte der klagenden Partei zustehen, die diese der VDFS Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden reg.Gen.m.b.H. zur treuhändigen Wahrnehmung eingeräumt hat.

Das darüber hinausgehende Begehren, es werde der beklagten Partei gegenüber festgestellt, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche, insbesondere die Leerkassettenvergütung im Sinn des § 42b UrhG für den Film „Fotos von der Front“ der klagenden Partei mit weiteren 50 % zustehen, wird abgewiesen.

3. Das Klagebegehren, es werde der beklagten Partei gegenüber festgestellt, dass das Recht zur gleichzeitigen, vollständigen und unveränderten Weitersendung mit Hilfe von Leitungen im Sinn des § 59a UrhG an dem Film „Fotos von der Front“ der klagenden Partei bzw der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden VDFS zustehe, wird abgewiesen.

Zum ersten Feststellungsbegehren sei zu klären, ob § 38 Abs 1 erster Satz UrhG unionsrechtskonform ausgelegt werden könne, nachdem die bisher ständige Rechtsprechung dazu, wonach das Verwertungsrecht am Film unmittelbar beim Filmhersteller entstehe, da die Verwertungsrechte der Urheber kraft Gesetzes schon im Moment ihrer Entstehung auf den Filmhersteller übergingen, nicht aufrecht erhalten werden könne. Aus dem Wortlaut der Bestimmung („stehen zu“) ergebe sich nicht zwingend, dass es sich dabei um eine Zuweisung originärer Verwertungsrechte an den Filmhersteller handle. Naheliegender sei ‑ wie auch die vergleichbare und jüngere Regelung des § 40b UrhG für von Dienstnehmern geschaffene Computerprogramme zeige ‑ eine Auslegung in Richtung einer gesetzlich vermuteten Rechteübertragung. Dies führe dazu, dass der Kläger als Filmurheber über die ihm originär zustehenden Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken verfügen könne, was hier mit der Regie‑ und Autorenvereinbarung zugunsten des beklagten Filmherstellers (mit Ausnahme der im ersten Feststellungsbegehren angeführten Rechte) erfolgt sei. Dem Kläger stünden daher jene Verwertungsrechte, die er sich vertraglich vorbehalten habe, als orginär Berechtigtem weiterhin zu, sodass das erste Feststellungsbegehren zur Gänze berechtigt sei.

Zum zweiten Feststellungsbegehren sei an § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG anzuknüpfen. Nach der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung des EuGH könnten nach Art 5 Abs 2 lit b der Richtlinie 2001/29 die Mitgliedstaaten eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht der Inhaber dieses Rechts in Bezug auf Vervielfältigung auf beliebige Träger durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch (Privatkopieausnahme) vorsehen, wofür jedoch Bedingung sei, dass im Gegenzug für die betroffenen Rechtsinhaber die Zahlung eines gerechten Ausgleichs sichergestellt sei. Der im Rahmen der Privatkopieausnahme vorgesehene gerechte Ausgleich beziehe sich auf das Vervielfältigungsrecht und sei unverzichtbar. Nach Art 2 lit a der genannten Richtlinie müssten die Mitgliedstaaten den Urhebern grundsätzlich das ausschließliche Recht gewähren, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung ihrer Werke auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Nach Art 2 lit d dieser Richtlinie stehe das gleiche Recht den Herstellern der erstmaligen Aufzeichnung von Filmen in Bezug auf das Original und die Vervielfältigungsstücke ihrer Rechte zu. Daraus folge, dass sowohl der Hauptregisseur in seiner Eigenschaft als Urheber des Filmwerks als auch der Produzent als derjenige, der für die zur Herstellung dieses Werks nötigen Investitionen verantwortlich sei, kraft Gesetzes als Inhaber des Vervielfältigungsrechts anzusehen sei.

