OGH 8ObA13/14s

OGH8ObA13/14s28.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** P*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, wegen 9.093,04 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 7.030,97 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 21. November 2013, GZ 6 Ra 78/13g‑27, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 26. Juni 2013, GZ 28 Cga 80/12x‑23, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00013.14S.0428.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang des Zuspruchs von 1.320,65 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 11. März 2012 und in der Abweisung von 741,42 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 11. März 2012 unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden teilweise dahin abgeändert, dass sie ‑ unter Einbeziehung der in Rechtskraft erwachsenen Teile ‑ als Teilurteil zu lauten haben:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 3.801,80 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 11. März 2012 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 1.775,16 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 11. März 2012 zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Die hierauf entfallende Entscheidung über die Verfahrenskosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Im Übrigen, daher im Umfang eines Klagebegehrens von 3.516,08 EUR brutto samt 8,38 % Zinsen seit 11. März 2012, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf diesen Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war von 29. 10. 2009 bis 10. 3. 2012 in einer von der Beklagten betriebenen Diskothek als Kellnerin beschäftigt. Auf das Beschäftigungsverhältnis war der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel‑ und Gastgewerbe anwendbar.

Die Klägerin war als fallweise Beschäftigte angemeldet. Sie vereinbarte mit der Beklagten einen Stundenlohn von 7,50 EUR netto bzw eine Entlohnung mit 7 % des Umsatzes, falls die Entlohnung über die Umsatzbeteiligung höher als die Entlohnung nach Stunden ausfällt. Über Sonderzahlungen wurde nicht gesprochen, die Klägerin dachte auch daran nicht. Eine ausdrückliche Vereinbarung, dass im Lohn Weihnachts‑ und Urlaubsgeld enthalten sei, wurde nicht getroffen.

Die Diensteinteilungen erfolgten im Rahmen von monatlichen Dienstbesprechungen jeweils für den Folgemonat. Wer bei diesen Dienstbesprechungen unentschuldigt nicht anwesend war, wurde für den nächsten Monat nicht zur Arbeit eingeteilt. Die Klägerin konnte bei diesen Besprechungen Wunschtermine für ihre Arbeit angeben. Waren solche Wünsche nicht erfüllbar, wurde man auf einer „Reserveliste“ eingetragen und angerufen, falls der eingeteilte Kellner ausfiel. War man zu einem Dienst eingeteilt, bestand Arbeitspflicht. War die Klägerin an der Arbeit kurzfristig verhindert, kümmerte sie sich selbst um einen Ersatz; wusste sie frühzeitig, dass sie nicht arbeiten konnte, besorgten dies die Betriebsleiter der Beklagten.

Die Klägerin war bei insgesamt 24 Dienstplanbesprechungen in der Dauer von je 2 Stunden anwesend. Die Diskothek war von Donnerstag bis Samstag jeweils von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr früh, bei Bedarf auch länger, geöffnet. Die Klägerin übernahm in fast zweieinhalb Jahren an den vom Erstgericht festgestellten Tagen insgesamt 221 Dienste. Wenn sie Frühdienst hatte, hatte sie um 20:00 Uhr in das Lokal zu kommen und bis zur Öffnung des Lokals Vorbereitungsarbeiten zu verrichten. Bei Spätdienst hatte sie nach der Sperrstunde Reinigungsarbeiten auszuführen, die etwa eine Stunde in Anspruch nahmen. Diese Vor‑ und Nachbereitungszeiten wurden von der Beklagten nicht gesondert entlohnt, darüber wurde auch keine Vereinbarung mit der Klägerin getroffen.

Der Lohn wurde jeweils nach Dienstende ausgezahlt; war der Umsatz höher als der Stundenlohn, behielt die Klägerin ihren Umsatzprozentanteil gleich ein, andernfalls erhielt sie den Stundenlohn ausgezahlt.

