Spruch:
Dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die beiden betreibenden Parteien sind die Kinder des Verpflichteten. Mit Beschluss vom 21. Februar 2012 hat das Erstgericht zur Hereinbringung eines jeweils den Zeitraum von 1. November 2004 bis 31. Mai 2010 betreffenden vollstreckbaren Unterhaltsrückstand von 28.509,32 EUR (betreffend den erstbetreibenden Sohn) und von 13.405,25 EUR (betreffend die zweitbetreibende Tochter), insgesamt 41.914,57 EUR, antragsgemäß die Fahrnis‑ und Gehaltsexekution bewilligt.
Die Drittschuldneranfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger blieb erfolglos. Bei den am 13. November 2012 und 20. November 2012 durchgeführten Vollzugsversuchen konnten keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden werden. Am 20. November 2012 hat der Verpflichtete vor dem Gerichtsvollzieher ein Vermögensverzeichnis abgegeben.
Am 19. November 2012 ‑ also einen Tag vor dem zweiten Vollzugsversuch des Gerichtsvollziehers ‑ brachte der Verpflichtete mit der Begründung, er habe am 19. März 2012 gegen den Exekutionstitel vom 20. Mai 2010 einen (aus seiner Sicht keinesfalls aussichtslosen) Abänderungsantrag gemäß § 73 AußStrG gestellt, einen Antrag auf Aufschiebung der Exekution ein (ON 6). Bei Fortsetzung der Exekution würde ihm durch die Versteigerung gepfändeter Sachen bzw durch die konkrete Gefahr, allfällige Zahlungen von Drittschuldnern an die betreibenden Parteien von diesen nicht zurückerlangen zu können, ein unwiederbringlicher Nachteil entstehen. Zur Leistung einer Sicherheit sei er nicht verpflichtet; eine Bewilligung der Aufschiebung unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung wünsche er ausdrücklich nicht.
Die betreibenden Parteien wurden zum Aufschiebungsantrag gehört. Während sich die erstbetreibende Partei mit einer Aufschiebung für einen bestimmten Zeitraum gegen Auferlegung einer Sicherheitsleistung einverstanden erklärte (ON 10), beantragte die zweitbetreibende Partei die Abweisung des Aufschiebungsantrags, in eventu die Aufschiebung gegen Erlag einer Sicherheitsleistung durch den Verpflichteten (ON 11).
Mit Beschluss vom 15. Februar 2013 (ON 12) schob das Erstgericht die Exekution gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 41.914,57 EUR auf und sprach aus, dass die Aufschiebung erst wirksam werde, wenn die Sicherheitsleistung bei Gericht erlegt worden sei.
Der Beschluss wurde sowohl dem Verpflichteten als auch den betreibenden Gläubigern zugestellt; alle Parteien erhoben Rekurs. Eine Sicherheitsleistung wurde vom Verpflichteten nicht erlegt.
Das Rekursgericht gab den Rekursen der betreibenden Parteien dahin Folge, dass es den Aufschiebungsantrag abwies und die Rekurskosten der betreibenden Parteien als weitere Exekutionskosten bestimmte; der Verpflichtete wurde mit seinem Rekurs auf diese Entscheidung verwiesen.
Auch wenn die Sicherheitsleistung nicht erlegt worden sei, seien Rekurslegitimation und Beschwer auch der betreibenden Parteien zu bejahen, weil sich der Verpflichtete gegen die Auferlegung einer Sicherheitsleistung gewandt habe und daher der entsprechende Auftrag des Erstgerichts noch nicht rechtskräftig sei; dies sei insbesondere im Zusammenhang damit zu sehen, dass der Verpflichtete eindeutig nur die Aufschiebung ohne Erlag einer Sicherheit begehrt habe und von Amts wegen eine Sicherheit nicht aufzuerlegen sei.