Diese Erwägungen des EuGH führten hier zum Ergebnis, dass Rechteinhaber des Vervielfältigungsrechts sowohl der Filmhersteller als auch der Filmurheber (Hauptregisseur) seien und der gerechte Ausgleich im Sinne der Privatkopieausnahme dem Schadensausgleich der Rechteinhaber diene, weshalb § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG unionsrechtskonform sei. In Bezug auf den gesetzlichen Vergütungsanspruch der in § 42b UrhG geregelten Leerkassettenvergütung sei die in § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG vorgesehene hälftige Aufteilung zwischen Filmurheber und Filmhersteller eine Methode, die den gerechten Ausgleich für die Zulassung von Privatkopieausnahmen für beide Rechteinhaber des Vervielfältigungsrechts sicherstelle. Der Filmurheber könne auf den gerechten Ausgleich nicht verzichten, es bleibe jedoch dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten, die Höhe des gerechten Ausgleichs festzulegen. Dafür, dass es sich bei der Hälfte der Leerkassettenvergütung um ein Vergütungsausmaß handle, das dem gerechten Ausgleich des Filmurhebers als einem der Rechtsinhaber des Vervielfältigungsrechts nicht entspreche, läge kein Anhaltspunkt vor; auch stehe dem nationalen Gesetzgeber im Rahmen der Ausmittlung der Höhe des gerechten Ausgleichs ein weites Ermessen zu.

§ 42b Abs 5 UrhG, wonach die Vergütungsansprüche der Leerkassettenvergütung nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden könnten, stehe einem Feststellungsbegehren zwischen den Streitteilen nicht entgegen. Das in der genannten Bestimmung den Verwertungsgesellschaften eingeräumte Recht zur Geltendmachung sei ein gesetzlich eingeräumtes Wahrnehmungsrecht gegenüber den Schuldnern des Surrogats für das Entgelt für die Werknutzungsbewilligung (Leerkassettenvergütung). In welchem Umfang dieses Vergütungsrecht dem Filmurheber bzw dem Filmhersteller zustehe, könne nur anhand der zwischen den Streitteilen bestehenden Rechtsbeziehung beurteilt und daher nur zwischen diesen Personen festgestellt werden. Da in der zwischen den Streitteilen geschlossenen Regie‑ und Autorenvereinbarung keine Regelung zur Aufteilung der gesetzlichen Vergütungsansprüche und damit auch keine von § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG abweichende Aufteilungsquote der Leerkassettenvergütung getroffen werde, erübrigten sich auch Überlegungen, in welchem Umfang der Filmurheber allenfalls auf den im Gesetz vorgesehenen halben Anteil an der Leerkassettenvergütung als einen den gerechten Ausgleich übersteigenden Umfang verzichten könnte. Es habe daher im Anlassfall bei der im § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG vorgesehenen Aufteilung zu verbleiben.

Artikel 5 Abs 2 lit b der Richtlinie 2001/29 verlange einen gerechten Ausgleich für die Rechtsinhaber für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat von der Privatkopieausnahme Gebrauch mache; die anderen gesetzlichen Vergütungsansprüche hätten jedoch die Aufgabe, andere gesetzlich angeordnete Einschränkungen von Verwertungsrechten auszugleichen (zB die angemessene Vergütung für die öffentliche Wiedergabe im Unterricht gemäß § 56c UrhG). Die Überlegungen des EuGH zur Unverzichtbarkeit auf den gerechten Ausgleich für die Einräumung der Möglichkeit von Privatkopien träfen daher nicht auf andere gesetzliche Vergütungsansprüche zu. Der hier zu beurteilende Regie‑ und Autorenvertrag enthalte keine Regelung über die Aufteilung gesetzlicher Vergütungsansprüche zwischen Filmurheber und Filmhersteller, sodass es auch hinsichtlich der übrigen gesetzlichen Vergütungsansprüche bei der im § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG vorgesehenen gleichteiligen Aufteilung zwischen den Streitteilen zu bleiben habe. Das über diese Quote hinausgehende Feststellungsbegehren sei abzuweisen.

Das dritte Feststellungsbegehren betreffe das Satelliten- und Kabelweiterleitungsrecht. Die Kabel‑ und Satellitenvergütung sei erstmals im § 59a UrhG idF UrhG‑Nov 1980 als gesetzlicher Vergütungsanspruch geregelt worden. In Umsetzung der Satelliten- und Kabelrichtlinie habe die UrhG‑Nov 1996 diese Vergütung mit 1. 1. 1998 wieder in ein Ausschlussrecht zurückverwandelt (§§ 59a und 59b idF UrhG‑Nov 1996). Es handle sich dabei um ein Verwertungsrecht an einem Filmwerk. Da diese Rechte, insbesondere auch das Recht zur Ausstrahlung über Satellit, richtlinienkonform unmittelbar und originär dem Hauptregisseur zustehen müssten, sei § 38 Abs 1 erster Satz UrhG dahingehend zu interpretieren, dass damit eine abdingbare Vermutungsregelung der derivativen Rechteübertragung an den Filmhersteller aufgestellt werde.

