OGH 9Ob41/12p

OGH9Ob41/12p31.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions‑ und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. K***** M*****, 2. Dr. P***** T*****, beide vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagten Parteien 1. P***** Z*****, vertreten durch Mag. Stefan Benesch, Rechtsanwalt in Wien, 2. Mag. C***** A*****, vertreten durch Frimmel/Anetter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, 3. G***** B*****, vertreten durch Grossmann und Wagner Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt, 4. F***** S*****, 5. G***** K*****, beide vertreten durch Ankershofen Goëss Hinteregger Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1. 88.163,28 EUR sA, (Revisionsinteresse: 58.775,52 EUR sA), 2. 35.510,22 EUR sA, (Revisionsinteresse: 23.673,48 EUR sA), 3. 29.846,94 EUR sA, 4. 20.663,28 EUR sA (Rekursinteresse: 13.775,52 EUR sA) und 5. 36.734,70 EUR sA (Rekursinteresse: 24.489,80 EUR sA), über die Revisionen und den Rekurs der Kläger gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2012, GZ 16 R 73/12s‑129, mit dem den Berufungen der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31. Jänner 2012, GZ 23 Cg 100/07z‑113, nicht Folge gegeben, den Berufungen der zweit‑ bis fünftbeklagten Parteien jedoch Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Den Revisionen der klagenden Parteien wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird dahin abgeändert, dass es im Hinblick auf das dritte Eventualbegehren zu lauten hat:

„Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen jeweils 29.387,76 EUR, die zweitbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien jeweils 11.836,74 EUR, jeweils samt 10 % Zinsen p.a. seit 5. 3. 2007 zu Handen Dr. B***** S*****, Rechtsanwalt, zu zahlen.

Die erst‑ und die zweitbeklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen, und zwar die erstbeklagte Partei den klagenden Parteien jeweils 2.538,31 EUR (darin 1.426,15 EUR Barauslagen, 185,36 EUR USt), die zweitbeklagte Partei den klagenden Parteien jeweils 1.482,72 EUR (darin 712,80 EUR Barauslagen, 128,32 EUR USt).“

II. Dem Rekurs der klagenden Parteien wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil im Hinblick auf die Stattgebung des dritten Eventualbegehrens betreffend die viert‑ und fünftbeklagten Parteien wiederhergestellt wird und daher zu lauten hat:

„Die viertbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen jeweils 6.887,76 EUR, die fünftbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien jeweils 12.244,90 EUR, jeweils samt 10 % Zinsen p.a. seit 5. 3. 2007 zu Handen Dr. B***** S*****, Rechtsanwalt, zu zahlen.

Die viert‑ und die fünftbeklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die Kosten ihres Rekurses zu ersetzen, und zwar die viertbeklagte den klagenden Parteien jeweils 876,10 EUR (darin 536,75 EUR Barauslagen, 56,56 EUR USt), die fünftbeklagte Partei den klagenden Parteien jeweils 1.557,51 EUR (darin 954,22 EUR Barauslagen, 100,58 EUR USt).“

III. Die Kostenaussprüche der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die E***** A***** C***** (idF: E*****) mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten betrieb einen gepachteten Steinbruch in Dubai. Die Zweit- bis Fünftbeklagten sind Gesellschafter der E*****, der Erstbeklagte ist mittelbar an ihr beteiligt. Da die geplanten Investitionen der E***** einen Finanzierungsbedarf von mehr als 11 Mio EUR ergaben und eine Aufbringung dieser Summe allein über Darlehensgeber nicht realistisch erschien, wurde am 18. 4. 2005 die W*****gmbH (idF: W***** GmbH) gegründet, die als Leasinggesellschaft Maschinen ankaufen und der E***** verleasen sollte. An der W***** GmbH waren G***** W*****, Dr. M***** T***** sowie die Erstklägerin und der Zweitkläger zu je 25 % beteiligt, wobei die Anteile der drei zuletzt genannten von G***** W***** als Treuhänder gehalten wurden.

Im April 2005 nahm die W***** GmbH einen Kredit über 4,6 Mio EUR bei der R*****bank ***** (R*****) auf, mit dem der Maschinenankauf finanziert wurde. Sämtliche Maschinen wurden an die E***** verleast. Infolge von Zahlungsschwierigkeiten der E***** für die ersten Leasingraten musste die W***** GmbH bei der R***** für die Rückzahlung der Darlehensraten einen Aufschub bis Juli 2006 erwirken.

Aufgrund der geringen Produktion hatte die E***** im Dezember 2005 eine Finanzierungslücke in Bezug auf die quartalsmäßig zu zahlende Pacht an den Steinbruchverpächter. Eine Cash‑Flow‑Rechnung ergab für zwei Monate einen weiteren Liquiditätsbedarf von 600.000 EUR. Für diese 600.000 EUR schlug die E***** vor, dass die W***** GmbH neuerlich einen Kredit aufnehme und der E***** zur Verfügung stelle, wobei sämtliche Gesellschafter der E***** die persönliche Haftung für diesen Kredit übernehmen sollten.

In Umsetzung dieses Vorschlags nahm die W***** GmbH diesen Kredit mit einer Laufzeit bis 30. 8. 2006 auf. Zur Besicherung wurden eine Wechselbürgschaft der W***** GmbH über die Gesamtsumme sowie mit Datum 2. 1. 2006 Wechselbürgschaften der vier Gesellschafter der W***** GmbH über jeweils 150.000 EUR errichtet.

Am selben Tag, dem 2. 1. 2006, wurde bei einem Treffen des Board of Directors der E***** besprochen, dass alle Gesellschafter der E***** für das Darlehen anteilig die Haftung tragen sollten, indem sie sich entsprechend ihrer Beteiligung als Subhafter gegenüber den primär der Bank Haftenden in Notariatsaktsform verpflichteten. In der unmittelbar anschließenden Gesellschaftersitzung erläuterten die Kläger die Cash‑Flow‑Situation der E***** und die Notwendigkeit einer Zwischenfinanzierung von mindestens 600.000 EUR mittels Bankkredits der R***** und der persönlichen Haftung aller Gesellschafter. Es wurden Berechnungsbeispiele für die Haftungsübernahme der Gesellschafter ausgeteilt. Die genaue Verwendung der 600.000 EUR wurde nicht festgelegt.

Am 2. 1. und 4. 1. 2006 überwies die W*****GmbH jeweils einen Betrag von 200.000 EUR aus dem R*****‑Kredit auf das Treuhandkonto der E*****.

Nach einem Schreiben des Zweitklägers vom 23. 1. 2006, dass ein Notariatsakt mit relativ hohen Kosten verbunden wäre und der einfachere Weg eine Haftungserklärung sei, unterzeichneten die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten jeweils eine „Schulderklärung und Teilbürgschaft“, die folgenden Inhalt hatte:

1.) Die W***** GmbH hat bei der R***** einen Kredit in Höhe von 600.000 EUR aufgenommen, der im Jänner 2006 in Anspruch genommen wurde. Der Kreditbetrag dient als Betriebsmittel zur Fortführung der E*****.

2.) Für diesen Kredit haben die klagenden Parteien sowie Dr. M***** T***** und G***** W***** die persönliche Haftung für je ein Viertel der Kreditsumme, sohin je für 150.000 EUR übernommen.

3.) Der Dritt‑ (bzw Viert‑ und Fünft‑)Beklagte „hat für einen Betrag die Subbürgschaft gegenüber dem Hauptbürgen übernommen. Er tritt daher in die vorstehende Verbindlichkeit als Bürge und Zahler hinsichtlich eines Teilbetrages von 39.795,92 EUR (Viertbeklagter: 27.551,02 EUR; Fünftbeklagter: 48.979,59 EUR) samt darauf entfallender Verzugszinsen bei. Sollte daher die W***** GmbH von der kreditgebenden Bank in Anspruch genommen werden und die Verbindlichkeiten nicht begleichen können, so wird die Haftung des Bürgen entsprechend der obigen Darstellung schlagend. Im Falle der Inanspruchnahme der Bürgen verpflichtet sich der Subbürge, über einmalige Aufforderung diese Summe auf ein von Dr. B***** S*****, Rechtsanwalt, *****, bekanntzugebendes Treuhandkonto zu überweisen. Bei verspäteter Leistung werden 10 % Verzugszinsen pro Jahr in Rechnung gestellt. Eine Aufrechnung mit etwaigen Forderungen des Subbürgen gegenüber dem Bürgen oder der Kreditnehmerin ist unzulässig.“

Der Zweitbeklagte ist Rechtsanwalt und hatte der E***** bereits Anfang 2005 ein Darlehen gewährt, das in Gesellschaftsanteile überführt worden war. Im Jänner 2006 lehnte er eine weitere Investition ab, da er kein weiteres Geld nachschießen wollte. Insbesondere war er nicht davon überzeugt, dass das damalige Management die Gesellschaft erfolgreich führen werde. Ihm war damals nicht bekannt, dass die E***** schon 400.000 EUR erhalten hatte. Er verweigerte die Übernahme einer Bürgschaft.