Die Einbringung eines Abänderungsantrags nach § 73 AußStrG bilde zwar einen Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 2 Z 2 EO; allerdings fehle es dem Verpflichteten am Aufschiebungsinteresse, weil sowohl die Fahrnisexekution als auch die Gehaltsexekution ins Leere gegangen seien. Aus welchen Gründen nunmehr der Verpflichtete der Gefahr eines unwiederbringlichen Nachteils ausgesetzt sein solle, sei weder offenkundig noch ausreichend behauptet und bescheinigt. Abgesehen davon, dass der Verpflichtete die Auferlegung einer Sicherheitsleistung ablehne, könne die fehlende Gefährdung des Verpflichteten nicht durch Erlag einer Sicherheitsleistung ersetzt werden.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Aufschiebungsinteresse bei einer Fahrnis‑ und/oder Gehaltsexekution vorliegen könne, wenn zum einen keine pfändbaren Gegenstände vorhanden seien und der Verpflichtete ein Vermögensverzeichnis abgegeben habe und zum anderen kein bekannter Drittschuldner ermittelbar sei. Darüber hinaus sei die Frage, ob ein Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG analog unter § 42 Abs 1 Z 2 EO zu subsumieren sei, von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Aufschiebungsantrags ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung sowie auf Zurückweisung der Rekurse der betreibenden Parteien. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung des Rechtsschutzinteresses der betreibenden Parteien an der Rekurserhebung zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Nach den Revisionsrekursausführungen seien die beklagten Parteien vor Erlag einer Sicherheitsleistung weder zum Rekurs legitimiert noch beschwert gewesen; die Zustellung des Aufschiebungsbeschlusses habe keine Rechtsmittelfrist für sie ausgelöst. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts führe zu Rechtsunsicherheit, weil die betreibenden Parteien zu ihrer Absicherung jedenfalls einen Rekurs einbringen müssten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wären die Rekurse der betreibenden Parteien mangels Rekurslegitimation als unzulässig zurückzuweisen gewesen, sodass es auch nicht zu einer Kostenersatzpflicht des Verpflichteten gekommen wäre. Das Aufschiebungsinteresse des Verpflichteten wäre schon deshalb zu bejahen gewesen, weil der Aufschiebungsantrag bereits vor dem zweiten erfolglosen Vollzugsversuch gestellt worden sei.
Dazu wurde erwogen:
1. Vorweg ist klarzustellen, dass die Parteien des Exekutionsverfahrens jedenfalls zum Rekurs legitimiert sind (vgl RIS‑Justiz RS0002150; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, §§ 65 ‑ 67 EO Rz 20). Der Verpflichtete spricht das ‑ seiner Ansicht nach den betreibenden Parteien zum Anfechtungszeitpunkt fehlende ‑ Rechtsschutzinteresse an einer Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses an. Dieses Rechtsschutzinteresse (die Beschwer) besteht dann, wenn durch den angefochtenen Beschluss in die Rechte des Rekurswerbers eingegriffen wird und die Rekursentscheidung geeignet ist, den Rechtszustand, mit dem die Interessen des Rekurswerbers gewahrt werden, wiederherzustellen (Jakusch in Angst, EO2 § 65 Rz 13); ein Kosteninteresse allein ist nicht geeignet, eine Beschwer in der Hauptsache zu begründen (RIS‑Justiz RS0002495 [T67] uva). Nach der Rechtsprechung muss das Rechtsschutzinteresse sowohl im Zeitpunkt der Rekurserhebung vorhanden sein als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung fortdauern (RIS‑Justiz RS0041770, RS0006880 [T8] uva); andernfalls ist der Rekurs zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0006216), selbst wenn die zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses führenden Umstände erst nach Rekurserhebung eingetreten sind (RIS‑Justiz RS0002495 [T68]).
2. Der Oberste Gerichtshof hat zuletzt in der Entscheidung 3 Ob 73/13a die Ansicht bekräftigt, dass dann, wenn das Erstgericht die Aufschiebung der Exekution vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht hat, die betreibende Partei ‑ bis zu einem Erlag der aufgetragenen Sicherheit durch die verpflichtete Partei ‑ durch einen Aufschiebungsbeschluss des Erstgerichts nicht beschwert ist und eine Zustellung des Aufschiebungsbeschlusses vor Erlag der Sicherheitsleistung keine Rechtsmittelfrist für sie auslöst (siehe bereits 3 Ob 35/06b = RIS‑Justiz RS0115713 [T1]).
