Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß
§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit rechtswirksamem und vollstreckbarem Vergleich vom 8. Juni 2011 verpflichtete sich die Verpflichtete in einem Prozess, in dem sie eine Markenverletzung behauptete, es ab 1. Februar 2012 in der Europäischen Union zu unterlassen, zwei konkrete Bauprodukte unter einer bestimmten Bezeichnung anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.
Die Betreibende stellte am 21. Februar 2012 den Antrag, ihr aufgrund des Vergleichs die Unterlassungsexekution nach § 355 EO zu bewilligen. Auch nach dem 1. Februar 2012 habe die Verpflichtete auf ihrer Website in allen Sprachversionen für die beiden Bauprodukte unter der verpönten Bezeichnung geworben, so beispielsweise am 1., am 6. und am 10. Februar 2012. Nach einem außergerichtlichen Hinweis am 6. Februar 2012 habe sie ihre Website zwar geändert, die Verletzung der Marke der betreibenden Partei aber bestritten und die entstandenen Interventionskosten nicht ersetzt. Die Verpflichtete verwende nach wie vor zur Werbung für ihre Produkte ihren Katalog für das Jahr 2011, in welchem sie mehrfach die beiden Bauprodukte unter der verpönten Bezeichnung bewerbe. So habe sie diesen Katalog anlässlich einer Fachmesse in Stuttgart am 2. Februar 2012 ausgelegt und an jeden Interessenten verteilt. Die Verpflichtete verfüge nach dem letzten Jahresabschluss über ein Anlagevermögen von 1,6 Mio EUR und ein Umlaufvermögen von fast 1,1 Mio EUR; im Jahr 2010 habe sie einen Bilanzgewinn von 236.951,45 EUR erzielt.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution, weil es davon ausging, dass die Verpflichtete gegen das Unterlassungsgebot wie behauptet zuwidergehandelt habe; es verhängte eine Geldstrafe von 12.000 EUR.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten teilweise, und zwar nur in Ansehung der Geldstrafe Folge und reduzierte diese auf 7.500 EUR.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Verpflichteten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Exekutionsantrags, hilfsweise auf Festsetzung der Geldstrafe mit höchstens 500 EUR und hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an die Untergerichte.
Rechtliche Beurteilung
Ungeachtet der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichts zum Vorliegen der Titelverstöße durch das Rekursgericht liegt dazu keine Konformatsentscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO vor, die den Revisionsrekurs insofern absolut unzulässig machen würde. Eine teilweise bestätigende Entscheidung ist nämlich dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann (RIS-Justiz RS0044257 [T61]; RS0044191). Die Exekution zur Erwirkung einer Unterlassung durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen oder Haft sind innerlich zusammengehörige Begehren (RIS-Justiz RS0044257 [T22]).
Der Verpflichteten gelingt es aber nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb ihr Rechtsmittel als nicht zulässig zurückzuweisen ist.
1. Das Bewilligungsgericht hat die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen. Es hat sich dabei an den Wortlaut des Titels zu halten und kann nur aus diesem selbst schließen, was die Parteien oder das Gericht dabei in Wirklichkeit gemeint haben (RIS-Justiz RS0000207). Die Auslegung des Exekutionstitels im Einzelfall und die Frage, ob ein aus dem Vorbringen der betreibenden Partei entnehmbares konkretes Verhalten der verpflichteten Partei gegen den Exekutionstitel verstößt, gehen in der Regel nicht über den konkreten Einzelfall hinaus und werfen - von hier nicht vorliegenden, im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilungen abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0000595 [T10]; RS0004662; RS0031869).
Der in einem Verfahren wegen Markenrechtsverletzung ergangene Exekutionstitel verbietet der Verpflichteten ua das Anbieten näher bezeichneter Bauprodukte unter einer bestimmten Bezeichnung. Unter Anbieten iSd § 10a Z 2 MSchG ist jede Handlung zu verstehen, die anregen soll, die Ware zur Begründung eigener Verfügungsgewalt oder zur Benutzung zu erwerben, daher auch eine Werbung für ein Produkt durch dessen Abbildung auf einer Website (vgl 4 Ob 81/01t). Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht sowohl das behauptete Werben für die vom Exekutionstitel erfassten Produkte auf der Website der Verpflichteten als auch das ebenso behauptete Auslegen und Verteilen von Katalogen auf einer Fachmesse, in denen diese Produkte mehrfach beworben sind, als Anbieten der Produkte im Sinn des Exekutionstitels versteht. Der Umstand, dass der Katalog für das Jahr 2011 herausgegeben wurde, schadet schon deshalb nicht, weil er ja von der Verpflichteten noch im Jahr 2012 zum Anbieten eingesetzt wurde. Deshalb hatten Interessenten, an die diese Kataloge auch noch 2012 verteilt wurden, keinen Grund zur Annahme, dieser Katalog sei bereits außer Kraft getreten. Ob der Katalog noch eine große Zahl weiterer Produkte enthält, ist irrelevant, weil dieser Umstand am Anbieten der vom Unterlassungsvergleich betroffenen Produkte nichts zu ändern vermag.
2. Die Argumentation der Verpflichteten zu dem von ihr geltend gemachten Exekutionsverzicht ist aktenwidrig und deshalb unbeachtlich. Weder hat die Betreibende behauptet, die Verpflichtete habe nach dem Hinweis vom 6. Februar 2012 auf den Titelverstoß „sofort“ ihre Website geändert (sondern „daraufhin“), noch ist nach den Behauptungen davon auszugehen, dass nach dem 6. Februar 2012 kein Titelverstoß mehr erfolgte, weil der letzte für den 10. Februar 2012 behauptet wurde.
Abgesehen davon erweist sich die Verneinung eines schlüssigen Exekutionsverzichts auch deshalb als nicht unvertretbar, weil die Verpflichteten den gleichzeitig mit dem Hinweis auf den Titelverstoß geforderten Kostenersatz dafür verweigerte. Wegen dieser dazu ablehnenden Reaktion durfte die Verpflichtete redlicherweise nicht davon ausgehen, die Betreibende werde es beim Hinweis bewenden lassen.
3. Im Zuge einer Unterlassungsexekution zu verhängende Strafen haben willensbeugenden und repressiven Charakter. Durch die verhängte Strafe soll der Verpflichtete für begangenes Unrecht wirksam zur Rechenschaft gezogen und von weiteren Verletzungen des Exekutionstitels abgehalten werden; bloß symbolische Geldstrafen scheiden daher aus (RIS-Justiz RS0010057 [T3]). Die Bemessung von Geldstrafen nach § 355 EO wirft schon wegen der darin angeordneten Bedachtnahme auf Art und Schwere des jeweiligen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und das Ausmaß von dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0012388 [T1]).
Ein Ermessensmissbrauch durch das Rekursgericht ist nicht zu erkennen, weil nicht unbeachtet bleiben darf, dass der Verpflichteten viel Zeit zur Verfügung stand, um ihren Werbeauftritt der im Vergleich übernommenen Unterlassungsverpflichtung anzupassen. Die Titelverstöße stellen sich daher als keineswegs zu vernachlässigende Ignoranz der vergleichsweise eingegangenen Unterlassungsverpflichtung dar, die sich in unterschiedlichen Tathandlungen äußerte. Schließlich ist die Größe der wirtschaftlichen Bedeutung des konkreten Verstoßes für das Gesamtunternehmen der Verpflichteten ohne Belang (vgl RIS-Justiz RS0119427).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)