OGH 7Ob227/12a

OGH7Ob227/12a18.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** H*****, vertreten durch Dr. Herbert Marschitz und andere Rechtsanwälte in Kufstein, gegen die beklagte Partei W***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hubert Tramposch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 14.100,25 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 20. September 2012, GZ 4 R 160/12d‑25, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Juli 2012, GZ 8 Cg 154/11i‑19, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin schloss bei der Beklagten für ihr Wohnhaus eine Haus‑ und Heimversicherung (Haushalts‑ und Gebäudeversicherung) ab. Diesem Versicherungsvertrag wurde eine Wohnnutzfläche von 154 m² zugrunde gelegt, was der Nutzfläche für Erdgeschoss und erstem Stock entspricht. In weiterer Folge wurde von der Klägerin der Keller ausgebaut und damit eine weitere Wohnnutzfläche von 54 m² geschaffen.

Die „Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2004)“ lauten auszugsweise:

„[…]

Art 15 ‑ Höchsthaftungssumme

Die Höchsthaftungssumme bildet die Grenze für die nach Maßgabe der Bestimmungen zur Entschädigung (Art 23 bis 25) im Rahmen der Sachversicherung zu erbringende Ersatzleistung des Versicherers. Sie wird auf Basis der Quadratmeteranzahl der Nutzfläche der versicherten Wohnung ermittelt. Als Nutzfläche gilt die Wohn‑ oder Hobbyzwecken dienende Bodenfläche der versicherten Wohnung.

[…]

Nicht zur Nutzfläche zählen Keller‑ und Dachbodenräume (soweit sie nicht zu den oben angeführten Zwecken adaptiert wurden), Treppen, offene Balkone und Terrassen.

Unrichtige Quadratmeterangaben führen zur Leistungskürzung gemäß Art 24.

[…]

Art 24 ‑ Unrichtige Quadratmeteranzahl

Stellt sich im Versicherungsfall heraus, dass die Quadratmeteranzahl, die der Ermittlung der Höchsthaftungssumme zugrunde gelegt wurde, unrichtig ist, wird nur der Teil des Schadens ersetzt, der sich zum Gesamtschaden so verhält, wie die der Prämienberechnung zugrunde liegende Quadratmeteranzahl zur richtigen Quadratmeteranzahl. Im gleichen Verhältnis werden die vertraglich vorgesehenen Entschädigungshöchstgrenzen gekürzt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, soferne die Abweichung nicht mehr als 10 % beträgt.

Art 25 ‑ Zahlung der Entschädigung; Wiederbeschaffung

[…]

5. Den Anspruch auf Neuwertersatz (Art 22) hat der Versicherungsnehmer, sobald gesichert ist, dass

5.1 die Entschädigung zur Gänze zur Wieder-herstellung bzw Wiederbeschaffung von Sachen des Wohnungsinhaltes verwendet wird;

5.2 die Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung innerhalb eines Jahres ab dem Eintritt des Schadensereignisses erfolgt.

Bis dahin besteht nur Anspruch auf Entschädigung zum Zeitwert.

[…]“

Am 30. 4. 2010 kam es zu einem Brand im versicherten Objekt. Der Zeitwert der dabei zerstörten Gegenstände ‑ mit Ausnahme von Drogerieartikeln ‑ beläuft sich auf 41.512 EUR. Von den zerstörten Gegenständen schaffte die Klägerin binnen Jahresfrist Deko‑ und Elektroartikel sowie Möbel um 14.893,81 EUR, Kleidung, Schuhe und Accessoires um 10.552,78 EUR und Tiernahrung bzw ‑zubehör um 681,33 EUR wieder an. Beim Brand gingen des Weiteren (nicht im Zeitwert von 41.512 EUR enthalten) Drogerieartikel im Werte von 800 EUR verloren, welche ebenfalls binnen Jahresfrist angeschafft wurden. Darüber hinaus betrugen die Kosten für Gebäudereinigung 6.590,68 EUR, Anmietung einer Ersatzwohnung 1.200 EUR und Wäscherei 824,50 EUR. Der Gebäudeschaden beläuft sich auf 1.160,40 EUR.