Nach einer Beanstandung im Jänner 2012 wurde die Klägerin im Februar 2012 nicht zu Diensten eingeteilt. Bis zum 10. 3. 2012 leistete sie noch vier Dienste, danach wurde sie nicht mehr zur Arbeit eingeteilt. Die Klägerin hat während ihrer Beschäftigung bei der Beklagten keinen Urlaub verbraucht. Vereinzelt war sie während ihrer Tätigkeit für die Beklagte tageweise auch bei anderen Arbeitgebern beschäftigt, sie bezog teilweise auch Arbeitslosengeld.

Die Klägerin machte die den Gegenstand der Klage bildenden Ansprüche gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 30. 4. 2012 geltend.

Die Klägerin macht folgende Ansprüche geltend:

- Jahresremunerationen für den Zeitraum

29. 10.  2009 bis 10. 3. 2012 3.516,08 EUR brutto

- Urlaubsersatzleistung für

71,01 Werktage 3.760,04 EUR brutto

- Lohndifferenzen für

48 Stunden Dienstplanbesprechungen 334,08 EUR brutto

- Lohndifferenzen für

213 Arbeitsstunden 1.482,84 EUR brutto

gesamt 9.093,04 EUR brutto

 

Sie sei durchgehend bei der Beklagten beschäftigt und persönlich zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Bei den einmal im Monat stattfindenden Dienstbesprechungen habe Anwesenheitspflicht bestanden. Sie habe immer eine Stunde vor Dienstbeginn und nach Dienstende arbeiten müssen und dafür kein Entgelt erhalten. Sie habe keinen Urlaub konsumiert. Jahresremunerationen habe sie nicht erhalten. Nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag sei die Berechnungsgrundlage für die Jahresremuneration für Arbeitnehmer, deren Verdienst den kollektivvertraglichen Mindestlohn um weniger als 15 % übersteige, der Durchschnitt der letzten 12 vollen Kalendermonate vor Auszahlung dieser Jahresremuneration.

Die Beklage hielt dem entgegen, dass die Klägerin nicht durchgehend sondern lediglich fallweise, und zwar nur tageweise und unregelmäßig, beschäftigt gewesen sei. Arbeitseinsätze seien nur über ihren Wunsch erfolgt. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Jahresremuneration seien daher nicht gegeben. Zudem sei die Klägerin weit überkollektivvertraglich entlohnt worden. Der Kollektivvertrag sehe im Übrigen für fallweise Beschäftigte einen 20%igen Zuschlag zum Mindestlohn vor, der als Ersatz für die Sonderzahlungen und die Urlaubsabgeltung gedacht sei. Falls die Klägerin Anspruch auf Sonderzahlungen hätte, seien diese nicht vom tatsächlich verdienten Entgelt, sondern vom kollektivvertraglichen Mindestlohn zu berechnen. Die Dienstplanbesprechungen hätten nur dazu gedient, die Arbeitswünsche der Dienstnehmer zu eruieren. Die Ansprüche der Klägerin seien überdies verfallen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin 8.351,62 EUR brutto sA zu und wies ein Mehrbegehren von 741,42 EUR brutto sA an restlichen Lohndifferenzen für Vor‑ und Nachbearbeitungszeiten ab. Diese Abweisung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Die Klägerin habe jeden Monat zumindest an drei, höchstens an 14 Tagen, zumeist aber an 7 ‑ 11 Tagen, Dienst gehabt. Sie habe in Relation zu den Öffnungstagen der Beklagten derart viele Dienste geleistet, dass von einem durchgehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei. Dieses habe einvernehmlich am 10. 3. 2012 geendet.

