Spruch:
I. Hinsichtlich der aus dem Darlehen mit der Kontonummer ***** 737 resultierenden Forderung von 10.776,23 EUR sA wird der Akt dem Erstgericht zur Herbeiführung einer Entscheidung iSd § 508 ZPO zurückgestellt.
II. Im Übrigen, also hinsichtlich der Forderung aus dem Darlehen zu Kontonummer ***** 916 von 34.108,72 EUR sA, wird die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Zu I:
Die Klägerin räumte dem Erstbeklagten am 16. 1. 2001 zu Konto‑Nr ***** 737 und am 24. 5. 2002 zu Konto‑Nr ***** 916 jeweils ein Darlehen ein. Das erstgenannte Darlehen haftete zuletzt mit 10.776,23 EUR offen aus, jenes mit den Endziffern 916 mit 34.108,72 EUR. Die Zweitbeklagte unterschrieb am 27. 5. 2002 zwei Garantieerklärungen, und zwar einmal für das Darlehen mit den Endziffern 916 in voller Höhe und einmal für das Darlehen mit den Endziffern 737, betraglich beschränkt bis höchstens 82.356,43 EUR.
Rechtliche Beurteilung
1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, so bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen der Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 JN erfüllt sind. Die Regelung des § 55 Abs 1 JN gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (§ 55 Abs 4 JN) und damit für den Entscheidungsgegenstand (RIS‑Justiz RS0053096; RS0037838 [T38]).
2. Nach der Rechtsprechung sind mehrere Darlehensforderungen oder Forderungen aus mehreren Krediten nicht zusammenzurechnen, wenn die Darlehen bzw Kredite unabhängig voneinander gewährt wurden (RIS‑Justiz RS0037838 [T10, T27 und T28]; RS0037905 [T20]). Das ist hier der Fall. Auch die Haftung der Zweitbeklagten beruht auf zwei getrennten Garantieerklärungen, weswegen auch die subjektive Klagenhäufung zu keiner Zusammenrechnung der aus unterschiedlichen Darlehensverträgen abgeleiteten Forderungen führt. Aus diesem Grund ist jede der beiden Forderungen für die Frage der Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen.
3. Hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine Revision (die hier nicht vorliegenden Fälle des § 502 Abs 5 ZPO ausgenommen) nur erhoben werden, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt (außerordentliche Revision). Das ist hier nur hinsichtlich des Darlehens mit den Endziffern 916 der Fall. Hinsichtlich der für die Frage der Revisionszulässigkeit getrennt zu beurteilenden Forderung aus dem zweiten Darlehen kann die Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO (nur) einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde.
4. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mittels Abänderungsantrags angefochten werden kann, eine ordentliche oder eine außerordentliche Revision erhoben, so hat ‑ auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 508 Abs 1 ZPO zu werten sind (RIS‑Justiz RS0109623). Solange eine Abänderung des Zulassungsausspruchs durch das Berufungsgericht nicht erfolgt, mangelt es an der funktionellen Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs (7 Ob 18/11i). Ob die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens notwendig ist, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
Zu II:
1. Nur die in einem Berufungsurteil enthaltene unrichtige Wiedergabe von Feststellungen des Erstgerichts kann allenfalls eine Aktenwidrigkeit begründen (RIS‑Justiz RS0116014). Demgegenüber verweist die Klägerin unter diesem Revisionsgrund selbst darauf, dass das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts übernommen und seiner rechtlichen Beurteilung unterzogen hat. Die Annahme des Berufungsgerichts in seiner rechtlichen Beurteilung, wonach das Bestreitungsvorbringen der Klägerin zur behaupteten ausreichenden Besicherung der streitverfangenen Darlehen unsubstanziiert gewesen sei, begründet kein unzulässiges Abweichen von diesen Feststellungen. Auch die Klägerin geht in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel von einem Wert der Liegenschaft, die den eingeklagten Forderungen als Sicherheit dient, zwischen 586.000 und 750.000 EUR aus und setzt damit der vom Berufungsgericht angenommenen unsubstanziierten Bestreitung auch in tatsächlicher Hinsicht nichts entgegen. Die aus den Feststellungen des Erstgerichts ablesbare generelle Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Beklagten hat das Berufungsgericht mit seinem Hinweis auf die ausreichende hypothekarische Sicherstellung der hier gegenständlichen Forderungen ohnedies nicht in Zweifel gezogen. Mit dem Verweis auf die Feststellungen des Erstgerichts zeigt die Klägerin daher weder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens noch eine Aktenwidrigkeit auf.