Mit dem hier zu beurteilenden Regie‑ und Autorenvertrag habe der klagende Regisseur dem beklagten Produzenten mit Ausnahme der aus dem ersten Feststellungsbegehren ersichtlichen Rechte unbeschränkt alle Urheber‑ und/oder Leistungsschutzrechte (Verwertungsrechte), die ihm aus seiner Tätigkeit als Regisseur des gegenständlichen Films entstanden sind, abgetreten und zähle dazu demonstrativ in Punkt 5.1.f. das Recht auf, das Filmwerk über Fernsehen oder ähnliche Verfahren terrestrisch oder über Satellit, drahtgebunden oder drahtlos zu senden und weiterzusenden, sowie die gesendete Produktion wahrnehmbar zu machen. Dem Argument des Klägers, er habe diese Verwertungsrechte nicht mehr an den Beklagten übertragen können, da er bereits zu einem früheren Zeitpunkt über diese Rechte im Rahmen des Abschlusses des Wahrnehmungsvertrags mit der Verwertungsgesellschaft VDFS verfügt habe, sei zu entgegnen, dass der Umfang der Wahrnehmungsrechte erst durch den Regie‑ und Autorenvertrag zum konkreten Film individualisierbar geworden sei, weshalb erst in diesem Zeitpunkt die dem Hauptregisseur verbleibenden Verwertungsrechte auf die Verwertungsgesellschaft VDFS übergegangen sein konnten. Wollte man der Auffassung des Klägers folgen, führte dies dazu, dass ein Hauptregisseur durch einen Wahrnehmungsvertrag zwischen ihm und VDFS, mit dem die Verwertungsrechte zur treuhändigen Wahrnehmung an die VDFS übertragen werden, gehindert sei, künftig über diese Verwertungsrechte hinsichtlich sämtlicher zukünftiger, noch nicht konkretisierter und individualisierter Filmwerke zu verfügen. Jene Hauptregisseure, die einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen hätten, könnten dann keine Vereinbarungen über die Verwertungsrechte mit den Filmherstellern treffen, und eine Rechteübertragung an den Filmhersteller wäre nicht mehr möglich. Dadurch wäre § 38 Abs 1 erster Satz UrhG in der Auslegung einer widerleglichen Rechtsvermutung der vertraglichen Übertragung der Verwertungsrechte größtenteils sinnentleert. Das Satelliten-und Kabelweiterleitungsrecht als Verwertungsrecht sei demnach vom Kläger durch Abschluss der Regie‑ und Autorenvereinbarung wirksam dem Beklagten übertragen worden, weshalb das dritte Feststellungsbegehren unbegründet sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Frage, ob § 38 Abs 1 UrhG einer richtlinienkonformen Auslegung zugänglich sei, vom OGH noch nicht entschieden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den abweisenden Teil dieses Urteils gerichtete Revision des Klägers ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Aufteilung der gesetzlichen Vergütungsansprüche im Rechtsstreit zwischen Miturhebern eines Filmwerks sowie zur Inhaberschaft des Verwertungsrechts der Kabelweitersendung fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

1. Zu der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage hat der Senat mittlerweile bereits Stellung genommen und ‑ nach eingehender Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH und dem Schrifttum ‑ ausgesprochen, dass § 38 Abs 1 UrhG bei unionsrechtskonformer Auslegung (nur) die Vermutung begründet, dass die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken dem Filmhersteller zustehen. Diese Vermutung kann durch den Beweis einer davon abweichenden Vereinbarung widerlegt werden (4 Ob 184/13g = RIS‑Justiz RS0129244). Dieses Auslegungsergebnis stellt der Rechtsmittelwerber ausdrücklich nicht weiter in Frage und teilt die Entscheidungsgründe daher ausdrücklich, soweit sie den Ausspruch über die Stattgebung des ersten Feststellungsbegehrens betreffen.