Die Jahresprämie für eine Haus‑ und Heimversicherung der Beklagten bei einer Nutzfläche von 164 m² und einer Höchsthaftungssumme für die Haushaltsversicherung von 190.000 EUR sowie für die Eigenheimversicherung von 470.000 EUR hätte 703,36 EUR betragen, jene bei einer Nutzfläche von 218 m² und einer Höchsthaftungssumme für die Haushaltsversicherung von 210.000 EUR sowie für die Eigenheimversicherung von 520.000 EUR 857,36 EUR.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von 14.100,25 EUR. Im Versicherungsantrag sei klar und deutlich festgehalten, dass bei Beschädigung oder Zerstörung versicherter Sachen bei Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung der Neuwert ersetzt werde. Eine Einschränkung dahin, dass dieser Neuwertersatz nur erfolge, wenn die Entschädigung zur Gänze für die Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung von Sachen verwendet werde, sei im Versicherungsantrag nicht enthalten. Ihr gebühre daher die Neuwertspanne für die tatsächlich neu angeschafften Gegenstände. Art 24 ABH 2004 halte einer Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB nicht stand. Die Bestimmung könne nur dahin verstanden werden, dass die jeweils in Anschlag zu bringenden Prämien ins Verhältnis zu setzen seien, nicht jedoch die Quadratmeteranzahl. Nur in diesem Ausmaß könne die Versicherungsleistung ‑ infolge Unterver-sicherung ‑ gekürzt werden.

Die Beklagte erwiderte, gemäß Art 25.5.1 ABH 2004 sei von ihr ein Neuwertersatz nur dann zu leisten, wenn die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung von Sachen des Wohnungsinhalts verwendet worden sei. Die Klägerin habe die vom Brand zerstörten Gegenstände nur teilweise neu angeschafft. Nach dem Schadensereignis habe sich herausgestellt, dass inklusive des ausgebauten Kellers eine größere Wohnnutzfläche gegeben gewesen sei, weshalb in diesem Ausmaß Unterversicherung vorliege. Die Entschädigungsleistung sei daher im Verhältnis der richtigen zur unrichtigen Quadratmeteranzahl zu kürzen.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 5.521,66 EUR sA. Das Mehrbegehren von 8.578,59 EUR sA wies es ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil ‑ unter Einbeziehung des als unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Zuspruchs von 1.602,47 EUR ‑ dahin ab, dass es die Beklagte zur Zahlung von 9.452,39 EUR sA verpflichtete und das Mehrbegehren von 4.647,85 EUR sA abwies.

Die Wiederherstellungsklausel in der Neuwertversicherung sei Teil der objektiven Risikobegrenzung. Es solle damit die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gesichert und gleichzeitig eine Bereicherung des Versicherungsnehmers hintangehalten werden. Würden nur Teile des von der Haushaltsversicherung umfassten Inventars neu angeschafft, dann liege in der Bezahlung des Neuwerts für diese Gegenstände keine Bereicherung des Versicherungsnehmers. In diesem Umfang sei die Neuwertspanne zuzusprechen. Einer Prüfung im Sinn von § 5 VersVG, ob eine Abweichung der Annahme vom Vertrag vorliege, bedürfe es nicht mehr.

