OGH 10Ob33/13w

OGH10Ob33/13w25.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Mag. Johann Meisthuber, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. N*****, vertreten durch Hochsteger, Perz, Wallner & Warga, Rechtsanwälte in Hallein, wegen Unterlassung und Abgabe einer Erklärung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 11. Mai 2012, GZ 21 R 128/12p-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 16. Jänner 2012, GZ 17 C 1235/11x-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Das mit Beschluss 10 Ob 48/12z unterbrochene Revisionsverfahren wird wieder aufgenommen.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zu I.:

Das Revisionsverfahren war bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen den Erstrichter unterbrochen und ist daher nach Eintritt der Rechtskraft (10. 6. 2013) fortzusetzen.

Zu II.:

Die Streitteile sind (noch) aufrecht verheiratet, ein Scheidungsverfahren ist jedoch anhängig. Der Beklagte ist als Mitglied der Salzburger Ärztekammer im Rahmen deren Wohlfahrtsfonds krankenzusatzversichert. Die Klägerin war seit der Eheschließung als Angehörige mitversichert. Im Jahr 2009 stellte der Beklagte beim Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds den Antrag, seine Beiträge für die Krankenzusatzversicherung gemäß § 48a der Satzung des Fonds (Ersatz der Sonderklasse) betreffend die Klägerin zu ermäßigen. Diesem Antrag wurde Folge gegeben. Daraufhin leitete die Klägerin ein Verfahren gegen den Beklagten zur Wiedereinbeziehung in den Wohlfahrtsfonds ein. Noch vor Abschluss des Verfahrens einigten sich die Streitteile auf eine Wiedereinbeziehung der Klägerin in die Krankenzusatzversicherung. Seit 1. 7. 2010 ist die Klägerin (rückwirkend) wieder krankenzusatzversichert. Vereinbarungsgemäß leitet der Beklagte die monatlich von ihr bezahlten Prämien von 125 EUR an die Versicherung weiter.

Zwischen den Streitteilen ist eine Vielzahl weiterer gerichtlicher Zivil- und Strafverfahren anhängig.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten zu verpflichten, 1. jegliche Antragstellung gegenüber dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg, die eine Änderung ihrer Eigenschaft als Mitversicherte in der Krankenunterstützung des Wohlfahrtsfonds bewirken könne, insbesondere deren teilweises oder gänzliches Erlöschen ohne Einwilligung der Klägerin, zu unterlassen; 2. gegenüber dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Salzburg seine Zustimmung zu erklären, dass der Wohlfahrtsfonds berechtigt sei, die Klägerin davon unverzüglich zu verständigen, wenn und sobald sich an ihrem Status als Mitversicherte in der Versorgungseinrichtung irgendeine Änderung ergebe, insbesondere [wenn] der Beklagte einen Antrag an den Wohlfahrtsfonds auf Änderungen in Bezug auf die Klägerin, etwa auf Herausnahme aus der Teilnahme, stellen sollte. Aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen „Kündigung“ im Jahr 2009 bestehe Wiederholungsgefahr.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren (im Wesentlichen) mit der Begründung ab, dass eine zukünftige Verletzung der Unterlassungspflicht nicht zu befürchten sei, weil sich die Parteien außergerichtlich geeinigt hätten und der Beklagte diese Vereinbarung seit dem Jahr 2010 einhalte. Da der Beklagte als Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer und als Versicherungsnehmer allein zahlungspflichtig sei, dürften Informationen bezüglich der Versicherung nur ihm zugänglich gemacht werden. Er könne - mangels Rechtsgrundlage - nicht dazu verpflichtet werden, eine Erklärung abzugeben, dass die Klägerin direkt über ihren Status als Mitversicherte informiert werde.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass der Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR nicht übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil erhebliche, über den Einzelfall hinausgehende Fragen nicht zu lösen seien. Diesen Ausspruch änderte es mit Beschluss vom 25. 9. 2012 über Antrag der Klägerin gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass es die Revision mit folgender Begründung doch für zulässig erklärte:

Im Moniturantrag bringe die Klägerin Gründe vor, die nahelegten, dass das Berufungsgericht die revisible Frage des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr unzutreffend gelöst habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

1. Der im Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision vertretene Standpunkt, der Entscheidungsgegenstand übersteige 5.000 EUR, was das Berufungsgericht ebenfalls aussprechen hätte müssen, verkennt, dass es in den Fällen des § 502 Abs 4 ZPO (Revisionen in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 1 und 2 JN [vgl dazu RIS-Justiz RS0044093; RS0046387; RS0046499]) einen solchen Mindestbetrag nicht gibt.

1.1. Die bezirksgerichtliche Eigenzuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 2b JN („aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten“) setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Streitigkeit ohne das Eheverhältnis gar nicht denkbar wäre (RIS-Justiz RS0121843). Kann der geltend gemachte Anspruch auch in einem Rechtsverhältnis zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, so liegt keine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis vor. Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt muss das Eheverhältnis daher zumindest mitbestimmend sein (RIS-Justiz RS0044093; RS0046499; jüngst: 4 Ob 34/13y). Dies trifft hier jedenfalls zu, weil die Mitversicherung der Klägerin bei ihrem Ehemann und ihr Krankenzusatzversicherungsanspruch ihre Wurzel im Familienrecht haben, sodass das Eheverhältnis zumindest mitbestimmend ist: Der gegenständliche Anspruch fußt auf dem Wesen der ehelichen Gemeinschaft.