Der Klägerin gebühre auch als Teilzeitbeschäftigte eine Jahresremuneration gemäß Pkt 14 des Kollektivvertrags. Dieser Anspruch bestehe ausgehend von den von der Klägerin verdienten tatsächlichen Bruttolöhnen und unter Berücksichtigung eines fiktiven Lohns für den Monat Februar 2012, in dem die Klägerin arbeitsbereit gewesen, jedoch von der Beklagten nicht zur Arbeit herangezogen worden sei, für die gesamte Dauer ihrer Tätigkeit in der geltend gemachten Höhe. Eine Vereinbarung, nach der die Klägerin einen um 20 % erhöhten Lohn aufgrund der fallweisen Beschäftigung erhalten hätte, liege nicht vor, vielmehr sei von der tatsächlich getroffenen Lohnvereinbarung auszugehen. Weder ausdrücklich noch schlüssig sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass Sonderzahlungen durch das laufende Entgelt der Klägerin abgegolten sein sollten. Auch die Urlaubsersatzleistung gebühre der Klägerin in der geltend gemachten Höhe. Die begehrten Lohndifferenzen seien für den Großteil der geltend gemachten Stunden zuzuerkennen. Dem Verfallseinwand der Beklagten komme keine Berechtigung zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es sprach der Klägerin 1.320,65 EUR brutto zu. Dieser Zuspruch erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Hingegen wies es das Mehrbegehren der Klägerin in Höhe von 7.772,39 EUR brutto ab. Die Rahmenvereinbarung der Streitteile könne nicht als Arbeitsvertrag angesehen werden, weil die konkrete Arbeitspflicht für die Klägerin erst anlässlich der Fixierung der einzelnen Dienste bei den monatlichen Dienstbesprechungen entstanden sei. Über ein durchgehendes Arbeitsverhältnis sei keine konkludente Willenseinigung zustande gekommen; eine sittenwidrige Überwälzung des wirtschaftlichen Risikos der Beklagten auf sie habe die Klägerin nicht behauptet. Auch ein unzulässiger Kettenarbeitsvertrag liege nicht vor, weil die Zeiten der Unterbrechung jene der Beschäftigung deutlich übersteigen.

Es liege daher kein mehr als zwei Monate dauerndes Arbeitsverhältnis iSd Pkt 14 des Kollektivvertrags vor, weshalb der geltend gemachte Anspruch auf Jahresremunerationen nicht gebühre. Hingegen habe die Klägerin auch als fallweise Beschäftigte einen Anspruch auf Urlaubsersatzleistung. Diesem Anspruch stehe auch die Verfallsklausel des Pkt 7 lit e) des Kollektivvertrags nicht entgegen. Ausgehend von einer fallweisen Beschäftigung gebühre dieser Anspruch jedoch nur in der von der Klägerin errechneten und von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Höhe von 1.278,89 EUR brutto. Soweit sich die geltend gemachten (restlichen) Lohndifferenzen auf vor dem 30. 12. 2011 erbrachte Arbeitsleistungen beziehen, seien sie gemäß Pkt 7 lit e) des Kollektivvertrags verfallen. Die verbleibenden Lohndifferenzen seien unter Anwendung des § 273 ZPO im Ausmaß von 41,76 EUR brutto zuzuerkennen.

Die Revision sei zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit des hier festgestellten Modells der fallweisen Beschäftigung, von dem mehrere Arbeitnehmer betroffen seien, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin , die auf eine gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig. Sie ist auch teilweise berechtigt.

A. Zum Vertragsverhältnis der Streitteile

1.  Die Revisionswerberin begründet ihre Rechtsauffassung, sie sei durchgehend bei der Beklagten beschäftigt gewesen, primär damit, dass sie aufgrund der mit der Beklagten abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zu regelmäßigen Arbeitsleistungen verpflichtet gewesen sei und tatsächlich regelmäßig gearbeitet habe.