2.1. Der Kläger bekämpft hingegen den vom Berufungsgericht zum zweiten Feststellungsbegehren festgelegten Aufteilungsschlüssel (Hälfteteilung der gesetzlichen Vergütungsansprüche) mit dem Argument als unrichtig, die als Vorbild dienende Regelung des § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG gelte nur für verzichtbare Ansprüche des Urhebers. Sowohl der Anspruch auf einen gerechten Ausgleich iSd § 42b Abs 1 UrhG (so die Rechtsprechung des EuGH) als auch die sonstigen gesetzlichen Vergütungsansprüche (kraft analoger Anwendung von Art 2 Abs 5 Vermiet- und Verleih‑RL) seien allerdings unverzichtbar und stünden deshalb allein dem Filmurheber (Hauptregisseur) zu. Ansprüche des Urhebers auf Beteiligung an den Erträgnissen des Vermietrechts seien schon nach § 16b Abs 5 UrhG unverzichtbar. Ob Unverzichtbarkeit auch Unabtretbarkeit bedinge, könne allerdings dahingestellt bleiben, da der Vertrag zwischen den Streitteilen die Aufteilung gesetzlicher Vergütungsansprüche nicht regle.

Der Kläger weist weiters darauf hin, dass die gesetzliche Regelung des § 38 Abs 1 zweiter Satz UrhG auch dadurch aus dem Gleichgewicht gebracht werde, dass der Gesetzgeber dabei offenbar die dem Filmhersteller zustehenden Leistungsschutzrechte des Laufbildherstellers (§§ 73ff UrhG) nicht mitbedacht habe. Die Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden (VDFS) und die Produzentengesellschaft VAM hätten sich nach Erlassung der Entscheidung des EuGH im gegenständlichen Verfahren auf eine Aufteilung der Erträgnisse aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen im Verhältnis 50:50 geeinigt, wobei sich diese Einigung allerdings auf die Gesamterträgnisse und jegliche Rechtsgrundlage, also Urheberrecht ieS und Leistungsschutzrecht, sowie auch auf ausübende Künstler (Filmdarsteller) beziehe.

2.2. Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass das österreichische Urheberrecht zwischen dem Urheberrecht ieS einerseits und Leistungsschutzrechten andererseits unterscheidet und gesonderte Rechtspositionen parallel an Urheber, ausübende Künstler, Tonträgerhersteller, Filmhersteller (Laufbildhersteller), Lichtbildhersteller und Rundfunkunternehmer zuweist und damit allgemein vorsorgt, dass allen Anspruchsinhabern gesonderte Ansprüche aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen zustehen.

2.3. Diese Vielzahl der Anspruchsinhaber ist der Grund dafür, dass das Gesetz (§ 42b Abs 5 UrhG) die Geltendmachung gesetzlicher Vergütungsansprüche den Verwertungsgesellschaften vorbehalten hat. Dies bewirkt auf Seiten der Anspruchsberechtigten eine Rechtekonzentration, verbunden mit dem Aufbau eines leistungsfähigen Inkassoapparats, auf Seiten der Nutzer hingegen die Sicherheit, dass ihnen nicht einzelne Urheber individuell entgegentreten können, sondern sie es mit Verwertungsgesellschaften zu tun haben, die sich noch dazu auf eine einzige Verwertungsgesellschaft, die Austro Mechana, als kassierende Gesellschaft geeinigt haben ( Dillenz/Gutman , UrhG² § 42b Rn 24).

2.4. Obliegt demnach die Verteilung der gesetzlichen Vergütungsansprüche zwischen einer - im Regelfall ‑ Mehrzahl von Anspruchsberechtigten allein den Verwertungsgesellschaften als deren Treuhänder, stellt sich hier im Verfahren zwischen dem Kläger als Hauptregisseur und Miturheber und dem Beklagten als Produzent und Träger der Laufbildrechte eines Filmwerks, an dessen Entstehen selbst nach dem Vorbringen des Klägers noch eine Vielzahl weiterer ‑ nicht am Verfahren beteiligter ‑ Personen schöpferisch mitgewirkt hat (der Kläger nennt hier als mögliche Mit‑ oder Bearbeitungsurheber etwa Kameramann, Beleuchter, Schnittmeister, Ausstatter ua), die Vorfrage nach dem rechtlichen Interesse des Klägers an seinem zweiten Feststellungsbegehren, das einen Aufteilungsschlüssel für die Gesamterträgnisse allein zwischen den Verfahrensparteien feststellen soll. Der Mangel des rechtlichen Interesses an einer Feststellungsklage ist nämlich auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0039123).