Bei der Bestimmung von Art 24 der ABH 2004 handle es sich um eine „verhüllte“ Obliegenheit des Versicherungsnehmers, deren Verletzung dazu führe, dass dem Versicherer Prämien entgingen und (aliquote) Leistungsfreiheit eintrete. Insofern liege der „klassische“ Anwendungsfall von § 6 Abs 1a VersVG vor. Im Hinblick auf den zwingenden Charakter in dieser Bestimmung gelte die Regelung der Kürzung der Versicherungsleistung im Verhältnis von tatsächlich gegebener Nutzfläche gegenüber der der Berechnung der Prämie zugrunde gelegten Nutzfläche als nicht wirksam vereinbart. Vielmehr sei eine aliquote Kürzung im Verhältnis der „Sollprämie“ zur „Istprämie“ vorzunehmen. Die Klägerin habe somit Anspruch auf Versicherungsleistung im Ausmaß von 82 % der Vollversicherung. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zur Frage zulässig sei, ob es sich bei Art 24 ABH 2004 um eine (verhüllte) Obliegenheit oder aber um eine Risikoabgrenzung handle.

Gegen den 1.602,47 EUR sA übersteigenden Zuspruch wendet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin begehrt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die Beklagte wirft dem Berufungsgericht zu Unrecht eine unrichtige Auslegung des Art 25 ABH 2004 vor.

Die Wiederherstellung in der Neuwertversicherung begründet weder eine Wiederherstellungspflicht noch eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, sondern es werden im Sinn einer Risikoabgrenzung an das Vorliegen objektiver Tatbestandsmerkmale insofern Rechtsfolgen geknüpft, als die Leistung einer den Zeitwert übersteigenden Entschädigung davon abhängig gemacht wird, dass gesichert ist, dass die Entschädigung zur Wiederherstellung oder ‑beschaffung verwendet wird (RIS‑Justiz RS0081840). Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbar Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung der Wiederherstellung oder ‑beschaffung an die Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Entschädigungsforderung ist bis dahin aufgeschoben (RIS‑Justiz RS0111471, RS0120710, RS0119959).

Zu der Wiederherstellungsklausel in der Haushaltsversicherung Art 6.5 ABH und Art 4.5 ABEH 1996 hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass auch bei teilweiser Neuanschaffung des versicherten Hausrats hinsichtlich der neu angeschafften Gegenstände der Wiederbeschaffungswert, für die übrigen Gegenstände der Zeitwert zusteht (7 Ob 262/05p, 7 Ob 49/06s). Mit der Wiederherstellungsklausel wird grundsätzlich die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gesichert und gleichzeitig eine (generell verpönte) Bereicherung des Versicherungsnehmers hintangehalten. Werden also Teile des von der Haushaltsversicherung umfassten Inventars neu angeschafft, so liegt in der Bezahlung des Neuwerts für diese Gegenstände keine Bereicherung des Versicherungsnehmers (7 Ob 49/06s).

Diese Grundsätze gelten auch für den nach §§ 914 f ABGB nach dem Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers auszulegenden (RIS‑Justiz RS0050063, RS0008901) Art 25.5 ABH 2004, dessen Wortlaut mit jenem des Art 6.5 ABH und des Art 4.5 ABEH 1996 vergleichbar ist.

Daran ändert auch der Verweis der Beklagten auf § 11 VersVG und dem diesem folgenden Art 25.1 ABH 2004 nichts. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus diesen Bestimmungen kein allgemeiner Grundsatz dahingehend ableiten, dass Teilzahlungen unzulässig sind. Abgesehen davon wird der in Art 25.5 ABH 2004 gesondert geregelte Anspruch auf Zahlung der Neuwertspanne von den genannten Bestimmungen nicht berührt.

Da zugunsten der Beklagten Art 25 ABH 2004 als wirksam vereinbart zugrunde gelegt wurde, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob im Sinne des § 5 VersVG eine Abweichung des Versicherungsscheins vom Antrag vorliegt.

2. Die Beklagte wendet sich weiters gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung, Art 24 ABH 2004 sei eine verhüllte Obliegenheit. Es handle sich vielmehr um einen Risikoausschluss. Versichert sei nur das ursprünglich 164 m² große Objekt. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden 54 m² habe von Anfang an kein Versicherungsschutz bestanden.

