OGH 15Os39/13v

OGH15Os39/13v22.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexandru M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Jänner 2013, GZ 39 Hv 5/10z-607, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexandru M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er im Zeitraum 12. bis 20. Jänner 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Eugeniu Ma***** und Oleg P***** sowie unbekannt gebliebenen Mittätern in insgesamt neun - im Urteil näher ausgeführten - Angriffen anderen Bargeld und Gegenstände in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei er die schweren Diebstähle mit jeweils mehr als 3.000 Euro Beute und die Diebstähle durch Einbruch gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begangen hat.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO (der Sache nach Z 1; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 132, 386) wendet die Beschwerde - unter Bezugnahme auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungsantrag (ON 606 S 2 f) - Tätigwerden eines iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO infolge Befangenheit ausgeschlossenen Vorsitzenden des Schöffensenats ein.

Ihr kommt keine Berechtigung zu. Den Umständen, dass der vorsitzende Richter bereits an den Schuldsprüchen der Mittäter Eugeniu Ma***** und Oleg P***** mitgewirkt hatte und dass Teile der diese betreffenden Urteile hier wortgleich übernommen wurden, kommt per se ebenso wenig die Eignung zu, aus Sicht eines verständig würdigenden objektiven Beurteilers (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 10, 12) die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des vorsitzenden Richters in Frage zu stellen, wie der bloßen Spekulation des Beschwerdeführers (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 144), wonach der Vorsitzende nicht bereit gewesen wäre, seine in den beiden früher ergangenen Urteilen vertretene Meinung (allenfalls) zu ändern (RIS-Justiz RS0096733).

Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) Verteidigungsrechte für verletzt erachtet, weil die in der Hauptverhandlung am 14. September 2012 beantragten Zeugen Ivan B***** und Boris R***** nicht vernommen worden sind, übersieht sie, dass die Ladung der Zeugen an der mangelnden Kenntnis deren Aufenthaltsorts trotz mehrmonatiger Fahndungsausschreibung zur Aufenthaltsermittlung (vgl ON 596, 597) scheiterte (§ 55 Abs 2 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0108361 [T1, T3]).

Die Erstrichter stützten die Annahme der Täterschaft des Angeklagten logisch und empirisch einwandfrei auf eine Reihe von Indizien (RIS-Justiz RS0098249), nämlich auf die DNA-Spuren der Mittäter, die im Fahrzeug, in dem sich (auch) der Angeklagte befunden hatte, sichergestellten Beutestücke, den engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zwischen den Tathandlungen, den jeweils gleichen modus operandi, übereinstimmende Werkzeugspuren und die an mehreren Tatorten (7./, 8./ und 9./) sichergestellten Schuhabdruckspuren, die - wenn auch nicht durch sonstige Merkmale individualisiert - in Form, Größe und Profil mit den vom Angeklagten bei seiner Verhaftung getragenen Schuhen übereinstimmen (US 11 f).

Der Nichtigkeitswerber kritisiert im Rahmen seiner Mängelrüge die mangelnde Erörterung des Kurzberichts des LPK Niederösterreich vom 18. Juni 2009 (ON 283 S 271 f; Z 5 zweiter Fall), wonach an drei hier nicht gegenständlichen Tatorten Fragmente von Schuhspuren dokumentiert wurden, die ebenfalls mit den an den gegenständlichen Tatorten sichergestellten Spuren in Einklang zu bringen wären, anders als die Schuhe des Angeklagten aber im Absatzbereich zusätzlich eine Aufschrift tragen. Der Beschwerdebehauptung zuwider entlastet dieses Beweismittel den Angeklagten aber nicht, weil die theoretische Möglichkeit der Verursachung der gegenständlichen Spuren durch einen Dritten der - auch auf andere Beweisergebnisse gestützten - Annahme der Täterschaft dieses Angeklagten nicht entgegensteht. Solcherart konnte die Erörterung des angesprochenen Polizeiberichts sanktionslos unterbleiben.

Der Einwand undeutlicher Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz (Z 5 erster Fall), der die - wenngleich disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen - eindeutigen Konstatierungen übergeht, wonach der Angeklagte die Einbruchsdiebstähle beging, um sich durch die Zueignung der weggenommenen Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern (US 14), nimmt nicht - wie geboten - an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß (RIS-Justiz RS0116504; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Soweit der Nichtigkeitswerber die Einschätzung der Tatrichter, wonach Eugeniu Ma*****, Oleg P*****, Ivan B***** und Boris R***** (auch) den Angeklagten - wahrheitswidrig - nicht belasten wollten (US 10 f), als unzureichend begründet kritisiert (Z 5 vierter Fall), greift er in unzulässiger Weise die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugen an, die als kritisch-psychologischer Vorgang der Anfechtung aus Z 5 entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588, RS0098390).

Mit dem Einwand unzureichender Begründung der Täterschaft des Angeklagten (bloß) aufgrund von „DNA-Spuren eines Mitangeklagten“ sowie des „Geständnisses eines Mitangeklagten, der jedoch den Angeklagten M***** zu keinem Zeitpunkt belastet“, nimmt der Nichtigkeitswerber einmal mehr nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß (vgl US 11 f).

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).

Mit der Wiederholung des bereits in der Mängelrüge erhobenen Einwands der fehlenden Auseinandersetzung mit dem Kurzbericht des LPK Niederösterreich und der nicht näher spezifizierten, die Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen (insbesondere US 14) außer Acht lassenden Behauptung, vor allem zur Absicht fortlaufender Begehung von Einbruchsdiebstählen, läge „kein einziger Beweis“ vor, sowie dem Argument, zu einem „allfälligen Motiv“ enthalte das Urteil keine Feststellungen, vermag der Nichtigkeitswerber keine derartigen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken.

Die einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht ebenfalls die diesbezügliche Konstatierung (US 14) und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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