3.1. Zweck der Feststellungsklage ist es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht (RIS‑Justiz RS0037422). Das Vorliegen des Feststellungsinteresses ist Voraussetzung für den Feststellungsanspruch (RIS‑Justiz RS0039177). Es muss irgendeine streitverhindernde oder sonstige Rechtswirkung zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits denkbar sein (RIS‑Justiz RS0039080). Voraussetzung ist eine unmittelbare Wirkung des festzustellenden Rechts auf die Rechtsposition der die Feststellung beantragenden Partei (RIS‑Justiz RS0039080 [T3]). Ein bloß wirtschaftliches Interesse allein genügt nicht (7 Ob 91/12a; vgl RIS‑Justiz RS0038978). Das rechtliche Interesse fehlt, wenn die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils die Beseitigung der Unsicherheit über das Rechtsverhältnis nicht garantieren kann und damit die Rechtsverhältnisse des Klägers durch das Verhalten des Beklagten nicht unmittelbar berührt werden (RIS‑Justiz RS0039071).

3.2. Der Kläger begehrt die Feststellung bestimmter Rechte, die er einer Verwertungsgesellschaft zur treuhändigen Wahrnehmung abgetreten hat, als ihm im Verhältnis zum Beklagten zur Gänze zustehend. Nach den zuvor referierten Grundsätzen der Rechtsprechung ist ein Feststellungsinteresse des Klägers deshalb nicht gegeben, weil seine Rechtsverhältnisse durch ein Verhalten des Beklagten nicht unmittelbar berührt werden:

3.3. Der Treuhänder nimmt die ihm vom Kläger übertragenen Rechte wahr und schüttet an ihn als Treugeber die ihm ‑ entsprechend den die Verteilung zwischen allen Anspruchsberechtigten regelnden Gesamtverträgen der Verwertungsgesellschaften ‑ zustehenden Erlöse aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen aus, ohne dabei auf die Auffassung des Beklagten zur Höhe des „richtigen“ Verteilungsschlüssels Rücksicht zu nehmen. Eine unmittelbare Wirkung des vom Kläger angestrebten Feststellungsurteils zum zweiten Begehren auf die Rechtsposition des Klägers kann unter diesen Umständen nicht eintreten, erstreckt sich doch die Feststellungswirkung eines im Anlassfall erstrittenen Urteils nicht auch auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte (wie etwa den Treuhänder des Klägers oder andere Verwertungsgesellschaften).

4.1. Auch für das dritte Feststellungsbegehren (betreffend die Feststellung, dass das Recht auf integrale Kabelweiterleitung „dem Kläger bzw der Verwertungsgesellschaft“ zustehe) fehlt dem Kläger ein Feststellungsinteresse.

4.2. Abgesehen davon, dass dieses Begehren deshalb in sich widersprüchlich ist, weil das genannte Recht nur entweder dem Kläger oder (nach Abtretung) der Verwertungsgesellschaft, nicht aber beiden zugleich zustehen kann, kann auch dieses Recht nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden (§ 59a Abs 1 UrhG; die dort genannte Ausnahme des beim Urheber verbleibenden Rechts, Verletzungen gerichtlich zu verfolgen, ist nach dem gesamten Vorbringen vom Feststellungsbegehren nicht mitumfasst).

4.3. Hat der Kläger aber ‑ wie er selbst vorbringt und auch durch den umfassenden Wahrnehmungsvertrag vom 5. 2. 2008 bewiesen hat ‑ das Kabelweiterleitungsrecht noch vor seiner Vereinbarung mit dem Beklagten einem Dritten zur treuhändigen Wahrnehmung abgetreten, ist nicht zu erkennen, auf welche Weise seine Rechtsverhältnisse in Ansehung dieses (nunmehr von einem Dritten wahrzunehmenden) Rechts durch ein Verhalten des Beklagten unmittelbar berührt werden könnten. Dass eine wirksame Vorausabtretung von Rechten des Urhebers an erst zu schaffenden Werken möglich ist (vgl § 31 Abs 1 UrhG), haben weder Beklagter noch Berufungsgericht bezweifelt. Auch insoweit fehlt also das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung. Der Revision kann aus diesen Erwägungen kein Erfolg beschieden sein.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.

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