2.1 Es besteht umfangreiche Judikatur zur Frage, wie die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbarten Obliegenheiten, die einer Überprüfung nach den zwingenden Bestimmungen der §§ 6, 15a VersVG standzuhalten haben, vom Risikoausschluss zu unterscheiden sind. Dabei ist maßgebend, ob in erster Linie ein vom Versicherungsnehmer einzuhaltendes Verhalten bedungen werden soll oder ob der Versicherer von vornherein gewisse Tatsachen von seiner Haftung ausschließen will, die unmittelbar geeignet sind, zum Versicherungsfall zu führen und die gegenüber der allgemeinen Risikoumschreibung ein qualitativ abweichendes Risiko darstellen (RIS‑Justiz RS0080063, RS0080168). Mit einem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz. Diese Umstände kann der Versicherungsnehmer nicht durch ein späteres Verhalten beeinflussen oder kontrollieren. Demgegenüber stellt die von der Einhaltung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer abhängig gemachte Deckungspflicht auf das Gebot gewisser Handlungen und Unterlassungen ab, an dessen Einhaltung der Versicherer ein legitimes Interesse hat (RIS‑Justiz RS0080068). Obliegenheiten erfordern demnach gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung (RIS‑Justiz RS0080166). Bei der Unterscheidung kommt es auf den materiellen Inhalt einer Versicherungsbedingung an, nicht auf ihre äußere Erscheinungsform oder Wortwahl.

2.2 Nach Art 12.1.1 ABH 2004 ist der gesamte Wohnungsinhalt versichert, der sich nach Art 14.3.1 ABH 2004 in sämtlichen vom Versicherungsnehmer genutzten Räumen des Wohngebäudes einschließlich Anbauten befinden kann. Davon, dass der Keller „bzw die auf ihn entfallenden Quadratmeter“ ‑ ob ausgebaut oder nicht ‑ vom Versicherungsschutz ausgenommen sind, kann keine Rede sein. Die Beklagte verkennt hier, dass der Wohnungsinhalt und nicht eine bestimmte Quadratmeteranzahl von Wohnflächen versichert ist.

Schon dies spricht gegen den von der Beklagten behaupteten Risikoausschluss.

2.3 Fraglich ist nun, ob ‑ wie vom Berufungsgericht angenommen ‑ Art 24 ABH 2004 eine Obliegenheit normiert.

Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 f ABGB) auszulegen. Die einzelnen Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen. In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu berücksichtigen. Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, also des Versicherers gehen (RIS‑Justiz RS0050063, RS0008901, RS0017960).

Art 15 ABH 2004 bestimmt, dass die Höchsthaftungssumme auf Basis der Quadratmeteranzahl der Nutzfläche der versicherten Wohnung ermittelt wird und dass unrichtige Quadratmeterangaben zur Leistungsverkürzung gemäß Art 24 führen. Art 24 ABH 2004 sieht für den Fall, dass sich im Versicherungsfall herausstellt, dass die der Ermittlung der Höchsthaftungssumme zugrunde gelegte Quadratmeteranzahl unrichtig ist, vor, dass nur der Teil des Schadens ersetzt wird, der sich zum Gesamtschaden so verhält, wie die der Prämienberechnung zugrundeliegende Quadratmeteranzahl zur richtigen Quadratmeteranzahl.

Die Bestimmungen fordern vom Versicherungsnehmer keine Verhaltensweise, wie insbesondere die Bekanntgabe einer nachträglichen Vergrößerung der Nutzfläche, an deren Verletzung eine bestimmte Rechtsfolge, nämlich die ‑ teilweise ‑ Leistungsfreiheit geknüpft wird. Sie enthalten demnach keine Verhaltensanordnung, die nach den obigen Ausführungen ihrem Inhalt nach eine Obliegenheit ist. Eine Beurteilung nach § 6 VersVG ‑ wie vom Berufungsgericht vorgenommen - ist daher auch nicht erforderlich.

3. Zu prüfen bleibt, ob Art 24 ABH 2004 ‑ wie ebenfalls von der Beklagten behauptet ‑ einen Fall der Unterversicherung regelt.