In der Folge lag der Tagesausstoß des Steinbruchs unterhalb des Break-Even-Punkts. Es kam daher im zweiten Quartal 2006 zu einem neuerlichen Pachtzinsrückstand. Da zum damaligen Zeitpunkt noch Verkaufsverhandlungen mit Interessenten geführt wurden, sollte der Pachtvertrag gesichert und zu diesem Zweck der Pachtzins gezahlt werden, wofür der restliche noch bei der W***** GmbH erliegende Teilbetrag des 600.000 EUR-Kredits verwendet werden sollte. Die Kläger machten die Auszahlung dieses Betrags von der Abgabe einer Subbürgschaft auch des Erst- und Zweitbeklagten abhängig.

Dr. T*****, der sämtliche Anteile der E***** treuhändig hielt, teilte die Sachlage und insbesondere den Umstand, dass seitens der E***** dringender Geldbedarf bestehe und bei Nichtzahlung des Pachtzinses spätestens am 6. 5. 2006 der Verpächter den Pachtvertrag aufkündigen werde, dem Erst‑ und dem Zweitbeklagten Anfang Mai 2006 telefonisch mit. Eine Möglichkeit zur Zahlung bestünde insofern, als vom ursprünglichen Darlehen in Höhe von 600.000 EUR, das die W***** GmbH bei der R*****aufgenommen habe, noch 160.000 EUR vorhanden seien. Das Geld könne der E***** unter der von den Klägern geäußerten Bedingung der Übernahme von Subbürgschaften durch den Erst‑ und Zweitbeklagten sofort zur Verfügung gestellt werden. Dem Zweitbeklagten wurde auch mitgeteilt, dass Schadenersatzforderungen gegen ihn möglich seien, wenn er die Subhaftungserklärung nicht abgebe, weil sie vereinbart gewesen sei. Ein Kaufinteressent sei vorhanden. Es sei aber notwendig, das Unternehmen und insbesondere den Pachtvertrag fortzuführen.

Am 5. 5. 2006 unterfertigte der Erstbeklagte folgendes an die Kläger und die beiden anderen Gesellschafter der W***** GmbH gerichtetes Schreiben:

„Soeben hat mich Herr Dr. T***** telefonisch kontaktiert und zur Kenntnis gebracht, dass dringender Finanzbedarf besteht, damit die fälligen Forderungen von [Verpächter] bis Samstag 8:00 Uhr befriedigt werden könnten. Dies ist nur möglich, wenn das Geld umgehend nach Dubai gebracht wird.

Derzeit besteht ein Guthaben der W*****gmbH in Höhe von ca 160.000 EUR aus einem bei der R***** Wien aufgenommenen Kredit in Höhe von 600.000 EUR. Sie haben die persönliche Haftung für je ein Viertel dieses Kredites übernommen. Ein Großteil der Gesellschafter der E*****, der das Geld aus Betriebsmitteldarlehen zur Verfügung gestellt werden sollte, haben die Subbürgenhaftung im Verhältnis ihrer Beteiligung an der E***** übernommen.

Ich wurde aufgefordert, dem ebenfalls nachzukommen.

Nunmehr gebe ich unwiderruflich bekannt, die Subbürgenhaftung entsprechend meiner Beteiligung an der E***** ebenfalls zu übernehmen, sofern die Geldmittel ausschließlich zur umgehenden Tilgung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Verpächter […] verwendet werden. Umgehend bedeutet, dass die Geldmittel bis spätestens 6. 5. 06 8:00 Uhr [Verpächter] in Dubai zur Verfügung stehen müssen.“

Dieses Schreiben übermittelte der Erstbeklagte per Fax an die Rechtsanwaltskanzlei S***** & Partner.

Auch der Zweitbeklagte unterschrieb ein im Wesentlichen gleichlautendes Schreiben und übermittelte es per Fax an diese Rechtsanwaltskanzlei. Die Urkunde selbst wurde weder den Klägern noch den beiden anderen Gesellschaftern der W***** GmbH übermittelt; der Verbleib der Originalurkunde konnte nicht festgestellt werden.

In der Folge wurde der Betrag von 160.000 EUR in bar nach Dubai gebracht, in die Landeswährung gewechselt und am 6. 5. 2006 dem Verpächter des Steinbruchs als Pachtzins überreicht.

Die Bilanz der W***** GmbH zum 31. 12. 2005 wies einerseits Sachanlagen von 3.770.563,94 EUR und offene Forderungen von 311.974,96 EUR sowie andererseits Rückstellungen von 72.063,70 EUR und Verbindlichkeiten von 5.309.480,90 EUR aus, sodass ein negatives Eigenkapital von 1.299.005,70 EUR bestand. Eine Überschuldung liege nicht vor, „weil es sich um Anlaufverluste handelt, die durch künftige Gewinne ausgeglichen werden können“. Allerdings war der Erstklägerin als Bilanzerstellerin zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Bilanz bereits bekannt, dass die Mietforderungen gegenüber der E***** nicht mehr werthaltig waren, weshalb diese entsprechend auf 311.974,96 EUR wertberichtigt waren. Neben den Mieteinnahmen durch die E***** hatte die W***** GmbH keine weiteren Einnahmen. Die W***** GmbH war stets nur dann liquid, wenn sie Mietkaufraten der E***** erhielt.

Da trotz Aufforderung durch die R***** weder die W***** GmbH noch deren Kreditversicherung Zahlung leistete, nahm die R***** die Kläger sowie die beiden anderen Gesellschafter der W***** GmbH als Bürgen in Anspruch.

Mit Schreiben vom 5. bzw 6. 2. 2007 teilte der Klagevertreter den Erst‑ bis Fünftbeklagten mit, dass die W***** GmbH von der kreditgewährenden Bank in Anspruch genommen worden sei und die Kläger als Bürgen von der Inanspruchnahme verständigt worden seien. Sollte die Bank die Kläger in Anspruch nehmen, sei die Zahlungsverpflichtung der Beklagten fällig.

Mit Schreiben vom 2. 3. 2007 gab der Klagevertreter dem Zweit‑, Viert‑ und Fünftbeklagten bekannt, dass die R***** die Kläger zur Zahlung aus der Wechselbürgschaft in Anspruch genommen habe und inklusive Zinsen und Abschlussspesen einen Saldo von 613.358,06 EUR geltend mache. Den Zweitbeklagten forderte er zur Zahlung von 48.393,95 EUR sA, den Viertbeklagten zur Zahlung von 28.153,13 EUR sA und den Fünftbeklagten zur Zahlung von 50.050,01 EUR sA auf.

Die Kläger stellten zuletzt ein Haupt- und drei Eventualbegehren, von denen nur noch das dritte Eventualbegehren revisionsgegenständlich ist. Gestützt auf die Haftungserklärungen der Beklagten begehrten sie mit diesen vom Erstbeklagten einen Betrag von jeweils 29.387,76 EUR sA, vom Zweitbeklagten einen Betrag von jeweils 11.836,74 EUR sA, vom Drittbeklagten einen Betrag von jeweils 9.948,98 EUR sA, vom Viertbeklagten einen Betrag von jeweils 6.887,76 EUR sA und vom Fünftbeklagten einen Betrag von jeweils 12.244,90 EUR sA.