1.3. Die Frage, ob die beiden (mit je 3.000 EUR bewerteten) Begehren zusammenzurechnen oder vom Berufungsgericht getrennt zu bewerten waren, stellt sich daher nicht.

2. Ob nach besonderen Umständen des Einzelfalls Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, bildet grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0031891; RS0042818; RS0044208; 4 Ob 4/12k [Markenverletzung]; 10 Ob 25/09p [Leasingklauselverbote]).

2.1. Maßgebend ist, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS-Justiz RS0012087; dies verneinend: 4 Ob 104/11i und 4 Ob 74/11b [bei weiteren Störungen nach Unterlassungserklärung bzw bei Nichtunterfertigung einer Unterlassungsverpflichtung]).

2.2. Hat der Beklagte (bereits) gegen eine Unterlassungspflicht verstoßen, so wird vermutet, dass er ihr neuerlich zuwiderhandeln wird. Er hat daher Umstände zu behaupten und zu beweisen, die eine Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0080065; vgl auch RS0037661, RS0080119, RS0079782). Ob dies zutrifft, begründet aber - wie bereits ausgeführt - in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung.

3. Die Verneinung der Wiederholungsgefahr durch die Vorinstanzen ist im konkreten Fall vertretbar. Eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.

3.1. Die Revisionswerberin beruft sich hier - im Wesentlichen - darauf, dass der Beklagte sie im Februar 2009 aus dem Versicherungsverhältnis abgemeldet habe (also auf den Aspekt der zu Punkt 2.2. genannten Beweispflicht des Beklagten nach bereits erfolgter Zuwiderhandlung [RIS-Justiz RS0037661; jüngst: 4 Ob 4/12k]). Sie vertritt den Standpunkt, es ergebe sich offenkundig aus dem Beweisverfahren erster Instanz und sämtlichen Feststellungen, dass der Beklagte ein „Wiederholungstäter“ sei.

4. Nach den im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbaren Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist aber hinsichtlich der hier maßgebenden Umstände (was die weitere Vorgangsweise in Bezug auf die von der Klägerin verlangte Wiedereinbeziehung in die Krankenzusatzversicherung im Wohlfahrtsfonds der Salzburger Ärztekammer betrifft) von folgender Tatsachengrundlage auszugehen:

4.1. Noch vor Beendigung des diesbezüglichen Verfahrens (17 C 1287/10t des BG Salzburg) einigten sich die Parteien auf eine Wiedereinbeziehung der Klägerin in die Krankenzusatzversicherung. Der Beklagte verpflichtete sich, die von der Klägerin an ihn zu entrichtenden Monatsprämien von 125 EUR an die Versicherung weiterzuleiten, solange diese von der Klägerin „ihrerseits“ rechtzeitig bezahlt werden und nicht gerichtlich festgestellt wurde, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin ihm gegenüber erloschen ist.

4.2. Der Beklagte stellte in der Folge den entsprechenden Antrag bei der Ärztekammer, sodass die Klägerin rückwirkend mit 1. 7. 2010 als Angehörige des Beklagten wieder mitversichert ist.

4.3. Die Versicherungsprämien für den auf die Klägerin entfallenden Anteil wurden daraufhin von dieser wieder an den Beklagten geleistet. Der Beklagte leitet sie an die Versicherung weiter.

4.4. Seit der Wiedereinbeziehung der Klägerin in den Wohlfahrtsfonds sind keine „wie immer gearteten“ Probleme im Zusammenhang mit der Mitversicherung entstanden. Eine von der getroffenen Vereinbarung abweichende Änderung des Versicherungsumfangs wurde (von ihm) auch nicht angekündigt.

5. Eine Grundlage für den erhobenen Vorwurf, der Beklagte sei „Wiederholungstäter“, ist dem Sachverhalt somit nicht zu entnehmen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Erstgericht (vom Berufungsgericht gebilligt) dazu Folgendes ausgeführt hat: Wenngleich aus der Vielzahl der zwischen den Streitparteien geführten Verfahren geschlossen werden kann, dass sie „wenig Gelegenheiten auslassen“ den anderen in seiner Rechtssphäre zu beeinträchtigen, wurde doch zwischen ihnen (gerade) die Frage der Mitversicherung samt den damit verbundenen Begleitumständen (Art der Prämienzahlung etc) rechtswirksam vereinbart und es steht auch fest, dass sich der Beklagte seither an die Vereinbarung hält, weil weder ein Verstoß gegen seine Unterlassungspflicht (zur Änderung des Versicherungsverhältnisses) erfolgt noch „derartiges“ angekündigt worden sei. Mangels Gefährdung sei nicht einzusehen, weshalb der sich vereinbarungsgemäß verhaltende Vertragspartner zu einem Verhalten verpflichtet werden sollte, dass er nach den Feststellungen ohnedies seit dem Jahr 2010 zeige.

5.1. Da der Beklagte das Unterlassungsbegehren ausschließlich wegen mangelnder Wiederholungsgefahr bestreitet, liegen keine Anhaltspunkte für ein (beabsichtigtes) Zuwiderhandeln gegen diesen Vergleich vor. Auch die Tatsache, dass der Beklagte nicht bereit ist, dem Begehren der Klägerin auf Erteilung seiner Zustimmung zur Benachrichtigung der Klägerin durch den Wohlfahrtsfonds nachzukommen, für welches es (nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen) keine Rechtsgrundlage gibt (vgl § 48a Abs 2 Z 1 ff der Satzung des Wohlfahrtsfonds) lässt keinen Schluss auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr zu.

5.2. Da eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung somit nicht vorliegt, ist die Revision zurückzuweisen.

5.3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

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