3. Diese Rechtsprechung ist auf derjenigen zur einstweiligen Verfügung gegründet.
3.1. Fordert das Gericht von der gefährdeten Partei eine Sicherheitsleistung (§ 390 Abs 1 und 2 EO), „darf mit dem Vollzug der Verfügung nicht vor Nachweis des gerichtlichen Erlages der zu leistenden Sicherheit begonnen werden“ (§ 390 Abs 3 EO). Daraus wird abgeleitet, dass im Fall der Bewilligung einer einstweiligen Verfügung nur gegen Erlag einer Sicherheit der Beschluss zunächst nur der gefährdeten Partei und erst nach Erlag der Sicherheit durch sie auch deren Gegner zuzustellen ist. Die in der Entscheidung 4 Ob 359/61 (= JBl 1962, 333 [ablehnend Erlacher]) noch als zweckmäßig erachtete Zustellung der einstweiligen Verfügung sofort nach ihrem Erlass (also bereits vor dem Erlag einer aufgetragenen Sicherheitsleistung) wird in nachfolgender Rechtsprechung als mit der Annahme einer bis zum Erlag der Sicherheitsleistung zunächst noch unwirksamen Verfügung unvereinbar angesehen (in diesem Sinn bereits 5 Ob 257/66 = EvBl 1967/37, 48; 4 Ob 120/08p = RIS‑Justiz RS0005724 [T2]; siehe auch E. Kodek in Angst 2 § 390 EO Rz 14 mwN), als Argument gegen eine Zustellung (an den Gegner der gefährdeten Partei) vor Erlag der Sicherheitsleistung wird vor allem auch der Überraschungseffekt ins Spiel gebracht (König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren4 [2012] Rz 5/15; G. Kodek in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 390 EO Rz 120).
3.2. Die Rechtsprechung (siehe etwa 4 Ob 177/01k = RIS‑Justiz RS0005834 [T7] und [T8]; 4 Ob 178/01g = SZ 74/174; RIS‑Justiz RS0115713) folgert daraus, dass der Gegner der gefährdeten Partei durch eine einstweilige Verfügung vor Erlag einer der gefährdeten Partei auferlegten Sicherheit nicht beschwert ist: Dies wird damit begründet, dass die einstweilige Verfügung erst durch den Erlag der Sicherheit wirksam werde. Die fehlende Beschwer nimmt die Rechtsprechung auch dann an, wenn die einstweilige Verfügung dem Gegner der gefährdeten Partei vor ihrem Wirksamwerden ‑ also „verfrüht“ ‑ zugestellt wird und der Gegner der gefährdeten Partei noch vor Ablauf der ‑ in der Folge ungenützt verstreichenden ‑ Erlagsfrist ein Rechtsmittel einbringt. Ein Rechtsmittel des Gegners wird nur ausnahmsweise dann zugelassen, wenn die einstweilige Verfügung unrichtigerweise sofort in Vollzug gesetzt wird (siehe 8 Ob 392/97y und 4 Ob 120/08p = RIS‑Justiz RS0115713 [T3]).
Zu bemerken ist, dass es ‑ wie sich aus § 390 Abs 3 EO ergibt ‑ hier richtigerweise nicht um ein „Wirksamwerden“ der einstweiligen Verfügung geht (die Wirksamkeit einer Entscheidung ist an ihre Zustellung geknüpft), sondern um ihre Vollstreckbarkeit (E. Kodek, Probleme bei einstweiligen Verfügungen mit Sicherheitsleistung ‑ ein österreichischer Sonderweg als Irrweg? in FS Griss [2011] 343 [352 f]).
3.3. Die Ansicht, dass die die Folgen eines nachträglichen Wegfalls der Beschwer betreffende Bestimmung in § 50 Abs 2 ZPO auch bei Nichterlag der Sicherheitsleistung anzuwenden sei (4 Ob 79/93 = ÖBl 1993, 265), hat der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 177/01k (RIS‑Justiz RS0005834 [T7]; ebenso 4 Ob 178/01g = SZ 74/174) ausdrücklich nicht aufrecht erhalten. Das Vorhandensein oder Fehlen der Beschwer sei objektiv und unabhängig vom Wissen des Gegners vom Erlag der Sicherheitsleistung zu beurteilen. Zusätzlich wird in der Entscheidung argumentiert, dass sich der Gegner durch Nachfrage bei Gericht vergewissern könne, ob die gefährdete Partei die Sicherheit erlegt habe (in dem Sinn, dass der Gegner nicht davon ausgehen dürfe, dass die Zustellung der einstweiligen Verfügung den Erlag der Sicherheitsleistung signalisiere; kritisch E. Kodek in Angst, EO2 § 390 Rz 14).