Soweit im Revisionsverfahren relevant, brachten die Kläger dazu vor, die Kreditvaluta sei ordnungsgemäß und vereinbarungs‑ sowie zweckkonform verwendet worden. Die Kläger hätten die Haftung gegenüber der R***** auch nur und ausschließlich wegen der Zusagen der Beklagten übernommen, im Innenverhältnis die Haftung der Kläger abzusichern. Die Beklagten seien ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Haftungserklärung rechtlich vertreten gewesen und hätten genauestens über den Sachverhalt Bescheid gewusst, der die Kreditaufnahme der W***** GmbH bei der R*****, den Verwendungszweck der Kreditvaluta und die Haftungsübernahme durch die Kläger und die weiteren Gesellschafter der W***** GmbH betroffen habe. Alle Streitteile hätten bei und durch Übernahme der Haftungen in voller und bewusster Verantwortung als Kapital- und Darlehensgeber der E***** gehandelt, um gemeinsam den Verlust des von jedem einzelnen geleisteten Kapitaleinsatzes zu vermeiden. Der von den Beklagten erhobene Einwand zum Eigenkapitalersatz, dass die Durchsetzbarkeit ihrer Haftungen gehemmt sei, gehe insoweit fehl, als die haftenden Gesellschafter wegen der damit verbundenen Rückzahlungssperre des § 14 EKEG keine Rückzahlungen bekommen würden. Genau dieses Risiko sollte durch die Haftung der Beklagten abgedeckt werden, weshalb die Inanspruchnahme der Beklagten gemäß den getroffenen Vereinbarungen rechtskonform und vertragsgemäß sei. Die W***** GmbH sei auch nicht in der Lage, die Regressansprüche der Kläger zu befriedigen.

Der Anspruch gegen den Erst- und Zweitbeklagten werde auch auf Schadenersatz gestützt. Die Berufung auf rechtsunwirksame Bürgschaften sei rechtsmissbräuchlich und ziele darauf ab, die Kläger wie auch die übrigen Bürgen für den Kredit in ihrem Vermögen zu schädigen. Die Kläger und die übrigen Gesellschafter der W***** GmbH hätten im Vertrauen auf die Abgabe der Subbürgschaftserklärungen die eigenen Bürgenhaftungen abgegeben. Dieses Vertrauen sei nochmals bestärkt worden, als der Teilbetrag von 160.000 EUR am 6. 5. 2006 an den Steinbruchverpächter zu übergeben gewesen sei. Die Kläger wie auch Dr. T***** hätten einer Auszahlung, somit einer Verwendung der noch vorhandenen Kreditmittel, nur unter der Bedingung zugestimmt, dass die Haftungserklärungen des Erst‑ und Zweitbeklagten einlangten.

Die Beklagten bestritten. Die Zweit‑ bis Fünftbeklagten wandten örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichts ein. Alle Beklagten beantragten Klagsabweisung.

Soweit noch revisionsgegenständlich, wandte der Erstbeklagte die Formungültigkeit der per Fax abgegebenen Bürgschaftserklärung ein. Die Echtheit des Faxes werde bestritten, da ihm die Unterfertigung einer derartigen Urkunde nicht erinnerlich sei. Er gehe jedoch davon aus, dass es sich um seine Unterschrift handle (Bd I ON 37 AS 205).

Der Zweitbeklagte wies auf die Formunwirksamkeit einer per Telefax abgegebenen Bürgschaft hin, gestand aber die Echtheit des Faxes zu (Bd I ON 36 AS 191, 195) und verneinte in der Folge, die Wirksamkeit der Bürgenhaftung zu bestreiten, weil er das Original nicht versendet habe (Bd II ON 94 AS 43). Er berief sich aber im Berufungsverfahren auf die Formunwirksamkeit seiner Bürgschaftserklärung. Im Übrigen brachte er vor, bei Abgabe der Bürgschaftserklärung davon ausgegangen zu sein, dass das Darlehen in Höhe von 600.000 EUR der E***** erst im April 2006 und nicht bereits im Jänner 2006 zur Verfügung gestellt worden sei. Der Steinbruch sei bis April 2006 von Personen gemanagt worden, die sein Vertrauen nicht besessen hätten. Er habe angenommen, dass das Darlehen in Höhe von 600.000 EUR dem neuen Management zur Verfügung stehe.

Die Viert‑ und Fünftbeklagten wandten im Wesentlichen ein, die Kreditvaluta sei nicht ordnungsgemäß verwendet worden. Die W***** GmbH habe sich zum Zeitpunkt der Bürgschaftserklärung gemäß § 2 EKEG in der Krise befunden. Gemäß § 15 EKEG könne der Gesellschafter, der als Bürge eine fremde Schuld zahle, gegen die Gesellschaft nicht Regress nehmen, solange diese nicht saniert sei. Eben dieser Regressanspruch der Kläger gegen die W***** GmbH sei es aber, welcher allenfalls mit den gegenständlichen Bürgschaftserklärungen hätte besichert werden sollen. Aufgrund der Akzessorietät einer Bürgschaftserklärung sowie aufgrund der Tatsache, dass die besicherte Forderung noch bedingt bzw betagt sei, könne auch der hier gegenständliche Anspruch gegen die Subbürgen noch nicht geltend gemacht werden. Zudem hätten die Beklagten von der Gesellschafterstellung der Kläger in Bezug auf die W***** GmbH bis nach Klageeinbringung keine Kenntnis gehabt. Ihnen habe sohin das Risiko, dass die Bürgschaft eigenkapitalersetzend sein könnte, gar nicht bewusst sein können.

Im Übrigen schlossen sich die Beklagten im Wesentlichen jeweils dem Vorbringen der anderen Beklagten an.

Das Erstgericht verwarf die Einreden der örtlichen Unzuständigkeit der Zweit‑ bis Fünftbeklagten und wies das Haupt‑ sowie die ersten beiden Eventualbegehren jeweils rechtskräftig ab. Hinsichtlich des Erstbeklagten wies es das dritte Eventualbegehren ab. Hinsichtlich der Zweit‑ bis Fünftbeklagten gab es ihm statt. In der Sache führte es zusammengefasst aus, eine durch Telefax übermittelte Bürgschaftserklärung sei formunwirksam, selbst dann, wenn die der Fernkopie als Grundlage dienende Urkunde die eigenhändige Unterschrift des Erklärenden trage. Die Bürgschaftserklärung des Erstbeklagten sei daher ungültig. Hinzu komme, dass sie auch deshalb keine Verpflichtung des Erstbeklagten begründen könne, weil er sich darin zu einer Haftung entsprechend seiner Beteiligung an der E***** verpflichtet habe. Eine solche Beteiligung habe er persönlich jedoch nie gehalten.

Die von den Beklagten zitierten Regelungen des §§ 14 f EKEG hinderten den Gesellschafter nicht, allfällige Sicherheiten geltend zu machen. Das EKEG solle nur sicherstellen, dass derartige Zahlungen letztlich an die Gesellschaft fließen. Da selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des EKEG der verfahrensgegenständliche Anspruch nicht vernichtet werde, könne die Frage des Eigenkapitalersatzes offen bleiben. Die Zweit‑ bis Fünftbeklagten hätten sich ausdrücklich als Bürge und Zahler verpflichtet und hafteten daher nach § 1357 ABGB als ungeteilte Mitschuldner für ihren jeweiligen Anteil.

Das Berufungsgericht gab mit seinem Teilurteil der Berufung der Kläger nicht Folge, den Berufungen der Zweit- bis Fünftbeklagten jedoch Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass das dritte Eventualbegehren auch hinsichtlich des Zweitbeklagten abgewiesen wurde, hinsichtlich des Drittbeklagten aufgehoben und die Rechtssache zuständigkeitshalber an das Landesgericht Klagenfurt überwiesen wurde und hinsichtlich der Viert‑ und Fünftbeklagten aufgehoben und an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde.

Die Bürgschaftserklärung des Zweitbeklagten habe nicht dem Formgebot des § 1346 Abs 2 ABGB entsprochen. Die Berufung des Zweitbeklagten auf die Formungültigkeit sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar könne eine absichtliche Vereitelung der Form sittenwidrig sein und zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichten. Darauf hätten sich die Kläger aber nicht berufen. Die Revision sei hinsichtlich des Zweitbeklagten mangels neuerer Rechtsprechung zu einem allfälligen Schadenersatzanspruch bei Vorliegen einer formungültigen Bürgschaftserklärung zulässig. Der Oberste Gerichtshof habe auch zur Kritik eines Großteils der Lehre an der Rechtsprechung zur Formungültigkeit einer per Telefax erklärten Bürgschaft noch nicht Stellung nehmen können.