Im Bereich der Schadensversicherung steigt bei der Versicherung von Sachen oder Sachinbegriffen das Risiko in der Regel etwa proportional mit der Versicherungssumme. Die Versicherungssumme ist Prämienberechnungsgrundlage, Grenze der Entschädigung (§ 50 VersVG) und Maßstab für eine Unterversicherung ( Martin , Sachversicherungsrecht³ S I 1).

Art 24 ABH 2004 regelt den Fall, dass durch das Zugrundelegen einer unrichtigen (zu geringen) Quadratmeteranzahl auch eine zu niedrige Höchsthaftungssumme ermittelt wird und daher die Entschädigung proportional ‑ im Verhältnis der unrichtigen Quadratmeteranzahl ‑ zu kürzen ist.

Damit stellt Art 24 ABH 2004 einen Fall der Unterversicherung dar. Die Anwendung der Bestimmung wird nicht von der Erfüllung vorvertraglicher oder vertraglicher Anzeigepflichten abhängig gemacht, sie erfolgt allein bei Abweichen der tatsächlichen Quadratmeteranzahl von der der Höchsthaftungssumme zugrunde gelegten.

3.1 Die Unterversicherung wird in § 56 VersVG geregelt. Danach liegt eine solche vor, wenn die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert ist. Bei der Unterversicherung ist der Versicherer nur im Rahmen der Proportionalitätsregel zum Ersatz verpflichtet. Er haftet für den eingetretenen Schaden nur im Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert. Der Versicherungswert hat als leistungsbegrenzender Faktor im Zusammenhang mit der Unterversicherung eigenständige Bedeutung ( Schauer , Versicherungsvertragsrecht S 177, Schauer in Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz § 56 Rz 1 f, Römer in Römer/Langheid , Versicherungsvertragsgesetz² § 56 Rz 1, Kollhosser in Prölss/Martin , Versicherungsvertragsgesetz 27 § 56 Rz 1).

Motiv des § 56 VersVG ist die Prämienberechnung aus der vereinbarten Versicherungssumme. Das Schadensrisiko hängt nicht nur von der Versicherungssumme, sondern auch vom Versicherungswert ab, der in der Prämienberechnung aber nicht berücksichtigt wird. Eine Zunahme des Versicherungswerts würde eine Gefahrenerhöhung im Sinne der §§ 23 ff VersVG bedeuten. Diese gesetzlichen Bestimmungen wären für diesen Fall von ihrem Inhalt her aber ungeeignet, weil sie auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers und auf Kausalität abstellen und überdies das Alles‑oder‑Nichts‑Prinzip immer entweder zur vollen Leistungspflicht oder zur vollen Leistungsfreiheit führen würde. Deshalb ersetzt § 56 VersVG als gesetzliche Sonderregelung für den Fall der Unterversicherung im Interesse der Prämiengerechtigkeit die Allgemeinen Bestimmungen der §§ 23 ff VersVG über die Gefahrenerhöhung. Wenn schon der Versicherungswert als Risikofaktor nicht in der Prämienberechnung berücksichtigt werden kann, dann soll er nach § 56 VersVG wenigstens für die Höhe der Entschädigung berücksichtigt werden ( Martin aaO S I 43 f, Martin VersRdSch 85, 1).

Im Unterschied zu § 56 VersVG sieht Art 24 ABH 2004 eine Kürzung der Entschädigung nicht im Verhältnis Versicherungswert zur Versicherungssumme, sondern im Verhältnis richtiger zu unrichtiger Quadratmeteranzahl vor.

3.2 Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Diese Bestimmung will vor allem den Missbrauch der Privatautonomie durch Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen seitens eines typischerweise überlegenen Vertragspartners, vor allem bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bekämpfen ( Krejci in Rummel , ABGB³ § 879 Rz 231).