3.4. Auch die Lehre verneint zu § 390 EO ‑ auch bei „verfrühter“ Zustellung der einstweiligen Verfügung ‑ überwiegend ein Rechtsschutzbedürfnis des Gegners der gefährdeten Partei vor Erlag der Sicherheit (ausführlich zum Meinungsstand G. Kodek in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO § 390 Rz 132 ff). Zechner (Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung [2000] 219) lehnt eine Rechtsmittelbefugnis des Gegners mangels Vollzugswirkung der einstweiligen Verfügung gänzlich ab (ebenso E. Kodek in Angst 2 § 390 Rz 14 mit Hinweis auf die Unzulässigkeit der Zustellung an den Gegner sowie G. Kodek in Burgstaller/Deixler‑Hübner § 390 Rz 133; nach dem Inhalt der einstweiligen Verfügung differenzierend König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren4 [2012] Rz 5/19a ff).
4. Zu der hier entscheidenden Frage, ob es der betreibenden Partei vor dem Erlag einer aufgetragenen Sicherheit ebenfalls an der Beschwer zur Bekämpfung des Aufschiebungsbeschlusses fehlt, gibt es keine ausdrücklichen Stellungnahmen in der Lehre. Heller/Berger/Stix 4 (554) sprechen lediglich die Wirksamkeit des Aufschiebungsbeschlusses an: Dieser sei vor dem Erlag einer aufgetragenen Sicherheit unwirksam. Gleiches gilt für Jakusch (in Angst 2 § 44 Rz 45): Bis zum Erlag der Sicherheit sei das Exekutionsverfahren fortzusetzen. Die Frage der Beschwer in der hier interessierenden Konstellation wird von ihm auch in der Kommentierung des § 65 EO (in Angst 2 § 65 Rz 14c) nicht behandelt. Auch Deixler‑Hübner (in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO [14. Lfg 2010] § 44 Rz 22) befasst sich mit dem Wirksamwerden der Exekutionsaufschiebung, ebenso Mini (Die Aufschiebung der Exekution [2002] 114 unter Berufung auf 2 Ob 50/49 = SZ 22/26 = RIS‑Justiz RS0001826); die Frage der Beschwer eines vor Erlag der Sicherheitsleistung von der betreibenden Partei erhobenen Rechtsmittels sprechen sie nicht an.
5. Entgegen der unter 2. angeführten Rechtsprechung (3 Ob 35/06b = RIS‑Justiz RS0115713 [T1]; 3 Ob 73/13a) kann die zu § 390 EO herrschende Ansicht zur Frage der Beschwer nicht unbesehen auf die Aufschiebung der Exekution übertragen werden, beruhen doch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und die Aufschiebung einer Exekution auf unterschiedlichen Prämissen.
5.1. Ein Antrag auf Aufschiebung der Exekution setzt eine bewilligte Exekution voraus (RIS‑Justiz RS0001673). Der betreibende Gläubiger ist daher zwingend von Anbeginn an in das Verfahren zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs eingebunden: Er weiß davon, ein wie immer gearteter Überraschungseffekt spielt keine Rolle.
Wird dagegen der Vollzug einer einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheit abhängig gemacht, ist vorerst nur die gefährdete Partei in das Verfahren eingebunden (siehe § 390 Abs 3 EO). Solange sie die Sicherheit nicht erlegt, wird in keine fremde Sphäre eingegriffen, weil der Vollzug der einstweiligen Verfügung noch nicht legitimiert ist; der Vollzug hat gar nicht mehr zu erfolgen, wenn die Sicherheit nicht innerhalb eines Monats erlegt wird (§ 396 EO). Allein die gefährdete Partei hat es ‑ durch rechtzeitigen Erlag der Sicherheitsleistung ‑ in der Hand, dass auch ihr Gegner in das Verfahren einbezogen wird. Für ihn soll die einstweilige Verfügung überraschend kommen, weshalb eine vorherige Zustellung der einstweiligen Verfügung (vor dem Erlag der Sicherheitsleistung) kontraproduktiv ist (siehe oben 3.1.).