Hinsichtlich der Viert‑ und Fünftbeklagten führte das Berufungsgericht aus, eine Auslegung der Haftungserklärungen nach der Vertrauenstheorie ergebe eine akzessorische Rück‑ bzw Entschädigungsbürgschaft. Für die Beklagten sei zwar erkennbar gewesen, dass die Kläger eine Lastenverteilung anstrebten: Dass diese aber unabhängig vom Rückgriffsanspruch der Kläger gegen die Hauptschuldnerin sein sollte, sei für sie nicht erkennbar gewesen, zumal weder die Vermögenssituation der W***** GmbH noch die Gesellschafterstellung der Kläger bei dieser Thema der Gespräche gewesen sei. Die Beklagten hätten nicht erkennen müssen, dass auch im Falle des Nichtbestehens eines Rückgriffsanpruchs der Kläger wegen § 15 EKEG dennoch ihre Bürgenhaftung schlagend werden sollte und sich die Kläger gerade auch für diesen Fall absichern gewollt hätten. Dies wäre eine weitgehende Überwälzung des Risikos auf die Beklagten, weil auch deren Rückgriff gegen die W***** GmbH nach § 15 EKEG gehemmt sei. In den Bürgschaftserklärungen sei auch nicht umschrieben, welche Einwendungen die Beklagten haben sollten. Eine allfällige Unklarheit ginge zu Lasten der die Bürgschaftserklärungen formulierenden Kläger. Relevant sei daher, ob in den Wechselbürgschaften der Kläger ein Eigenkapitalersatz zu erblicken sei. In diesem Fall sei der Regressanspruch des sicherungsgebenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft, wenn er die fremde Schuld bezahle, nach § 15 Abs 1 EKEG bis zur Sanierung der Gesellschaft gehemmt. Entscheidend sei damit, ob sich die W***** GmbH zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaften durch die Kläger in der Krise befunden habe. Da die bisherigen Feststellungen für diese Beurteilung nicht ausreichten, sei das Ersturteil hinsichtlich der Viert- und Fünftbeklagten zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufzuheben.

Der Rekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Hemmung des Erstattungsanspruchs des Bürgen gemäß § 15 EKEG und der daraus resultierenden Konsequenzen für Rückbürgschaften fehle. Man könne dazu auch die Rechtsmeinung vertreten, dass einfache Subsidiarität vereinbart worden sei, weil sich die Subbürgen bereits im Falle der Inanspruchnahme der Bürgen verpflichtet hätten, über einmalige Aufforderung die Haftungssumme auf ein Treuhandkonto zu überweisen, ohne dass die Bürgen zuvor versuchen hätten müssen, ihre Forderung gegenüber der W***** GmbH einbringlich zu machen. Bei Subsidiärbürgschaften einschließlich der Ausfallsbürgschaft bedürfe es gemäß § 1356 ABGB bereits von Gesetzes wegen bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei unbekanntem Aufenthalt des Hauptschuldners keiner Vorausmahnung des Hauptschuldners. Gleich zu behandeln sei eine Eigenkapital ersetzende Gesellschaftersicherheit, insbesondere eine Bürgschaft. Der Fall der (vorläufigen) Anspruchshemmung des Regressanspruchs gegen den Hauptschuldner wäre danach ähnlich zu behandeln wie ein Konkurs des Hauptschuldners, zumal auch der Tatbestand des EKEG einen zumindest insolvenznahen Sachverhalt erfasse. Andernfalls käme man zum unbilligen Ergebnis, dass der Subbürge bei Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners in Anspruch genommen werden könnte, nicht aber bei einer insolvenznahen Zahlungsschwierigkeit des Hauptschuldners nach § 15 EKEG.

In ihren gegen das Berufungsurteil gerichteten, den Erst- und den Zweitbeklagten betreffenden Revisionen und in ihrem gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss gerichteten, den Viert‑ und den Fünftbeklagten betreffenden Rekurs begehren die Kläger jeweils die Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgebung im Umfang des dritten Eventualbegehrens; in eventu wird jeweils ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Erstbeklagte beantragt, der ihn betreffenden Revision keine Folge zu geben.

Der Zweitbeklagte beantragt, die ihn betreffende Revision zurück-, in eventu abzuweisen.

Der Viert- und der Fünftbeklagte haben keine Rekursbeantwortungen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen und der Rekurs sind aus den vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründen jeweils zulässig. Sie sind auch berechtigt.

I. Zu den Revisionen der Kläger gegen das Berufungsurteil hinsichtlich der Haftung des Erst- und des Zweitbeklagten

I.1. Die Kläger meinen zu den Subbürgschaftserklärungen des Erst‑ und des Zweitbeklagten, dass sie nach herrschender Lehre auch per Telefax formwirksam abgegeben werden können. Zur Erfüllung des Warnzwecks der Form sei nicht auf den Zugang des Originals abzustellen. Die Berufung des Erstbeklagten auf die Formunwirksamkeit erfolge auch rechtsmissbräuchlich, weil ihm die Umstände seiner Haftung genau bekannt gewesen seien und er nun versuche, sich ihr zu entziehen. Es könne nicht rechtens sein, jemanden durch Unterfertigung einer Haftungserklärung mit Faxübersendung zu einer Vermögensdisposition in Kenntnis der Umstände zu verleiten, die die Vermögensdisposition begründen, um sich danach formal auf die Unwirksamkeit der Haftungserklärung zu berufen.

Dazu war Folgendes zu erwägen:

I.2. Dass sich der Zweitbeklagte ‑ entgegen seiner erstinstanzlichen Erklärung ‑ erst in seiner Berufung auf die allfällige Formunwirksamkeit seiner Bürgschaftserklärung berief, begründete keinen Verstoß gegen das ‑ auch amtswegig wahrzunehmende (Pimmer in Fasching/Konecny 2 § 482 ZPO Rz 29; Kodek in Rechberger, ZPO3 § 482 Rz 8) und gegebenenfalls noch im Revisionsverfahren aufgreifbare (s RIS‑Justiz RS0112213; RS0110304 [T1] = 9 ObA 326/98a) ‑ Neuerungsverbot, weil damit keine Einrede iSd § 482 Abs 1 ZPO geltend gemacht wird. Sofern schon der äußeren Form nach keine schriftliche Bürgschaftserklärung vorliegt, ist das formwirksame Zustandekommen einer Bürgschaft als Gültigkeitsvoraussetzung vielmehr von demjenigen zu behaupten und zu beweisen, der daraus Ansprüche ableiten will (vgl Rummel in Rummel, ABGB3 § 886 Rz 14; zur amtswegigen Wahrnehmung von Formmängeln und ihren Grenzen s auch RIS‑Justiz RS0118520; 1 Ob 213/03k). Das sind hier die Kläger.

I.3. Die Wirksamkeit der Haftungserklärung des Erst‑ und des Zweitbeklagten schon mit dem Argument zu bejahen, dass die Berufung auf die Formunwirksamkeit der Subbürgschaftserklärungen jedenfalls rechtsmissbräuchlich wäre, kommt hier nicht in Frage:

Soll die Formvorschrift in ihrer Bedeutung nicht ausgehöhlt werden, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung als unbeachtlich angesehen werden, weil das allgemeine Interesse an der Einhaltung des Formzwangs der Vertragstreue vorgeht (s RIS‑Justiz RS0070844). Aus der bloßen Nichteinhaltung des Formgebots für eine Bürgschaftsverpflichtung kann daher noch keine Haftung des Erklärenden abgeleitet werden. Richtig ist zwar, dass eine sittenwidrige absichtliche Vereitelung der Form oder eine arglistige Irreführung des Vertragspartners über die Erforderlichkeit der Form den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen könnte (Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 8 mwN). Entsprechende Umstände gehen aus dem festgestellten Sachverhalt selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Zweitbeklagte Rechtsanwalt ist, aber nicht hervor, zumal die Bürgschaftserklärungen einer Rechtsanwaltskanzlei gefaxt wurden. Diesbezüglich kann auf die Erwägungen des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Literatur wird darüber hinaus ein Rechtsmissbrauch auch für den Fall angesprochen, dass „der Gegner Vorteile aus dem Geschäft genossen hat und sich nun der Gegenleistung entziehen will“ (Rummel, Anm zu 1 Ob 515/95, ÖBA 1996, 76 unter Verweis auf SZ 56/119 [jene Entscheidung erachtete das Beharren auf der Einhaltung der Notariatsaktsform für die Übertragung von Geschäftsanteilen als sittenwidrig, wenn das formbedürftige Geschäft bereits erfüllt war]).