Der Begriff der Hauptleistung ist in diesem Zusammenhang nach herrschender Meinung eng zu verstehen. Damit sind etwa die in § 885 ABGB genannten „Hauptpunkte“ gemeint, also jene Bestandteile eines Vertrags, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag (§ 869 ABGB) zustande kommt. Es sind damit aber nicht alle Vertragsbestimmungen aus dem Geltungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB ausgenommen, die die Leistung und das Entgelt betreffen. Durch die Formulierung des Relativsatzes „die nicht die beiderseitigen Hauptleistungen festlegen“ soll vielmehr ausgedrückt werden, dass mit der Ausnahme nur die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistung gemeint ist, nicht aber etwa Bestimmungen, welche die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypischen Leistungen generell näher umschreiben. Die Ansicht, der Ausdruck „Hauptleistung“ sei möglichst eng zu verstehen, entspricht auch der Absicht des historischen Gesetzgebers. Nur Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, sollen der Inhaltskontrolle entzogen sein, nicht jedoch Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen (6 Ob 253/07k mwN).

Für Versicherungsverträge muss es zweifelsfrei einen Kernbereich der Leistungsbeschreibung geben, der kontrollfrei ist. Kontrollfrei in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist jedenfalls die Festlegung der Versicherungsart und die Prämienhöhe ( Faber , Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen, 60, dieselbe in ÖJZ 2003, 791, Fenyves in FS Bydlinski 131). Im Übrigen ist die Leistungsbeschreibung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen aber der Inhaltskontrolle zugänglich, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich um die Stufe der primären Umschreibung der versicherten Gefahr oder um Risikoausschlüsse handelt. Kontrollmaßstab für die Leistungsbeschreibung außerhalb des Kernbereichs sind die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungs-nehmers. „Gröbliche Benachteiligung“ im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Vertragszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt wird, sondern bereits dann, wenn die zu prüfende Klausel eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard bringt, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann (7 Ob 194/11x mwN).

Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, dass die in Art 24 ABH 2004 festgelegte Art der Kürzung der Entschädigung keine Hauptleistung darstellt und daher der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegt.

3.3 Art 24 ABH 2004 regelt die Kürzung der Entschädigung ausschließlich nach dem Verhältnis der richtigen zu der unrichtigen Quadratmeteranzahl. Diese ist aber lediglich Ermittlungshilfe. Aus der Quadratmeteranzahl wird auf einen bestimmten Versicherungswert geschlossen, der in die Ermittlung der Versicherungssumme und damit letztlich auch in die Berechnung der Prämie einfließt. Über den tatsächlichen Versicherungswert sagt die Quadratmeteranzahl aber nichts aus, vielmehr wird ein Versicherungswert aufgrund einer bestimmten Quadratmeteranzahl lediglich vermutet. Die Bemessung der Höhe der Entschädigung für den Fall der Unterversicherung ausschließlich über die Ermittlungshilfe „Quadratmeteranzahl“ vorzunehmen, ist sachlich nicht gerechtfertigt und benachteiligt den Versicherungsnehmer gröblich. Diese Vorgehensweise stellt nämlich insoweit eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem in § 56 VersVG festgelegten Standard dar, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann, als eine Unterversicherung ausschließlich aufgrund des Vorliegens einer unrichtigen Ermittlungshilfe „Quadratmeteranzahl“ angenommen wird, ohne aber den tatsächlichen Versicherungswert als Risikofaktor in Bezug zur prämienbildenden Versicherungssumme zu bringen.

Die Beklagte kann sich daher auf eine Kürzung im Verhältnis bloß der unrichtigen zur richtigen Quadratmeteranzahl nicht berufen. Mangels Bekämpfung ist die vom Berufungsgericht nach dem Verhältnis Istprämie zu Sollprämie vorgenommene Kürzung der Entschädigungssumme nicht zu unterschreiten.

4. Darauf, dass im Sinn des § 56 VersVG der Versicherungswert unter der Versicherungssumme liegt, hat sich die Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren nicht berufen. Selbst in der Revision wird eine derartige Behauptung nicht aufgestellt.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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