Zurecht hat aber das Berufungsgericht die von den Parteien getroffene Rahmenvereinbarung für sich allein nicht als durchgehenden Arbeitsvertrag qualifiziert. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend und entspricht den ebenfalls die Beklagte betreffenden Vorentscheidungen 8 ObA 50/13f, 8 ObA 82/13m, 9 ObA 153/13k, 9 ObA 154/13g und 8 ObA 8/14f. Die Rahmenvereinbarung der Streitteile begründete für die Klägerin noch keine Arbeitspflicht. Umgekehrt verschaffte sie ihr aber auch keinen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten Zeiten oder in einem bestimmten Mindestausmaß. Der Inhalt beschränkte sich auf eine Rahmenvereinbarung über die Art und die Höhe der Entlohnung von fallweisen Einsätzen. Zu einem konkreten Arbeitsverhältnis kam es jeweils erst dann, wenn die Klägerin sich für bestimmte, frei gewählte Tage zum Einsatz bereit erklärte und die Beklagte ihre Arbeitskraft tatsächlich in Anspruch nahm (die in der Revision zitierte Entscheidung 8 ObA 86/03k ist nicht vergleichbar, weil im damals zu beurteilenden Fall schon in der Rahmenvereinbarung der Parteien ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis mit ‑ von der Arbeitszeitregelung abgesehen ‑ allen Merkmalen eines Arbeitsvertrags von den Parteien vereinbart wurde). Nach der festgestellten Praxis haben die Streitteile daher eine Serie von befristeten Arbeitsverträgen geschlossen.

2.  Grundsätzlich ist diese Art der Vertragsgestaltung wegen der immanenten Gefahr einer Beeinträchtigung wesentlicher Arbeitnehmerinteressen sehr restriktiv zu beurteilen. Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale, wirtschaftliche Gründe bzw organisatorische oder technische Gründe gerechtfertigt ist, weil sonst die Gefahr der Umgehung zwingender, den Arbeitnehmer schützender Rechtsnormen durch den Arbeitgeber und einer darin zum Ausdruck kommenden rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Arbeitsverträgen besteht (Brenn in Reissner, AngG § 19 Rz 18 und die dort zitierten Belegstellen). Es bedarf einer Interessenabwägung im Sinne des beweglichen Systems, bei der nicht nur das Ausmaß der Unterbrechungszeiten, sondern auch das der zwischen diesen Unterbrechungszeiten liegenden Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen ist. Übersteigt die Dauer der Zeiten der Unterbrechung erheblich jene der Beschäftigung, so spricht dies tendenziell gegen eine unzulässige Vertragskette (8 ObA 8/14f; 8 ObA 50/13f; RIS‑Justiz RS0021824; RS0110312).

In den oben zitierten, ebenfalls die Beklagte betreffenden Vorentscheidungen wurde das Vorliegen unzulässiger Kettenverträge verneint, zumal in den genannten Fällen das Ausmaß der Dauer der Unterbrechungszeiten das Ausmaß der Beschäftigungszeiten bei weitem überstieg und zudem die gewählte Vertragsgestaltung den Interessen der betroffenen Arbeitnehmer entsprach, die mit dieser Vertragsgestaltung ihre Tätigkeit für die Beklagte mit anderweitigen Verpflichtungen in Einklang bringen konnten (so wollten etwa die zu 8 ObA 50/13f und 9 ObA 154/13g klagenden Arbeitnehmer nur gelegentlich neben einem anderweitigen Hauptberuf tätig sein; die zu 8 ObA 8/14f und 8 ObA 82/13m klagenden Arbeitnehmerinnen wollten ihre fallweise Beschäftigung mit den zeitlichen Erfordernissen eines Studiums bzw mit familiären Verpflichtungen in Einklang bringen). In all diesen Fällen wurde daher das Vorliegen unzulässiger Kettenverträge verneint; die jeweils klagenden Parteien wurden ‑ ihrer Anmeldung bei der Sozialversicherung entsprechend ‑ als fallweise Beschäftigte iSd § 471 ASVG qualifiziert.

3. Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch deutlich von den bisher entschiedenen Fällen:

Zum einen hat die Klägerin wesentlich mehr Arbeitseinsätze verrichtet als die klagenden Parteien der genannten Vorverfahren: Sie leistete in jedem Monat ihrer Tätigkeit ‑ mit Ausnahme des Februar 2012, in dem sie von der Beklagten nicht zu Diensten eingeteilt wurde ‑ an zumindest drei Tagen pro Woche Dienste für die Beklagte, zumeist an 7 bis 11 Tagen pro Monat, manchmal sogar mehr. Die Diskothek der Beklagten war im Durchschnitt nur an 12 Tagen pro Monat geöffnet. Die Klägerin arbeitete daher regelmäßig an zumindest rund zwei Dritteln bis hin zu nahezu sämtlichen Öffnungstagen der Diskothek. Ihre Arbeitstätigkeit gleicht daher weit eher jener eines teilzeitbeschäftigten als eines bloß fallweise beschäftigten Arbeitnehmers.

Zum anderen fehlt es hier an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass (auch) Interessen der Klägerin für die gewählte Vertragsgestaltung maßgebend waren. Die Klägerin war während ihrer Tätigkeit für die Beklagte lediglich vereinzelt tageweise bei anderen Arbeitgebern beschäftigt, sie bezog teilweise auch Arbeitslosengeld. Sie hatte nach den Feststellungen auch keinerlei zeitliche oder familiäre Verpflichtungen, auf die sie Rücksicht nehmen wollte. Daraus erklärt sich ja auch der Umstand, dass die Klägerin den größten Teil der Betriebstage des Unternehmens der Beklagten tätig wurde. Interessen der Klägerin an der Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse anstelle eines durchgehenden Arbeitsverhältnisses sind daher nicht zu erkennen.

4.  Damit führt aber die nach der oben dargestellten Rechtslage vorzunehmende Interessenabwägung hier zum Ergebnis, dass von einem unzulässigen Kettenarbeitsvertrag und aus diesem Grund vom Vorliegen eines einheitlichen, ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses ( Brenn aaO § 19 Rz 23) auszugehen ist.

B)   Zu den Ansprüchen der Klägerin:

1.1  Jahresremuneration:

Die rechtliche Grundlage dieses Anspruchs ist Pkt 14 des Kollektivvertrags, der auszugsweise lautet:

14. Jahresremuneration

a)  Alle Arbeitnehmer (Arbeiter und Lehrlinge), die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind, haben Anspruch auf Jahresremuneration in der Höhe von 230 Prozent des im jeweiligen Lohnübereinkommen festgelegten Mindestmonatslohnes, jedoch maximal bis zur Höhe des tatsächlich ins Verdienen gebrachten Lohnes für die Normalarbeitszeit. Die Berechnungsbasis für die Jahresremuneration von Arbeitnehmern, deren Verdienst den kollektivvertraglichen Mindestlohn um weniger als 15 Prozent übersteigt, bildet der Durchschnitt der letzten 12 vollen Kalendermonate vor Auszahlung dieser Jahresremuneration, bei kürzerer Dienstzeit die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses. Wenn in einer Lohnperiode ein voller Lohnausfall von mehr als einer Woche eintritt, so bleibt der betreffende Monat bei der Durchschnittsberechnung außer Betracht, ohne dass hiedurch eine Verlängerung der Bemessungszeitspanne erfolgt.

[…]“

1.2  Ausgehend von einem einheitlichen ununterbrochenen Arbeitsverhältnis liegt die Voraussetzung eines länger als zumindest zwei Monate dauernden Arbeitsverhältnisses gemäß Pkt 14 lit a) des Kollektivvertrags im konkreten Fall vor. Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien einvernehmlich endete, hat die Beklagte schon in der Berufung nicht mehr in Zweifel gezogen. Dies gilt ebenso für die zutreffende Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die Verfallsklausel des Pkt 7 lit e) des Kollektivvertrags auf den Anspruch auf Jahresremuneration nicht anwendbar ist (RIS‑Justiz RS0064834).

1.3  Die Beklagte hat dem auf Zuspruch von Jahresremuneration gerichteten Begehren der Klägerin entgegen gehalten, dass sie weit überkollektivvertraglich entlohnt worden sei und überdies den in Pkt 8 lit g) des Kollektivvertrags geregelten Mindestlohnzuschlag für fallweise Beschäftigte erhalten habe, wodurch ein allfälliger Anspruch auf Jahresremuneration abgegolten sei.