Zwar ist im vorliegenden Fall nicht zu übersehen, dass die Subbürgschaften der Beklagten insofern wirtschaftlich nicht uneigennützig waren, als sie die Auszahlung eines Teils der Kreditvaluta an die E***** zur Folge hatten, an der die Beklagten als Gesellschafter beteiligt waren. Zu bedenken ist aber, dass selbst die Bürgschaft eines Kaufmanns, dem grundsätzlich eine Geschäftsgebarung zu seinem wirtschaftlichen Vorteil unterstellt werden kann, seit dem Handelsrechts‑ÄnderungsG, BGBl I 2005/120, formpflichtig ist (Abschaffung von § 350 HGB), sodass sich der Übereilungsschutz nun selbst auf die Verbürgung von Unternehmern erstreckt. Vergleichsweise wird auch Gesellschaftern, die eine Minderheitsbeteiligung an einer Gesellschaft (ohne Sperrminorität) halten und keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung haben, bei Eingehung einer Bürgschaft für die Schulden ihrer Gesellschaft auch die Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht abgesprochen (RIS‑Justiz RS0065238, ausführlich 2 Ob 169/11h). Danach können aber auch die Beteiligungen des Erst‑ und des Zweitbeklagten an der E***** (19,20 % bzw 7,73 %) nicht ausreichen, um ihnen aufgrund eines wirtschaftlichen Vorteils aus der der E***** zur Verfügung gestellten Kreditvaluta die Berufung auf eine Formnichtigkeit ihrer Subbürgschaften zu versagen.

Es bedarf daher der Prüfung, ob die Wirksamkeit der per Telefax abgegebenen Subbürgschaftserklärungen am Formmangel scheitern.

I.4. Generell sieht § 886 ABGB für die Einhaltung der Schriftform vor:

Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die Unterschrift der Parteien (…) zustande. Der schriftliche Abschluss des Vertrags wird durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt. Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege ist nur da genügend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist.

Das Gebot der Schriftlichkeit bedeutet daher im Allgemeinen „Unterschriftlichkeit“, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor. Das Erfordernis der Schriftform soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können (RIS‑Justiz RS0017221).

Auch wenn man iSd § 886 dritter Satz ABGB ein Telefax der Nachbildung einer eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Weg gleichsetzt, so ist nicht bekannt, dass ein Telefax auch im privaten rechtsgeschäftlichen Verkehr für den Abschluss von schriftformgebundenen Geschäftstypen wie einer Bürgschaft ‑ dazu sogleich ‑ derart Verbreitung gefunden hätte, dass es als im Geschäftsverkehr allgemein verkehrsübliche Abschlussform angesehen werden könnte (ebenso Rummel in Rummel ABGB3 § 886 Rz 6; allgemein zu den mit der Üblichkeit im Geschäftsverkehr verbundenen Unsicherheiten P. und F. Bydlinski, Gesetzliche Formgebote auf dem Prüfstand [Wien 2001] 21 f). In der Entscheidung 5 Ob 207/02f wurde ein Telefax in Hinblick auf das Schriftlichkeitserfordernis nach § 10 Abs 4 MRG (Anzeige des Mieters von einem Aufwandersatz gegenüber dem Vermieter) lediglich als auch im privaten Schriftverkehr üblich gewordene Mitteilungsform angesehen. Die Wirksamkeit der Subbürgschaftsverpflichtungen kann daher nicht schon nach § 886 dritter Satz ABGB bejaht werden.

I.5. Gemäß § 1346 Abs 2 ABGB ist für die Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags erforderlich, dass die Verpflichtungserklärung des Bürgen „schriftlich abgegeben“ wird. Die Schriftform erfasst alle Bürgschaftsarten, daher auch Subbürgschaften (s nur P. Bydlinski in KBB3 § 1346 Rz 12). Die Reichweite des Formgebots richtet sich dabei nach seinem Formzweck (vgl allgemein P. Bydlinski in KBB3 § 886 Rz 2; Rummel in Rummel, ABGB3 § 886 Rz 1).

I.6. Unstrittig ist, dass der Zweck der ‑ mit der III. Teilnovelle eingeführten ‑ Schriftform der Bürgschaft in ihrer Warnfunktion liegt („um das Unheil leichtsinniger Garantieübernahmen auch nur einigermaßen einzudämmen“, s Langrod, Die dritte Teilnovelle zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch nebst zweiter Teilnovelle [Wien 1916] 193). Denn in typisierter Betrachtung bedarf ein Bürge des Schutzes vor einer übereilten Gutstehungserklärung, weil das Haftungsrisiko ungewiss ist, in der Zukunft liegt und daher oft nicht ausreichend als solches erkannt wird. Zudem ist die Bürgschaft für den Bürgen für gewöhnlich mit keinem wirtschaftlichen Vorteil verbunden (P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts‑ und Wertpapierrecht [Wien 1991] 5 f). Mit der Schriftform soll ihm daher die Bedeutung seiner Verpflichtung bewusst gemacht und die Ernstlichkeit seines Verpflichtungswillens außer Frage gestellt werden.

I.7. In der Rechtsprechung wurde die Frage, ob eine per Telefax abgegebene Bürgschaftserklärung dem Schritformgebot des § 1346 Abs 2 ABGB genügt, in der Entscheidung 1 Ob 515/95 (Bürgenhaftung eines Geschäftsführers für Mietzinsrückstände der GmbH) im Wesentlichen unter Berufung auf die Entscheidungen 5 Ob 535/85 = SZ 58/85 und 1 Ob 525/93 = EvBl 1994/86 verneint. Dem lasse sich für eine Bürgschaftserklärung nicht mit dem Argument begegnen, wer sich am Telefaxverkehr beteilige, gebe damit zu erkennen, dass für ihn diese Übermittlungsform und Unterschrift geschäftsüblich sei. Gemäß § 886 dritter Satz ABGB sei es nämlich nicht von Bedeutung, was für einen bestimmten Teilnehmer, sondern nur, was im Geschäftsverkehr allgemein üblich sei. Wie auch nach der Rechtsprechung des BGH müsse eine dem gesetzlichen Formgebot entsprechende Bürgschaftserklärung dem Vertragspartner zugehen, um verbindlich zu sein.

In der zitierten Entscheidung 5 Ob 535/85 war im Anschluss an führende Literaturstimmen zur Formunwirksamkeit einer per Telegramm erklärten Bürgschaft die Wirksamkeit einer per Fernschreiben abgegebenen Bürgschaftserklärung verneint worden. Nach allgemeiner Rechtsüberzeugung erlange eine schriftliche Erklärung erst mit der eigenhändigen Unterschrift verbindliche Wirkung. Die Existenz eines unterschriebenen Originals war in jenem Fall nicht behauptet worden.

In der Entscheidung 1 Ob 525/93 war die Wirksamkeit einer maschinschriftlich abgegebenen Anzeige des Ersatzanspruchs eines Mieters als „schriftliche“ Anzeige iSd § 10 Abs 4 Z 1 MRG verneint worden. Die Schriftform solle vielmehr gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der abzugebenden Erklärung und die Person, von der sie ausgehe, hinreichend zuverlässig entnommen werden könne. Diese Judikatur ist allerdings seit der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 207/02f überholt. Unter Bedachtnahme auf den Formzweck, den Vermieter in die Lage zu versetzen, über künftige Forderungen des Mieters zu disponieren und sich über deren allfällige Berechtigung zu informieren, wurde ausgesprochen, dass für die in § 10 Abs 4 MRG geforderte schriftliche Anzeige auch im privaten Schriftverkehr üblich gewordene Mitteilungsform durch Telefax ausreichend sei.

Weitere eine Telefaxerklärung betreffende Entscheidungen sind für die vorliegende Frage nicht unmittelbar einschlägig, weil die ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen keinen Übereilungsschutz verfolgen (6 Ob 512/96: Formwirksamkeit eines per Fax erklärten schriftlichen Vorbehalts wegen Überschreitung der Lieferfrist nach Art 30 Abs 3 CMR; 1 Ob 620/95: Formunwirksamkeit einer per Fax abgerufenen Garantiezusage als Auslegungsergebnis eines vereinbarten Formgebots nach dem Grundsatz der formalen Garantiestrenge; 9 ObA 96/07v: mangels Unterschrift Formunwirksamkeit einer per SMS erklärten Auflösung eines Lehrverhältnisses nach § 15 Abs 1 BAG; 5 Ob 133/10k: Formunwirksamkeit einer per E‑Mail abgegebenen Erklärung des Mieters nach § 16 Abs 1 Z 5 MRG).