5.2. Wie bereits erwähnt spielt der Überraschungseffekt beim Aufschiebungsantrag keine Rolle; auch eine dem § 390 Abs 3 EO vergleichbare Regelung fehlt für die Aufschiebung. Die gesetzliche Wertung des § 42 EO, der die Aufschiebung eines eingeleiteten Exekutionsverfahrens an strenge Voraussetzungen knüpft, zeigt eindringlich, dass die Aufschiebung der Exekution einen Ausnahmefall darstellt. Damit steht aber in Widerspruch, wenn der verpflichteten Partei, die einen Aufschiebungsantrag gestellt hat, ‑ anders als bei der einstweiligen Verfügung ‑ die unbefristet ausübbare „Option“ eingeräumt wird, jederzeit im Laufe des Exekutionsverfahrens die Aufschiebung zu effektuieren, indem sie die aufgetragene Sicherheit erlegt. Das bei der einstweiligen Verfügung gebrauchte Argument, der Gegner der gefährdeten Partei, dem die bereits einstweilige Verfügung „verfrüht“ zugestellt worden war, könne sich zumutbarerweise durch laufende Nachfrage bei Gericht erkundigen, wann die für ihn gültige Rechtsmittelfrist zu laufen beginne (in diesem Sinn 4 Ob 177/01k und 4 Ob 178/01g = SZ 74/174; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner § 390 Rz 133), kann ‑ wenn überhaupt ‑ nur dadurch gerechtfertigt werden, dass die einstweilige Verfügung nach Ablauf eines Monats jedenfalls nicht mehr zu vollziehen ist. Eine solche Obergrenze fehlt jedoch bei der Aufschiebung. Um einen permanenten Schwebezustand zu vermeiden, ist es zweckmäßig, die Möglichkeit einer Anfechtung eines Aufschiebungsbeschlusses in einem frühen Stadium vorzusehen.
5.3. Dazu kommt, dass zwar bis zum Erlag der Sicherheit das Exekutionsverfahren ohne Rücksicht auf die bereits bewilligte Aufschiebung fortzusetzen ist (anstatt vieler Jakusch in Angst 2 § 44 Rz 45). Da aber die Aufschiebung nach § 43 Abs 1 EO insofern zurückwirkt, als im Fall der Bewilligung des Aufschiebungsantrags nur solche Exekutionsakte aufrecht bleiben, die im Zeitpunkt des Einlangens des Antrags bereits gesetzt gewesen waren, hat sich das Gericht nach Einlangen des Antrags bis zur Entscheidung darüber aller Verfahrenshandlungen zu enthalten, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, Heller/Berger/Stix 4 535; Deixler‑Hübner, Vorbem zu §§ 42 ‑ 45 Rz 2 und § 42 Rz 9; Mini, Die Aufschiebung der Exekution [2002] 114), wie etwa der Erteilung eines Zuschlags (Jakusch in Angst 2 § 43 Rz 2). Es kann auch erwartet werden, dass das Gericht, das die Aufschiebung der Exekution gegen Erlag einer Sicherheitsleistung, zumindest faktisch für eine gewisse Zeit danach trachten wird, die Möglichkeit des Eintritts der Aufschiebungswirkungen nicht von vornherein dadurch zu konterkarieren, dass es umgehend nach seiner Entscheidung wieder Vollzugsschritte setzt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Auch dies spricht dafür, möglichst schnell im Rechtsmittelweg zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Aufschiebung überhaupt vorliegen.
5.4. Schiebt das Gericht die Exekution ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung auf, besteht kein Zweifel, dass dieser Beschluss der betreibenden Partei zuzustellen ist und die Zustellung die Rechtsmittelfrist auslöst. Ein vernünftiger Grund, warum dieselbe Zustellung eine Rechtsmittelfrist nicht auslösen sollte, falls vom Gericht auch eine Sicherheitsleistung auferlegt wird, ist nicht erkennbar. Die Rechtsposition der betreibenden Partei wird schon allein dadurch beeinträchtigt, dass das Exekutionsgericht nun ‑ entgegen der Exekutions-bewilligung ‑ in der Fortführung der Exekution eingeschränkt ist (siehe 5.3.).
5.5. Schließlich macht gerade der vorliegende Fall, in dem der Verpflichtete eine Aufschiebung gegen Erlag einer Sicherheitsleistung ausdrücklich abgelehnt hat, wohingegen das Erstgericht ‑ entgegen der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0001457) ‑ die Aufschiebung der Exekution gegen Erlag einer Sicherheitsleistung bewilligt hat, deutlich, dass die betreibenden Parteien ‑ bei Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung ‑ keine Möglichkeit hätten, im Rechtsmittelweg die Abweisung des Aufschiebungsantrags zu erreichen, solange der Verpflichtete nicht die auferlegte Sicherheit erlegt, die er nach seinem eigenen Vorbringen aber gar nicht zu erlegen gedenkt. Zudem beruft sich der Verpflichtete in seinem Aufschiebungsantrag im Sinne des § 44 Abs 1 EO auf das Fehlen einer Gefährdung bei den betreibenden Parteien. Schon das Prinzip der Waffengleichheit (dazu ‑ im Zusammenhang mit einem Aufschiebungsverfahren ‑ zuletzt EGMR 15. Juli 2010, Bsw 38663/06, Mladoschovitz gegen Österreich, NL 2010, 230) gebietet es, dass den betreibenden Parteien die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Gefährdung darlegen und gegebenenfalls im Rechtsmittelweg durchsetzen zu können, dass eine Aufschiebung wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen überhaupt unterbleibt.