1.4  Der mit diesem Vorbringen der Beklagten angesprochene Pkt 8 des Kollektivvertrags trägt dem Umstand Rechnung, dass fallweise Beschäftigte die von Pkt 14 lit a) des Kollektivvertrags für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe als Voraussetzung für den Anspruch auf Jahresremuneration geforderte zweimonatige ununterbrochene Beschäftigungsdauer nicht erfüllen können. Nach Pkt 8 des Kollektivvertrags steht ihnen daher ein auf 120 % erhöhter Mindeststundenlohn zu. Der Durchschnittslohn für fortlaufend beschäftigte Arbeitnehmer beträgt unter aliquoter Einrechnung der diesen zustehenden Jahresremuneration 119,17 % des allgemeinen Mindestlohnsatzes. Fallweise Beschäftigte haben daher für dieselbe Anzahl an Arbeitsstunden im Ergebnis nicht weniger, sondern (geringfügig) mehr Lohn zu erhalten als durchgehend Beschäftigte (9 ObA 153/13k ua).

1.5  Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass es den Parteien des Arbeitsvertrags frei steht, durch eine über dem Mindestansatz des Kollektivvertrags liegende Entgeltvereinbarung eine Abgeltung von Sonderzahlungen vorzusehen (8 ObA 20/04f; 8 ObA 56/11k; 9 ObA 51/12h).

In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in Fällen, in denen der Arbeitnehmer auf Basis eines „freien Dienstvertrags“ oder „Werkvertrags“ „Honorare“ erhalten hat, obwohl er in Wahrheit kraft der Art und Gestaltung seiner Verwendung in einem echten Arbeitsverhältnis gestanden ist, das einem bestimmten Kollektivvertrag unterliegt, im Hinblick auf die Absicht der Parteien mit den Honorarzahlungen alle Ansprüche des Beschäftigten abzudecken, eine derartige Vereinbarung der Parteien unterstellt und bei der Prüfung der Frage, ob er aufgrund dieses Kollektivvertrags noch offene Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber auf Sonderzahlungen hat, das gesamte von ihm bezogene „Honorareinkommen“ in Anschlag gebracht (RIS‑Justiz RS0028906).

1.6  Hier haben die Parteien zwar ebenfalls keine ausdrückliche Vereinbarung über die Abgeltung der Jahresremuneration durch eine überkollektivvertragliche Entlohnung getroffen. Es ist aber unverkennbar, dass auch im vorliegenden Fall die Parteien - der Qualifizierung ihres Verhältnisses als fallweise Beschäftigung entsprechend ‑ davon ausgegangen sind, dass die vereinbarte Entlohnung alle Ansprüche der Klägerin abdecken sollte.

Die für fallweise Beschäftigte geltende Entlohnungsregelung des Kollektivvertrags - nämlich die Abgeltung der Jahresremuneration durch einen Zuschlag zum Mindestlohn - steht mit diesem Ergebnis im Einklang.

1.7 Auch im vorliegenden Fall muss daher bei der Prüfung der Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Jahresremuneration hat, das gesamte von ihr bezogene Einkommen in Anschlag gebracht und dem kollektivvertraglichen Mindestentgelt gegenübergestellt werden. Erst dann kann beurteilt werden, ob durch die der Klägerin ausgezahlte Entlohnung ihre Ansprüche auf Jahresremuneration wirklich abgegolten wurden oder nicht.

Dazu fehlen bislang aber noch die nötigen Entscheidungsgrundlagen, weil der der Klägerin zustehende kollektivvertragliche Mindestlohn mangels jeglicher Feststellungen über die maßgebenden Einstufungskriterien noch nicht ermittelt werden kann. Damit ist aber derzeit auch noch nicht beurteilbar, ob das Vorbringen der Beklagten, die Klägerin habe ohnedies zumindest den nach Pkt 8 lit g) des Kollektivvertrags erhöhten Mindestlohn erhalten, zutrifft oder nicht.