2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Dauerschuldverhältnisse aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vereinbarten Zeit ohne Rücksicht auf die sonst anwendbaren Kündigungstermine und Kündigungsfristen aufgelöst werden können (vgl RIS‑Justiz RS0018305). Die Klägerin beruft sich zur Vertragsauflösung auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und begründet die Fälligstellung der hier gegenständlichen Kredite mit einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage. Die Frage, ob ein solcher wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags verwirklicht wurde, hängt wegen der erforderlichen Interessensabwägung von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0111817; RS0052565 [T4]). Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre, liegt nicht vor.
3. Die vom Berufungsgericht auch unter Berufung auf § 879 Abs 3 ABGB vertretene Rechtsansicht, wonach die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin aufgenommene Möglichkeit zur Vertragsauflösung geltungserhaltend dahin zu reduzieren sei, dass eine Vermögensverschlechterung oder ‑gefährdung des Schuldners nur dann einen wichtigen Grund zur Auflösung darstelle, wenn sie eine Erfüllung der (gemeint konkreten) Verbindlichkeit tatsächlich gefährde, wird von der Klägerin in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel nicht substanziiert in Frage gestellt. Dieses Verständnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist daher auch dem Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Wichtiger Grund zur vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses ist damit nicht schlechthin jede Gefährdung von Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber, wie sie aus der von der Klägerin zum Anlass für die vorzeitige Auflösung genommenen Nichteinhaltung des von den Beklagten im Ausgleichsverfahren der GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Erstbeklagte gewesen war, eingegangenen Zahlungsversprechens folgt. Maßgebend für eine vorzeitige Vertragsauflösung ist hier vielmehr, dass nach Abschluss der einzelnen Verträge Umstände eintreten, die die Erfüllung der Verbindlichkeiten, denen das aufgelöste Vertragsverhältnis zugrunde liegt, nach objektiven Kriterien fraglich erscheinen lassen. Zieht man in Betracht, dass die hier gegenständliche Darlehensforderung durch ein Höchstbetragspfandrecht ausreichend besichert ist, was auch die Klägerin nicht ernsthaft bezweifeln kann, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das die Rechtsstellung der Klägerin in Anbetracht der vorhandenen Sicherheiten als nicht gefährdet erachtete, im Einzelfall jedenfalls vertretbar. Ein Vertrauensverlust, der die Aufrechterhaltung einer Geschäftsbeziehung für die Darlehensgeberin nicht mehr zumutbar erscheinen lässt, wird regelmäßig nämlich erst bei wiederholter Nichteinhaltung von Zahlungsverpflichtungen oder bei einem Zahlungsrückstand trotz mehrmaliger Mahnung angenommen (vgl 7 Ob 566/95), nicht aber schon bei einem einmaligem Verzug, wie ihn die Revisionswerberin anspricht.
4. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Erstbeklagte die hier streitgegenständlichen Kreditverträge als Verbraucher abgeschlossen hat. Soweit sich die Klägerin in ihrem Rechtsmittel dennoch gegen eine Verbrauchereigenschaft des Erstbeklagten wendet und dabei dem Berufungsgericht eine gegenteilige Ansicht unterstellt, muss auf ihre Ausführungen nicht näher eingegangen werden.
5. Das unzulässige Rechtsmittel der Klägerin ist damit ‑ soweit es die Forderung aus dem Darlehen zu Punkt II des Spruchs betrifft ‑ zurückzuweisen, ohne dass es noch einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
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