5.6. Die Verneinung einer Beschwer der betreibenden Parteien würde sich in bestimmten Konstellationen auch der Verfahrensökonomie abträglich erweisen. Darf das Rekursgericht zunächst nur den Rekurs der verpflichteten Partei gegen die Auferlegung der Sicherheitsleistung behandeln, muss es sich unter Umständen mit Rechtsfragen auseinandersetzen, die im weiteren Verfahren keine Rolle spielen, etwa wenn das Rekursgericht der Auffassung ist, dass die Aufschiebung an sich nicht zu bewilligen wäre. Wird in der Folge ‑ nach der Rekursentscheidung ‑ die Sicherheitsleistung erlegt (bzw legt das Rekursgericht in Stattgebung eines Rekurses der verpflichteten Partei keine Sicherheitsleistung auf), ist fraglich, gegen welche Entscheidung ‑ den Aufschiebungsbeschluss des Erstgerichts oder die Rekursentscheidung ‑ die betreibenden Parteien ihr Rechtsmittel zu richten haben. Wird ihnen nur das Rechtsmittel des Revisionsrekurses zugestanden, sind ihre Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Wertgrenzen und das Erfordernis einer erheblichen Rechtsfrage beschränkt. Wird ihnen hingegen eine Rechtsmittelmöglichkeit gegen die erstinstanzliche Entscheidung eröffnet (die allerdings unter Umständen in dieser Form infolge einer Abänderung durch das Rekursgericht gar nicht mehr existiert), bedarf es einer neuerlichen Entscheidung des Rekursgerichts. Dazu kommt die Ungewissheit über den Beginn der Rekursfrist für die betreibenden Parteien.
5.7. Zusammengefasst kann daher der vom Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen 3 Ob 35/06b und 3 Ob 73/13a vertretene Standpunkt, dem betreibenden Gläubiger fehle es bis zum Erlag der angeordneten Sicherheitsleistung an einer Beschwer zur Bekämpfung der Aufschiebung, nicht aufrechterhalten werden; im Fall einer Zustellung einer die Aufschiebung anordnenden Entscheidung ist der betreibende Gläubiger berechtigt (und auch verpflichtet), diese Entscheidung innerhalb der durch die Zustellung ausgelösten Rechtsmittelfrist anzufechten.
5.8. In diesem Sinn hat das Rekursgericht zu Recht die Beschwer der betreibenden Parteien bejaht.
6. Das Rekursgericht hat auf der gleichen Sachverhaltsgrundlage zu entscheiden, wie sie dem Erstgericht vorlag oder bei mängelfreier Führung des Verfahrens vorliegen hätte müssen (Jakusch in Angst, EO2 § 65 Rz 33).
6.1. Das Erstgericht hat seinen Aufschiebungsbeschluss am 15. Februar 2013, also zu einem Zeitpunkt gefasst, als längst bekannt war, dass auch der zweite Vollzugsversuch am 20. November 2012 erfolglos geblieben war.
6.2. Abgesehen vom Fall der Offenkundigkeit obliegt es im Aufschiebungsverfahren dem Aufschiebungswerber, konkret die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils (§ 44 Abs 1 EO) zu behaupten und gegebenenfalls zu bescheinigen. Diese Gefahr ist im vorliegenden Fall nicht offenkundig, blieb doch sowohl die Fahrnis‑ als auch die Forderungsexekution erfolglos. Mangels Darlegung eines Vermögensnachteils iSd § 44 Abs 1 EO hat ein Exekutionsaufschub nach dieser Gesetzesstelle zu unterbleiben.
7. Dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO. Ein Kostenersatz kommt mangels eines Rechtsmittelerfolgs des Verpflichteten nicht in Betracht.
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