1.8  Zur Berechnung des Anspruchs auf Jahresremuneration ist auf die bereits oben wiedergegebene Regelung in Pkt 14 lit a) des Kollektivvertrags zu verweisen, die detaillierte Regelungen zu den übrigen in der Revision aufgeworfenen Berechnungsfragen enthält.

1.9  Im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens auf Jahresremunerationen im Ausmaß von gesamt 3.516,08 EUR brutto sA erweist sich das Verfahren daher als ergänzungsbedürftig, weshalb die Entscheidungen in diesem Umfang aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Der darauf entfallende Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

2.  Urlaubsersatzleistung und Lohndifferenzen:

2.1  Die Klägerin begehrte zuletzt 3.760,04 EUR brutto sA an Urlaubsersatzleistung. Gegen die Berechnung dieses Betrags im Falle eines durchgehenden Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte im Verfahren keine substantiierten Einwände erhoben. Das Berufungsgericht hat der Klägerin allerdings - ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, es liege bloß eine fallweise Beschäftigung vor ‑ lediglich 1.278,89 EUR brutto (rechtskräftig) zuerkannt. Gegenstand des Verfahrens ist daher noch das (rechnerisch nicht strittige) Mehrbegehren der Klägerin von 2.481,15 EUR brutto. Den gegen den Anspruch auf Urlaubsersatzleistung erhobenen Einwänden der Beklagten hielt das Berufungsgericht zutreffend entgegen, dass dieser Anspruch nicht durch eine überkollektivvertragliche Entlohnung abgegolten werden kann (8 ObA 32/13h ua) und dass er auch nicht verfallen ist, weil sich die hier maßgebende Verfallsbestimmung des Pkt 7 lit c) des Kollektivvertrags nur auf das laufende Entgelt, nicht aber auf den Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bezieht (8 ObA 50/13f). Ausgehend vom Vorliegen eines einheitlichen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses steht der Klägerin daher die gesamte im Verfahren geltend gemachte, der Höhe nach nicht strittige Urlaubsersatzleistung von 3.760,04 EUR brutto sA zu, sodass sich die Revision im Umfang des noch verfahrensgegenständlichen Betrags von 2.481,15 EUR brutto sA an Urlaubsersatzleistung als berechtigt erweist.

2.2  Aus dem Titel der Lohndifferenzen ist nach der rechtskräftigen Abweisung eines Betrags von 741,42 EUR brutto sA durch das Erstgericht und dem in Rechtskraft erwachsenen Zuspruch eines Betrags von 41,76 EUR brutto sA durch das Berufungsgericht noch ein ‑ vom Berufungsgericht abgewiesener ‑ Restbetrag von 1.033,74 EUR brutto sA Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das Berufungsgericht hat dieses Begehren mit der Begründung abgewiesen, dass diese Lohndifferenzen, die sich auf vor dem 30. 12. 2011 erbrachte Arbeitsleistungen beziehen, verfallen seien. Diese Begründung wird von der Revisionswerberin nicht bekämpft, sodass dieser rechtlich gesondert beurteilbare Aspekt für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar ist (RIS‑Justiz RS0043338). Im Umfang des Klagebegehrens von restlichen 1.033,74 EUR brutto sA an Lohndifferenzen erweist sich die Revision daher als nicht berechtigt.

2.3  Der Revision war daher im Umfang der Ansprüche auf Urlaubsersatzleistung und Lohndifferenzen teilweise Folge zu geben und der Klägerin mit Teilurteil (unter Einbeziehung der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile) insgesamt ein Betrag von 3.801,80 EUR brutto sA (3.760,04 EUR brutto sA an Urlaubsersatzleistung und 41,76 EUR brutto an Lohndifferenzen) zuzuerkennen. Das weitere Klagebegehren von 1.775,16 EUR brutto (Lohndifferenzen) war abzuweisen.

Der hierauf entfallende Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 4 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte