Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Bereits in den Verfahren 1 Ob 106/09h und 2 Ob 115/10s ist die Beklagte (dort jeweils Klägerin und Widerbeklagte) bei vergleichbarem Sachverhalt mit ihrem Einwand, die Streitteile hätten einen Kaufvertrag (Festpreisgeschäft) abgeschlossen, nicht durchgedrungen. Die getroffene Vereinbarung wurde angesichts der Umstände und der geführten Gespräche als Geschäftsbesorgungsvertrag qualifiziert, in dessen Rahmen sich die (hier) Beklagte verpflichtete, für den (hier) Kläger Aktien der S***** AG (kurz: AG) zu erwerben. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, (auch) hier liege ein Kommissionsvertrag vor, weil der Kläger der Beklagten den Auftrag zum Erwerb von Aktien erteilt habe, ist daher nicht korrekturbedürftig. Führt die Bank den An- oder Verkauf von Wertpapieren durch, ist sie zur Einhaltung der Wohlverhaltensregeln des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) verpflichtet (4 Ob 50/11y). Im Übrigen treffen die Bank auch als Eigenhändler wegen ihrer besonderen Vertrauensstellung (und der starken Parallelen zwischen Selbsteintritt und Kaufvertrag) verstärkte Schutz- und Treuepflichten bei Vertragsschluss (2 Ob 115/10s unter Hinweis auf Oppitz in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht VI 2/153). Der von der Beklagten begehrten ergänzenden Feststellungen zu den noch bis zum Jahr 2007 in Geltung gestandenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte (Z 63 Abs 1 und 2) bedarf es daher nicht.
2. Die Beurteilung der Beratungs- und Aufklärungspflichten von Banken ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Gegenteiliges gilt nur dann, wenn eine grobe Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0106373; zuletzt 9 Ob 50/12m). Dies ist hier nicht der Fall. Die von der Beklagten dennoch als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob bzw in welchen Fällen Banken über Handelsspannen und/oder von dritter Seite zugesagter Entgelte aufzuklären hätten, muss - wie in 2 Ob 115/10s - auch im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, die Beklagte hätte in den mit dem Kläger vor dessen Veranlagungsentscheidung geführten Gesprächen nicht den Eindruck vermitteln dürfen, der Kläger könne junge Aktien eines aufstrebenden Unternehmens im Rahmen einer Kapitalerhöhung kaufen. Die Beklagte hätte nicht verschweigen, sondern darüber aufklären müssen, dass der Kläger tatsächlich nicht junge Aktien, sondern Aktien zum Stückpreis von 5,75 EUR kaufe, die sie selbst um 5,25 EUR von einer zwischengeschalteten Gesellschaft gekauft habe, die wiederum selbst junge Aktien zum Stückpreis von 1 EUR gezeichnet bzw unter Berücksichtigung eines der AG gewährten nicht rückzahlbaren Gesellschaftszuschusses von rund 8 Mio EUR rein rechnerisch um ca 2,50 EUR pro Aktie erworben habe. Entsprechend der Information des Beraters der Beklagten sei der Kläger davon ausgegangen, dass der von ihm auf ein Treuhandkonto der Beklagten eingezahlte Kaufpreis direkt der AG zukommen werde. Hätte der Kläger gewusst, dass andere Investoren die Möglichkeit haben werden, Aktien um 1 EUR pro Stück zu erwerben, hätte er von der Veranlagung Abstand genommen. Diese rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach ein strenger Maßstab an die Sorgfalt anzulegen ist, die die Bank bei Effektengeschäften gegenüber dem Kunden anzuwenden hat, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass die Bank über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt und ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät (RIS-Justiz RS0026135). Die aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten der beklagten Bank bejahende Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist daher jedenfalls vertretbar.
Die in der Revision zitierte Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (XI ZR 367/11 vom 16. 10. 2012), eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle oder fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts zu einem über den Einkaufspreis liegenden Preis veräußere, sei grundsätzlich nicht verpflichtet, ihre Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele, geht am gegenständlichen Problem vorbei, weil die Beklagte dem Kläger fälschlich den Kauf von jungen Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung zugesagt hat.
3. Auch in der Beurteilung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs zeigt die Beklagte keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf. Das Wesen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs liegt darin, dass aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, die die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte (RIS-Justiz RS0022933). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt der Schaden bei fehlerhafter Anlageberatung bereits im Erwerb nicht gewünschter Vermögenswerte, die der Kunde bei richtiger Beratung nicht gekauft hätte (zuletzt 1 Ob 85/11y; 7 Ob 9/13v je mwN). Die von der Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des § 13 Z 3 und 4 WAG zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungspflichten und Beratungspflichten (RIS-Justiz RS0119752) verfolgen den Zweck, dass der Kunde in den Stand versetzt wird, die Auswirkung seiner Anlageentscheidung zu erkennen (RIS-Justiz RS0123046). Da die fehlerhafte Anlageberatung der Beklagten dazu geführt hat, dass der Kläger Wertpapiere erwarb, die er gar nicht erwerben wollte („alte“ Aktien) und bei vollständiger Information der Beklagten auch nicht gekauft hätte, steht die Verletzung der Beratungspflichten der Beklagten im unmittelbaren Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem beim Kläger eingetretenen Schaden. Auf die von der Beklagten als erheblich angesehenen Ursachen für das Scheitern des Modells „S*****“ (Verwirklichung des Risikos „regulatorisches Umfeld“) kommt es daher nicht an.
4. Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs setzt der Beginn der Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB die Kenntnis des Verletzten vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen voraus (RIS-Justiz RS0034374), die durch die verschuldete Unkenntnis nicht ersetzt wird (RIS-Justiz RS0034686). Die bloße Möglichkeit der Kenntnis genügt grundsätzlich ebenso wenig wie die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen. Kennenmüssen reicht daher grundsätzlich nicht aus (RIS-Justiz RS0034366 [T3, T6]).
In gewissem Umfang wird dann eine Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten angenommen (RIS-Justiz RS0034686 [T12]), wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (RIS-Justiz RS0034524 [T21]; RS0034366 [T20]), wobei aber die Erkundigungspflicht nicht überspannt werden darf (zuletzt 2 Ob 41/13p; RIS-Justiz RS0034327). Nur insoweit darf sich der Geschädigte nicht einfach passiv verhalten (2 Ob 41/13p; RIS-Justiz RS0065360).
Bei der Frage des Ausmaßes der Erkundigungspflicht des Geschädigten über den die Verjährungsfrist auslösenden Sachverhalt kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0113916, RS0034327). Eine Einzelfallbeurteilung begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (8 ObA 83/11f ua).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, alleine die Kenntnis des Klägers vom gänzlichen Wertverlust seiner Aktien Ende 2006 hätte ihn noch nicht zu Nachforschungen verpflichtet, weil der Grund seines Schadenersatzanspruchs in der Unterlassung wesentlicher kaufentscheidender Informationen durch die Beklagte und nicht in einem allfälligen Verschweigen des allgemeinen Aktienrisikos liege, ist nicht unvertretbar. Die in der Zulassungsbegründung der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, welche Relevanz der Eintragung maßgeblicher Tatsachen in das Firmenbuch für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB zukomme, stellt sich daher nicht. Aufgrund welcher konkreten Umstände des Einzelfalls der Kläger Anhaltspunkte für eine von der Beklagten verschuldete Fehlberatung haben musste, legt die Revision nicht dar.
Zusammenfassend zeigt die außerordentliche Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
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