I.8. Der Gesetzgeber hat in jüngerer Zeit den Schutz des Bürgen vor Übereilung insofern ausgeweitet, als die bis zum Handelsrechts-Änderungsgesetz, BGBl I 2005/125, bestehende Formfreiheit der Bürgschaftserklärung eines Vollkaufmanns durch ersatzlose Streichung des § 350 HGB zugunsten der allgemeinen Formpflicht nach § 1346 Abs 2 ABGB abgeschafft wurde. Eine qualifizierte elektronische Signatur wurde für privat („außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit“) abgegebene Bürgschaftserklärungen zunächst als nicht dem Schriftformgebot des § 1346 Abs 2 ABGB genügend angesehen (§ 4 Abs 2 Z 4 Signaturgesetz idF BGBl I 2001/152). Das Manko des fehlenden Übereilungsschutzes wurde mit BGBl I 2005/164 dadurch beseitigt, dass eine mit qualifizierter elektronischer Signatur abgegebene Privatbürgschaftserklärung nunmehr dann dem Schriftlichkeitsgebot des § 1346 Abs 2 ABGB entspricht, wenn sie die Erklärung eines Rechtsanwalts oder eines Notars enthält, dass er den Bürgen über die Rechtsfolgen seiner Verpflichtungserklärung aufgeklärt hat (RV 1169 BlgNR XXII. GP 42: „hinreichender Übereilungsschutz“). Beide Änderungen klären jedoch nicht, ob dem Schriftformerfordernis des § 886 ABGB als solchem („Unterschrift der Parteien“) und dem Übereilungsschutz des § 1346 Abs 2 ABGB auch durch ein Telefax entsprochen werden kann.

I.9. In der Lehre hat sich Wilhelm bereits 1990 unter dem Aspekt der leichteren Fälschbarkeit eines Telefaxes gegen die Wirksamkeit einer Telefaxbürgschaft ausgesprochen. Die Schriftform sollte „über all den Warn‑, Übereilungsschutz‑, Beweissicherungs‑, Gläubigerschutz‑ und Publikationszwecken“ nach ihrem ersten und wichtigsten Zweck jeden Zweifel daran ausschließen, dass die Erklärung wirklich von dem stamme, von dem sie zu stammen vorgebe (Wilhelm, Telefax: Zugang, Übermittlungsfehler und Formfragen, ecolex 1990, 208; s auch ecolex 1996, 448, Anm zu 1 Ob 620/95). Insofern sollte die Anwendung einer tatbestandlich eindeutigen Formvorschrift prinzipiell von jeder Teleologie unabhängig sein (ecolex 1994, 159, Anm zu 1 Ob 525/93).

Auch Graf, Krankmeldung nach § 4 EFZG per Telefax‑Zugang und sein Beweis, DRdA 2012, 427, erachtete kürzlich ein Telefax als nicht der Schriftform entsprechend.

Demgegenüber haben sich namhafte Stimmen ablehnend zur Entscheidung 1 Ob 515/95 geäußert und sich in Differenzierung der Formvorschrift nach einer möglichen Echtheitsprüfung durch den Empfänger und der Warnfunktion für den Bürgen für die Wirksamkeit einer Telefaxbürgschaft ausgesprochen:

Rummel führte in seiner Anmerkung zu 1 Ob 515/95, ÖBA 1996, 77, aus, der Fälschungsgefahr und Echtheitsprüfung sei auf der Beweisebene ausreichend Rechnung zu tragen. Berufe sich der Empfänger auf ein Fax, reiche Bestreitung der Echtheit der Urkunde (§ 294 ZPO). Stehe fest, dass das Original unterschrieben, die Telekopie also nicht verfälscht sei, könne nur noch die Warnfunktion bei der Bürgschaft den Prüfmaßstab liefern. Insofern sei kein Unterschied zwischen Postversand und Fax zu erkennen.

Auch nach P. Bydlinski, Telefaxbürgschaft: OGH folgt BGB, RdW 1996, 196, sei mit einer Telefaxkopie der Übereilungsschutz nicht weniger gesichert als bei Übergabe der Originalurkunde. Entscheidender Moment sei die „Entäußerung“ an sich. Gewarnt wäre der Erklärende da wie dort. Beweisprobleme hätten damit nichts zu tun.

Koziol, ÖBA 1996, 478, hob hervor, dass nicht jede Formvorschrift jedenfalls den Nebenzweck verfolge, Echtheitszweifel auszuschließen. Da § 1346 Abs 2 ABGB den Schutz des Bürgen vor den Folgen unüberlegter, leichtfertiger Gutstehungserklärungen verfolge, müsse es entscheidend auf den vom Bürgen zu setzenden Akt ankommen. Dafür müsse zur Unterschrift auch ein bewusster Akt der Entäußerung der Erklärung hinzukommen, um den Erklärungswillen sicherzustellen. Dem Zweck könne aber nicht entnommen werden, dass der Gläubiger die Verfügungsmöglichkeit über die Originalurkunde erlangen und ihm diese daher ausgehändigt werden müsse, weil eine derartige Voraussetzung nicht geeignet wäre, den Bürgen zu größerer Vorsicht anzuhalten. Die Ermöglichung einer Echtheitsprüfung durch den Gläubiger würde im Ergebnis aber auch dessen Interessen widersprechen, wenn die Bürgschaftserklärung mangels Zugang des Originals für ungültig erklärt werde.

Schließlich hat Pfersmann, Bemerkenswertes aus der SZ 68/I, ÖJZ 1997, 530, 531 f, diese Entscheidung für verfehlt erachtet, weil die historische wie rechtspolitische Grundlage der gesetzlich geforderten Schriftlichkeit nicht die Gefahr einer Unterschriftsfälschung, sondern die durch den Formzwang erstrebte bessere Aufmerksamkeit und Überlegung dessen sei, der sich für einen anderen verbürge. Im Bestreitungsfall sei der Bürgschaftsempfänger für die Echtheit der Unterschrift beweispflichtig. Derartige Fälle würden sich bestenfalls im Promillebereich ergeben. Deshalb sei aber nicht den restlichen durch Fax übermittelten Bürgschaftserklärungen die generelle Unwirksamkeit zu dekretieren.

Allgemein gestehen P. und F. Bydlinski, aaO 16 ff, dem Gläubiger zwar ein Interesse daran zu, sich noch vor seinen Dispositionen mit Hilfe der Originalurkunde weitgehende Gewissheit über die Wirksamkeit der Bürgschaft zu verschaffen. Die Frage nach der Wirksamkeit der Telefaxbürgschaft sei davon aber präzise zu unterscheiden. In Fällen, in denen der als Bürge Belangte seine Urheberschaft zugestehe, wäre es geradezu absurd, das Argument grundsätzlicher (Ver‑)Fälschungsgefahr zuzulassen, weil sich dieses Risiko dann nachweislich nicht verwirklicht habe.

Für die Formwirksamkeit einer per Fax erklärten Bürgschaft sprechen sich schließlich auch Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB3 § 1346 Rz 11; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1346 Rz 8, P. Bydlinski in KBB3 § 1346 Rz 9, und Würth, wobl 1994, 71, Anm zu 1 Ob 525/93 aus.

I.10. Nach deutscher Rechtsprechung gilt eine per Telefax abgegebene Bürgschaftserklärung nicht als iSd § 766 BGB „schriftlich erteilt“ (BGH vom 28.1.1993, IX ZR 259/91, BGHZ 121, 224). Soweit ersichtlich, wurde diese Rechtsprechung in jüngerer Zeit aber keiner weiteren Prüfung unterzogen.

