OGH 4Ob79/93

OGH4Ob79/9313.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot.Firma P***** Establishment, ***** vertreten durch Dr.Jürgen Hinterwirth, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei N***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Christoph Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 900.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2.April 1993, GZ 2 R 62/93-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 28.Jänner 1993, GZ 7 Cg 12/93p-3, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Beide Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

In teilweiser Abänderung des vom Erstrichter gefaßten Beschlusses erließ das Rekursgericht eine einstweilige Verfügung und trug der Klägerin auf, für alle der Beklagten durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch den gerichtlichen Erlag von S 500.000 oder die Beibringung einer entsprechenden Bankgarantie Sicherheit zu leisten; vor dem Nachweis des Erlages der Sicherheit dürfe mit dem Vollzug der einstweiligen Verfügung nicht begonnen werden. Ferner sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig:

Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung wurde der Klägerin am 27.April 1993 zugestellt (Rückschein auf Seite 110). Wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat, hat die Klägerin die ihr auferlegte Sicherheit jedenfalls bis zum 2.Juli 1993 nicht erlegt.

Nach § 396 EO ist die Vollziehung einer bewilligten einstweiligen Verfügung - von einer hier nicht gegebenen Ausnahme abgesehen - unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Bewilligungsbeschluß der klagenden Partei zugestellt wurde, mehr als ein Monat verstrichen ist. Wenn auch die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung, die - wie hier - nur in einem Verbot an den Gegner besteht, im allgemeinen mit der Zustellung an diesen beendet ist, wird doch die einstweilige Verfügung dann, wenn die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Klägers abhängig gemacht worden ist, erst mit deren Erlag wirksam (ÖBl 1974, 63; ÖBl 1979, 49; ÖBl 1983, 117; ÖBl 1987, 152 ua). Wird die Sicherheit nicht innerhalb der Monatsfrist des § 396 EO erlegt, dann erlischt die einstweilige Verfügung von selbst, ohne daß es dazu eines gerichtlichen Ausspruches bedürfte (ÖBl 1983, 117; ÖBl 1987, 152; Heller-Berger-Stix 2870 f). Die nicht mehr vollziehbare einstweilige Verfügung ist damit gegenstandslos; sie verliert jede Wirksamkeit und ist so zu betrachten, als wäre sie nicht erlassen worden (Heller-Berger-Stix aaO; SZ 42/73; JBl 1979, 38; ÖBl 1979, 49; ÖBl 1987, 152 ua).

Ist aber die angefochtene einstweilige Verfügung gemäß § 396 EO außer Kraft getreten, dann fehlt es der Beklagten an der Beschwer, welche nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre eine Voraussetzung für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels ist (SZ 42/73; ÖBl 1987, 152; SZ 61/6 uva).

Das Rechtsmittel der Beklagten mußte demnach zurückgewiesen werden.

Da aber das Rechtsschutzinteresse der Beklagten bei der Erhebung des Revisionsrekurses (11.Mai 1993) mangels Ablaufes der Erlagsfrist noch vorhanden war und erst nachträglich weggefallen ist, ist der Mangel der Beschwer bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen (§ 50 Abs 2 ZPO idF der EO-Novelle 1991 BGBl 628). Demnach ist zu prüfen, wie über den Revisionsrekurs bei Bejahung der Beschwer der Beklagten zu entscheiden wäre. Die Beklagte meint, daß die Klägerin entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ihren Anspruch nicht nur nicht ausreichend bescheinigt (§ 390 Abs 1 EO), sondern keine ausreichenden Behauptungen aufgestellt, ihren Antrag somit nicht schlüssig begründet habe, so daß er abzuweisen gewesen wäre. Dem kann nicht gefolgt werden:

Die Klägerin hat ausdrücklich behauptet, daß Walter N***** in ihrem Vollmachtsnamen mit der Beklagten das "Pariser Agreement" geschlossen habe (S. 3); eine konkretere Behauptung dazu war nicht erforderlich. Die Klägerin hat auch behauptet, daß Walter N***** die Gestattung der Benützung des Wortbestandteils "N*****" deshalb widerrufen konnte, weil der Beklagte die ausdrückliche Bedingung für die Benützung - daß nämlich Änderungen bezüglich der Qualität der Produkte und des Logos der Wort- und Bildmarke "N*****" nur mit seiner oder der Klägerin Genehmigung erfolgen (S. 3 f) -, nicht eingehalten habe. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen - welche, weil in den Rahmen dieses Vorbringens fallend, jedenfalls zu berücksichtigen sind - hat der Beklagte das "Logo" abgeändert (S. 85); daß dies mit Genehmigung der Klägerin oder des Walter N***** geschehen wäre, steht nicht fest. Die Klägerin hat sich darauf berufen, daß der in Österreich ansässige Beklagte nach wie vor die in K*****, also in Österreich, erzeugten Patisserie-Produkte mit dem Markenzeichen "N*****" versehe und vertreibe, insbesondere zuletzt in Paris (S. 4). Damit hat die Klägerin eindeutig vorgebracht, daß der Beklagte (auch) in Österreich die beanstandete Markenverletzung begangen habe. Es kann daher keine Rede davon sein, daß der Sicherungsantrag mangels Schlüssigkeit hätte abgewiesen werden müssen. Dem Umstand aber, daß die Behauptungen der Klägerin nach Meinung des Rekursgerichtes nicht ausreichend bescheinigt sind, wurde durch die Auferlegung einer Sicherheit Rechnung getragen. Gegen die Höhe dieser Sicherheitsleistung bestehen keine Bedenken, zumal die auferlegte Sicherheit unter geänderten Verhältnissen nachträglich erhöht werden könnte (SZ 52/48; SZ 54/1; ÖBl 1983, 139 uva).

Im Hinblick auf die mangelnde sachliche Berechtigung des Revisionsrekurses kommt ein Kostenzuspruch an die Beklagte nicht in Frage (§§ 78, 402 Abs 4 EO; §§ 40, 50, 52 ZPO). Der Klägerin waren die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung nicht vorzubehalten (§ 393 Abs 1 EO), weil ihre Rechtsmittelbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient hat. Zur Zeit der Überreichung dieses Schriftsatzes (28.Mai 1993) war nämlich die Erlagsfrist schon abgelaufen und die einstweilige Verfügung damit wirkungslos geworden; die Revisionsrekursbeantwortung - in welcher auch nicht auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen wurde - war daher zwecklos.

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