OGH 4Ob202/13d

OGH4Ob202/13d17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei WSV ‑ Wettbewerbsschutzverband 1981, *****, vertreten durch Prof. Hintermayr & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Schmautzer Lichtenegger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 8. Oktober 2013, GZ 2 R 152/13f, 153/13b‑20, womit die Beschlüsse des Landesgerichts Linz vom 8. und 20. August 2013, GZ 4 Cg 68/13g‑8 und 13, teilweise abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0040OB00202.13D.1217.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht untersagte der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung, im geschäftlichen Verkehr bei der Veranstaltung von Pauschalreisen in Österreich die Marktteilnehmer dadurch irre zu führen, dass sie höhere „Statt“‑Preise als Ausgangspreise ankündigt, ohne klar und deutlich anzugeben, dass die höheren Ausgangspreise von ihr nie ernsthaft verlangt wurden, sondern von ihr nach eigenem Gutdünken zusammengestellte Summen künftiger Preise für Einzelreiseleistungen anderer Touristikunternehmen sind.

Den beanstandeten Werbemitteln habe eine hinreichend deutliche Aufklärung der angesprochenen Verbraucher gefehlt, dass mit dem „Statt“‑Preis kein Eigenpreisvergleich vorgenommen worden sei, sondern der „Statt“‑Preis eine von der Beklagten nach ihrem Gutdünken beliebig zusammengestellte und damit letztlich als Reisegesamtpreis fiktive Summe von künftigen Preisen für von anderen Touristikunternehmen angebotenen Einzelreiseleistungen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Sowohl die Frage, ob eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, als auch vorhandene aufklärende Hinweise zur Beseitigung der Irreführungseignung ausreichen, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und ist ‑ von hier nicht vorliegender vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender Fehlbeurteilung abgesehen ‑ nicht erheblich iSd § 528 Abs 1 ZPO.

Eine zulässige Werbung mit „Statt“‑Preisen muss aus dem Wortlaut oder dem Gesamtbild der Ankündigung mit ausreichender Deutlichkeit erkennen lassen, um welche Preise es sich bei den angegebenen „Statt“‑Preisen handelt (RIS‑Justiz RS0078576). Die Gegenüberstellung eines „Aktionspreises“ mit einem höheren Vergleichspreis wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in der Regel dahin verstanden werden, dass der höhere Preis der sonst vom Ankündigenden allgemein geforderte Preis ist (4 Ob 2395/96a). Dabei ist wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0078358 [T20], RS0078576 [T3, T15]).

Ein aufklärender Hinweis reicht zur Beseitigung der Irreführungseignung aus, wenn ihn ein durchschnittlich informierter verständiger Adressat der Werbung bei anlassbezogener Aufmerksamkeit wahrnimmt, wenn er mit der Werbeaussage konfrontiert wird (RIS‑Justiz RS0118488 [T6]). Der Hinweis auf „Statt“‑Preise ist nicht ausreichend deutlich, wenn er im Hinblick auf seine Platzierung im Inserat sowie die geringe Größe der Buchstaben für einen Leser keinen Auffälligkeitswert hat (vgl RIS‑Justiz RS0078679). Unauffällige Erläuterungen des Vergleichspreises im Kleindruck hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach für nicht ausreichend deutlich befunden (RIS‑Justiz RS0078679).

Die rekursgerichtliche Beurteilung der aufklärenden Hinweise der Beklagten als ungenügend ist jedenfalls vertretbar. Im Hinblick darauf, dass im Allgemeinen der Verkehr erwartet, dass der Werbende mit seinen eigenen (früheren) regelmäßig verlangten Preisen vergleicht, sind an die Deutlichkeit des Hinweises auf eine davon völlig abweichende Vergleichsmethode erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Beklagte vergleicht darüber hinaus aber nicht bloß mit Fremdpreisen, sondern stellt ihren eigenen Angeboten von Pauschalreisen vom Kunden selbst kombinierte Teilleistungspreise unterschiedlicher Anbieter gegenüber. Überdies verfängt das Argument, Verbraucher wenden bei der Planung von Urlaubsreisen besonders erhöhte Aufmerksamkeit auf, in Anbetracht der beworbenen Reisepreise von 99 EUR oder 129 EUR nicht.

Dass das Rekursgericht die Relevanz der Irreführungseignung für das Verhalten des Durchschnittsverbrauchers nicht eigens geprüft, sondern offensichtlich als selbstverständlich seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, wirft gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf. Es liegt von vornherein nahe, dass die Verursachung eines Irrtums über den Preis einer Ware oder Dienstleistung, insbesondere die unrichtige, weil unvollständige Information über eine blickfangartig herausgestellte große Preisersparnis, geeignet ist, den Verbraucher zumindest dazu zu veranlassen, sich mit einem Angebot näher zu beschäftigen. Die Relevanz der Irreführungseignung ist aber schon dann zu bejahen, wenn die unrichtige Angabe den Durchschnittsverbraucher dazu veranlassen kann, sich näher mit dem Angebot des Unternehmers zu befassen (4 Ob 166/11g). Überdies kommt auch der Frage, ob nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen die Relevanz der Irreführung zu bejahen ist, regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0053112 [T2]).

Schließlich beruht auch die von der Beklagten beanstandete Umformulierung des klägerischen Unterlassungsbegehrens nicht auf einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung. Das Gericht ist grundsätzlich berechtigt, dem Urteilsspruch aus Anlass eines Rechtsmittels eine klarere und deutlichere Fassung zu geben (RIS‑Justiz RS0041254; RS0039357). Bei der Umformulierung des dem vierten Eventualbegehren entsprechenden Unterlassungsgebots ist überdies zu berücksichtigen, dass die Klägerin ein Hauptbegehren gestellt hatte, dass überhaupt keine näheren Angaben/Einschränkungen der beanstandeten „Statt“‑Preiswerbung enthielt, was das Rekursgericht ‑ völlig zutreffend ‑ als zu weitgehend und daher unberechtigt qualifizierte. Wenn es daher bei der Formulierung des dem Eventualbegehren entsprechenden, gegenüber dem Hauptbegehren eingeschränkten Unterlassungsgebot eine dem Klagebegehren und dem bescheinigten Lauterkeitsverstoß der Beklagten entsprechende Umformulierung vornahm, scheidet eine Überschreitung des Klagebegehrens iSd § 405 ZPO von vornherein aus.

Stichworte