I.11. Der Oberste Gerichtshof kann sich der überwiegenden Kritik der Lehre nicht verschließen:

Tatsächlich steht das Argument der Fälschungsanfälligkeit eines Telefax in keinem inneren Zusammenhang mit dem Zweck des Formgebots, den Bürgen von einer übereilten Haftungserklärung zu warnen. Eine Echtheitsprüfung durch den Empfänger wäre in der Regel auch nur möglich, wenn ihm die Originalunterschrift des Bürgen zu Vergleichszwecken zur Verfügung steht. Das kann im Geschäftsverkehr im Allgemeinen aber nicht vorausgesetzt werden. Zudem ist auch eine Zeichnung des Vertreters mit dem Namen des Vertretenen erlaubt (Rummel in Rummel, ABGB3 § 886 Rz 5 mwN). Die Führung des Nachweises, dass Inhalt und Unterschrift einer per Telefax übermittelten Bürgschaftserklärung vom belangten Bürgen stammen, obliegt unter prozessualen Aspekten im Bestreitungsfall ohnedies dem Gläubiger als demjenigen, der sich darauf beruft. Wird aber die Abgabe einer per Fax erklärten Bürgschaft vom Bürgen gar nicht bestritten, kann es auf die Frage des Nachweises einer solchen Bürgschaftserklärung nicht mehr ankommen.

Dass die per Fax übermittelten Subbürgschaftserklärungen von den Subbürgen tatsächlich eigenhändig unterfertigt und somit iSd § 886 ABGB schriftlich errichtet wurden, steht im Revisionsverfahren nicht weiter in Frage. Augenmerk verdient daher, dass § 1346 Abs 2 ABGB zur Wahrung der Schriftform neben der „Schriftlichkeit“ auch das „Abgeben“ der unterzeichneten Bürgschaftserklärung durch den Bürgen verlangt. Der Vorgang der Abgabe ist vom schriftlichen Abfassen des Willens des Bürgen zu unterscheiden, weil er nicht auf das Zustandekommen dieses Willens, sondern auf dessen Übermittlung an den Gläubiger gerichtet ist. Für sie ist es erforderlich, dass sich der Bürge der in der Bürgschaftsurkunde verkörperten Willenserklärung gegenüber dem Gläubiger entäußert. Ob die Abgabe der Bürgschaftserklärung zwingend mit der Entäußerung des Originals der Urkunde zu verbinden ist oder auch per Fax erfolgen kann, ist nach dem Zweck des Formgebots danach zu beurteilen, ob die Faxübermittlung eine mit der Übergabe/Versendung des Originals gleichwertige Warnung des Bürgen bewirkt. Zwar mag es insbesondere im privaten Rechtsverkehr, in dem per Telefax getätigte Geschäftsabschlüsse in der Dimension einer Bürgschaftserklärung nicht als geschäftsüblich angesehen werden können, für den Erklärenden psychologisch einen Unterschied machen, ob er das Original „aus der Hand“ gibt oder die Sendetaste am Faxgerät betätigt. Dieses Moment allein rechtfertigt es jedoch nicht, einer vom Bürgen unterschriebenen und dem Gläubiger gefaxten Bürgschaftserklärung die Wirksamkeit zu versagen, weil er sich auch in diesem Fall seiner Erklärung willentlich so entäußert, dass er ohne sein weiteres Zutun mit ihrem Zugang beim Empfänger rechnen muss. Nicht anders als beim Versenden eines Poststücks hat seine Erklärung damit aber „endgültig“ seinen Machtbereich verlassen. Diese Erwägung führt aber dazu, dass eine schriftliche, dh eigenhändig vom Bürgen unterschriebene Verpflichtungserklärung auch mit der Übermittlungsform eines Telefax iSd § 1346 Abs 2 ABGB formwirksam „abgegeben“ werden kann.

Der in der dargelegten Rechtsprechung aufgezeigte Aspekt, dass auch dem Gläubiger ein Interesse daran zuzugestehen sei, aus dem ihm übermittelten Schriftstück den Inhalt der abzugebenden Erklärung und die Person, von der sie ausgehe, hinreichend zuverlässig entnehmen zu können, wird dadurch nicht obsolet. Denn selbstverständlich steht es dem Gläubiger frei, vom Bürgen die Übermittlung der Originalurkunde zu verlangen, wenn er ‑ nicht zuletzt im Hinblick auf einen Streitfall ‑ die für ihn größtmögliche Sicherheit erlangen will, liegt es doch, wie dargelegt, in der Prozesssituation für gewöhnlich an ihm, im Bestreitungsfall die Formwirksamkeit der Bürgschaftserklärung nachzuweisen.

I.12. Zusammenfassend erfüllt damit eine vom Bürgen eigenhändig unterschriebene Bürgschaftserklärung, die er dem Gläubiger per Telefax übermittelt, die Voraussetzungen des Formgebots des § 1346 Abs 2 ABGB. Der Erst‑ und der Zweitbeklagte können sich danach nicht auf die Formunwirksamkeit ihrer Subbürgschaftserklärungen berufen.

I.13. Weitere Umstände, die hinsichtlich des Erst- und des Zweitbeklagten gegen die Berechtigung des dritten Eventualbegehrens oder seines Umfangs sprechen könnten, wurden im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht. Den Revisionen der Erstklägerin und des Zweitklägers war danach wie aus dem Spruch ersichtlich Folge zu geben.

II. Zum Rekurs der Kläger gegen den Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der Viert‑ und Fünftbeklagten

II.1. Im Revisionsverfahren ist nicht weiter strittig, dass die vorliegenden Erklärungen Entschädigungs- (Rück‑)bürgschaften iSd § 1348 ABGB darstellen. Entschädigungsbürge ist, wer sich für den Rückgriffsanspruch des Hauptbürgen für den Fall verbürgt, dass dieser zu Schaden kommt. Daraus wird abgeleitet, dass der Hauptbürge einen Vermögensaufwand gemacht und weiters vergeblich versucht haben muss, seinen Rückgriffsanspruch beim Hauptschuldner einbringlich zu machen. Den Vertragspartnern steht es aber frei, auch eine sofortige Inanspruchnahme des Rückbürgen oder einfache Subsidiarität zu vereinbaren. Selbst bei Subsidiärbürgschaften einschließlich der Ausfallsbürgschaft kann der Bürge aber zuerst belangt werden, wenn über das Vermögen des Hauptschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder wenn der Hauptschuldner unbekannten Aufenthalts ist (§ 1356 ABGB). Eine Eigenkapital ersetzende Gesellschaftersicherheit steht dem gleich (P. Bydlinski in KBB3 § 1356 Rz 1 mwN). Es ändert daher am Charakter der Entschädigungsbürgschaft nichts, dass sich der Viert- und der Fünftbeklagte verpflichteten, im Falle der Inanspruchnahme des Bürgen über einmalige Aufforderung die Haftungssumme auf ein Treuhandkonto zu überweisen, ohne dass die Kläger als Hauptbürgen vorrangig versuchen mussten, ihren Regressanspruch gegenüber der W***** GmbH einbringlich zu machen.

II.2. Der Rekurs wurde zur Frage der Auswirkungen der Rückzahlungssperre des § 15 EKEG auf die Entschädigungsbürgschaft zugelassen.

Ein Kredit, den eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise (§ 2 Abs 1 EKEG) gewährt, ist Eigenkapital ersetzend. Für Eigenkapital ersetzende Gesellschaftersicherheiten sieht § 15 Abs 1 EKEG vor:

§ 15 (1). Bürgt ein Gesellschafter in einem Zeitpunkt, in dem eine Kreditgewährung Eigenkapital ersetzend wäre, für die Rückzahlung des Kredits eines Dritten …, so kann sich der Dritte bis zur Sanierung der Gesellschaft trotz entgegenstehender Vereinbarung wegen der Rückzahlung des Kredits aus der Sicherheit befriedigen, ohne zuerst gegen die Gesellschaft vorgehen zu müssen. Bezahlt der Gesellschafter die fremde Schuld, so kann er gegen die Gesellschaft nicht Regress nehmen, solange diese nicht saniert ist und, wenn das Insolvenzverfahren nach einem bestätigten Sanierungsplan aufgehoben ist, soweit der Regressanspruch die Sanierungsplanquote übersteigt. [...]

Nach dieser Bestimmung ist der Regressanspruch des Gesellschafters, der aus der Sicherheit in Anspruch genommen wird, bis zur Sanierung der Gesellschaft gehemmt (Mohr in Dellinger/Mohr, Eigenkapitalersatzgesetz § 15 Rz 13). Der Regressanspruch wird insofern wie ein Eigenkapital ersetzender Kredit behandelt (§ 14 Abs 1 EKEG) und ist dementsprechend ebenfalls einer Rückzahlungssperre unterworfen. Damit wird das Finanzierungsrisiko im Umfang der Sicherheit dem sicherheitengebenden Gesellschafter zugewiesen (Karollus in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband, § 15 EKEG Rz 1, 12).

II.3. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass der den Rückgriffsanspruch aus einer Eigenkapital ersetzenden Sicherheit eines Gesellschafters besichernde Subbürge unter Berufung auf den Akzessorietätsgrundsatz des Bürgschaftsrechts ebenfalls die Hemmung des Regressanspruchs einwenden kann. Dem stehen folgende Erwägungen gegenüber:

II.4. Maßgeblich für den Umfang der Haftung des Subbürgen muss primär die nach den Auslegungsgrundsätzen des § 914 ABGB zu beurteilende Sicherungsabrede der Parteien sein, konkret daher die Frage, ob der Subbürge das Kapitalersatzrisiko des Hauptbürgen übernommen hat oder nicht (ebenso zum vergleichbaren Problem der Bürgenhaftung für ein als Eigenkapital ersetzend zu qualifizierendes Gesellschafterdarlehen P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels‑, Gesellschafts‑ und Wertpapierrecht [Wien 1991] 100; Mader/W. Faber, aaO § 1353 Rz 7; Karollus/Schulyok, Eigenkapitalersetzende Leistungen 102 ff; Mohr in Dellinger/Mohr, aaO § 14 Rz 5 ff; Schopper/Vogt, EKEG § 14 Rz 27).

II.5. Im Zweifel ist die Bestimmung des § 1354 ABGB beachtlich. Aus ihr wird die allgemeine Regel abgeleitet, dass Einwendungen des Hauptschuldners, die nicht die Schuld, sondern seine Haftung insofern betreffen, als sie das Vermögen des Hauptschuldners dem Gläubigerzugriff ganz oder teilweise entziehen, dem Bürgen nicht zustatten kommen, weil es Hauptzweck der Bürgschaft ist, den Gläubiger gegen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu sichern (Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1354 Rz 1 mwN; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB3 § 1354 Rz 1). § 1354 durchbricht damit nicht prinzipiell den Grundsatz der Akzessorietät, weil die Einwendung, von der der Bürge nicht Gebrauch machen kann, nicht den Bestand der Schuld, sondern nur die Beschränkung der Haftung betrifft (Gamerith, aaO Rz 2).

Dem wird in der Literatur nicht nur der Fall zugeordnet, dass sich der Bürge nicht auf dem Hauptschuldner zustehende Exekutionsprivilegien (§§ 250 - 252, 290 - 290c EO), auf die durch die Rechtswohltat des Inventars beschränkte Haftung des Hauptschuldnererben oder auf die quotenmäßige Haftung der Masse im Konkurs berufen kann. Vielmehr ordnen Ostheim (JBl 1992, 450 in Anm zu 1 Ob 617/91) und Mader/W. Faber (aaO § 1354 Rz 2) auch die Rückzahlungssperre des § 15 Abs 1 EKEG (früher: § 74 Abs 1 GmbHG) diesen Fällen zu, weil anderes dem Hauptzweck der Bürgschaft, den Gläubiger gegen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu sichern, widerspräche (bei Erkennbarkeit der Eigenkapitalersatzfunktion ebenso P. Bydlinski, aaO 101 ff).

II.6. Ähnlich wurde bereits zu 8 Ob 212/97b ausgesprochen, dass ein atypisch stiller Gesellschafter wegen der Eigenkapitalfunktion seiner stillen Beteiligung im Konkurs über das Vermögen des Geschäftsinhabers zwar keinen Konkursteilnahmeanspruch hat, sein Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben aber fortbesteht und nach Aufhebung des Konkurses gegen den Geschäftsherrn geltend gemacht werden kann. Würde die Sicherungsabrede zwischen dem atypisch stillen Gesellschafter und dem für die Rückzahlung einer atypisch stillen Beteiligung Garantierenden (dort: verdeckte Wechselbürgschaft) im Fall eines Insolvenzverfahrens als insoweit akzessorisch angesehen werden, dass ein Ausschluss des Konkursteilnahmeanspruchs auch das Erlöschen der Sicherheit zur Folge hätte, wäre sie im Insolvenzfall praktisch wertlos. Ein solcher Vertragswille, der in der Vereinbarung keinerlei Niederschlag gefunden habe, sei daher den Parteien nicht zu unterstellen. Gerade im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft sei es für den Stillen sinnvoll, sich von einem Dritten die Rückzahlung der Einlage sichern zu lassen.

II.7. Diese Erwägungen sind auch auf den Fall einer Entschädigungsbürgschaft übertragbar. Zu Recht wies das Berufungsgericht in seinem Zulassungsausspruch darauf hin, dass es einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, wenn eine Subbürgschaft, die selbst einen insolvenzbedingten Zahlungsausfall des Hauptschuldners besichern soll, für eine nur insolvenznahe Zahlungsschwierigkeit des Hauptschuldners nicht gilt. Mangels eines erkennbaren gegenteiligen Vertragswillens wird für den Regelfall daher davon auszugehen sein, dass eine den Regressanspruch des Hauptbürgen besichernde Subbürgschaft nicht nur eine insolvenzbedingte, sondern auch eine iSd § 2 EKEG gegebene krisenbedingte Uneinbringlichkeit dieses Anspruchs besichern soll.

II.8. Anhaltspunkte dafür, dass die Subbürgschaften des Viert‑ und des Fünftbeklagten in diesen Fällen nicht gelten sollten, liegen nicht vor. Der Wortlaut ihrer „Schulderklärung und Teilbürgschaft“ ist weit gefasst („Sollte daher die W***** GmbH die Verbindlichkeiten nicht begleichen können, so wird die Haftung der Bürgen … schlagend. Im Falle der Inanspruchnahme der Bürgen verpflichtet sich der Subbürge über einmalige Aufforderung, diese Summe … zu überweisen.“). Nach dem Verlauf der Gespräche um die Kreditaufnahme der W***** GmbH und nach den den Gesellschaftern der E***** erteilten Informationen konnte für diese auch nicht zweifelhaft sein, dass die gesamte Konstruktion über die Gründung und die Kreditaufnahme der W***** GmbH sowie die Bürgschaftserklärungen der Kläger deshalb gewählt worden war, um die Betriebsfortführung der E***** zu finanzieren und zu sichern. Das spricht nach den Umständen des Falls aber dafür, dass das Kapitalrisiko letztlich nicht den Klägern als Gesellschafter der W***** GmbH, sondern den Beklagten als an der E***** beteiligten Gesellschaftern zugewiesen sein sollte.

Eine Irreführung des Viert‑ und Fünftbeklagten durch die Kläger als Hauptbürgen über die Gefahr ihrer Inanspruchnahme ist nicht rekursgegenständlich.

II.9. Ausgehend davon ist das Erstgericht aber zutreffend zur Ansicht gelangt, dass dem Viert‑ und dem Fünftbeklagten die Berufung auf die Rückzahlungssperre des § 15 Abs 1 zweiter Satz EKEG nicht zusteht, sodass es auf die Frage, ob sich die W***** GmbH als Hauptschuldnerin bei Eingehung der Hauptbürgschaften in der Krise befunden hat, nicht ankommt.

Auch dem Rekurs der Kläger ist danach Folge zu geben und das Ersturteil wie aus dem Spruch ersichtlich wiederherzustellen.

III. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, wobei den Klägern aufgrund ihrer wertmäßig gleich gelagerten Begehren die Kosten nach Kopfteilen zuzusprechen waren (vgl M. Bydlinski in Fasching 2 § 41 ZPO Rz 35).

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 iVm § 46 Abs 1 ZPO, wobei die Werte der Streitgegenstände zusammenzurechnen waren (vgl § 12 Abs 1 RATG, § 15 Abs 2 GGG). Die Kostenersatzpflicht des Viert‑ und des Fünftbeklagten war ‑ ausgehend von den von den Klägern auf Basis der Tarifpost 3B verzeichneten Kosten ‑ nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Gesamtstreitwert des Rekursverfahrens zu bestimmen (Viertbeklagter: 36 %; Fünftbeklagter: 64 %) und auch hier den Klägern nach Kopfteilen zuzusprechen.

Die Übertragung der die Vorinstanzen betreffenden Kostenentscheidungen folgt dem Rechtssatz RIS‑Justiz RS0124588, nach dem im Falle der Notwendigkeit eingehender Berechnungen die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz an das Berufungsgericht übertragen werden kann.

Stichworte